Lebensmüde Gedanken – ein Hinweis auf Erschöpfung/Überforderung

Schriftverkehr zwischen der Bezugsbetreuerin und mir:


„Hallo Frau W.,

ich hänge im Moment richtig durch.

Hab Gedankengänge wie in der Art: wenn es für einen höheren Zweck zu sterben gäbe, wäre ich bereit dafür. Da in meinem Leben eh nichts mehr kommt, wäre es leicht zu gehen. Oder auch male ich mir aus, dass ich mich nicht mehr versorgen kann, den Hunger nur noch bewegungslos beobachte, aber nicht mehr stillen kann. Ich mir keine Hilfe mehr hole, weil auch das keinen Sinn mehr macht. Mich der Leere in meinem Leben fügen.

Frühstück steht gerade trotzdem auf dem Tisch. Zur Zeit sind es nur Gedanken. Ich fühle mich sehr traurig, kraftlos und ziellos.“

„Hallo Frau B.,

danke erst einmal für die offenen Worte. Es ist nicht leicht auch die dunklen Gedanken so offen darzustellen.

Als ich ihre Mail gelesen habe, kam bei mir der Gedanke auf, dass ihr Wunsch nach „Aufgabe“ / Bewegungslosigkeit vielleicht etwas mit einer tiefen Erschöpfung gemeinsam hat. Sie haben eine sehr anstrengende Zeit hinter sich und wie sie auch schon telefonisch geäußert haben,  ihre Erholungsmomente/ Erholungsmonate die sie bräuchten um Kräfte zu sammeln, werden ständig durch neue kleine und große Krisen gestört. Vielleicht signalisiert ihr Körper/ ihr Geist  Ihnen mit dieser Kraftlosigkeit und Lebensmüdigkeit, dass er Ruhe braucht um wieder agieren zu können. Vielleicht auch ihr Wunsch nach Ruhe, einfach mal loszulassen, nicht zu kämpfen und Entscheidungen treffen zu müssen, der sich durch diese Gedanken nach einem Lebensende äußert? Soviel zu meinen Gedanken.“

„Ja. Ihre Gedanken könnten gut passen.

Da auch die Ergo gestern sehr intensiv war. Sich viele gestaute Gefühle gelöst haben und ich mich beim Schreiben einer Nachricht an meine Mutter unterstützen lassen habe. Was wiederum im Inneren neue Not ausgelöst hat, Grenzen zu setzen und den Verlust zu befürchten.

Dafür findet das Treffen am Samstag wirklich nur mit ihr statt (ohne den Vater) und auf 35 Minuten begrenzt. Sie war damit einverstanden.

Das ist eine gute Erfahrung, mich mit Grenzen gezeigt zu haben und trotzdem eine wahnsinnige innere Belastung.

Ich melde mich heute nicht mehr. Ich fühle mich sprachlos. Hoffe dass der Tag nicht vollständig zu einer großen Last wird. Im Moment ist es aushaltbar.“


Es ist immer wieder komisch, wenn ich Sachen, die ich selbst gesagt habe, nicht in die unmittelbare Erfahrung holen kann, sondern sie mir von anderen nochmal sagen lassen muss, um mich zu erinnern, dass das ja so war.

Und ich bin saumäßig dankbar, dass es zur Zeit Andere gibt, die mir meine eigenen Gedanken erneut zur Verfügung stellen und ich das zulassen kann, mich daran zu orientieren, auch wenn es in diesem Moment nicht mehr aus mir selbst kommt, sondern von Außen.

Heilung kann nicht gewollt werden

Ich liege im Bett. Der Morgen ist schon Tag geworden. Ich fühle mich nebelig im Kopf. Und vermute, dass die Ereignisse von gestern noch wirken, sich mein System noch neu zurechtrücken möchte.

Und gleich will ich mehr.

Es war so erfolgreich! Fühlte sich so befreiend und befriedend an. Erlösung von Schuld. Einkehr in Gnade und Liebe.

Die Ahnengeschichte an dieser Stelle endlich geklärt, durch ein Telefon mit M., einer Heilerin.

