Alles führt doch immer irgendwo hin.
Dank an alle Kommentatoren des letzten Beitrages, für Eure Gedanken und Erfahrungen!
Ich bin froh, dass ich alle Gefühlsfluten da sein lassen habe – Unfrieden und Wut ihren Raum gegeben habe. Kein gewohntes Verhalten von mir und eine emotionale Dynamik, dir mir bisher nicht vertraut ist. Es ist anstrengend so zu fühlen, jedoch hat es auch Kraft und Richtung in die Dinge gebracht, wie ich heute wahrnehmen kann.
Es ist mehr Klarheit entstanden. Auch emotionale Beruhigung. Sogar mehr Festigkeit im Selbstwert. Was heißt, dass ich mit Schlabberhose zum Bäcker gehen konnte, wo ich gestern noch vor Selbstabwertung, kaum das Fenster im Schlafanzug auf bekam.
Ich habe seit meinem letzten Beitrag und der Schilderung von Simmis Mama in den Kommentaren, geschätzte 13 Mal Selbstabwertungsmomente registriert und lächelnd verstärkt. Das hat jedes Mal geholfen die Absurdität zu spüren, darüber lächeln zu müssen und etwas anderes zu fühlen. Zum Beispiel stand ich mit meiner Schlabberhose vor dem Spiegel und dachte, so kann ich nicht zum Bäcker gehen. Meine Reaktion – ja, du bist so richtig scheiße, weil du diese Hose an hast. Da habe ich gespürt, wie unwahr das ist.
Manchmal habe ich dabei auch den Schmerz gefühlt, der, durch all die Gedanken gegen mich, da ist. Selbstverletzende Gedanken.
Ich habe mir in den letzten Tagen viele Gedanken zu meinem Unterstützungsbedarf gemacht. Was will ich, was brauche ich, wie kann ich das jemandem Außenstehenden erklären, was muss derjenige wissen?
Das war ein ziemliches Wirrwarr an Notizen, die meine Unklarheit deutlich machte.
Dank des Hinweises zur Pflegestufe 0, von ueberlebendlebendig, bin ich bei der Recherche auf hilfreiche Maßgaben gestoßen.
Ich muss gar nicht so viel erklären, wie sich wann was anfühlt, sondern für Behörden ist lediglich wichtig, was im Alltag nicht stattfindet. Das wieso und warum ist zweitrangig, prüft dann bestimmt irgendein medizinischer Dienst.
Heute habe ich endlich einen zufriedenstellenden Fahrplan entwickelt, für das Gespräch beim Sozialpsychiatrischen Dienst, was ich da sagen will.
Diese Dinge fallen aus, erst einmal außer Acht gelassen, wie häufig:
Haushalt, Mahlzeiten, Einkaufen, Zähneputzen, Duschen, Haare waschen, Kontakte zu Freunden/Familie/Selbsthilfegruppen, Tagesstruktur/Zuverdienst, draußen sein/Bewegung/Reize, Arztbesuche und neue/gute Erfahrungen.
Die Symptome habe ich versucht kurz und knackig zusammenzufassen, was echt nicht leicht ist:
Fehlende innere Struktur, schwer aushaltbare Emotionen (Verzweiflung, Haltlosigkeit, Angst, Wut), Körperschwäche/z.B. nicht laufen/stehen können, Müdigkeit, Denkenge – Entscheidungsschwierigkeiten – keine Informationen aufnehmen können (lesen, reden, zuhören), Handlungsschwierigkeiten und Überforderungsgefühle.
Diese Unterstützung wünsche ich mir:
Haushaltshilfe, Fahrdienst und eine Plantafel für zu Hause.
In der Kontakt- und Beratungsstelle werde ich Anfragen, ob sie Beratungsstellen kennen, die Fachkompetenz in der PTBS besitzen und Behördengänge begleiten. Danke Benita Wiese für die Anregung!
Weil ich da so einen Blick darauf habe, wie sonst nie und mir auch bisher nie so bewusst war, was alles so ausfällt, weil ich eher mit meinen Gefühlen beschäftigt war, ist mir heute aufgefallen, dass ich das morgendliche Zähneputzen ausfallen lassen habe, aber dafür Pflanzen umgetopft.
Ich dachte mir, da könnte man auf die Frage kommen, warum topfst du Pflanzen um, anstatt dir die Zähne zu putzen. Ich könnte nur darauf antworten, weil das eine ging und das andere nicht. Ich habe das gemacht was möglich war und war heilfroh, dass überhaupt etwas möglich war.
Die Symptome haben sich seit Betreuungsende verstärkt. Irgendwie logisch, mit dem Wissen, dass der Abschied die traumatischen Gefühle der Trennungserfahrung aus der Kindheit, an die Oberfläche holt und das vergangene Sterben nah am Jetzt liegt. Hatte das aus den Augen verloren.
Ich (es) weine (weint) immer wieder um Frau S. (Frau Helferin). Vermissen taucht regelmäßig auf. Auch Wut. Sie sollte da sein. Habe heute Nacht das erste Mal mit ihrem kleinen Eisbären geschlafen. Mit einem Kuscheltier zu schlafen… hab ich das überhaupt einmal getan? Sie saßen in meiner Kindheit immer eher am Rand.
Ich habe gestern auch das erste Mal ihr Foto rausgeholt. War mir nicht klar, ob ich das aushalte. Ich halte es aus. Macht die Erfahrungen, die gemeinsame Zeit wieder greifbarer. Auch die Stärke die sie mir vermittelte, ihr Glauben an mich und Vertrauen in mich.
Das Foto habe ich heute auch mal angeschnauzt – warum sie nicht da ist. Bestimmt gut für die Verarbeitung. 🙂
Ich stemme ziemlich große Sachen. Das darf ich mir bewusst machen. Es ist völlig okay, da so viel zu Leiden.
Mir ist bewusst geworden, ich war noch nie alleine. Da war immer einer, durch den ich meinen Wert und meinen Rücken gestärkt habe. Vor der Zeit der professionellen Begleitung waren es Partnerschaften oder auch das Wohnen in einer WG.
Das ist völlig neu, was gerade ist! Neu und unerprobt. Es darf mir schlecht gehen, ich darf mich orientierungslos fühlen, ich darf verzweifelt und wütend sein. Das ist völlig normal mit meinem ausgeprägtem Sicherheits- und Kontrollbedürfnis und den Erfahrungen, die ich als Kind gesammelt habe.