Borderline-Psychose

Borderline ist wohl aus der Schwierigkeit entstanden, dass man die Symptome nicht eindeutig einer Neurose oder Psychose zuordnen konnte. Deshalb Borderline – Grenzlinie.

Ich lese weiter in dem Buch von Josi Rom, z. B. über die innere oder äußere Borderline-Psychose.

Gestern Abend fühlte ich mich verdammt gut und schrieb auf einen Zettel: Ich fühle mich viel stärker ohne Sie. Vielleicht nennt man das auch Eigenmacht.

Heute Morgen schrieb ich in mein Tagebuch: Gerade habe ich das Gefühl ich schaffe alles, nichts kann mich mehr umhauen. 🙂

Prompt schnitt ich mir danach beim Brötchen aufschneiden unabsichtlich in den Finger. Lächelnd ließ ich das Blut ins Abwaschbecken tropfen, während ich mir die Hand auflegte und sprach lachend laut zu mir selbst: Ja, ja, ich habe verstanden. Nicht übermütig werden.

Meine Gedanken waren schnell, überbordend, springend.

Ich machte meine Gymnastikübungen und stellte dabei schon fest, dass ich irgendwie in einem veränderten Zustand bin. Danach etwas ruhiger und trotzdem unruhig. Einen großen Drang mich bewegen zu wollen, schnell und viel. Nur die Vernunft ließ mich körperlich abchecken und feststellen, dass ich immens müde bin und mich mal wenigstens kurz auf der Couch hinlegen sollte. Und die ganze Zeit so ein merkwürdiges überlegenes, erhabenes Lächeln im Gesicht, teilweise unbemerkt.

Lange hielt ich es nicht aus. Ging dann raus und spätestens im Wald war der veränderte Zustand eindeutig wahrnehmbar. Wie ein Rauschen zwischen mir und der Umgebung. Wie eine Parallelwelt in der meine Gedanken regierten, von einem hohen Thron. Ich fühlte mich etwas verrückt.

Größenwahn fiel mir da ein und die Borderline-Psychose.

Macht doch irgendwie auch Sinn, als Abwehrmechanismus vor diesen lebensbedrohlichen Gefühlen von Verlust und Fallen von gestern.

Umso mehr konkrete Sachen ich machte, umso realer fühlte ich mich wieder. Einkaufen, Puzzeln, Öl riechen, essen. Das Zentrieren auf diese Dinge kostet Kraft. Meine Gedanken und Gefühle von heute Morgen kommen mir nun unrealistisch vor.

Und mir fielen die Auflösegefühle vom Herbst letzten Jahres ein, wo ich in der Tagesklinik war. Das war dann bestimmt auch Psychose-Nähe.

Das macht deutlich weniger Angst, wenn man versteht was passiert. Schade das ich dazu ein Buch lesen muss/darf und niemand einem das erklärt. Dann bin ich jetzt also auch noch mein eigener Arzt. 😉

Ich bin so ein Gefühlsmischmasch heute. Hin und her. Groß und klein. Wütend und stark. Frei und Schmerz. Angst und Vertrauen. Resignation und Trauer und und und.

Mit dem Fluss fließen

Es wird draußen dunkel. Ich fühl mich verbunden mit mir und meiner inneren Stimme. Sie sagt raus. Raus, sofort! In den Wald. Irgendwo hinlegen und Wald fühlen, mich fühlen, erden. Nicht irgendwo. Ich weiß an welcher Stelle. Das Verlangen ist wichtiger, als alle Ängste. Da hinlegen wo dich alle sehen? Bist du verrückt? Und außerdem ist es schon spät. Egal. Zielstrebig und zügig mache ich mich los.

Draußen. Oh! Ob es gleich regnet? Wunderbar! Ist mir recht. Im Wald. Es fängt an zu regnen. In Strömen. Hinlegen passt nicht. Hinsetzen. Fühlen wollen. Viel fühlen wollen. Ich suche nach viel fühlen. Ich versuche das Viel-fühlen-wollen loszulassen. Es ist nicht so wie ich es gerne hätte. Ich fühle nicht so viel, wie ich es gerne hätte. Aber ich finde das okay dazu. Ich fühle das was da ist. Im Raum zwischen meinem Körper und den Dingen im Außen. Da bin ich. Das ist okay. Da bleibe ich. Ich lasse die Augen etwas offen, da ich weg bin, wenn ich sie schließe. Der Regen durchnässt mich, trotz Baum über mir. Ein Feld öffnet sich. Ich öffne mich zu einem Feld, größer als mein physischer Körper. Um meinen Kopf herum oder davon ausgehend. Der Körper bleibt fern. Ohne mein Zutun steigt Freude auf. Ich spüre Regentropfen. Alles ist gedämpft. Aber es ist okay. Ich bin voller Freude. Fange an zu lächeln. Ganz von alleine. Fühle ein großes Lachen wollen. Fühle leben und lachen. Fühle ein lachendes Jauchzen aufsteigen. Ich kann es mir noch nicht erlauben. Es ist okay so.

Ich umarme den Baum unter dem ich saß. Bedanke mich. Auch hier komme ich nicht sehr tief in Kontakt mit meinem Herzen, wie sonst zu anderen Zeiten. Es ist okay. Ich laufe nach Hause. Das Lächeln weicht nicht aus meinem Gesicht. Ich bin glücklich, obwohl ich nicht ganz da bin. Laufe durch den Regen. Weiche Pfützen aus. Wieso weiche ich den Pfützen aus? Meine Füße wollen barfuß durchlaufen. Okay. Dann tun wir das jetzt. Ich ziehe die Schuhe und Socken aus. Herrlich. Ich freue mich noch mehr. Ein breites Grinsen. Es ruft in mir: schaut her, ich traue mich, ich genieße, ich lebe. Ich stehe an der großen Kreuzung. Autos halten. Sehen mich. Ich grinse weiter. Die Scham, die Furcht bleiben im Hintergrund. Was tut sie nur? Erfüllt und zufrieden komme ich klatschnass zuhause an. Das hat gut getan!