Tagebuchnotizen 02.12.-08.12.17

(Triggerwarnung)

02.12.17

Bedarfsmedis genommen, weil hohe Anspannung und ständiges Zucken der Beine und Becken im Bett.

Mein Körper fühlt sich noch nicht sicher. Der weiß noch nicht, dass ich ihn schützen kann und ich glaube selbst auch noch nicht richtig daran.

Ich muss Sex gehabt haben, den ich nicht wollte. Ich bin erschrocken, dass mein Körper sich so verzweifelt wehrt und ich davon nichts wusste. Bin paralysiert. Mal sehen was ich heute brauche. Wie kann das sein, dass ich davon nichts weiß? Warum habe ich das denn nicht gemerkt? Das belastet mich total, die Erkenntnis, dass nicht gemerkt zu haben.

03.12.17

Ständiges Erinnern, das sind die Symptome. Angst und Anspannung – nur noch nicht in einen Zusammenhang gebracht.

Der Körper fühlt und hält Not.

08.12.17

Zurzeit viele Körpererinnerungen – Flashbacks die bewusst werden. Not. Flucht. Angst. Eingefrorene Fluchtenergie. Das ist super! Weiterentwicklung aus der Schock-/Erstarrungsenergie. Gestern bei der neuen Ergotherapie – Körperarbeit. Im Sitzen nachgespürt, wie ich wegrennen will, wie meine Beine rennen und Energie ausstrahlen.

Eben habe ich realisiert… dort ist die Empfindung voller Not fliehen zu wollen („er wird irgendetwas machen und ich bin nicht sicher“)… hier ist der Raum und das Bett in dem ich liege… es ist vorbei. Ich freue mich.

Nachts

Ja, für mich ist es nachts. Mitten in der Nacht. Seit der Einnahme von Quetiapin, schlafe ich zwischen 21-21:30 Uhr.

Ich und schlaflos, dass gab es seit dem extrem selten. Erinnerungen und Gefühle sind gerade stärker als die Chemie.

Seit dem Vollmond rieseln die Erinnerungen auf mich herab. Alte und neue. Neue Aspekte, neue und alte Gefühle, andere Blickwinkel.

Im Bett, nach meiner Reikibehandlung fühle ich mich bedrückt. Im Nachspüren krampft und streckt sich mein Körper und die Worte: wie kann man nur!, bilden sich. 

Wie kann mein sein eigenes Kind so alleine lassen?! Es ist so ein großes Unrecht! Ihr seid echt das Letzte. In dieser Situation habt ihr als Eltern beide versagt.

Kerze am Bett, heiße Schokolade und Raum für alles was da sein will.

Bewusst-Sein

Heute hat mein Bewusstsein die Flucht gewählt und ich kann es nur zu gut verstehen.

Die letzten Tage waren sehr herausfordernd. Gefüllt mit Erinnerungen fühlen und halten und jeder Menge Fürsorge, um Begleiterscheinungen zu lindern, Ängstspiralen zu händeln und in Verbindung mit etwas Haltendem zu bleiben.

So viel Bewusstes-Sein. Ich war echt erstaunt. Ich habe alles verstanden und war bei mir und dem was geschah.

Dann geschah noch etwas und heute geschah noch etwas. Das war dann wohl das Ende der Bewusst-Seins-Kapazität.

Ich sitze hier mit schweren Augen und mein Fokus auf die Welt gleitet sofort ins Nirgendwo, wenn ich aufhöre, ihn zu fixieren. Zweimal tagsüber geschlafen und könnte es gleich wieder tun.

Neue Gefühlsbewältigungsstrategien tauchen auf, die ich mit der Osteopathie in Verbindung bringe, als würden die Energien nun veränderte Wege wählen.