Ich bin so dankbar! War ich doch zum Ende ratlos und sehr belastet davon. Fand keine Lösung und auch keinen Abstand mehr dazu. Es wollte Klärung.

M. hab ich seit einem Jahr nicht mehr gesprochen. Misstrauen meinerseits, dass Heilversprechen nicht gehalten werden.

Heute hier im Bett sehe ich, dass viele meiner Vorstellungen von Unwissenheit, von fehlenden Erfahrungen, von zu hohen Erwartungen an den Begriff Heilung geprägt waren.

Das Ergebnis – Enttäuschungen. Ziemlich viele. Meine Erwartungen waren groß.

Das rutschte auf die Beziehungsebene. Ich vertraute ihr nicht mehr. Ich mied den Kontakt, um mich vor weiteren Enttäuschungen zu schützen.

Ich liege im Bett und fühle wieder diese Anziehung. Heilung ist geschehen. M. hat Heilung herbeigeführt. Also brauche ich viel Kontakt zu M. und alles wird wieder gut, alles kann geklärt werden.

Gut das der große Knoten der Enttäuschung noch in mir sitzt und mich erinnert – so funktioniert Heilung nicht.

Ich lasse das Wollen los, verbinde mich mit dem viel größeren Leben und formuliere neue Gedanken. Ich vertraue mich dir an. Du wirst mir zeigen, wann eine Zeit ist, mir wieder von M. helfen zu lassen.

Und plötzlich fühle ich eine neue Haltung, um mit M. in Kontakt treten zu können. Anstatt über das Wollen und Erwarten von Heilung, mit der Folge des Enttäuschtseins, mich der Entwicklung zu überlassen, die möglich ist.

Was möchte hier und heute erlöst werden? Was kann gehen? Wofür ist die Zeit reif?

Akzeptanz des Nicht-Wissens. Das Heilung seiner eigenen Zeit und Logik folgt.

Letztendlich ist es ein Mysterium, wo ich nichts weiß über das Wann und Wo.

Und Vorstellungen mal so richtig daneben liegen können.

Ich fragte M., ob sie sich auch mal irrte, die Informationen die sie vermittelt bekäme, nicht immer stimmten, weil ich das vermutete.

Es kämen die Informationen, für die der Empfänger bereit wäre und das ist dann nicht immer gleich die ganze Wahrheit, wenn die noch nicht verkraftet werden kann.

Das trifft für mich zu. 2014 hätte ich es noch nicht verkraftet. Dieses Jahr war es auch nicht ohne, von der Familiengeschichte zu erfahren, doch es war die ‚richtige‘ Zeit.

Das heißt in diesem Fall, auch der Heiler selbst bekommt nicht immer die Wahrheit zu sehen, sondern sieht nur das, für das die Zeit reif ist.

Rauhnächte 2018/2019

Die Rauhnächte. Ja.

Eben gelesen. Seit 2013 ist das mein Weihnachts-/Jahresübergangsritual. Hat nach und nach alles abgelöst. Oder war da, während ich mich nach und nach aus allen alten Familien-Ritualen rausgezogen habe.

Von Jahr zu Jahr hab ich sein gelassen, Treffen wahrzunehmen, die sich nicht mehr gut anfühlen, auf denen ich mich deplatziert fühle.

Zuerst die Feier bei der Familie meines Bruders.

Dann die große Familienfeier bei meiner Oma.

Und seit letztem Jahr der Besuch bei meinen Eltern.

Ich spürte Angst vor diesen Feiertagen. Weil auch diesmal das Ritual mit zwei Freunden wegfällt, da eine davon weggezogen ist.

Heute sitze ich hier und fühle mich zufrieden mit der Gestaltung, der vielen Zeit für mich, der Stressfreiheit ohne Weihnachtskonzept.

Ich mag diese Zeit! Die Zeit der Lichter. Kerzen. Der stillen Nächte. Der klaren Luft, wenn es richtig kalt ist. Die erhöhte Feinfühligkeit. Die Durchlässigkeit für geistige Themen. Räuchern.

Und ein Rauhnachtsritual! 🙂

Hier mein Ritual aus dem letzten Jahr.

