Ergotherapie

Ich bin noch ganz berührt von dem was heute im Ergotherapie-Termin geschehen ist.

Ich kam dort vernebelt und körperlos an und mit einer riesen Angst näher hinzuschauen, weil ich schon von zu Hause wusste, dass hinter dem Nebel nur noch mehr Angst wartet, Angst die so riesig ist, das sie mich die ganze letzte Woche wie noch nie an Menge, Tag für Tag dissoziieren ließ.

Seit der Entscheidung, im ambulanten Betreuten Wohnen, eine 4-wöchige Kontaktpause auszuprobieren. Sie ist jederzeit erreichbar, telefonisch und per Mail und auch Kontakte sind noch möglich, wenn ich es will. Nur ich will nicht mehr. Ich kann nicht mehr.

Seit dem spielt meine Gefühlswelt verrückt. Es ist extrem und scheinbar kann nicht alles gefühlt werden. Vor allem Angst. Todesangst. Angst die sich nach Wahnsinn anfühlt. Dann kommt Nebel in meinem Kopf. Das Gefühl, mit der Wahrnehmung rechtsseitig nicht da zu sein. Mich selbst nicht vollständig fühlen. Zähe, nebelige Gedanken. Schmerzen im Körper. Gestern tat mir mein rechter Fuß und mein rechtes Becken so weh, dass ich meinen Spaziergang auf die kleinste Runde reduzierte und froh war, wieder zu Hause zu sein. Mein Herz klopft immer mal wieder schnell, gepaart mit Schwindel und Kreislaufproblemen.

Angekommen in der Ergo, erzähle ich von der Angst hinzuschauen, dass ich das Fühlen nicht packe. Ich denke an die Entscheidung im BEW, will es erzählen, doch nur das dran denken, lässt die Panik schon nach vorne schießen, so dass ich es sein lasse. Mein Körper fängt an zu schwitzen, ein Gefühl von einem großen Energiefeld breitet sich um meinen Brustkorb aus. Das macht mir Angst.

Ich springe vom Stuhl auf, stelle mich weiter weg in den Raum. Suche in meinem Geist nach Lösungen, um nicht überwältigt zu werden. Erinnere mich an eine Körperhaltung, die mir schon in der Therapie geholfen hat und mir ein haltendes Gefühl gabt. Die rechte Hand auf die linke Seite vom Brustkorb gelegt (dort liegt auch der Selbstakzeptanzpunkt) und mit der linken Hand den rechten Oberarm umschloßen.

Und wow, ich spüre extrem stark die Reiki-Energie durch meine rechte Hand fließen. Alles ist aufgewühlt und bewegt sich in mir. Meine Beine schwitzen. Ich bekomme schwer Luft. Schwindel im Kopf. Bilder funktionieren nicht. Aber Dinge im Raum wahrnehmen. Die Uhrzeit. Der Stuhl. Der Raum, der sich um meinen Kopf auftut. Und ich rede und rede und rede, darüber was ich wahrnehme, was helfen könnte, dass ich immer noch nicht in meinen Körper komme. Der Hinweis kommt, ich müsste mich nicht selbst moderieren. Ich melde zurück, dass ich es doch muss. So höre ich meine Stimme, ein konstanter Klang der mir zeigt, ich bin noch hier und das Gefühl die Kontrolle zu behalten. Der Klang meiner eigenen Stimme. Ich brauche sie. Und das ist dann auch in Ordnung.

Meine Körperhaltung, die Reiki-Energie, das beobachten, benennen der Körperereignisse, die Dinge im Raum, ein Bergkristall in der Zimmerecke (den ich mir hole und halte), mein Reden bringen mich in einen Zustand, in dem es möglich ist, mich wieder hinzusetzen.

Ich spüre die Angst sehr deutlich in mir, ihre Größe. So groß, dass ich sie nicht sprechen lassen kann, ohne erneut überwältigt zu werden. Also höre ich ihren Satz nur in mir selbst, der sich immer wieder wiederholt: Ich habe Angst! Ich habe Angst! Ich habe so schreckliche Angst!

