An einem Samstag im Hotel

Ein Wochenende in einem Vier-Sternehotel. Ich habe es mir so schön ausgemalt. Morgens ausgeschlafen und entspannt das Verwöhnbuffet aufsuchen. Langes genießerisches Frühstücken, dabei die Ruhe selbst – vielleicht mit einer Zeitung. Es gibt nichts zu tun. Nur ich und all die Zeit die mir zu Füßen liegt. Ein Hauch von Freiheit und Leben.

Wie weit doch Vorstellung und Realität voneinander abweichen können.

Morgens in der Eingangshalle empfangen mich dezente Töne eines Klavierspielers. Eigentlich sehr schön denke ich, aber bin doch verschlossen für solch sinnliche Momente. Angespannt und nervös betrete ich den Frühstücksraum und versuche dabei meiner Vorstellung entsprechend irgendwie entspannt und in mir ruhend zu wirken. In mir drinnen sieht es anders aus. Ich fühle mich den Blicken der schon Anwesenden ausgesetzt. Meine Gedanken werden zu ihren Gedanken. Welche Gründe hat jemand alleine in ein Hotel zu gehen? Alleine an einem Tisch zu sitzen? Der einzige Kontakt zur Bedienung. Die einzigen Worte: „Einen Milchkaffee, bitte.“. Ansonsten einsam und stumm. Keine Freunde? Keinen Partner? Schlimm. Schatz, bitte lass uns nie so werden wie sie dort.

Ich war durchtränkt von Unsicherheit und hatte eine wahnsinnige Angst dabei ertappt zu werden. Ich hangelte mich an den Dingen die jetzt zu tun waren entlang. Tisch suchen, hinsetzen, Getränk bestellen, Buffet suchen, Teller füllen, zurück zum Tisch, hinsetzen und mit dem Essen beginnen. Puh, geschafft. Ich glaube bisher ist niemanden etwas aufgefallen. In diesem Moment wird mir mit aller Macht bewusst, dass von meiner romantischen Frühstücksvorstellung nichts übrig geblieben ist.

Gefangen in mir selbst überschwemmt mich alles, was auch schon in den Tagen davor für Seenot gesorgt hatte. Wie lächerlich zu glauben an einem anderen Ort, wäre auch ein anderes Selbst. In Traurigkeit zerfließend sitze ich dort, halt mich an meinem Brötchen fest und bekämpfe das Wasser in meinen Augen. Genau in diesem Moment taucht eine Bedienung auf und fragt: „Bei ihnen alles in Ordnung?“. Sie hatte ja keine Ahnung. In meinem Kopf breitet sich in Millisekunden eine Szene aus, in welcher ich in Tränen ausbreche und laut schluchzend erwider, dass ganz und gar nichts in Ordnung ist. Tatsächlich sage ich wohl kontrolliert, lächelnd – vielleicht einen Tick zu schnell: „Alles ist in Ordnung.“.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..