Dieses Jahr etwas abgewandelt. Ins Herz spüren, mit der Frage nach Themen im Jahr 2019.

13 Themen auf 13 Zettel schreiben. Jede Nacht ein Thema ziehen und die entsprechende Zahl der Rauhnacht mit drauf schreiben.

Dann erhält man zum Ende ein kleines Orakel für 2019. Jede Zahl steht für den entsprechenden Monat des Jahres und welches Thema dort wirkt. Das 13. Zettelchen zeigt das Thema, welches das ganze Jahr wirkt.

Die erste Rauhnacht beginnt am 24.12., ab 24 Uhr und geht bis zum 25.12., 24 Uhr.

Kommt gut durch die Zeit! ❤

Perspektiven auf die Geschehnisse

Komisch.

Ich schrieb eben eine Zusammenfassung der letzten Woche, mit dem was ich wichtig fand, die Therapeutin morgen wissen zu lassen.

Und wieder kam irgendwie eine andere Perspektive dabei heraus, im Vergleich zu den letzten beiden Beiträgen, in denen ich auch die aktuelle Zeit beschreibe.

Je nach dem worauf ich meinen Fokus lege, scheint eine andere Vergangenheitssicht zu entstehen oder scheinen ausgewählte Erinnerungen aufzutauchen.

Vielleicht völlig natürlich, wenn ich viele Details wahrnehme und viele innere Erfahrungen mache. Es würde den Rahmen sprengen, wollte ich alles aus einer Woche wiedergeben, in einem einzigen Text.

So könnte man sagen, meine Erlebnisse der letzten Zeit setzen sich aus allen drei Texten zusammen. Zusammen nähern sie sich der Vollständigkeit meiner Erfahrungen an.


Freitag

Nach der Therapiestunde mich in das Cafe von … getraut, einen Kaffee getrunken und dann mich getraut zu fragen, ob ich mit jemandem vom Personal sprechen könnte. Dort erfahren, dass Werkstatt auch überbezirklich aufnimmt und bevor man da hingeht, ein Gespräch bei denen hat. Für Montag drauf verabredet und ich hab mich dann echt noch getraut auf die Angst-Nähe-Thematik hinzuweisen und mir einige Dinge gewünscht. Es wurde sehr aufgeschlossen darauf reagiert und mir noch angeboten die Beratungsräume vorher schon mal zu sehen.

Telefonat mit der Werkstatt von … hat Spirale ausgelöst – es ist falsch mich schützen zu wollen, wenn der andere nicht sehr offen darauf reagiert – die sind falsch – ich bin falsch – ich kann da nicht mehr hingehen. Habe selbst den Ausgang gefunden, noch am gleichen Tag. *auf die Schulter klopf* 🙂

Samstag

Vaterprozess!!! Vergeben. Brief schreiben noch offen. Angst.

Sich wiederholendes negatives Muster in Beziehungen erkannt und mich darüber erschrocken.

Montag

Termin …. Vorher Panik und Überforderung. Angst, dass mich der Termin wegdonnert. Vorher zu greifen bekommen, dass die Beratungsräume zu nah sind. Vor Ort getraut zu fragen, ob man vorne im Cafe bleiben kann. War kein Ding. Für Werkstatt okay bekommen und wilde Pferdeherde könnte 3-4-mal ohne Kosten besucht werden! Zu Hause trotzdem emotionaler Schmerz, Leid und weinen. Schutzlosigkeits-/ und Überforderungsgefühl getriggert.

