Möglichkeiten und Begrenzungen

Diese Worte schrieb ich vor 4 Tagen.


Es fällt mir schwer die Möglichkeiten meines Lebens, als Möglichkeiten wahrzunehmen. Es wird in mir kommentiert mit: zu wenig, nicht genug, unbedeutend, nichts besonderes.

Es fällt mir schwer die Begrenzungen meines Lebens anzunehmen und wertzuschätzen. Es fällt mir schwer sie als ’normal‘ (in sich sinnvoll) und gegeben, als natürlich und wertvoll zu erleben. Sie schützen mich vor Erfahrungen die zu groß für mich wären (vermute ich).

Diese Grenzen erlebe ich derzeit wie der Feind, der mir alles zunichte macht, mir Dinge verwehrt, die ich haben will (denke zu brauchen). Diese Reibung zwischen meinen Vorstellungen und der fehlenden Möglichkeit sie umzusetzen macht mich wütend.

Es fällt mir schwer mich auf diesen Lebensmoment einzustellen und trotzdem geschieht es.

Ich erkenne den Widerstand gegen das was ist und das führt zur Öffnung und zum Einlassen auf das was ist, auch mit Grummeln und Grollen.

Wut gehört ganz natürlicherweise zu solchen (Anpassungs-)Prozessen dazu.


Vor 10 Tagen gab es einen Versuch, beim BEW-Träger ein Kreativangebot wahrzunehmen.

Das war meine letzte Notlösung, für diese schwere Zeit einen Ort zu finden, an dem ich mich ablenken kann und an Ressourcen anknüpfe, weil mir das zu Hause immer schwerer fiel.

Dieser Besuch, der in Begleitung stattfand, gestaltete sich so, dass ich ca. 20-25 Minuten vor der Tür nach einer inneren Lösung suchte, wie es mir möglich sein könnte, diesen Raum zu betreten. Bei der Vorstellung brach jedesmal Panik aus. Ich kam dann darauf, dass ich ein Ziel im Raum bräuchte, auf das ich mich fokussieren kann (Wasser in ein Glas eingießen und trinken), die Begleitung die Aufmerksamkeit der Menschen im Raum auf sich zieht und ich mir als Ausweg, dass sofortige Verlassen des Raumes vorstelle und draußen die jederzeit zur Verfügung stehende Sicherheit. Es lief so ab, ich betrat den Raum, goß mir Wasser ein, stellte mich etwas abseits, nippte am Wasser und nutze dabei die Gelegenheit den Raum mit den Menschen darin zu erfassen. Dann überschlug sich die Panik, ich ging schnell raus und setzte mich auf den Boden, schlug die Arme um mich, um der Panikwelle zu begegnen. Ich fing an zu weinen und war dann sehr verstört.

Das es sich so schwierig gestaltete, das konnte ich mir vorher nicht vorstellen. Ich sah nur meine alles ersehnte Lösung. Endlich ein Ort wo ich hingehen kann und mich auf meine Sachen konzentriere.

Der letzte Ausweg, die letzte schnelle Lösung erledigte sich damit. In meinem Grad der Erschöpfung und Fragilität, war es nicht der richtige Zeitpunkt für weitere Besuche und ein Angsttraining.


Gestern dann entfaltete sich in mir ein ganzes Verstehen, warum das so ein Schlag ins Gesicht war und die schon vorher vorhandene Lebensmüdigkeit sich vertiefte.

Es war das letzte Stück Weg das ich gehen konnte, bei meiner ursprünglichen Idee und Suche nach einer Holzwerkstatt.

2,5 Jahren habe ich dieses Ziel vor Augen gehabt, Energie  hinein gesteckt und mich durch diese Idee motivieren und inspirieren lassen. Es war eine Idee von meiner mittelfristigen Zukunft.

Diese Idee war, durch all die Hindernisse die mir begegneten, auf dieses Kreativangebot zusammen geschrumpft. Ich hatte immer etwas dagegen, trägerinterne Angebote wahrzunehmen, weil ich die Idee davon habe, dass das die niedrigste (letzte) Stufe ist und sich das entsprechende Klientel dort aufhält, von dem ich mich nicht in meinem Lebensmut runterziehen lassen wollte.

Nun blieb nur noch das. Nichts mehr mit Holzwerkstatt. Und diese Erkenntnis stürzte gestern auf mich ein. Es gibt diesen Ort nicht. Jede Suche führte nicht zum Erfolg. Einmal zog der Träger plötzlich um und hatte am neuen Standort zu wenig Plätze. Ein anderer Träger war mir zu niedrigschwellig, ich hätte nichts gelernt. Der nächste Träger wollte sich nicht mit meinen Ängsten auseinandersetzen, war also zu hochschwellig angelegt. Der nächste Träger war dann wegemäßig und kraftmäßig nicht mehr erreichbar für mich. Und die Idee einer Nachbarschaftswerkstatt ließ sich auch nicht realisieren. Die letzten Bemühungen dazu waren vor ein paar Wochen zwei Mails an die Volkshochschule vor Ort und eine Industriewerkstatt. Zu hohe Kosten.

