Wir hatten uns nur kurz im Auto gedrückt, als sie mich vom Bahnhof abholte. Bei ihr zu Hause angekommen, stehe ich im Flur, ziehe mir die Schuhe aus. Sie ist in der Küche. Mein Herz sehnt sich nach Nähe und schmerzt. „Können wir uns noch mal umarmen?“, frage ich sie mutig. „Na klar!“ und wir nehmen uns noch mal richtig in den Arm. Ich fühle ihre Nähe. Ich fühle diese Umarmung und mein Herz schmerzt.
Alles ist so neu und unbekannt. Mein Fühlen, mein Trauen, die darauf folgende Reaktion und wieder neues Fühlen usw..
Während sie in der Küche hantiert, um uns Kaffee zu machen, steigen bei mir Tränen auf. Mein Herz will sich öffnen und weinen, weil jemand da ist. Meine Angst kämpft dagegen an, versucht das herausbrechen wollende Schluchzen zu unterdrücken.
Sie kommt ins Zimmer, während ich schon ins Taschentuch schniefe und Tränen wegwische und ich erzähle mein Ringen und Weinen wollen. Alles ist so nah und tut weh.
Sie geht kurz raus, kommt wieder und drückt mir einen großen Plüschhund in die Arme. „Damit kann man gut weinen“, sagt sie fröhlich und geht wieder in die Küche.
Mein Ego zuckt kurz, ist irritiert, weil es alleine gelassen wird und lieber will, dass sich gekümmert wird.
Mein Herz drückt sofort den Plüschhund an sich und kann ein wenig mehr in diese Innigkeit weinen.
Sie kommt wieder zurück und drückt mir Taschentücher in die Hand, um dann wieder in die Küche zu gehen.
Mein Ego denkt: merkwürdige Situation und muss irritiert lachen.
Mein Herz ist dankbar, fühlt ihre Präsenz und kann weiter etwas loslassen, bei sich bleiben.
Sie kommt zurück, stellt zwei Teller mit Kuchen auf den Tisch und setzt sich auf die andere Seite der Couch. Ich schluchze gepresst weiter vor mich hin. Fühle mich hilflos und gefangen in der Situation und sehne mich so nach gehalten werden.
„Wenn du meinen Arm brauchst, sag Bescheid“, sagt sie völlig entspannt.
Ich überhöre die Einladung. „Ich kann nicht richtig loslassen, es zulassen.“
„Du kannst auch ins andere Zimmer gehen, wenn es hier nicht geht.“
Ich zittrig, schluchzend traue mir, mein Sehnen auszusprechen (ein Sprung ins Ungewisse): „Aber ich will genau das Gegenteil! Ich will mich am liebsten auf deinem Schoß zusammenrollen.“
„Ich hab dir ja meinen Arm angeboten.“
Hilflos und damit nichts anfangen können. „Ich weiß nicht, wie man das macht!“ Der Körper hochgradig starr werdend, in angstvoller Erwartung, was nun passiert.
„Hmmm… du weißt nicht, wie man das macht. Ich setze mich mal neben dich.“ Steht von der anderen Seite der Couch auf und setzt sich nah neben mich, ohne mich zu berühren. Zeigt mit einer Geste einladend auf ihre mir zugewandte Schulter.
Sofort schießt die Angst durch mein System. So nah! So nah! Rede irgendwas. „Kann sein, dass ich gleich nen Panikanfall bekommen“ und schaue sie mit großen, ängstlichen Augen an. „Denke mal nicht so viel.“ „Das denke ich nicht, das fühle ich!“ und schon geht es los. Die Atmung beschleunigt sich, schlägt über. Ich beuge mich vorne und halte meinen Kopf in den Händen. In einer Hand einen Kienapfel und unter den Füßen ein Kühlakku, um dabei bleiben zu können. Ihre Hand auf meinem Rücken, für die Energiearbeit: „Schön durch die Nase ein und durch den Mund aus. Sprich mal im Geiste(…)“ „Ich kann keine Sätze mehr denken“, antworte ich durch den Sturm in mir drin. „Das ist gut!“, sagt sie freudig. Ich: „Das haben Panikattacken so an sich.“
Am Rande nehme ich war, dass sie sich ein Kissen auf den Schoß legt und eine Decke darüber zieht. Die Sehnsucht schießt empor und mit strudelndem Panikkörper und dem wiedergekehrtem Schmerz und Sehnen im Herzen, gebe ich den Widerstand auf, lasse mich seitlich mit dem Kopf auf diesem Kissen nieder, den Plüschhund unterm Arm und vors Gesicht gedrückt, um die Scham zu bedecken.
Und dann passierte so viel in mir, dass ich mich nicht in der Lage fühle, dass hier wiederzugeben, weil ich es nicht mehr greifen kann. Ich weiß nur mit Sicherheit, dass das ein Durchbruch war (wieder mal). So etwas habe ich in meinem Leben noch nie gemacht, gehabt, zugelassen.
Die Gefühle wechselten hin und her. Zwischendurch musste ich raus aus der Position, wollte sie wegstoßen, den Hund in die Ecke werfen und wurde unheimlich wütend. Dann ging es wieder zurück in den Schmerz und auf ihren Schoß. Und noch viel mehr. Mein Körper, mein Ego kämpfte, zitterte, weinte, schluchzte. In meinen Gliedmaßen fühlte es sich an, als würde Starkstrom fließen.
Und sie saß die ganze Zeit entspannt, strich mir über meinen Rücken, machte verschiedene Energieausleitbewegungen, sagte mir verschiedene Sätze, die ich für mich sprechen konnte, damit alle Gefühle fließen und losgelassen werden konnten, hielt all meine Gefühle und hin und her aus, ließ alles in ihrer Präsenz geschehen, war da. Ich bin deswegen tief beeindruckt. Zu dem was ich da gefühlt habe, bekomme ich momentan keinen Zugang.
Irgendwann löste ich mich aus der Situation, wollte nicht länger zulassen. Mein Ego sagte: „Jetzt reicht es aber auch mal. Man kann ja auch nicht alles an einem Tag auflösen.“ (Kann man vielleicht doch. Doch ihm wurde es zu bunt. 😉 )
Ich saß da, mit Starkstrom im Körper und Ganzkörperschwindel. Mein Sprachvermögen war stark eingeschränkt, die Atmung aufgewühlt und kurz und immer noch zitterte und zuckte mein Körper. Ich machte mir Sorgen, wie lange es nun dauern würde, bis ich mich wieder stabilisiert hatte. „Du kannst so lange bleiben wie du willst. Bis spätestens morgen 13 Uhr“, sagt sie und meint das völlig ernst. Ihre Hingabe, ihr Vertrauen, ihre Entspanntheit und Selbstsicherheit berühren mich sehr.
Sie drückte mir einen Rosenquarz in die linke Hand (der saugte ordentlich) und gab mir Rescue-Salbe, um sie auf der Stirn zu verteilen. Es dauerte vielleicht gerade mal 20-30 Minuten, bis ich mich wieder stabilisiert und entspannt hatte. Ich war sehr erschöpft. Sonst fühlte ich mich weich, mir sehr nah, aufgeschlossen, gereinigt und ausgeglichen.
Und dann konnten wir endlich über die Sachen sprechen, die der eigentliche Grund meines Besuches waren. 🙂