Dienstag

Große, große Sorgen, wie ich den Besichtigungstermin in der Werkstatt (Montag 03.12.) bewältigen soll. Meine Vorstellung eines ‚normal‘ ablaufenden Termins passt nicht zur Realität. Werde erst panisch – nur in Begleitung – kann mich alleine nicht vertreten, nicht für mich sorgen – ich werde mich ausliefern –  falsche Zeit – Termin absagen. Dann schaffe ich es irgendwie mich zu fragen, wie es sein müsste, dass ich es alleine schaffe und mir vorzustellen, dass ich mich alleine vertreten kann. Wahnsinn!!! 🙂 Wahrscheinlich nur, weil ich mir währenddessen Fernreiki schicke. 😉 Und dann spuckt meine Vorstellung eine neue Option aus. Nur bis zur Eingangstür. Noch keine Besichtigung. Noch kein längeres Gespräch. Mit meiner eigenen Erlaubnis, dass ich das so machen darf (ich hatte erst den Impuls, in der Werkstatt anrufen zu müssen und zu fragen, ob ich das so machen darf), wird es friedlich in mir. 🙂

Mittwoch

Eine Veränderung. Ich kann mir vorstellen …  vom BEW zu begegnen. Kurz und in einer gemeinsamen Aktion. Sie hat heute aber keine Zeit. Find ich richtig schade. Das Gefühl von, ich will sie auf keinen Fall sehen, schwenkt um zu, wann können wir uns endlich sehen. Verrückt.

Mir ist wieder nach Gesellschaft. Ich traue mich für eine Stunde in die KBS. Vorher angerufen, Angst-Thema erzählt und um Unterstützung gebeten. Vor Ort: es war okay. Kein Panikanfall. Trotzdem viel körperliche Stressreaktion auf an mir vorbeilaufende, an mich herankommende Leute. Wieder zu Hause weinen, als ich spürte wie respektvoll und zugewandt sich einige dort mir gegenüber verhielten. Das schmerzt immer wieder. Ein schöner Schmerz.

Donnerstag

Termin Physio. Von Stelle am Bein erzählt, welche beim Dehnen immer schmerzt. Sie fasst hin und trifft genau den Schmerzpunkt. Ich schreie auf, ziehe mein Bein weg, aber sie lässt nicht los und ich fasse hin und ziehe ihre Hand weg. So aktiv habe ich noch nie reagiert! Zu Hause geht’s mir richtig schlecht – hohe Anspannung, Leid – ich weiß nicht warum. Erst beim Hören einer Reiki-Entspannungsaufnahme fällt mir die Physiosituation nochmal ein und ich spüre einen Glauben mich falsch verhalten zu haben und deshalb falsch zu sein, weil ich ihre Hand weggezogen habe. Ließ sich dann korrigieren. Was würde ich nur ohne Reiki tun?!

Meine Mutter angerufen. Nach 5 Monaten. War nicht da. Aufs Band gesprochen. Hatte das Bedürfnis ihre Stimme zu hören.

Was soll man da machen…

Ich rufe heute meinen Opa an, weil mir danach ist, mich wieder mal zu melden.

Er hält mir zum x-ten Mal vor, warum ich mich nicht auf Anrufe von ihm melde. Er ruft zu allen Feiertagen an und spricht mir meist auf Band.

Ich erkläre zum wiederholten Male, dass ich ihn anrufen möchte, wenn ich es will und nicht weil ein Feiertag es vorgibt.

Er erzählt mir von seinem Ärger, dass ihn kaum einer aus der Familie anruft. Ich weiß um seine Traurigkeit und seine Einsamkeit.

Ihm ist es egal, ob ich nur aus Pflicht zurückrufe. Dann wäre er einfach auf dem aktuellsten Stand, sagt er.

Mir zieht sich alles zusammen, wenn ich daran denke, seinem Wunsch nachzukommen. Als wäre ich für seine Gefühle verantwortlich. 

Unsere Beziehung war nie näher und häufiger. Wir haben auch nicht unbedingt einen guten Draht zueinander. Eigentlich kennen wir uns nicht besonders gut.

Andererseits habe ich Mitgefühl für seinen Wunsch nach Nähe zur Familie.

Hach ja…

Die Frage wäre, möchte ich mehr Kontakt? 

Traurig

Das macht mich sehr traurig.

Morgen ist Ostern bei der Familie mütterlicherseits, mit Osterfeuer und ich möchte wirklich gerne hin, bei meiner Familie sein. So wie dieses Jahr, habe ich mich noch nie darauf gefreut.

