Mit dem Fluchtimpuls umgehen

Manchmal möchte ich einfach nur wegrennen. Vor der Auseinandersetzung mit dem Krieg, vor den gesellschaftlichen Herausforderungen, vor mir selbst.

Andere kämpfen. Andere erstarren. Und nur seeehr wenige können im Vertrauen bleiben (das sind die Gurus oder die Erleuchteten 😉 ).

Mein Nervensystem ist eindeutig der Fluchttyp. Mein Körper möchte wegrennen.

Die Übung ist, damit okay zu sein. Es ist menschlich, auf diese Weise zu reagieren. Unser Urinstinkt möchte uns in Sicherheit bringen. Das tut er durch Flucht, Angriff oder Erstarrung

Mir hilft es, die Energie, mit dem ‚richtigen‘ Abstand zuzulassen und dann den körperlichen Impulsen folgen. Ich komme dann manchmal in ein Körperschüttel oder möchte wirklich ein paar Schritte draußen rennen oder laufen. In Bewegung kommen. Oder auf der Stelle joggen.

Oft fehlt mir auch der ‚richtige‘ Abstand. Dann braucht es etwas Anderes.

Dem Leiden auf der Spur und dabei Antworten finden

Nachdem ich im Wald war, in Bäckereien saß, Audios gehört hatte („Erlöse deinen Schmerz„, „Begegne der Liebe in dir„), etwas gelesen, ein Lavendelbad genommen und mich dann in Meditationshaltung gesetzt hatte, durchlebte ich folgendes:

Es ist eine Übergangszeit. Ich kann nichts sehen. Versuche mich immer wieder an irgendetwas festzuhalten. Menschen. Ideen was zu tun ist. Oder bestimmte Aktivitäten. Um dann wieder zu bemerken, eins ums andere Mal, dass das Festhalten mich starr und eng macht und sich nicht richtig anfühlt. Das ich wieder loslassen muss. 😟

Und ich weiß nicht wohin mit meiner Aufmerksamkeit und Energie.

Nichts will getan werden oder kann getan werden. Ich fühle mich so orientierungslos. Sogar so sehr, dass ich all die kleinen Schritte, die ich gegangen bin und angeregt habe, wieder anzweifel.

Warum eigentlich?

Es schleicht sich die Vorstellung ein, dass ich wieder im Nichts lande, mit der Werkstatt, Foodsharing oder den Selbsthilfegruppen. Dass ich herausfinden werde, dass alles wieder nicht passt.

Es bleibt abzuwarten.

Warten. Wie ich das hasse, wenn ich nichts tun kann!

Ich kann manchmal Trauer und Hoffnungslosigkeit nicht voneinander unterscheiden. Vielleicht ist es auch beides. Hoffnungslosigkeit und eine Trauer darum, dass sich kein Ausweg zeigt… anscheinend.

Ausweg wovon?

Von meinen Gefühlen der Angst und Hoffnungslosigkeit?

Ich suche schon wieder die Schuld bei mir. Das es an mir liegt, warum ich aus diesen Gefühlen nicht herauskomme.

Gerade geht es auch eher ums Hereinkommen.

Aha?

Aus der Verdrängung, Vermeidung, dem Weglaufen vor diesen Gefühlen herauskommen.

Das ist anstrengend. Puhhh…

Ich weiß. Fühlen ist anstrengend. Nicht-Fühlen-wollen ist noch viel anstrengender! 😉

Es ist mir zu viel. Zu viel Wahrnehmung. Zu viel was mir Angst macht. Die Säure im Bauch vom Kaffee. Die Empfindungen heute Morgen von der Akupressurmatte. Das Ziehen der Muskeln vom Sport. Immer die Angst, was das bedeutet, ob ich etwas falsch gemacht habe. Ob meine Entscheidung, Etwas zu tun, ein Fehler war.

Furcht vor den Konsequenzen. Flucht vor der Verantwortung. Ausgebremst dadurch in den Taten.

Angst, die Verantwortung alleine zu tragen. Im Becken, eine Kraft die wegbricht.

Da gibt es keinen Weg daran vorbei. Wir sind die einzigen, die die Verantwortung für uns übernehmen können.

Wo kommt die Kraft dafür her?

Aus der Liebe zu mir selbst und mein Bedürfnis nach Selbstfürsorge.

Ich fürchte mich so, auch vor der alles öffnenden Liebe! Damit alleine zu sein. Ich fürchte mich so vor der Hingabe da hinein. 😢

Ich komme da irgendwie nicht durch. Die Angst macht immer wieder einen Rückzieher, macht alles zu.

Die Verantwortung kann nicht ergriffen werden. Die Kraft geht verloren.

Was braucht es?

Diesen Weg nicht alleine gehen!

Mit wem? M.? S? Fr. B.?

Die Furcht sagt mir immer wieder, sie kann den Weg nicht alleine gehen.