Meine Worte stolpern. Sätze werden verwaschen. Die Zunge schwer. Chaotische Energien im Kopf. Denken eng. Mein Körper zittert. Doch nun gehen Bilder. An dieser Stelle bitte ich um Unterstützung. Ich brauche Fragen, die ich mir dann selbst stellen kann, nach innen schicke. Zuerst die Suche nach einem angenehmen Körpergefühl. Ist nicht zu finden. Der ganze Körper meldet Gefahr. Überall hängt ein Warnschild – hier nicht weiter forschen. Dann die Frage, ob Sicherheit eine Farbe oder Form hat. Nichts kommt. Die Überlegung, ob es einen Ort gab, an dem ich mich sicher fühlte. Keine Erinnerung. Aber ich schicke die Frage nach einem ‚Wo kann Sicherheit sein?‘ nach innen.

Dann ein erstes Bild von einem großen, alten Tannenbaum. Ein Ort dazu, an dem ich ihn gesehen habe. Ich springe immer wieder raus und mit Hilfe von Fragen wieder rein. Die Beschaffenheit des Bodens kommt dazu, der dicke Baumstamm, Harz auf einem Stück Rinde in meiner Hand, die Freude am daran riechen, die Freude an den intensiven grünen Farben.

Für mich ist das das erste Mal, tiefer in ein Bild steigen zu können.

Nur hat es keinen Einfluss auf die Angst im Körper. Es sind wie zwei Orte. Ein Teil im Wald, entspannter, ruhiger, friedlicher und der andere Teil außerhalb des Bildes, im Körper, weiterhin in Angst.

Ich überlege diesen Teil mit ins Bild zu holen, um ihm vielleicht diesen Ort zeigen zu können. Es funktioniert. Diese Angst ist mit im Wald. Ich sehe das als ein kleines Bündel, dass ich links an meinen Oberkörper drücke, es festhalte, umschließe.

Dann passiert etwas, womit ich nicht gerechnet habe. Das Kleine sagt immer noch: Ich habe Angst! Aber diesmal fühle ich mich selbst dazu ganz anders. Ich sehe es in meinen Armen, wie es das sagt und fühlt und ich spüre, wie ich es halte, festhalte und mich dafür öffnen kann, es durchlasse. Ohne Worte vermittelt sich: Ja. Ich halte dich. Ich bin bei dir. Es ist ok.

Ich fühle diese Angst ganz anders, als wäre es okay, dass sie durch mich hindurch geht.

Das Kleine brauchte gar nicht den Wald! Ich brauchte ihn, um eine andere Haltung zu finden! Mehr Ruhe. Mehr Frieden. Mehr Sicherheit. Und mit diesem neuen Standpunkt konnte ich dann das Kleine halten. Das Kleine brauchte nur das! Nur mich!

Wahnsinn! Das hab ich so noch nie erlebt. Mit Angst gab es bisher keinen heilsamen Weg klarzukommen.

Der Körper fühlte sich dann an, als hätte er sich an dieser Stelle harmonisiert. Ruhe war eingekehrt.

Insgesamt war ich zwar immer noch nicht im Körper, konnte den Stuhl nicht spüren und mein Kopf fühlte sich an, als wäre ich gegen eine Wand gelaufen. Das war jedoch okay für mich, in Anbetracht der ganz neuen Situation im BEW, dass das nicht alles gleich zu lösen ist.

Es fühlt sich an wie der Versuch einer emotionalen Ablösung und erinnert mich an einen Entzug, mit heftigen Entzugssymptomen. Das wird ein Weilchen dauern, bis sich innerlich etwas Neues formiert hat.

Traumageschenke?

Die Körperarbeit hat mir heute richtig gut getan. Mal den Blickwinkel ändern. Die Perspektive drehen.

Die Therapeutin drückte erneut ihr Erstaunen aus, wie viel ich wahrnehmen könnte und zeigte sich ganz begeistert.

Sie erzählte mir aus ihren Indienreisen, das sie dort mal einen Guru fragte, wieso es in Indien so viele erleuchtete Menschen gäbe und in Deutschland nicht. Der Guru meinte, dass in Deutschland die Erleuchteten in den Psychiatrien säßen. Sie stellte sich vor, dass, wenn ich in Indien leben würde, sie vielleicht zu mir kommen würde, und darum bitten würde, dass ich meine heilige Hand auf ihr Haupt lege.

Ich musste lachen. Eine schöne Geschichte.

Wir schauten uns an, wo meine hohe Wahrnehmungsfähigkeit auch etwas Gutes ist, neben dem Leiden, welches sie ebenso erzeugt. Mir fielen zwei Situationen ein, wo ich mich mit dieser Begabung wohl fühle.