So wie es gestern war, wie der Weg zu meinen Eltern mich erschöpft hat und die Zeit bei ihnen anstrengend war, obwohl wir nur etwas Small-Talk hielten und einen Film schauten. So wie ich gestern dann zu Hause an kam, völlig überfordert mit allem, war das eigentlich schon zu viel gewesen.

So wie ich heute unterwegs bin, großes Schlaf- und Ruhebedürfnis, große Anstrengung Essen zu machen und Momente von Schmerz im Herzen und Wut im Bauch.

So werde ich völlig überfordern, wenn ich morgen da hinfahre. Die Anfahrt dauert lange. Es wird mir in den öffentlichen Verkehrsmittel zu viel sein, ich werde überreizt, gereizt dort ankommen, müsste mich sofort zurückziehen. Es könnte sein, dass der Rückzug nichts bessert und ich insgesamt nicht groß Kontakt aushalte, Gespräche nicht führen kann, weil das alles überfordernd ist. Und dann wäre da noch der Weg zurück.

Ach man… 😦

Ich finde das gerade wieder mal gemein und traurig, dass die Symptome mich von bestimmten Dingen abtrennen und es dafür aus Kostengründen keine Lösung gibt.

So sollte es nicht sein. Wenn ich jemanden hätte, der mich hin fährt und zurück fährt, würde ich es auf mich nehmen. Dann gäbe es nur die Belastung vor Ort, die ich ausprobieren würde, weil ich ja keine weitere Belastung hätte.

Und da kreisen meine Gedanken wieder um das Persönliche Budget.

Ich bin betroffen von psychischen Einschränkungen und habe einen Schwerbehindertenausweis (oh, so ein gruseliges Wort). Damit dürfte ich die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme erfüllen. Ich habe nur keine Ahnung, für welche Leistungen Gelder bewilligt werden.

Ich habe den Sozialpsychiatrischen Dienst angeschrieben, um mich dazu beraten zu lassen. Meine Ansprechpartnerin ist gerade im Urlaub und erst ab übernächster Woche wieder da.

Das zu machen, jemandem zu sagen, wo Einschränkungen sind und welche Unterstützung ich mir für mehr Lebensqualität wünsche, ist für mich sehr schwer. Es erfordert, dass ich dieses Gefühl aufrechterhalten kann, es mir wert zu sein und ein Recht auf Linderung zu haben. Es erfordert auch, vor jemand anderem, zu meinem Nicht-können ja zu sagen.

Meine Programme von Selbstabwertung liegen da total nah dran. Es ist wirklich, wirklich schwer es anders zu fühlen. Na mal sehen. Ich schreibe viel auf, was ich dann als Orientierung im Gespräch nutzen kann, wenn mir vor Selbstabwertung und Scham kein Wort mehr einfällt.

Was bildest du dir eigentlich ein!? Wie dreist ist das denn von dir, sowas zu fordern? Das ist anmaßend! Dazu hast du kein Recht!

So in etwa brauste es auch heftig in mir auf, als ich vor ein paar Wochen eine Spenden-Annonce geschaltet habe. Ich traue es mich jetzt noch immer nicht, mich damit richtig zu fühlen, obwohl ich weiß, dass daran auch nichts falsch ist. Es überhaupt hier zu schreiben, holt die Stimmen von oben nach vorne.

Mir ging es so schlecht und es half so sehr Fernreiki zu bekommen, dass ich aus Verzweiflung, dafür eigentlich kein Geld zu haben, diese Anzeige schaltete.

 

Mit Abstand betrachtet, bringen diese Einschränkungen und Krisen immer wieder eine Dynamik in Gang, die Neues ausprobieren lässt. Das ist das Gute daran.

Haushalt

Ich habe doch tatsächlich gerade meine Mutter angerufen und sie um Hilfe in meiner Haushaltsführung gebeten.

Dieser Gedanke war vor einer Woche noch ein absolutes No-Go. Viel zu viel Mutter, viel zu viel Abhängigkeit von ihr, viel zu viel Nähe und Verwicklung von Zuständigkeiten und Privaträumen und sowieso und überhaupt sollte meine Familie aus solchen Dingen herausgehalten werden.