Ein Telefonat, bei dem mein eigenes neues, ungewohntes Verhalten (aufgebrachtes Reagieren) einen inneren Schock verursachte. Der Schock fühlte sich nicht an wie ein Schock (Medikamente), aber die Reaktionen waren eindeutig, dass mein Gehirn seine Arbeitsweise verändert hatte. Ich musste erst einmal auflegen, fing an meine Augen zu kneifen (neu), den Kiefer immer wieder zu öffnen, wie Gähnen, aber ohne Gähnen (neu) und kurz beschleunigt zu atmen. Irgendwie war da ganz flach auch Angst zu spüren. Ich rief zurück. Augenkneifen blieb. Bewusstsein wollte immer wieder wegrutschen. Sprache fehlte teils im Kopf. Satzlücken. So, dass es auffiel. Mundöffnen kam nach dem Auflegen wieder (neu).

Ich ließ es trotzdem geschehen, dass die Haushaltshilfe 15 Minuten später kam. Vielleicht ließ ich es auch nicht geschehen, als eine Entscheidung, sondern ich konnte mich einfach nicht mehr verhalten.

Sie kam, sah und ging auf die Toilette. Wahrscheinlich nicht wegen mir, aber ich war froh darüber. Es war das zweite Mal, dass sie das genau im richtigen Moment tat. Zeit für mich, um zu erfassen, was ist gerade und wie sage ich ihr das.

Ich glaube, ich habe es ihr ziemlich gut erklärt und war wieder mal selbst davon überrascht. Ich staune öfter mal, wenn ich versuche anderen etwas zu sagen, wo ich der Meinung bin, dass kann jetzt niemand verstehen und dann höre ich mich ganz klar sprechen.

Ich staunte auch darüber, dass diese Situation wie sie war, so wenig Scham und Selbstabwertung auslöste. Vielleicht war sie nicht so besonders von außen, aber in meinem Normalzustand würde so etwas nie vorkommen. Ich hätte nicht noch mein Frühstücksmüsli vor mir auf dem Tisch gehabt. Ich hätte nicht noch meine Haushose angehabt, wo wir doch einkaufen gehen wollten (was bedeutet, mich umzuziehen zu müssen, während jemand ‚Fremdes‘ da ist). Ich hätte niemanden in meine Wohnung gelassen, solange ich keine ordentlichen Sätze sprechen kann, die Zunge wie Blei im Mund liegt, die Mundpartie schlaff, ohne Ausdruck. Ich hätte nicht zugelassen, dass jemand sieht, wie wenig Kontrolle ich noch über mein Denken und Handeln habe. Vielleicht war das im Vergleich immer noch ziemlich viel, was ich konnte. Für mich war das trotzdem ein ordentlicher Kontrollverlust und es war okay so.

Die Schwellen scheinen zu sinken, sich alles immer offener zu präsentieren. Hilfe kann innerlich mehr angenommen werden und Hilfebedürftigkeit darf mehr gesehen werden.

Ich bin so gottverdammt froh, dass ich um mich herum diese verschiedenen Unterstützungen habe. Ich wäre definitiv in einer heftigen Krise, wenn das nicht so wäre.

Alles was ich die letzten Tage getan habe, hat geholfen. Im Wald war es sogar möglich, mich völlig auf etwas anderes zu konzentrieren und alles zu vergessen. Mein Alltag war äußerlich fast normal. Eine riesige Veränderung, wenn ich das mit anderen Momenten vergleiche, in dem Unbewusstes bewusst wurde und so viel Leid mit sich brachte.

Es macht einen enormen Unterschied, wenn man versteht was passiert und fühlt, was man braucht (und das auch da ist).

Den einen Morgen lag mein Körper in angstverkrampfter Haltung, ich zitterte und weinte und mir war klar, dass das eine Intrusion ist, mein Körper die vergangene Bedrohung durchlebt. Dadurch konnte ich es zulassen, hatte eine annehmende, verständnisvolle Haltung dazu, weil ich Tage vorher gefühlt hatte, aus welcher Phase, mit welchen Erlebnissen diese Erfahrung zusammenhängt. Und ich wusste, dass es vorbei gehen wird. Ich kontaktierte jemanden schriftlich und entlastete mich, in dem ich teilte, was ich erlebte.

