Linderung verschaffen

Manchmal, wenn Sorgen kreisen, Zweifel den ganzen Raum einnehmen, Ängste gefangen halten.

Es eng wird im Kopf. Blind für die Welt und das JETZT. Not und Leiden entsteht und sich immer fester um mich schlingt,

Fällt mir die Mitgefühls-Meditation ein.


Möge mein Mitgefühl um mich sein.

Mögen alle Sorgen und Kummer Linderung erfahren.

Möge ich Frieden finden.


Und ich fange es an zu sprechen, leise in meinem Kopf oder laut, dass ich mich selbst hören kann.

Zu Hause, in der Bahn, im Wald. Wo es mir einfällt.

Wiederholung um Wiederholung. Drei mal, sechs mal oder länger.

Die Worte anpassen.

Und manchmal sehe ich zu wie sich dabei mein Körper entspannt, das Leiden tatsächlich Trost und Halt findet, mein Kopf ruhiger wird.

Und manchmal lassen mich die Sorgen tatsächlich los. Als wäre es genau das was sie gebraucht haben – ein Raum voller Mitgefühl. 💗

Schlamm und Blüte

Ich kapiers zum ersten Mal!

Mir erschließt sich das Bild von der Lotosblüte, die aus dem schlammigen, düsteren Grund erwächst.

Mir ist klar, was in diesem Jahr zäher, qualvoller Schlamm war.

Mir ist klar, welch wunderschöne Blüte daraus beginnt sich zu entfalten und auf mein Leben strahlt.

Ich halte den Schlamm und als sein Leid in Ehren, weil es ohne ihn doch nie zu dieser Lotosblüte gekommen wäre!

Unterstützende Literatur

Mein absolutes Lieblingsbuch derzeit ist „Wahre Freiheit – Der buddhistische Weg, in jedem Augenblick glücklich und geborgen zu sein“ von Jack Kornfield.

Ein Buch das mich unmittelbar beim Lesen unterstützt. So liebevoll geschrieben, dass mir oft die Tränen kommen und mein Herz weich wird.

Das Inhaltsverzeichnis hatte es mir schon beim Kauf angetan.

Hier zu Hause wird mir schon sanft ums Herz, wenn ich es nur anschaue.

Zur Überwindung des Selbsthasses

Noch etwas Spannendes, was ich gelesen habe. In der Buddhismus AKTUELL – Zeitschrift, Titel: Liebe, 1/2018.

Der Dalai Lama besuchte 1979 das Meditationszentrum „Spirit Rock“ in Kalifornien, zum Ende eines Retreats und wurde dort gefragt, wie man Selbsthass überwinden könne.

Er verstand die Frage nicht, weil er diesen „westlichen“ Geisteszustand nicht kannte!

Das war für mich unerwartet und enttäuschend. Gerade zu dieser großen Frage hätte ich mir buddhistische Führung gewünscht.

Ich denke mir nun, der Dalai Lama ist auch ’nur‘ ein Mensch, der menschliche Erfahrungen sammelt und dabei nicht jeden Bereich abdecken kann und damit auch nicht zu Allem und Jeden etwas sagen kann.

Dafür sagt James Baraz, der dieses Zentrum gegründet hat, etwas zur Überwindung des Selbsthasses, in diesem Beitrag.

„Beginne mit der Absicht, dass du Schritt für Schritt lernen möchtest, dir selbst gegenüber wohlwollend zu sein, vor allem in der Art, wie du mit dir selbst sprichst. Wenn du eine strenge Stimme in dir hörst, ändere sie bewusst in eine freundlichere. (…) Versuche, dich selbst durch die Augen der Menschen zu sehen, die dich kennen und lieben. Du könntest sie sogar direkt fragen, warum sie das tun. Selbst wenn du nicht mit einem Gefühl der Wertschätzung dir selbst gegenüber in Kontakt kommen kannst, bleib mit der heilsamen Absicht verbunden, dass du lernen möchtest, liebevoller zu werden. (…) Wenn dir jemand herzlich begegnet, VERPASS ES NICHT! Lass die Freundlichkeit zu, nimm sie an (…) Und bring viel Geduld mit! Eine oft lebenslange Gewohnheit der Selbstverurteilung zu verändern braucht viel Zeit und Praxis.“ (S. 23/24)

Weiterentwicklung des Leids

Nachdem ich gestern meine Erkenntnisse zum Thema Leiden hatte und sie aufschrieb, hat sich einiges verändert. Wieder mal beeindruckend!

Zu jeden Bereich wo ich geschrieben hatte, dass ich das nicht fühlen kann, bekam ich ein Gefühl. Ich hatte wieder mehr Raum und konnte besser sehen wie es wirklich ist. War schon fast befreiend.