Das die Idee überhaupt im Raum steht, liegt daran, dass sie es mir vor einigen Monaten angeboten hat. Sie fühlt sich ganz langsam und zaghaft in meine Lebensumstände ein und hat dadurch auch mehr von meinen Kraftlostagen mitbekommen.

Da flirrt auch dieses Thema von Macht und Hilflosigkeit. Wer ist groß und wer ist klein? Wer ist in welcher Rolle? Wer darf sich um wen kümmern und erlangt damit auch einen Teil von Kontrolle über denjenigen?

Heute meine Mutter um Hilfe zu bitten, hat sich nicht schlimm angefühlt. Ich habe mich weder klein und hilflos gefühlt und habe mich nicht geschämt, um Hilfe zu bitten. Nur ein klein wenig Schuld flackert herum. In ihrer Schuld zu stehen, wenn sie das tut.

Ich vermute, dass meine Entspanntheit an der Ausgangssituation liegt. Ich bin mit meinem Haushalt gerade nicht panisch, fühle mich nicht überfordert, sondern habe ganz schlicht und einfach festgestellt, dass es nett wäre, etwas Unterstützung zu bekommen, weil die Kraftlosigkeit sich zieht und die Aufgaben sich häufen. Aber es könnte alles auch einfach noch länger herum stehen, ohne das etwas Schlimmes passieren würde, außer dass es mich nervt.

In vorangegangenen Phasen solcher Art, habe ich mit dem Liegenbleiben des Haushalts immer einen heftigen Kontrollverlust erlebt und bin sehr schnell in starke innere Bedrängnis gekommen, da jetzt und sofort Hilfe zu brauchen, weil sonst die Welt untergeht.

Aus diesen Gefühlen heraus, würde ich niemals meine Mutter um Hilfe bitten. Da gebe ich etwas an sie ab, was nicht mehr zu ihr gehört. Denn eigentlich ging es in diesen Zeiten dann immer eher um Beruhigung, fällt mir gerade auf. Das war dann das unsichtbare eigentliche Thema.

Ah ja, und nun muss ich gar nicht beruhigt werden, sondern es geht tatsächlich einfach nur um Entlastung ganz praktischer Art. Ansonsten kann ich erwachsen bleiben und komme damit auch nicht in einen Rollenkonflikt und halte dann auch meine Mutter beim herum werkeln aus. Schön! 🙂

Krisenzeit

Das war die heftigste Krise die ich seit letztem Jahr September erlebt habe. (Diese endete damals auf der Kriseninterventionsstation.)

Mit großen Augen und anerkennendem Blick sagt sie: „Und sie haben das durchgestanden!“ Ja, ich habe das zu Hause durchgestanden. Ich hatte mich zwar um eine Krisenaufnahme für das Wochenende, in einer Akuttagesklinik gekümmert, diese dann doch abgesagt. Ich habe es mir zugetraut, weil andere Dinge griffen.

Niemand konnte das ganze Ausmaß sehen, niemanden konnte ich sagen, was in mir passierte, dass sich alles in mir verändert hatte. Niemand bekam die Dimension dieser Krise mit. Ich hatte keine ausreichenden Worte und habe es selbst nicht verstanden – mittendrin. Wenn ich nicht mehr konnte, sah das keiner und wenn mich jemand sah, setzte der Automatismus ein, noch zu können. Und was soll ich sagen – es ist okay… irgendwie. Es war nicht nötig, dass ich mein Erleben erklären konnte (auch wenn ich es gerne getan hätte). Ich habe es anscheinend nicht gebraucht.

Ich habe MICH gebraucht. Und ich war überwiegend für mich da. Bin Wege gegangen, die ich noch nie gegangen bin. Habe Hilfe bekommen, auch ohne dass die Dimension erkannt wurde, wohl einfach, weil man mir auch glaubte, wenn ich um Hilfe bitte, dann brauche ich sie auch.

Ein sehr heilsames Erlebnis, wenn die Tagesklinik sagt (war da bisher zweimal, 2011 und 2014): „Kommen sie einfach. Sie brauchen keine Einweisung vom Arzt. Wir kennen sie ja und kümmern uns dann um alles.“ Ich habe geweint vor Dankbarkeit, nach diesem Anruf. Ich musste nichts erklären. Es hat einfach gereicht nach einer Krisenaufnahme zu fragen.

