Beschäftigung

Tatsächlich. Es ist geschafft. Liegt schwarz auf weiß vor mir. „Beschäftigungsvereinbarung“. Ich habe gefunden, wonach ich seit 1,5 Jahren gesucht habe und ich habe es an einer Stelle gefunden, wo ich gar nicht damit gerechnet habe.

Alles ging dann auch sehr schnell und völlig unkompliziert. So schnell, dass ich jetzt erst, nachdem schon dritten Arbeitstag realisiere, dass ich wo angekommen bin und nicht mehr suchen brauche. Das ich etwas tue, wo ich mich sinnvoll fühle, Verantwortung übernehmen kann, unabhängig und selbstständig arbeiten kann, inhaltlich nichts Neues lernen brauche und somit gleich Erfolgserlebnisse habe und zusätzlich in ein soziales Gefüge eingebunden bin.

Es passt wirklich alles. Dass es ein Zuverdienstprojekt für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen ist und somit der Arbeitsrahmen an die Befindlichkeiten angepasst werden kann, ohne anzuecken. Dass ich mich von den anderen Beschäftigten vor Ort nicht zu sehr abhebe (psychische Einschränkung ist nicht gleich psychische Einschränkung) und bisher alle nett und sympathisch finde. Das die Beschäftigung nicht angeleitet und betreut ist (außer man hat natürlich Fragen) und damit arbeitsweltnah gestaltet.
So habe ich gleich das Gefühl, dass man erst mal davon ausgeht, dass ich das kann. Es wurden keine großartigen Fragen gestellt zur Vorgeschichte und Einschränkungen. Ich war eine halbe Stunde zum Gespräch, um herauszufinden, in welchem Bereich ich es mir vorstellen könnte und konnte dann sofort loslegen. Kein Amt musste involviert werden, keine Kostenübernahme geklärt. Es gilt auch nicht als Arbeit, sondern als tagesstrukturierende Maßnahme, mit einem Euro Motivationspauschale die Stunde und muss damit auch nirgendwo angegeben werden.

Hauswirtschaft. Das ist es nun. Ich war wirklich selbst überrascht, dass ich dabei ein gutes Gefühl bekam. Vorher hatte ich nie die Idee oder den Gedanken, dass das etwas für mich wäre. Das ich damit zurecht kommen würde, solche Tätigkeiten auszuüben. Es fühlt sich tatsächlich richtig gut an. Ordnung und Sauberkeit halten kann ich tatsächlich ziemlich gut. Und das jetzt auch noch für ein Soziales Projekt mit Verkaufseinrichtung zu tun, gibt mir ein sinnvolles Gefühl. Ich tue etwas Gutes. Ich mache, dass es sauber aussieht, die Kunden und Mitarbeiter sich wohl fühlen. Ich fühle mich jetzt schon mit dieser Einrichtung verbunden.

Ich hatte Vorstellungen, dass ich mich minderwertig fühlen würde, in einem Zuverdienstprojekt zu arbeiten und damit einsortiert als psychisch krank. Das ist nun überhaupt nicht der Fall. Ich fühle mich unter Gleichgesinnten. Ich fühle mich geschützt und gleichzeitig frei, mich zu entwickeln. Und da man auch nichts von meinen Defiziten wissen wollte, sondern lediglich sagte, machen sie es so wie es sich für sie gut anfühlt, fühle ich mich auch nicht krank und gleichzeitig in meiner Selbstfürsorge bestärkt.

Es ist wieder einmal Fügung. Genau an dem Tag wo ich mein Vorstellungsgespräch hatte, hat der einzige andere Mitarbeiter der für die Hauswirtschaft zuständig ist, sich für 3 Wochen krank gemeldet und es ist unklar, ob er wieder kommt.

Ich bin an zwei Tagen die Woche für jeweils 2 Stunden eingeplant. Knall hart bekomme ich meine Grenzen gespiegelt. Ich darf ganz deutlich spüren, warum ich nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt gehöre, damit überfordert wäre. Die ersten beiden Tage habe ich nach einer Stunde aufgehört. Die neue Umgebung, fremde Menschen, Menschen die mich beim arbeiten sehen, Verantwortungsgefühle die Überhand nehmen, starke Ängste vor Abwertung, Ablehnung, etwas falsch zu machen, zu stören, innerer Zeit- und Leistungsdruck, Schwierigkeiten Tätigkeitsprioritäten zu setzen, haben mich dermaßen überflutet.
Viele, viele Lernfelder. Bestimmt auch viele Übungsfelder zur Selbstannahme.

