Eine Mail zum schwierigen Tag heute

„Puhhh, liebe U.,

ich war heute so, so mutig und habe die Frau vom BEW mit all meinen Verunsicherungen mit ihrer Gestik, Mimik und im Kontakt konfrontiert. Und so viele Gefühle ausgehalten, die das gemacht hat.

Es wird nicht einfach mit ihr. Sie ist es gewöhnt zu führen und ich will keine Führung. Ich brauche jemanden der da sein kann, Raum lassen kann. Ich brauche auch nicht ständig positiv, einladend angelächelt zu werden, vor allem nicht, wenn es mir gerade sehr schlecht geht. Ich brauche jemanden der mich sieht und das was er sieht aushalten kann.

Das war eine riesige Aufgabe, jemanden mit so etwas zu konfrontieren.

Rotz und Wasser geweint. Mich schlecht gefühlt, zu viel fordernd, voller Scham, dann wieder mit vollem Recht auf meinen Anspruch den ich habe.

Einerseits bin ich gespannt, wie es weiter geht und andererseits stinksauer, dass es wieder so schwer sein muss und ich nicht einfach mit dem weiter arbeiten konnte, was so gut funktioniert hat.

Liebe Grüße

Sophie“

Läuft nicht alles reibungslos

Ja heute. Heute bin ich immer noch sehr erschöpft und habe altbekannte, vertraute Symptome von körperlicher Schwäche, dem Wegdriften von Aufmerksamkeit und Angst. Wie gestern.

Okay. Es war wirklich viel letzte Woche. Und dann war es doch nicht nur das Telefonat.

Ich habe mich überfordert. Ich habe mir zu viel zugetraut und ich habe am Freitag nicht gut meine Grenzen gefühlt und gesetzt.

Eben zog ich eine Karte aus dem Deck „The Map – Weisheitskarten der Seele“. (Ich liebe diese Karten ❤ )

Nummer 49. Der Talisman. Auf dem Kopf.

Die hatte ich noch nie. Und was soll ich sagen. Sie hat voll ins Schwarze getroffen.

Liegt die Talisman-Karte auf dem Kopf, so ist sie eine Mahnung an dich, dir deiner Lebensmuster bewusst zu werden.

Okay, mach ich jetzt mal.

Manchmal sind es gerade die vertrautesten Dinge, die dich vor etwas warnen, was du nicht noch einmal erleben willst.

Äh ja, das ist mir heute sehr vertraut, dieser Zustand und tatsächlich habe ich mich schon durch einen Berg Mega-Angst gefühlt, dass hier etwas passiert, was ich nicht mehr erleben möchte.

Dennoch stehst du nun vor einer wichtigen Entscheidung. Du kannst vorsichtig vorangehen oder nach einem anderen Weg Ausschau halten, der dich in eine neue Richtung führt. Bedenke dies: Wenn du schon mehrmals in dasselbe Loch gefallen bist, warum willst du diesmal nicht um es herumgehen? Wenn du weißt, wo das Loch ist, so halte dieses Wissen in Ehren.

Ich war hier echt schon so oft. Ich kann erfassen, dass die Erlebnisse am Freitag zu viel waren (Ergotherapie) und ich eigentlich eine Pause von Angst-Konfrontation gebraucht hätte.

Dazu kommt ein neuer Termin die Woche – nämlich Traumatherapie. Das war auch der erste Termin letzte Woche. Plus Holzwerkstatt. Plus Eigenblutspritze Heilpraktikerin. Plus Gruppe. Plus Termin Wohnbetreuung.

Freitag bin ich trotzdem zur Ergo. Konnte da nicht wie üblich an meinem Projekt arbeiten, weil ich zu erschöpft war. Bin trotzdem geblieben und hab mich auch noch einer neuen angstbesetzten Situation gestellt. Das war zu viel. Den Gedanken, wieder gehen zu können, wenn ich nicht mehr kann, konnte ich nicht zulassen zu denken. Heute denke ich, ich hatte Angst davor, dass sie nein sagt und ich mich dann unterwerfe. Also bin ich von mir aus geblieben.

Das Loch ist also Selbstüberforderung. War mir das eigentlich vorher schon bewusst???

