Autoaggressions-Schau

Autoaggressive Impulse gehören für mich immer noch zur Oberliga der meditativen Innenschau.

Einmal zuzulassen, dass da diese Bilder sind. Bilder, wie ich mir den Arm längs aufschneide, immer wieder, immer wieder. Oder wie ich mir ein Messer mehrmals in meinen Oberkörper steche.

Hinschauen. Diese Bilder zulassen und anschauen.

Zuzulassen, welche Gefühle mit diesen Bildern verbunden sind. Tiefe Verachtung, Hass oder Wut. Auch Schmerz. Selbstzerstörungswünsche. Bestrafungsgedanken.

Zu akzeptieren, dass das auch ich bin, dass das auch zu mir gehört. Raum geben, für diese Empfindungen, sie da sein lassen. Und dann auch noch liebevoll annehmen, sie ins Herz lassen und mitfühlendes Verständnis haben.

Und das alles, ohne zu handeln.

Der Gewalt an mir selbst zuschauen, sie zulassen (im Innen) und auch noch lieben. Das ist eine unglaubliche Leistung!

Gelingt mir nicht oft. Diese Gewalt an mir selbst, sie erschrickt mich enorm. Ich will sie nicht. Ich verbiete sie. Sie macht mir Angst. Ich schiebe sie meistens weg.

Die zwei, drei seltenen Momente wo es zu einer Vereinigung kam, so dass diese Anteile sich mit dem liebevollen Blick von mir verschmolzen, haben immer zu einer Veränderung geführt. Sie sind in ihrer Härte zusammen gefallen, wurden kleiner und verletzlich und weinten meist bitterlich vor seelischem Schmerz.

Einsichten, so zwischen durch

Dadurch, dass ich mein Ego kennenlerne, lerne ich automatisch das Ego anderer Menschen kennen.

Dadurch, dass ich lerne, nicht mehr gegen mein Ego zu kämpfen, lerne ich automatisch nicht mehr gegen das Ego anderer Menschen zu kämpfen.

Lerne ich mit mir, lerne ich im Innen, so lerne ich automatisch mit Anderen und im Außen, ohne dass ich mein Bewusstsein darauf lenke.

Universelles Grundgesetz – Innen wie Außen, Oben wie Unten – direkt erfahrbar.

So Überlegungen, wie sie kommen und gehen…

Mir kommt die Frage, wie oft ich eigentlich in Dissoziationen bin, ohne es zu merken, so im normalen Alltag, wo ich meine Dinge erledige, zu Hause und Unterwegs, weil das Bekannte, gewohnte Äußere das fehlende Innere ersetzt. So das die Struktur, die greifbare, eben vor allem bekannte Welt um mich herum, mein Selbstgefühl ersetzt. Diese Wohnung ist meine, also bin ich. Diese Straße laufe ich jeden Tag. Ich erkenne sie, also bin ich. Ich fahre mein Fahrrad, also bin ich. Schwer zu erklären. Mein Selbst erkennt sich, über die Umgebung um es herum.

Könnte, neben vielen anderen Deutungsversuchen, auch ein Grund sein, warum ich mich immer plötzlich ganz schrecklich, undefinierbar schlecht fühle und in der Wahrnehmung heftigst eingeschränkt, wenn ich an unbekannte/unvertraute Orte komme.

Das Böse in mir

Ich erinnere mich, da gab’s doch schon mal so etwas. Da habe ich doch schon einmal drüber geschrieben. Alles kehrt wieder und wird weiter bearbeiten, von einem neuen Standpunkt aus.

Überheblichkeit, Arroganz um mich nicht unsicher zu fühlen? Mich erfahrener, weiser, reifer fühlen, um mich über andere zu erheben, um mich nicht so klein zu fühlen?
Mich ungefragt als Lehrer aufführen, lehren wo niemand um Lehre gebeten hat. Der Wunsch, dass zu mir aufgeschaut wird, damit ich hinabschauen kann und mich größer fühle?
Macht ausüben. Unrecht ausüben. Durch meine Haltung. Die Größe, die Buddha-Natur jedes einzelnen nicht wahrnehmen. Die Richtigkeit jeder anderen Erfahrungen nicht anerkennen, würde sie mich doch in Frage stellen, mich mit meiner Selbstunsicherheit innerhalb dieser Beziehung konfrontieren.