Ich schreibe ‚fast befreiend‘, weil die Energie des Leidens nicht weg ist. Sie kam zurück und ist immer mal wieder da. Meine Position dazu ist jedoch eine andere.

Ich konnte heute etwas hinein fühlen, mit dem Bewusstsein, dass es einen Ursprung haben muss. Ich kam in undefinierte Empfindungen von krank und alleine in einem Raum sein. Und ein Warten, dass es vorbei geht. Meine Mutter wartet, dass es vorbei geht, damit sie wieder ihren Dingen nachgehen kann.

Meine Gedanken dazu waren, dass ich als Kind in Krankheiten und Verletzungen zwar körperlich versorgt wurde, aber nicht emotional. Ich wurde versorgt und dann überließ man mich mir selbst. Am deutlichsten habe ich die Erinnerung in mir, wie ich wegen Krankheit im Bett liege und höre, wie mein Vater das Haus verlässt und die Haustür von außen abschließt. Es wird abgeschlossen, wenn keiner mehr in der Wohnung ist.

Diese Erfahrung sitzt.

Wenn also damals sehr oft mein Leiden emotional nicht versorgt wurde, mir nicht geholfen wurde, damit umzugehen, es zu lindern, dann hängt es vielleicht noch im Raum.

Als ich diese Zusammenhänge etwas ergründet hatte, tat es mir leid um mein kleines Ich und ich nahm mein Leid in den Arm. Es hat ein bisschen geweint. Weinen ist immer gut. Dann ist was angekommen und das berührt mich jedes Mal aufs Neue.

Schön und lindernd fand ich dann auch, als mir ein Text in die Hände fiel, der diesen Prozess genau aufgriff. Ich habe seit bestimmt einem halben Jahr die ‚Buddhismus aktuell – Ausgabe 4/2015‘ hier rumliegen und lese in ganz großen Abständen darin. Heute nahm ich sie mal wieder und las etwas über die Praxis des Selbstmitgefühls

„Die Absicht der Selbstmitgefühlspraxis kann man folgendermaßen zusammenfassen: Wir schenken uns Mitgefühl, nicht damit es uns besser geht, sondern weil es uns schlecht geht. (…) Wenn wir Leid erleben, ist Güte die einzige sinnvolle Antwort darauf. (…) Jegliche Praxis, die wir mit einer Absicht ausüben, Leid loszuwerden, ist zum Scheitern verurteilt, da wir sie nutzen, um unsere Erfahrungen zu manipulieren und uns der Realität, wie sie ist, zu widersetzen. Selbstmitgefühlspraxis bedeutet also, sich im Geiste selbst liebevoll in den Arm zu nehmen, das Leid anzuerkennen, verstehen zu wollen und sich zu trösten und zu ermutigen, so wie wir es für einen geliebten Menschen machen würden.“

Hach ja… buddhistische Texte spiegeln sehr oft meinen Weg, meine Erkenntnisse und meinen Umgang mit mir selbst wieder.

Und auf der nächsten Seite sprang mich noch ein Werbetext an, von einem Buch von Thich Nhat Hanh, wo stand: “ Der große Weisheitslehrer zeigt, wie wichtig es ist, nach den Wurzeln des Leids zu suchen, denn erst dann können wir Mitgefühl entwickeln (…).“

Es gibt ja verschiedene Wege mit sich zu arbeiten. Für mich zeigt sich sehr oft, mir von innen heraus zu begegnen. Zu Üben, alles da sein zu lassen, was gerade ist, damit nichts zu machen und mich mit dem Moment liebevoll zu verschmelzen. Wenn es zu letzterem kommt, ich es in mir aufnehmen kann, eintauche in eine Empfindung, ein Gefühl, eine Energie, dann geschieht oft von ganz alleine eine Veränderung dieser Empfindung, dieses Gefühls, dieser Energie oder was auch immer da ist. Das ist jedes Mal irgendwie magisch, wie ein kleines Wunder.

Ich weiß nicht, ob man mit diesen Formulierungen etwas anfangen kann.

Handeln aus Liebe oder im Erziehungscamp

Ich bin vom Konstrukt des Inneren Kindes, zum Konstrukt des Egos gewechselt (überwiegend, nicht ausschließlich). Da lässt sich aktuell mehr mit fassen, was ich in mir erlebe. Kindliches Fühlen und Denken ist ein Teil des Egos.

Jedes Fühlen, Denken und Handeln, welches sich aus inneren Vorstellungen und gemachten Erfahrungen gründet, ist für mich das Ego. Es ist meine gewachsene Persönlichkeit. Es sind meine Glaubenssätze. Es sind meine Ängste. Es sind meine Freuden. Es sind alle Bewertungen. Usw.. Es ist alles, was als Reaktion auf äußere und innere Reize geschieht.