Muss sie auch nicht. Dann warten wir auf Begleitung.

Da ist es wieder, dieses Wort. Warten. 😉

Kann ich irgendetwas tun, außer Warten?

Lauschen und wach sein.

Pfff, irgendwie war das jetzt nicht die Antwort die ich hören wollte. Naja, nagut. Ich gebe mein Bestes. 🙂

Üben, den Schmerz zu lieben

Dabei half mir heute eine Sufi-Belehrung, gefunden in dem Buch von Tara Brach, „Mit dem Herzen eines Buddha“, Seite 259.

Überwinde alle Bitterkeit, die dich befallen haben mag,

Weil du der Größe des Schmerzes, der dir überantwortet wurde,

Nicht gewachsen warst.

Wie Die Mutter der Welt,

Die den Schmerz der Welt in ihrem Herzen trägt.

Jeder und jede von uns ist Teil ihres Herzens

Und deshalb ausgestattet

Mit einem gewissen Maß an kosmischen Schmerz.

Ich stellte mich mir dabei als Kind vor, wie ich mich von einem Foto kannte. Ich fühlte dabei die Bitterkeit in meinem Kinderherz und die Wahrheit in der Aussage, dass der Schmerz damals viel zu groß war für ein Kinderherz.

Bei der Mutter der Welt, sah ich ein freundliches, liebevolles Gesicht, welches die gesamte Erde in ihren Armen hielt und voller Liebe den Schmerz darin hielt. Inklusive meines Schmerzes, der darin ein Teil war.

Da liefen die heilsamen Tränen, weil es etwas Größeres gab, worin mein Schmerz gehalten werden konnte.

Veränderung

Wenn ich mich ganz langsam innerlich dafür öffne, meine Vorstellung von mir selbst zu verwandeln, ist das von heftiger Angst begleitet.

Weil ich nicht sehen kann, wer ich werde und noch nicht wissen kann, wer ich dann bin.

Ich lasse das was ich bin los und öffne mich in etwas, was ich noch nicht kenne, mit der tiefen Furcht und Frage: Bin ich dann noch ich selbst, auch wenn ich anders bin als ich war?

Eine Ahnung streift mich, aus Worten anderer.

Die Form ändert sich. Fortwährend. Die Essenz bleibt.

Erkenntnis

Die Erfahrungen, die wir gesammelt haben, kann niemand ungeschehen machen.

Kein Heiler, keine Heilerin, welcher Art auch immer.

Hier braucht es Liebe für die eigenen Wunden und Demut für die eigene Begrenztheit.

Dazwischen ist immer noch genügend Luft und Raum zum wachsen.

Das eigene Potenzial

Ein geborenes Menschenwesen braucht Menschen, um in der Verbindung zu Gott zu bleiben, mit der es natürlicherweise auf die Welt kommt.

Ohne die Hilfe von Menschen, verliert es diese Verbindung.

Gott beinhaltet das Potenzial jedes Einzelnen. Ohne Verbindung dorthin, kann das Potenzial nicht abgeschöpft werden.

Doch das Potenzial ist nicht verloren, auch wenn der Zugang dorthin unterbrochen wurde.

Erwachsen, kann es wieder gefunden werden, wenn nach und nach der Schmerz über diesen Verlust verarbeitet wird.

Das ist ein sehr langer und auch sehr schwieriger Prozess. Vertrauen muss sich erst wieder aufbauen, dass es da wirklich etwas gibt. Diese Verbindung zu Gott, zum eigenen Potenzial möchte erst nach und nach kennengelernt werden.

Mit all den Fragen, die erst mit dem Kennenlernen, mit der Erfahrung selbst, beantwortet werden können.

Wo warst du?

Warum warst du nicht da?

Warum hast du mich alleine gelassen, obwohl es zu schwer für mich war?

Kann ich dir da noch vertrauen?

Wer/was bist du?

Bist du sicher?

Kannst du mich wirklich halten?

Gibt es da wirklich noch mehr Möglichkeiten, als mein kleines, enges Leben?

Bleibst du? Oder gehst du wieder?

Und wo geht die Reise hin, mit dir an meiner Seite?

Danke, das du auf mich gewartet hast. Ich verneige mich vor diesem Mysterium.

Hand-Mala, Gebetskette

Seit heute in Verwendung und hat sich sofort bewährt.

Hilft mir, ein gedachtes/gesprochenes Mantra („Vertrauen in die Gegenwart“) mit einer körperlichen Empfindung zu verknüpfen und so Halt zu geben.

Ein schweres Gefühl konnte sich zeigen, da es sich an dieser Empfindung in der Hand festhalten/orientieren konnte.

Ich hatte einige beim Kauf in der Hand und nur diese hier aus Rosenholz schmiegte sich sofort an.

Es wird noch ausprobiert, ob sie auch in der Therapiestunde Orientierung geben kann.