Einmal unter Menschen, denen es auch so geht. Zum Beispiel zwei Freundinnen, wo ein Treff im Cafe schon zu Beginn ein paar Minuten benötigt gemeinsam einen guten Platz, an der richtigen Stelle, in der richtigen Position zu finden. Da können wir über uns lachen, wenn das dann etwas dauert, bis sich alle wohlfühlen und bestärken uns gegenseitig darin, für uns so sorgen zu dürfen. Da fühle ich mich ganz normal und genieße das jedes Mal, einfach so sein zu können. Da freue ich mich auch über Fragen wie: „Schau mal, ob sich die Decke gut für dich anfühlt. Hier liegt sonst auch noch eine andere.“

Die zweite Situation ist die andere, sehr unregelmäßige, weil kostenverursachende Körpertherapie bei U.. Da kann ich mich meist sehr fallen lassen und den sanften, feinfühligen Impulsen folgen, lernen ihnen zu vertrauen und die Heilerin in ihnen zu erkennen. Das ist jedes Mal sehr berührend und für mich immer noch, nach vielen Jahren wunder-voll.

Und jetzt für mich fällt mir noch die Natur ein. In der Natur, im Wald, am Wasser, auf Wiesen genieße ich meine Feinfühligkeit auch sehr und sie hilft mir dort Kraft zu tanken. Auch an Orten, die ruhig und mit einer guten Energie sind, breite ich meine Fühler gerne aus. Zum Beispiel in Räumen wo viel Holz ist oder wo viel meditiert wird. Räume die still sind und eine Geschichte erzählen, wie zum Beispiel in Kirchen.

Bei der Menge an Wahrnehmungen die ich im Körper beschrieb, musste die Therapeutin auch an eine Landschaft denken, in der sich ständig etwas verändert. Die Wolken treiben, dann kommt Sonne, dann weht der Wind, dann wird es still und das immer so fort. Und sie würde das voller Staunen beobachten. Wir konnten dann den Unterschied herausarbeiten, warum sie es so positiv erlebt und ich mich eher belastet und auch überfordert fühle.

Erstens, für mich ist es immer noch neu. Mein Verstand hat Angst davor, weil er es nicht kennt, nicht einschätzen kann, nicht weiß, was es bedeutet und wie er sich dazu verhalten soll (ja, immer noch, auch wenn schon einige Jahre ins Land gegangen sind).

Zweitens, meine traumatischen Erfahrungen haben eine zusätzliche Angst vor dem Körper und seinen Wahrnehmungen gesetzt. Dort bedeutet Körperwahrnehmungen = (immer noch) Gefahr.

Und drittens, kann ich meistens die Wahrnehmungen nicht von einem sicheren Ort heraus beobachten. Bildhaft: Sie, die Therapeutin sitzt in der Landschaft auf dem sicheren Boden und genießt den Anblick – ich bin in dem Bild die Landschaft selbst, bin mal Wolken, mal Sonne, mal Wind, mal ist mir heiß, mal bin ich nassgeregnet, mal mein Haar zerzaust, hin und her gerissen. Mir fehlt der Boden (ich arbeite daran), für all die Bewegungen.

Dieses Bild hilft mir, mich besser zu verstehen und Mitgefühl für meine immer noch vorhandenen, vielen Ängste zu empfinden.

Schön fand ich auch, als sie erzählte, dass diese hohe Wahrnehmung vielleicht als Folge der Traumatisierung, nun auch eine Begabung in sich trägt. So dass das ursprünglich Schmerzhafte auch zu einem Geschenk wird.

Noch habe ich da auch einen Denkknoten im Kopf und trotzdem gefällt mir diese Sichtweise sehr. Jetzt ist mir fast danach, mich bei meinen Eltern dafür zu bedanken. 😀

Verarbeitung der Körpertherapie in einer Mail

„Hey A.,

vorweg hoffe ich, du hattest ein paar entspannte Osterfeiertage.

Mich hat es noch ausgeknockt, nach unserem Termin. Deshalb schreibe ich. Mehr für mein eigenes Verständnis, um die Erlebnisse zu sortieren, in Zusammenhang zu bringen. Und auch, um es mit dir zu teilen.

Ich denke, wir haben letztes Mal irgendwo eine sehr tiefe Wunde meiner Seele berührt. Eine Wunde, die so früh gesetzt wurde, dass sie einen Teil meiner Identität ausmacht, in meine Persönlichkeit eingeflochten ist. Das habe ich heute so gespürt und diese Worte gefunden und es macht mich gerade traurig. Ich weine.