Ich hatte auch keine Hemmnisse mehr, die Bedarfsmedikation zu benutzen. Ich tat es nicht mehr, weil ich nicht mehr fühlen wollte, was passiert, sondern weil ich verstanden hatte, das mein Körper in einem Ausnahmezustand ist, mein Nervensystem dauerangespannt und wenn das länger geht, mein Körper für eine Pause und auch Schlaf dankbar ist.

Trotzdem hatte ich Angst, dass ich in eine Situation komme, wo ich mit allem was ich fühle überfordert bin und keine Hilfe da ist. Das erkannte ich erst beim Klopfen und gab mir wieder die Möglichkeit, meine Angst ernst zu nehmen und die kommenden Tage abzusichern.

Was wiederum zu heftigen inneren Reaktionen führte, als ich meine Bedürfnisse nach außen vertrat und ernst genommen wurde. Das kann ich nicht genauer erklären, ist jedoch der Grund, warum es heute mit dem Bewusst-Sein endete.

Größere Kreise

Zu der Angst von gestern kamen heute Erinnerungen hoch.

Ich bin mit Angst aufgewacht. Daran änderte auch das Klopfen nichts. Aufstehen ging, Duschen ging, sogar mein morgendliches Sportprogramm konnte ich machen. Bei den Übungen kam mir dann Unbewusstes ins Bewusstsein.

Ich schrieb alles auf.

Frühstücken ging dann, danach wurde mir elend zu mute. Funktionsteil ließ erst einmal das Einkaufen gehen los und akzeptiere eine Ausruhphase.

Ich lieg auf der Couch und stelle irgendwann fest, dass ich in einen regressiven, gelähmten Zustand rutsche. Etwas flüchtet vor der Welt, mein Körper fühlt sich außerhalb meiner Kontrolle an. Ich kenne diese zeitlosen Zustände.

Mein Bewusstsein erfasst darin großen Schmerz, ich fühle mich wie eine offene Wunde. Rauszugehen fühlt sich unvorstellbar an. Bin so verletzt.

Ich frage nach Reiki an. Erreiche niemanden.

Sehnsucht nach gehalten werden. Sehnsucht in den großen, weichen, warmen Schoß von Mutter Erde zu flüchten.

Suche alle Skills zusammen, die damit in Verbindung stehen. Wärmflasche, Decke die immer mit im Wald ist, Zypressen-Öl, Kuscheltier und Musik. Putze mir sogar noch die Zähne, damit ich mich wohl fühle und erlaube mir dann die Regression.

So eingekuschelt, mit der Wahrnehmung zu den unterschiedlichen Reizen wechselnd (Wärme, Schutz, flauschig, Geruch, Geräusch) lieg ich da und schau die Wunde an. Erst als ich die Musik in meinem Kopf mitsinge, verbindet sich irgendetwas in mir, ich fühle mich liegend und haltend, kann weinen und Erinnerungen und Gedanken aus der Zeit etwas ran holen. Dazwischen immer wieder der Funktionsteil, der darauf wartet, dass endlich alles vorbei ist und ich meine Sachen erledigen kann. Darauf die mögliche Reaktion: und wenn ich hier den ganzen Tag liege und weine.

Jetzt sitze ich hier, das Kuscheltier unter das Oberteil geklemmt, damit es auf meinem Herzen liegt und ich mich nicht alleine fühle. Vielleicht wird es dort stellvertretend für mich gehalten. Jedenfalls muss ich es immer wieder anfassen und an mein Herz drücken.

Und nun? Ein Tag, an dem ich nicht machen kann, was ich vor hatte? Mich aber zu unruhig in mir fühle, um Rückzug länger auszuhalten. ICH WILL RAUS!

War gestern den ganzen Tag drin. Müde und schlapp und das war okay so, nicht viel machen zu können. Heute ist es schwierig.