Erst danach konnte ich so halbwegs verstehen und erklären und sie sagte: „Ich habe es ihnen zugetraut.“ Wow…! Das hatte ich mir von meiner damaligen Therapeutin gewünscht und sie sogar darauf angesprochen, ob sie mir nichts zutraue. Und nun sagt man mir das von ganz alleine. Ein tolles Gefühl! Noch nie in meinem Leben, habe ich so etwas gesagt bekommen und auch annehmen können.

Da ist viel Kraft in mir. Ich durfte sie erleben und ich spüre sie immer noch. Ich fühle mich nicht stark. So meine ich das nicht. Sondern, dass da ein Kern in mir ist, der Kraft zur Verfügung stellen kann (immer gibt), wenn ich sie brauche.

Krisen erschaffen immer ganz besondere Erfahrungen. Ich tue Dinge, die ich ohne nicht tun würde. Dadurch erlebe ich Sachen, die ich ohne nicht erleben würde.

Die Lawine, die alles mit sich riss und sich stetig vergrößerte, läuft momentan langsam aus (und nichts ist mehr wie vorher). Ich weiß nicht, wo ich jetzt stehe. Da ist so viel passiert. Für mein Bewusstsein zu viel in zu kurzer Zeit, als dass ich greifen könnte, was es mit mir gemacht hat und was im Einzelnen der Inhalt war.

Das Überthema heißt wohl ‚zeigen und gesehen werden‘ und Bindung (immer noch). Da hängt so unglaublich viel dran! Das hat (und tut es weiterhin) so extrem viel ausgelöst.

Auch bin ich auf ein familiäres Thema, mütterlicherseits gestoßen. Ich trage Erlebnisse meiner Familie mit, die ich nie erlebt habe. Ich reagiere mit ihrer nackten Angst und Panik. Ich habe den Schmerz meiner (schon seit Jahren verstorbenen) Oma geweint.

Am Ende brauchte ich für drei Tage völligen Rückzug. Ich ließ die meiste Zeit Handy, Telefon und PC aus. Wusste ich, ich musste mich vor weiteren Reizen, Informationen, Reaktionen schützen, um mein völlig überreiztes Nervensystem zur Ruhe zu bringen und meinem durchgebrannten Verstand die Nahrung zu entziehen. Absolute Ruhe – das brauchte ich. Der erste Tag davon war sehr schwer. Meine Gedanken drängten immer wieder zur Tat, wollten Klärung, suchten Kontakt, waren voller Panik und auch Schmerz. Es erforderte Disziplin, nicht ins Handeln zu gehen. Ich schrieb sie alle auf, um mich dann wieder dem Jetzt zuzuwenden. Das half. (Und heute sind 70% des Geschriebenen unwichtig geworden)

Gestern und heute sehe ich nichts mehr um mich herum. Da ist so viel leerer Raum. Aus allen Zusammenhängen gelöst. Nichts scheint mehr wichtig, von Bedeutung oder trägt. Ich sehe keinen Weg. Ich habe kein Ziel vor Augen. In den letzten Jahren hätte mich das (zum wiederholten Male) in eine tiefe Sinnkrise gestürzt, auf die ich aufgesprungen wäre. Jetzt übe ich mich, die logischerweise folgenden Depressionswellen durch mich durchlaufen zu lassen. Jetzt hält nur noch das Leben, das Da-sein selbst. Schön fühlt sich das nicht an. Da ist Angst und Ungewissheit. Keine Richtung, in die ich blicken kann. Es bedeutet viel Bewusstseinsarbeit und aushalten.

Es ist zu erwarten, dass sich wieder etwas Greifbares formieren wird (und ich danach auch suchen werde), um beim nächsten Mal erneut zu zerfallen.

Ich bin müde, erschöpft und sehr schwach.
Ich fühle wieder (wackeligen) Boden.
Ich habe die schwach pulsierende Erinnerung von Kraft.