Verliebtheit ist eine Illusion. Verliebt-füllen ist ein Zustand, wo man von seinen Vorstellungen betrogen wird. Es ist eine Versuchung, eine Verlockung die dich auffordert, ihr zu folgen. Die dich blind macht, weich. Die dich, dich selbst vergessen lässt. Dir eine Zukunft vorgaukelt, voller Verheißung. Die Erfüllung deiner Sehnsüchte. Das Ankommen ans Ziel. Alles, alles fixiert sich so darauf, endlich anzukommen. Und dann ist da die Realität. Ist da der Tritt in den Magen, der Schmerz im Herz. Die Täuschung. Die Ent-täuschung. Nichts ist so wie du es dir gedacht hast. Nichts von dem ist eingetreten, was dich so verlockt hat.
Verliebt-sein, wenn du dich dem hingibst, lässt dich vergessen, wer du wirklich bist. Ich verachte es! Obwohl ich es selbst empfinde.
Ich habe zwar gesagt, ich könne mich nicht mehr verlieben. Wahrscheinlich habe ich dabei nur an meine zurückliegenden Erfahrungen mit Männern gedacht. Und wahrscheinlich meine ich damit, dass ich nicht mehr an das „für immer und ewig“ glaube. Das ich nicht mehr dieser Illusion vertraue. Mich ihr nicht mehr hingeben kann.
Trotzdem bin ich noch in der Lage mich zu verlieben. In Frauen. Was ganz neu war im letzten Jahr. Zwei Frauen. Dabei habe ich nicht an Beziehung gedacht. Nicht an Sexualität. Sondern an Nähe. Gesehen werden. Echt sein können. Innigkeit. Vertrauen. Sicherheit. Bedingungslosigkeit. Keine Erwartungen. Keine Forderungen.
Doch hier durfte ich erfahren, dass MEIN Verliebt-sein mit Forderungen verknüpft war. Mit Erwartungen die nicht erfüllt wurden. Ich durfte hier auch erkennen, dass das was ich fühle, nicht automatisch das gleiche ist, was der andere fühlt. Das da nicht zwangsläufig eine Verschmelzung von beiden Seiten stattfindet. Und wenn ich absolute Verbindung und Nähe spürte, dass ich da ausschließlich mich selbst spürte und nicht das, was zwischen uns ist. Oh welch Wunder! 🙂 Das man manche Dinge erst so spät lernt.
Punktuell empfinde ich das auch gegenüber der Therapeutin, das Gefühl von Verliebt-sein. Das würde ich dann zusammenfassen als Gefühl hier etwas bekommen zu können, wonach ich mich sehne.
Das alles kommt gerade hoch, weil mich nach 5 Jahren der Abstinenz zum männlichem Geschlecht, einem regelrechtem Widerwillen, mich überhaupt irgendjemandem zuzuwenden, mich nun ein sanftes Gefühl von Interesse und Neugier zu einem Mann zieht. Welch Überraschung! Alles ist brandneu. Ich fühl mich, als würde ich das erste Mal in meinem Leben damit zu tun haben. Völlig ahnungslos, unsicher und unbeholfen. Es gehört mit zu den Dingen, die ich in meinem Leben noch nie ohne den Konsum von Drogen erlebt habe. Das macht alles so neu und anders. Und obwohl wir uns erst wenige Male gesehen haben, laufen bei mir schon ohne Ende Übertragungen und ich agiere mich ordentlich aus. Habe schon alle Gefühle durchlebt. Ihn herangezogen, ihn weggestoßen, ihn verachtet, ihn bewundert, ihm vertraut, ihm misstraut, mich ihm nah gefühlt, mich distanziert gefühlt, große Angst vor ihm gehabt, fast einen Panikanfall bekommen usw.. Und das alles, obwohl eigentlich noch gar nichts ist, außer eben Neugier und Interesse. Er wiederum hat mir eröffnet, sich in mich verliebt zu haben. Puh, eine echte Herausforderung mit all dem umzugehen, nach dem Chaos, immer wieder meine Mitte zu finden.
Es klingt merkwürdig, aber ich will mich um Gottes Willen nicht selbst verlieben. Ich verbinde das zu sehr mit mich selbst aufzugeben und meine Grenzen überschreiten zu lassen, weil ich sie nicht mehr spüre. Weil es wichtiger geworden ist, etwas zu bekommen, was ich so unbedingt brauche. Ich will das nicht mehr nach außen tragen. Ich will damit niemanden mehr belästigen. Ich will nicht mehr angepasst und Butter in der Hand des anderen sein. Ich will nicht mehr immer nur nachgeben. Ich will nicht mehr immer Kompromisse finden, die auf meine Kosten gehen. Ich will nicht mehr im Schatten eines Menschen stehen.
Ich lese hier total viel Ambivalenz.
Das kenn ich so gut. Das denke ich selber so oft. Ich wünsche dir, dass du jetzt neue Erfahrungen machen kannst, und bin sehr gespannt, was du dazu noch schreibst.