Der Buddhismus würde das wohl mit dem ‚Bedingten Entstehen‘ erklären.

In meinem Verständnis hat jeder dieses Ego und braucht es auch, um agieren zu können, um Erfahrungen sammeln zu können, um sich in der materiellen Welt bewegen zu können.

Ein Ego verschwindet nicht, aber es kann sich weiter entwickeln. (Vielleicht verschwindet es dann auch für ganz Ausgewählte.)

Ich bin seit dieser Woche mehr im Kontakt damit, in jedem Moment zu erkennen, wo reagiere, denke, fühle ich aus dem Ego und zu sortieren, an welchen Stellen die ich dort erkenne, ist es Zeit sich weiterzuentwickeln, loszulassen, neues zu lernen.

Das ist ganz schön umfassend, eine Tagesbeschäftigung, besonders im zwischenmenschlichen Miteinander. Es erfordert echt viel Aufmerksamkeit und Achtsamkeit und ist nicht leicht, wenn Trubel um einen herum ist.

In der Übersetzung der inneren Elternschaft, komme ich mir vor, als wäre ich als Eltern in einem Trainingsprogramm (Dauer unbestimmt), wo sich alles konsequenter, zielgerichteter, aufmerksamer, um die Begleitung des Kindes dreht.

Heute auf Arbeit hatte ich eine herausstechende Situation.

Ich saß vor dem Laden, machte eine Pause und genoss die Sonne. Ich war ganz bei mir und entspannt. Ein Kollege setzte sich neben mich. Die innere Reaktion war ein zusammenziehen und –krampfen. Ich fühlte Unruhe und Unsicherheit und den Wunsch weg zu gehen. Mein Ego meldete ‚Bedrohung‘.

Es ist für mich nichts Neues, das in mir etwas so reagiert. Hier habe ich den Wunsch mich weiterzuentwickeln, vor allem, weil ich das Thema hinreichend durchforscht, durchfühlt und erkannt habe. Es sind leere Muster geworden.

Mir kam das Bild von lauter kleinen, jungen Hunden, die in mir sitzen und bei entsprechenden Auslösern nach außen springen, sich vor mich stellen, knurren, bellen, Schwanz einziehen, Distanz oder Barrieren zu mir schaffen, um mich zu beschützen. Ich ziehe sie ganz behutsam, vorsichtig, aber konsequent an ihrer Leine wieder zu mir zurück und setze sie auf meinen Schoß. Ich vermittle ihnen damit: „So nicht!“, „Hier spielt die Musik“, „Bei mir bleiben“ und „Alles ist gut.“ Manche benötigen nur ein zurückziehen, manche brauchen noch das liebevolle Streicheln auf meinem Schoß, manche müssen erst noch in ihrer Reaktion verstanden werden, um sich zu beruhigen.

Da sind wirklich viele Hunde! Man, hab ich mir ja was vorgenommen. 🙂

Ich denke an Umerziehung, obwohl ich das Wort nicht mag. In der Heilsitzung wurde mir gesagt, ich solle mehr mein Ego kontrollieren. An dem Wort habe ich noch mehr herum gewürgt. Ich wählte dann ‚korrigieren‘. Diese Worte sind alle negativ besetzt, doch im Endeffekt ist es das.

Ich kontrolliere mit dem Hintergrund von Erfahrungen, Wissen und Erkenntnissen, was für meine Entwicklung förderlich und was hinderlich ist. Ich begleite mich und gebe immer wieder kleine Impulse für die Richtung, wo es hingehen soll. Das wichtigste dabei scheint mir die Verbindung zum Herzen. Ohne die intuitive Weisheit/Wahrheit des Herzens, werden die Worte ‚Erziehung‘, ‚Kontrolle‘, ‚Korrektur‘ zu machtausübenden Egoanwandlungen, gegen mich selbst gerichtet.

Ja, das ist das Zentrum des Handelns. Handeln aus Liebe.

 

Nachtrag:

Komme gerade vom Yoga. Es wird so super bewusst, auch dort. Meine Nachbarin macht während der Übungen geräuschvolle Gefühlsbekundungen. Ich (mein Ego) reagiere innerlich genervt und denke: „die will doch nur Aufmerksamkeit“ und fühle eine Bedrohung, dann selbst nicht genügend zu bekommen. Zurück gezogen auf meinen Schoß, weg von der Nachbarin, umarme ich dieses Denken/Fühlen in mir, erkenne alten Mangel und fühle im Herzen, das dieser heute nicht mehr nötig ist.