Ich habe alles getan. Es nimmt jetzt sein Ende. Ich lasse diese Idee los. Entweder kommt die Werkstatt zu mir oder es gibt keine Werkstatt.

Was habe ich gewütet, geweint, war verzweifelt, resigniert und todtraurig. Loslassschmerzen. (Das ist nur ein Thema. Es gibt noch zwei andere die das auslösten)

Als ich das gestern denken konnte ‚es ist zu ende‘, tat sich gleichzeitig eine Tür ins Jetzt auf und ich spürte seichte Wellen von Freiheit. (leider nur gestern 😉 )


Jetzt gibt es also nur noch mich und der Tag und mein jeweiliges entscheiden, wie ich ihn gestalte. Keine Zukunftspläne mehr. Kein auf etwas hinarbeiten. Und mein Üben mich darauf einzulassen und zu vertrauen.

Fast ein Jahr…

… ist es her, dass ich das letzte Mal gemalt habe.

Malen ist Therapie.

Zur Grundhaltung: Ich bin überzeugt davon es nicht zu können. Ich habe keine Ahnung wie ich etwas ansprechendes aufs Papier bekommen soll. Vorstellungen lassen sich nicht umsetzen. Schon der erste Strich wird alles kaputt machen. Ich werde Papier und Farbe vergeuden. Es soll gut werden. Was will ich überhaupt malen. Keine Bilder im Kopf. Der Anfang versetzt mich in Angst. Stress auf 60 Punkte. Gedanken erkennen. Hindernisse erkennen. Was wäre, wenn es falsch werden dürfte? Was wäre, wenn ich Krikelkrakel machen darf? Was wäre, wenn ich die Leinwand danach einfach abspüle und so oft KrikelKrakle machen darf wie ich will.

Okay… KrikelKrakel passend zur Aggression in mir. Nebenprogramm – sieht das alles scheiße aus-Gedanken, du hast es nicht drauf-Gedanken, du versaust es-Gedanken laufen mit.

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Leinwand abgespült und Ideen im Kopf. Nichts Großes. Nur die Hintergrundfarbe anders. Und plötzlich entwickelt sich etwas. Ich schwitze wieder, bin aufgeregt, unruhig, diesmal weil mich etwas gepackt hat. Und Rührungstränen steigen auf. Was erschafft sich da? Wie wunderschön!

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Ich würd meine Hand ins Feuer legen, dass ich in einem vergangenen Leben mal etwas mit Malerei zu tun gehabt habe. Die übergroße Angst zu starten und die riesige Aufregung die dabei entsteht. Sehr starke Gefühle für etwas was ich so gut wie nie mache und deshalb auch nicht so richtig als ein Hobby betrachte.

Der Realität ins Auge schauen

Ich hab mir das noch einmal genauer angeschaut, wie es zu dieser Beschäftigung gekommen ist. Wieso ich das nicht schon früher verfolgt habe.

Die Tür war die ganze Zeit da. Ich hatte diesen to-do-Punkt schon seit über einem halben Jahr, wenn nicht länger auf meinem Zettel stehen. Zuverdienst-Projekte anschauen.

Was hat mich abgehalten?

Definitiv die Verbindung zur Schublade ‚psychisch-krank‘ und damit verbundenen Minderwertigkeitsgefühle und Vorstellungen von Gleichmachung.
Ich sprach an anderer Stelle von einer Arztvermutung – der Dissimulation. Kann ich zunehmend bestätigen. Einschränkende Symptome nach außen hin unbewusst ausblenden, verleugnen. Momentan fühle ich ein wachsendes Einverständnis zu diesen Einschränkungen. Das bin wohl auch ich.
Weiter hat mich abgehalten, dass ich dachte, für solch eine Maßnahme muss ich dann wieder von einem Amt einschätzen lassen, ob ich auch wirklich Anrecht habe, auch wirklich krank genug bin, um diese Art der Hilfe bekommen zu dürfen. Das aktiviert das Schuld-Programm aus meiner Kindheit – wenn es mir schlecht geht, dann habe ich das selbst zu verantworten und nichts an Unterstützung zu erwarten.
Die beiden Sachen haben schon ausgereicht, mich im Handeln zu blockieren.

Und was hat mich gerade jetzt in Bewegung gebracht?
Eine Tarotkartenlegung inkl. Beratung die mir klar und deutlich vor Augen hielt, dass es momentan keinen anderen Weg gibt und es wirklich sinnvoll ist loszugehen, aktiv zu werden, etwas real zu machen, als sich in Gedanken tausende schillernde Möglichkeiten offen zu halten, die doch nichts mit der Realität zu tun haben. Das war hart, aber wahr. Und am Ende so einfach und logisch.
Und als dann auch Herr Helfer mir sagte, dass das Amt gar nicht involviert ist, man da einfach selbst hingeht, überwand ich mich endlich und packte es an.