Ich weiß nicht genau worum es geht. Deutlich fühlte ich als Verursacher meinen Vater und ich bin mir relativ sicher, dass es auf der körperlichen Ebene passierte. Nicht sexuell. Ich kenne Erzählungen von erzwungenen Essen, bei einem anderen Kind, in dem es stark gedrückt wurde und vor Schreck den Mund aufmachte. Sowas in der Art. Vermutlich eben so früh, dass keine gesunden Körpergrenzen entstehen konnten und alles gleich Gefahr ist. Und keine konkreten Erinnerungen da sind.

Heute Morgen konnte ich diesen ‚Makel‘ zum ersten Mal so deutlich wahrnehmen, als einen sehr festen Bestandteil von mir. Ich muss schon wieder weinen. Es ist so unfair, dass mein System so stark beschädigt wurde, dass ich mich von Natur aus in meinem Körper nicht sicher fühle. Das war mir so noch nicht klar. Das es ganz früh passiert sein muss, um so zu werden. Ich dachte immer an spätere Ereignisse, wo ich eine Erinnerung habe. Aber das passte alles nicht. Es bleibt natürlich Spekulation.

Diese Verletzung habe ich heute Morgen als Empfindung auf der linken Seite am Hinterkopf ‚gesehen‘. Es war wie eine breite Furche, weißes Gewebe und ein deutliches Gefühl von ‚etwas ist in meiner Person/Seele/Identität kaputt gegangen‘.

Ich habe schon mal vorsichtig versucht, mich mit diesem ‚Makel‘ auch wunderschön zu finden. Ich kann es noch nicht glauben. Ich fühle mich eher wie ein Krüppel, entstellt und mich einer Erfahrung von natürlichem Sicherheitsgefühl beraubt. Es kommt mir heute auch aussichtslos vor, dass das jemals anders sein könnte. Das ist heute. Das wird sich sicherlich weiterentwickeln.

Okay… und wenn ich das jetzt mal so als Ausgangspunkt annehme, wird mir verständlicher, warum Berührung so speziell ist. Weil jede Berührung das Thema beinhaltet, mich mit ihr nicht sicher zu fühlen, einen Gewaltakt zu erwarten. So hat sich das auch angefühlt, ohne Grenze, wie ein Griff direkt, ungeschützt in mein Inneres. Und ich deshalb alles so langsam brauche, um

* die Reaktionen die folgt als Angst zu erkennen,

* mit dieser Angst zurechtzukommen, auszuhalten, wahrzunehmen, einzuordnen

* Zeit zu haben, die Berührung wahrzunehmen und die Situation in der ich bin und

* Zeit zu haben, die wahrgenommenen Berührung als ungefährlich bewerten zu können – die Motivation des Gegenübers zu prüfen (ihm zu vertrauen)

Das ist richtig, richtig viel, was da an Bewusstsein nötig ist.

Daraus ergibt sich als sinnvolles Vorgehen, wenn ich eine Berührung haben mag oder ihr zustimme, nur einen Berührungspunkt herzustellen, an einer ‚ungefährlichen Stelle‘ (die Herzgegend war schon zu viel Zusatzinput), um mich nicht zu überfordern und dann Zeit zu haben, damit zurecht zu kommen.

Wow! Ich bin gerade von der Produktivität dieser Mail beeindruckt. 🙂 Gedacht hatte ich es anders. Nun ist es das geworden. Ich fühle mich auch besser. 🙂

Dann bis zum nächsten Mal.

Mach‘s gut.

Sophie“

Etwas gehen lassen, um etwas zu bekommen

Oh Herr, ich gebe dir die Zügel in die Hand, auch wenn es schmerzt loszulassen.

Zeige mir den rechten Weg, mit dem es mir gut gehen kann, auch wenn es erstmal bedeutet, etwas scheinbar zu verlieren.

Am Ende gewinne ich doch.

Was bringt mir ein Ungleichgewicht, unter dem ich leide.

Ich bin bereit meinen Willen loszulassen und alles zu tun, damit es mir gut gehen kann. Ich erlaube den Schmerz und die Tränen, die dieses Loslassen mit sich bringen.

Ich kann nicht alles machen, auch wenn Jedes für sich gut ist.

Das ist die Erkenntnis nach Cranio-Sitzung gestern.

Mir fehlt dann die Kraft, um noch Gutes zu tun und zu fühlen und damit wieder ins Gleichgewicht zu kommen.