Zwar ist das Universum unbegrenzt, doch hat jeder individuelle Weg seine Beschränkungen. Es liegt Kraft in der Erkenntnis, dass dir jetzt nicht alle Wege offenstehen.

Okay. Das habe ich jetzt verstanden. Entwicklung/Wachstum hat seine Grenzen. Ich kann mich nicht überall gleichzeitig konfrontieren.

Das heißt aber nicht, dass du auf deinem Weg zurückgehen musst. Was auch geschehen mag und wie du dich auch entscheidest: Du bist jetzt auf diesem Weg, damit er dich zu größerer Weisheit führt.

Genau. Ich probiere das nächste Woche wieder aus. Bis Freitag hatte ja alles gut geklappt. Und wenn ich dann wieder für die Ergo zu erschöpft bin, übe ich für mich zu sorgen.

Jetzt ist der Zeitpunkt, um andere, die zuvor an diese Stelle gekommen sind, um Rat und Hilfe zu bitten. Ihre Weisheit wird die Weisheit in dir erwecken.

Ich hatte tatsächlich überlegt, dass in der Therapie zu besprechen.

Danke!

Änderungen

Mir schwirrt seit ein paar Tagen das Schreibbedürfnis durch den Kopf und dann verliere ich den Faden. Ich glaube das liegt an dem Medikament. Darüber wollte ich auch schreiben. Und über eine Begegnung heute. Und noch irgendwas, was mir gerade nur am Hirnrand herum flackert.

Eins nach dem anderen.

Also…. Ich bin seit zwei Wochen bei 12,5 mg Quetiapin (Seroquel). Die Verdoppelung von vorher 6,25 mg war nicht sehr angenehm. Aber ich war zu ungeduldig mit der Teilerei. Ein Drittel von 25 mg lässt sich einfach scheiße teilen.

Ich wollte die Wirkung und Nebenwirkungen festhalten. Warum eigentlich? Vielleicht für mein Kontrollbedürfnis und zum leichteren Aushalten. Bin ganz schon ins Leiden gefallen für ein paar Tage und wieder diese stetige Ambivalenz, vielleicht doch wieder weniger nehmen. Gut das es mir wieder aufgefallen ist und ich die Gründe für die Einnahme sehen konnte und das Hilfreiche und den Zeitaspekt (Nebenwirkungen lassen auch nach – evtl.).

Die Nebenwirkungen sind bisher Kopfschmerzen, Müdigkeit, leicht verstopfte Nase, unangenehm veränderter Körpergeruch, Mundtrockenheit, veränderter Stuhlgang, leicht unruhige Beine und morgens verdammt schwer aus dem Bett kommen.

Und dann gibt es noch Veränderungen, wo ich annehme, dass das die Wirkung sein soll. Ich bekomme weniger von meinem Innenerleben mit. Und wenn ich es mitbekomme, ein Gefühl habe, dann gleite ich davon sehr schnell wieder weg. Wenn da von außen kein Reiz kommt und ich auch keine Handlung angehe, läuft das in einen verträumten Zustand. Ich würde das auch unkonzentriert nennen. Achtsamkeit ist damit auch nicht mehr so einfach. Meine Gedanken laufen wie gehabt so vor sich hin, doch sie sind wie in einem Nebelfilm, dass ich oft gar nicht so leicht fassen kann, was ich gerade denke, gedacht habe. Könnte man auch Vergesslichkeit nennen. Meditation ist zur echten Herausforderung geworden. Ich töne nun öfters das Om, weil der Reiz mich präsenter hält.

Emotional fühle ich mich sehr entlastet. Es ist ruhiger geworden. Teilweise sogar richtig entspannt. In einer Situation wo Ängste normalerweise aufgetreten wären, habe ich nur Anspannung gespürt, die ich ja dann wieder vergessen habe. 😉

So gleite ich gerade durch die Tage. Was mich daran hippelig macht ist, dass meine Gefühle an die ich mich so gewöhnt habe (da meine ich auch die leisen Empfindungen mit), die meinen Alltag bestimmt haben und meine Richtschnur waren, nun verändert sind oder nicht mehr spürbar. Das macht was mit dem Selbstgefühl. Irgendwie unklar, wer ich nun bin, wie ich bin, was sich für neue Orientierungspunkte in mir ergeben. Ob ich Überforderung noch mitbekomme, ob ich Grenzen noch mitbekomme. Keine Ahnung. Ich will mich erst einmal einlassen, das Andersfühlen zulassen.