11 Kommentare zu “Beschäftigung

  1. Zarah sagt:

    Wow, herzlichen Glückwunsch! 🙂 Schön, daß du einen Ort gefunden hast, wo du dich angenommen und gut fühlst und einen wertvollen Beitrag leisten kannst. Ich gestehe, daß ich dich um diese Fähigkeit etwas beneide – Ordnung und Sauberkeit halten war noch nie ein Talent von mir. 😎 Immerhin hab ich es jetzt geschafft, bei mir zuhause den E-Herd und den Staubsauger wieder zu aktivieren & zu benutzen. Das ist für mich haushaltstechnisch schon eine Menge! *lach*

    Wünsch dir alles Gute in der neuen Beschäftiigung und daß es mit den Fügungen so weiter geht! 🙂

    Alles Liebe ❤
    Zarah

  2. felsenfein sagt:

    Herzlichen Glückwunsch, das klingt richtig gut 🙂

  3. Auch von uns einen herzlichen Glückwunsch! 🙂
    Und nicht vergessen jedesmal Stolz auf dich und deine Leistung zu sein! 😉

  4. Die Weltenreisenden sagt:

    Glückwunsch auch von unsereins

  5. […] hab mir das noch einmal genauer angeschaut, wie es zu dieser Beschäftigung gekommen ist. Wieso ich das nicht schon früher verfolgt […]

  6. marienkäfer sagt:

    Liebe Sophie,
    wie du weißt, freue ich mich von dir zu lesen. Im Moment habe ich keine Zeit um die Posts von den anderen zu lesen weil ich auch merke, dass mich das Lesen dieser oft sehr ernsten Themen runterzieht und gerade nicht in meine aktuelle Lebensphase passt.
    Aber wenn ich deine Posts lese, ist das anders. Sie deprimieren mich nicht sondern ich finde es einfach schön, sie zu lesen. Ich erkenne mich in so vielen Dingen wieder und bewundere dich, dass du deinen Weg gehst, auch wenn er sicher nicht leicht war in der Vergangenheit. Es ist toll zu lesen, dass du diese Beschäftigung gefunden hast und darüber berichtet.
    Viele deiner Themen sind auch Themen, die mich beschäftigen. Mein Umfeld erwartet ganz klar von mir, dass ich beruflich nun doch endlich mal klarkommen muss und durchstarte. Die letzten 6 Jahre habe ich einfach nichts Vorzeigbares geleistet in ihren Augen.
    Ich probiere es jetzt erneut mit Schule und Nebenjob. Aber ich habe immer mal wieder den Gedanken, dass ich vielleicht jetzt nicht und möglicherweise auch nie voll belastbar bin. Deswegen macht es mir Mut, dass es auch andere Wege gibt, mit denen man sich sogar wohl fühlen kann und nicht aussortiert.
    Ich hoffe immer noch sehr, dass ich das ganz normale Pensum schaffe, die letzten Jahre gings auf jeden Fall nicht.
    Aber dieses Thema, wieviel bin ich eigentlich Wert, wenn ich nicht so leistungsfähig bin wie gewünscht, beschäftigt mich schon sehr.
    Toll, dass du etwas gefunden hast, was dir möglich erscheint.

    • sophie0816 sagt:

      ich fühle mit dir mit. ich hab im außen nicht ganz so viel gegenwehr wie du. das meiste kommt von innen. das scheint bei jedem seine ganz eigene zeit zu brauchen, sich mit seinen einschränkungen zu sehen und anzunehmen. ich hab auch lange an der idee geklammert normal arbeiten zu gehen, aber tatsächlich eher, weil ich dachte alle erwarten das von mir. ganz tief im herzen wollte ich ebenso lange schon in einen geschützten bereich, auch um diesen erwartungen zu entfliehen und mal wieder positive erfahrungen sammeln zu können. das ist so wichtig. erfolgserlebnisse. die wünsch ich dir von herzen!

  7. Der Steppenwolf sagt:

    Von mir auch herzlichen Glückwunsch für das finden des Weges!
    LG aus Freiburg

    Kai ;o)

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