So wie schon letztes Jahr, gleichzeitig Therapie und Training in der Holzwerkstatt in einer Woche zu viel war, so ist auch jetzt Ergo-Körperarbeit und Therapiesuche in einer Woche zu viel.

Ich bekomme dann nicht mehr alles unter einen Hut – aufkommende Gefühle, deren Ausdruck, Verarbeitung und Versorgung, Ausruhen, positive Dinge tun, Sport und Pflichten des Alltags, wie Haushalt, Einkauf und Essen.

Hinderlich war die Aussage „sie schaffen das schon“, als ich Bedenken bezüglich der Therapiesuche äußerte. Gehört habe ich „ich muss das schaffen“.

Genau so habe ich mich verhalten. Ich muss das schaffen. Es darf mir jetzt nicht schlecht gehen. Antreiben.

Ergebnis

Ein herausfordernder Termin pro Woche ist gut machbar.

Alles weitere bringt mich an Leistungsgrenzen und verstärkt depressive und destruktive Zustände.

D.h. für nächste Woche, dass ich für den ersten Termin – Ausflug zu einem Pferdehof – um Unterstützung bitten darf („darf ich mich etwas hinter Ihnen verstecken und Sie übernehmen die Führung?“ – oh fällt mir das schwer, dass zu zeigen),

damit ich dann für den zweiten Termin – therapeutisches Abklärungsgespräch über die Sprechstunde der KV – noch genügend Kraft habe.

Es fühlt sich gut an, wieder Orientierung in dem zu haben was ich brauche!

Tagebuchnotizen 02.12.-08.12.17

(Triggerwarnung)

02.12.17

Bedarfsmedis genommen, weil hohe Anspannung und ständiges Zucken der Beine und Becken im Bett.

Mein Körper fühlt sich noch nicht sicher. Der weiß noch nicht, dass ich ihn schützen kann und ich glaube selbst auch noch nicht richtig daran.

Ich muss Sex gehabt haben, den ich nicht wollte. Ich bin erschrocken, dass mein Körper sich so verzweifelt wehrt und ich davon nichts wusste. Bin paralysiert. Mal sehen was ich heute brauche. Wie kann das sein, dass ich davon nichts weiß? Warum habe ich das denn nicht gemerkt? Das belastet mich total, die Erkenntnis, dass nicht gemerkt zu haben.

03.12.17

Ständiges Erinnern, das sind die Symptome. Angst und Anspannung – nur noch nicht in einen Zusammenhang gebracht.

Der Körper fühlt und hält Not.

08.12.17

Zurzeit viele Körpererinnerungen – Flashbacks die bewusst werden. Not. Flucht. Angst. Eingefrorene Fluchtenergie. Das ist super! Weiterentwicklung aus der Schock-/Erstarrungsenergie. Gestern bei der neuen Ergotherapie – Körperarbeit. Im Sitzen nachgespürt, wie ich wegrennen will, wie meine Beine rennen und Energie ausstrahlen.

Eben habe ich realisiert… dort ist die Empfindung voller Not fliehen zu wollen („er wird irgendetwas machen und ich bin nicht sicher“)… hier ist der Raum und das Bett in dem ich liege… es ist vorbei. Ich freue mich.

Tagebuchnotizen 11.11.-13.11.17

11.11.     Wie eine Therapeutin sein müsste: viel Erfahrung + Ahnung von Trauma und Körperarbeit + großes Herz und Offenheit

Meine Gedanken leiden unter der Vorstellung, dass mir keine Liebe widerfährt, dabei erlebe ich sie jeden Tag. Sich nicht geliebt zu fühlen erzeugt ein riesengroßes Leid und Elend sein. Ich verstehe sie, die Gedanken, zeuge der Vergangenheit. Mir war gar nicht klar, wie schlimm sich das anfühlt, wenn einen keiner liebt. Wie ein Supergau auf geistiger/emotionaler Ebene.

Ich vermisse sie echt arg.

Ich habe das Gefühl, ich kann ohne diese Zuwendung gar nicht leben. Ich verstehe nicht, warum ich mich so fühle. Daran sind Gedanken geknüpft, nicht mehr leben zu wollen. Extreme Gefühlslage.