Naja, und dann habe ich mich mit Unterstützung dazu entschließen können eine stationäre Traumatherapie auszuprobieren. Ich meine, die Vergangenheit liegt so nah an der Oberfläche, wurde in den letzten Wochen/Monaten immer deutlicher, die fordert mich förmlich auf, sie endlich zu verarbeiten.

Die Anmeldeunterlagen sind vor 5 Tagen raus. Das fühlt sich verdammt richtig an. Trotzdem lässt es mich auch daran denken, dass ich in meinem Leben noch nie länger als 3,5 Wochen von zu Hause weg war und das eine fremde Umgebung (neben anderen Dingen) mich stark destabilisieren kann. Aber… ich nehme ja jetzt Medikamente. 🙂

In den Dingen die ich so in letzter Zeit angegangen bin, Konfrontation mit Ängsten, gibt es nun nach der letzten Destabilisierung eine Planänderung, auch weil das echt blödsinnig ist, so etwas in der Betreuungsablösephase zu machen. Oh ha, welch Erkenntnisreichtum!

In den letzten 3-4 Terminen geht es vor allem um Anschlussvernetzung. Also zur Klinikplanung und wo kann ich mit wem Kontakt aufnehmen, wenn ich Unterstützung brauche. Dort schon mal Kontakte herstellen, informieren usw.. Das läuft alles schon und fühlt sich auch gut an. Obwohl ich es mir so überhaupt nicht vorgestellt habe. Naja… der Verstand und das Leben… und dieser breite Graben dazwischen.

So. Mehr mag nicht geschrieben werden.

Hahhh!

Ich stelle mich neuen Situationen. Ich gehe bewusst in Situationen, bei denen ich einen Widerstand habe, weil sie fremd und neu sind.

Frau Helferin ist dabei. Das ist schrecklich und gut zugleich.

Wir sitzen gemeinsam im Auto und fahren Orte ab, wo ich mal wieder tanzen gehen könnte.
Der erste Schritt, mich dem anzunähern. Schauen, wo ist das, wie sieht es da aus, wie fühlt es sich an.
Ressourcenaktivierung.

Ich begegne mir, so wie ich mir bisher nicht begegnet bin, weil ich diese Bereiche viel vermieden habe. Lieber auf einen guten Moment warten, der selten, bis nie kam.

Ich fühle Angst.
Ich will keine Angst fühlen.
Sie soll nicht sehen, wie viel Angst ich habe.
Ich kämpfe gegen mich.
Hör auf Angst zu haben. Es gibt doch überhaupt keinen Grund. Hab dich nicht so.
Ich kämpfe gegen sie.
Sie soll das alles nicht sehen. Ich schäme mich. Ich bin doch erwachsen. Ich sollte das doch können.

Gehe erst alleine los, um zu schauen. Sie wartet im Auto. Komme nicht weit. Trau mich nicht durch die erste Tür, weil sie keine Klinke von innen hat. Angst eingesperrt zu sein.
Zurück zum Auto. Projekt gescheitert.
Ich fühle, dass ich hier Hilfe brauche.
Ich will ihre Hilfe nicht.
Ich bin froh, dass sie da ist.
Hin und Her. Hin und Her. Enge in mir. Alles schiebt/drängt sich gegenseitig weg.
Ich könnte schreien, weinen, mich in Luft auflösen gleichzeitig.

Hilflosigkeit. Alles passiert einfach nur noch. Kein Durchblick.

Heraus kommt: Kind sein. Weinerlich. Still. Pessimistisch. Sich winden. Ausweichen wollen. Verstecken. Aufgeben. Widerwille. Sich ziehen lassen. Entscheidungen abgeben.

Noch mehr Angst.
Hält sie das aus, hält sie das aus? Erträgt sie mich so? Bin ich nicht ganz schrecklich so?
Bin ich so? Bin ich so?
Oh Gott, so bin ich (auch)!

Hahhh!