Ich muss die ‚Kinderwelt‘ loslassen, die Vorstellung, dass alles ‚gut‘ wäre. Die Flucht in eine Welt, von Engeln behütet, in der, wenn ich mich nur stark genug auf mein Herz konzentriere, alles ‚dunkel‘ draußen bleibt.
Das ‚Böse‘ nicht verleugnen. Das ‚Böse‘ in mir. Zulassen. Fühlen. Verstehen. Mitgefühl auch für diese Seiten in mir, die letztendlich aus der Angst erwachsen. Das ‚Böse‘ entsteht im Grunde immer aus Angst.
Macht, Gier, Hass, Geltungsbedürfnis (alles in mir vorhanden) – im Ursprung Angst. Angst als ein Teil von mir. Der Gegenpol zur Liebe. Beides ist ein und dieselbe Energie.
Habsucht, Neid, Gewalt, Missbrauch – alles in unterschiedlicher Ausdrucksform (oft subtil oder nur im inneren verborgen) in mir vorhanden.
Es gibt das ‚Böse‘ in der Welt. Es gibt das ‚Böse‘ in mir. Alles ist Ausdruck dieser Welt, alles entspringt aus dem gleichen Stoff, der gleichen Quelle. Alles ist miteinander verbunden.
Gehässigkeit, Schadenfreude. All das finde ich auch in mir.

Es tut weh dort hinzuschauen. Es löst Selbstverurteilung aus. Wie schlecht bin ich. Verurteilung. Auch dieses ‚Böse‘ ist in mir. So viel Dunkelheit.

Und so viel Licht.

Ich stelle mir die ‚Quelle‘ als eine Kugel vor, die aus einem Nadelteppich besteht, wie diese Zimmerdekorationen, wo man z.B. seine Hand gegen die Nägel drückt und auf der Gegenseite dann die Form der Hand erscheint.
Jede erdenkliche Form bildet sich aufdieser Kugel ab – Häuser, Bäume, Gefühle, Menschen, Gedanken, Religionen, Kriege, Gemeinschaft, Liebe, Angst, Gewalttaten, Wetter, Planeten, Kometen, Sonnen – einfach alles. Die Formen empfinden sich selbst als getrennt voneinander, doch sind sie alle aus dem gleichen Material und alle über das Material miteinander verbunden. So ist alles was sich um mich herum abbildet, auch in mir vorhanden. Wenn ich mich nun hinsetze und mich ganz bewusst für dieses Material öffne, mich damit verbinde, erfahre ich auf noch direktere Art die Erscheinungen im Außen auch in mir. Nichts unterscheidet sich mehr voneinander. Alles ist eins. Irgendwie klingt das verrückt. Das ist doch tatsächlich das, wie ich es wahrnehme und erfahre. Unglaublich!

Da war viel Angst die Tage. Ich konnte ihr zuschauen, wie sie mich halsabwärts abtrennte von mir. Wie sie Gedanken-, Vorstellungstürme um meinen Kopf herum erschuf und das das Vertrauen nicht zu ihren Eigenschaften zählte.
Angst kontrolliert zu werden, selbst keine Kontrolle mehr zu haben. Angst vor dem Ungewissen, dem Unsichtbaren, dem Namenslosen, welches sich unbemerkt in mir einschleicht und von innen manipuliert, die Herrschaft übernimmt. Angst vor der Unberechenbarkeit des Lebens.
Ja. Kontrolle ist eine Illusion. Wenn ich mich dem Leben (der ‚Quelle‘) öffne, öffne ich mich ALLEM. Dass mir das angst macht, finde ich nun absolut nachvollziehbar.

All die ‚dunklen‘ Anteile in mir zulassen. Mit dem Herzen sehen. Vielleicht zeigt sich diese gewaltige, dahinterliegende Urangst. Ich bin bereit sie zu fühlen. Ich bin bereit mich in Beziehungen klein zu fühlen. Ich bin bereit mich in Beziehungen unsicher zu fühlen. Ich bin bereit mich zu zeigen. Ich bin bereit, dass meine panische Angst gesehen wird. Oh, da kommt mehr… ich bin bereit mich der Angst, der totalen Vernichtung zu stellen, sie zu fühlen. Vernichtungsangst scheint die Urangst zu sein.