Krisentelefonat: Zuwendung zu brauchen ist ok, ist menschlich. Zu sehr darauf zu verzichten ist nicht gut. Sehr streng mit mir. Es alleine schaffen zu müssen. Vertretung ist dafür da, um Zuwendung zu geben. Kann dafür genutzt werden. Freundeskreis? Auf andere zugehen. Mich mehr zeigen. Wie kann Zuwendung im Freundeskreis ausgebaut werden? Ich darf es mir erlauben. War dabei in Muster zu rutschen, es mir zu verbieten.

Es wäre schön, wenn ich einen Freundeskreis hätte, der mich ebenso auffangen könnte, wie es das Betreute Wohnen tut. (Vorher noch nie diesen Gedanken gedacht)

12.11.    Erst habe ich nur Hass wahrgenommen, als Druck, Dichte am Hinterkopf links. Dann Hass auf alles und jeden. Daraus wurde Hass auf jemanden, mit Glaubenssatz, dass das ganz schlimm sei, jemanden zu hassen und deshalb nicht liebenswert und verurteilt und große Angst vor dieser Empfindung. Es konnte kaum geglaubt werden, dass es ok ist so zu fühlen. Es gab kaum Zugang dazu, dass es Gründe gibt/gab, die dieses Gefühl ausgelöst haben. Dann wurde Hass auf die Ergo-Frau wahrgenommen, auf eine ausgebremste Art. Als ich nochmal einladend sagte, dass es einen Grund gibt für dieses Gefühl, es damit berechtigt ist, taucht ganz kurz heftiger emotionaler Schmerz auf. Da war mir klar, der Hass versucht die Person, die Ergo-Frau wegzustoßen, damit sie keine Gelegenheit hat, dieser Schmerz erneut auszulösen.

Sie wird auch zukünftig eher rational auf meine emotionale Seite reagieren, also ist weiterer Schmerz sehr wahrscheinlich. Das macht es nachvollziehbar, warum ich mich dort nicht mehr öffnen kann, kein Vertrauen fühle, aufgehoben zu sein. Und ich kann das nicht trennen, nur für den praktischen, tagesstrukturierenden Aspekt dorthin gehen und den emotionalen, Beziehungsaspekt außen vor lassen.

Dann werde ich mich wohl verabschieden.

13.11.    Im Moment sieht es so aus, dass ich die Ergotherapie beenden werden, weil ich den Beziehungskonflikt nicht gelöst bekomme.

Schweres

Das Schreiben hat mich wieder gefunden. Ich schreibe wieder in mein Notizbuch.

Mich nach innen zu richten, macht mir Angst. Das ändert sich einfach nicht. Die Auseinandersetzung mit meinen Gedanken und Gefühlen, macht mir Angst. Es fällt mir nicht leicht mir zuzuhören und mich fühlen zu lassen. Das Akupressurklopfen ist dafür eine Brücke. Es bereitet einen möglichen Raum und auch der ist manchmal nicht sicher genug.

Klopfen tu ich nur morgens. Fühlen und denken tu ich den ganzen Tag. Also krampfe ich oft um mich herum.

Wie heute. Wie oft.

Die Außenzeit hat sich mit einer Innenzeit gewechselt. Viel Zeit mit mir.

Angstzustände haben den Wechsel eingeleitet.

Ich versuche die Bewegung als normale Bewegung einzusortieren – nach viel Außen, kommt viel Innen. Fällt mir schwer. Wie mir alles gerade schwer fällt.

Mir fällt es schwer, das als Geschenk zu betrachten, als Wegbereitung für etwas Neues (wie mir die Karten es sagen) und als einen neuen Lernraum. Mir fällt es schwer, breit zu denken, in Zeit zu denken – auch dies geht vorüber. Mir fällt es schwer, nachdem ich mich an das Äußere angepasst habe, alles wieder loszulassen und der inneren Ebene Raum zu geben, weil nichts anderes mehr geht. Und ich ahne schon, wenn sich der Wechsel erneut einleitet, werde ich ebenso die innere Ebene/Anbindung wieder loslassen und mich an dem im außen Erlebten orientieren.

Ich bin das, was mich umgibt, mit was ich meine Gedanken fülle. Das macht mich fertig, diese Inkonsistenz. Ich kann das Eine nicht mit ins Andere nehmen. Ich muss mich immer wieder neu suchen, in der Umgebung/Realität in der ich mich befinde. (Ich hatte den Borderline-Begriff abgelegt und nun nehme ich ihn wieder auf und lege ihn bestimmt auch wieder ab usw. usf.)

Ich erinnere mich, die angenehmsten Phasen sind die, in denen äußere Struktur bleibt, Wiederholungen einen konstanten Rahmen bilden. Sichere Orte im Außen.

Aaah… mir geht ein Licht auf. Die Ergo ist weggefallen wegen Urlaub und auch die Therapie. Dazu noch der Werkstatttermin, wegen der Tiefphase. Soviel zum konstanten Rahmen. Und die Ergo war definitiv ein sicherer Ort. Der einzige im Außen. Ich war immer ganz erleichtert, wenn ich da angekommen bin und dachte, endlich was Normales und wenig Beängstigendes.

Zurück zum Schreiben. Ich habe vorhin geschrieben, weil die Niedergeschlagenheit nicht weichen wollte und ich schon eine Weile herum krampfe. Eine Annäherung daran. Da durften die Gedanken etwas sein, die mir Angst machen. Und auch meine Angst durfte sein.

Ein paar Ausschnitte, wer es ertragen kann und will:

…Mal ist etwas Teil meines Lebens, dann existiert es nicht mehr in meiner Welt.

…Meine Spiritualität hatte ich vergessen und werde es wohl wieder tun.

…Gedanken sind so beliebig.

Es kommen immer wieder die Gleichen. Ich kann andere anstellen, neue Gedanken denken, doch bin das ich? Bin ich das wofür ich extra mein Bewusstsein brauche?

Und wenn ich das alles sein lasse und einfach denke was ich denke… dann wird es sehr dunkel. Ist das sinnvoll? Die Energie fließt mit der Aufmerksamkeit. Ich bin es so leid, immer wieder selbst diesen Gedankenkraftakt zu leisten, meine Aufmerksamkeit zu lenken, auf Dinge die ich sonst nicht sehe.

Zumindest heute/jetzt bin ich es leid.

Ich will einfach niedergeschlagen sein, aber gleichzeitig vor Endzeitgedanken geschützt.

Das passiert nämlich, ich mache mein Leben nieder. Mache mich zu etwas Gescheitertem und verliere mich in Bedeutungslosigkeit. Was hab ich schon erreicht.

…Ich wünsche mir das sehr, dass es leichter wird, dass ich wieder eine andere Realität wahrnehmen kann, dass sich meine Handlungsmöglichkeiten erweitern und Angst nachlässt.

Wie ich bin

Vielleicht merke ich mir das mal, dass ich sehr schnell unter Druck gerate und darauf sehr empfindsam reagiere, auch mit Weinen und dass das völlig okay ist, dass das zu mir gehört, zu meinen Eigenschaften und nicht schlimm ist.

Ob ich das jemals so werde fühlen können, vor anderen so sein und mich damit in Ordnung fühlen?

Die Ergotherapie hat mich volle Breitseite damit konfrontiert.

Puzzleteile und das Ganze

Ein erfahrungsreicher Tag heute. Intensive Prozesse laufen. Puzzleteile fügen sich zu einem Ganzen.

Erfahrungen

Die neue Übung morgens den dritten Tag. Ich habe meinen Weg damit gefunden. Mir versprochen, mindestens 2 Wochen diese Übung für 10 Minuten. Nicht mehr und nicht weniger. Nicht erhöhen, aus dem Zweifel, dass es zu wenig ist. Nicht unter Druck setzen, mehr machen zu müssen (wie andere es sagen). Mir das erlauben. Mir treu bleiben. So fühlt es sich gut an.

Ich liege heute in dieser Übung, dem schlafenden Tiger. Auf dem Rücken, Beine leicht gebeugt in die Luft gehalten, Hände auf dem Unterbauch und durch den Mund mit „Haaah“ ausatmen. Bewusstsein immer wieder in den Unterbauch lenken. Alles wahrnehmen, nichts sein, nur beobachten. Nicht mit dem Körper identifizieren und dem was sich da tut an Schmerzen, Anspannung, Zittern.

Ich spreche innerlich mit mir. „Meine Beine werden getragen. Ich vertraue.“ Ich versuche in die Atmung und meinen Unterbauch loszulassen. Parallel eine andere Stimme in meinem Kopf, in meinem Körper. Ein Wimmern. „Ich kann das nicht schaffen. Da siehst du? Mein Becken fängt wieder an zu kippen. Meine Muskeln fangen an zu zittern. Ich kann meine Beine nicht mehr halten. Ich kann das nicht! Ich werde das nicht schaffen. Ich glaube nicht daran. Nie und nimmer.“ Dieses Gefühl, diese Worte kommen aus meinem Unterbauch. Es fängt an zu weinen. Ich weine während ich weiter die Beine in die Luft halte (Wahrnehmung am Rande: das Halten geht auf einmal ganz einfach). Dieses Gefühl beinhaltet das gesamte fehlende Vertrauen, den gesamten fehlenden Glauben in mich selbst, über diese Übung hinaus. Es erinnert sich ein Leben lang, an jedes Alter in dem Erinnerungen möglich sind, vom Kindergarten bis heute, dagewesen zu sein. „Ich kann das nicht. Ich kann nichts. Ich werde scheitern.“ In mir ein Kind mit gesenktem Kopf, hängenden Schultern, innerlich weich, ohne Widerstand. Unbeweglich, zusammengefallen, zurückschreckend vor jeder neuen Erfahrung, Herausforderung, Aufgabe. In sich selbst verkriechend, um Schutz zu suchen. Auflösen. Später, auf diese Gefühle bauen andere auf. „Ich bin schlecht, weil ich nichts kann. Ich bin schuld, das ich nichts kann.“ Wie traurig, dass es sich so fühlen muss. Es tut mir leid. Es tut mir weh.

Nach dieser Erfahrung fühle ich mich zwar sehr gerädert, doch auch befreit. Etwas hat zusammen gefunden. Mir fällt die enge Verknüpfung von meinen Gedanken und Gefühlen auf. Gefühle entstehen bei mir oft erst über Gedanken.

Zusammenhänge

Am Nachmittag. Meine Gedanken treiben immer wieder um diese Erfahrung. Suche in meiner Vergangenheit. Wann bin ich an was so massiv gescheitert? Wann musste ich etwas tun, was ich nicht konnte? Wo habe ich das Vertrauen verloren, in mich? Es muss früh gewesen sein. Mir fällt der Unfall ein, mit 2 Jahren.

Ich krame in Notizen meiner Eltern (toll, dass ich so etwas habe). Mit ca. 1,3 Jahren unsicheres Laufen, mit 1,8 Jahren sicheres Laufen. Mit ca. 1,3 Jahren Gewöhnung ans Töpfchen. Dann mit 2,1 Jahren ein Sturz, mit Oberschenkelhalsfraktur. 3 Monate das Becken komplett in Gips, inklusive das ganze rechte Bein und das halbe linke. Nur noch Krabbeln möglich und wieder durchgängig Windeln benutzen.

Dieser wahnsinnige Schmerz vom Sturz? Erzählungen von großer Unsicherheit, als ich nach der Gipsabnahme laufen sollte. Eine neue Ängstlichkeit, von der berichtet wurde, die vorher nicht existierte. Eine Ängstlichkeit meinen Fähigkeiten zu vertrauen? So grundlegend? Es würde passen. Ich spüre weiter nach. Ich soll etwas tun, was ich nicht kann. Laufen? Ein Schmerz der mich aus meinem Körper treibt? An diesem wichtigen Entwicklungsschritt scheitern? Auf eigenen Beinen stehen? Es passt immer noch.

Was machen Kleinkinder mit Schmerzerfahrungen?

Heute. Die Verkrampfung im gesamten Darm. Das Halten im Becken. Das allgemeine schwere Loslassen in meinem Körper. Nicht loslassen können in Lustempfindungen. Das Misstrauen gegenüber Körpergefühlen. Davor zurückschrecken. Rein und gleich wieder raus. Durch diesen Unfall? Mir fällt auch ein Traum mit einem Rollstuhl ein. Ich hätte aufstehen können. Wollte es aber nicht. Wollte sicher bleiben.

Ich habe keine konkrete Erinnerung. Die Verbindungen entstehen gerade im Kopf. Doch es fühlt sich so verdammt stimmig an.

Auswirkungen

Ich versuche, während ich an einer Schachfigur feile, weiter meinen Unterbauch zu fühlen. Und oho, welch Wunder… er ist wirklich fühlbar. Dadurch veränderte sich meine gesamte Haltung und mein Gefühl. Ich arbeite nicht mehr über den Kopf, sondern mit dem Bewusstsein im Körper. Meine Schultern sackten nach unten, entspannten sich (mein Gott, ich wusste gar nicht, dass die die ganze Zeit oben sind). Mein Rücken richtet sich selbstständig auf, in eine gesunde, wohltuende Position. Meine Atmung ging tief. So hat das alles richtig Freude bereitet, wo sonst viel Konzentration und Anspannung war.