„Ohne Liebe kann ich nicht leben“ – Verlustangst

Das ist ein großes Paket. Ich trage es schon ein paar Wochen mit mir herum.

Doch es wird auch klarer, immer wieder.

Ich versuche seit einigen Wochen Nähe zu einem Mann zuzulassen.

Ich versuche mich für seine Zuneigung zu öffnen, seinen Worten zuzuhören und zu fühlen, dass sie wahr sind und ich versuche meine Zuneigung zu erlauben, zu erlauben, dass da etwas aus mir heraus zu ihm fließt, dass unsere Herzen sich berühren.

Das ist wunderschön und es macht mich total fertig.

Es ist neu für mich. Ich hab mich in Beziehung noch nie so bewusst erlebt und gefühlt.

Die Ängste sind unglaublich groß und die Gedanken, dass alles abzubrechen, weil ich es so nicht aushalte, kommen immer wieder. Nur, was will man eigentlich abbrechen, wenn noch gar nichts passiert ist, außer, dass zwei Herzen fühlen.

Also sage ich immer mal wieder danke. Danke lieber R., dass du all meine roten Knöpfe drückst und mir so die Gelegenheit gibst, anzuschauen, was noch verborgen war, zu heilen, was geheilt werden möchte.

Einen Glaubenssatz habe ich schon mit The Work bearbeitet.

Du wirst mich verlassen!

Um den zu finden, bin ich meinen Gedanken vorher gefolgt.

  • Ich bin nicht genug, so wie ich bin.
  • Das wird ihm nicht reichen, was ich zu geben habe.
  • Ich habe nichts zu geben.
  • Ich gebe zu wenig.
  • Das ist zu wenig.
  • Ich bin nicht gut genug für dich.
  • Du wirst mehr erwarten, als ich dir geben kann.

Und dann kam er, der Satz, der mich voller Wahrheit ansprang. Felsenfest überzeugt davon – du wirst mich verlassen!

The Work hat das etwas aufgelockert. (Und wo ich diese Notizen dazu selbst nochmal lese, merke ich, dass ich auch die schon wieder vergessen hatte, obwohl es doch ganz schön klingt. Ich werde es wohl mal öfter lesen, zur Erinnerung. 🙂 )

Trotzdem bin ich seit Tagen wieder innerlich auf der Flucht. Will ihm ausweichen. Will mich nicht mehr so gestresst und angespannt fühlen. Will nicht mehr so unsicher sein und in diesen Ambivalenzen.

Heute Morgen wache ich auf und ich denke, ich muss heute zu ihm. Kein entspannter Gedanke. Kein schöner Gedanke. Kein Gedanke der einem Bauch- oder Herzgefühl entspringt. Keine Anziehung. Keine Verlockung. Sondern ein Gedanke in Not. Ich muss zu ihm!

Ich denke an das Buch von Ina Rudolph, dass ich gestern angefangen habe zu lesen („Ich will ja loslassen, doch woran halte ich mich dann fest?“) und mir fallen ihre Hilfestellungen ein, wie man einen tiefen, emotionsgeladenen Glaubenssatz finden kann, um mit ihm zu arbeiten.

Ich passe es an meinen Gedanken an und frage mich, was ist so schlimm daran, wenn ich nicht zu ihm fahre. Es taucht der Gedanke – ich verliere seine Liebe – auf.

Ich frage weiter. Was ist so schlimm daran, wenn er mich nicht mehr liebt. Es springt mich der Gedanke an – ohne Liebe kann ich nicht leben. Und da ist er, der emotionsgeladenen Glaubenssatz. Mir schnürt es die Kehle zu und es lauert Todesangst.

Dann bin ich mutig und entscheide mich zuerst, diesen Satz, diese Empfindung zu klopfen. Das empfehle ich nur, wer gut in der Lage ist, sich aus heftigen Emotionen wieder stabilisieren zu können.

Auch beim Klopfen läuft ein Prozess. Ich begann mit einem Satz und aus diesem entwickelten sich neue Empfindungen, die ich in Sätze kleidete:

  • Die kleine Sophie befürchtet, ohne ihn zu sterben.
  • Die kleine Sophie fühlt, ohne Liebe zu sterben.
  • Die kleine Sophie fühlt, ohne Liebe gestorben zu sein.
  • Ich bin gestorben, weil keine Liebe da war.

Da wurde mir klar, dass diese Angst begründet ist, weil ich sie wirklich so erlebt habe. Weil sie in meinen Erfahrungen wahr ist. Ich bin gestorben, ein Teil von mir ist damals gestorben, weil zu wenig Liebe da war. Und dieser Teil fühlt das immer wieder von Neuem, wenn Menschen im Heute gehen oder gehen könnten.

Da haben wir den Auslöser für all die Verlustangst und all das Drama und Leiden in mir, wenn mal jemand nicht erreichbar ist, den ich glaube zu brauchen oder Abschiede anstehen. Das finde ich bemerkenswert.

Ich habe lange geweint und einiges zusätzlich gebraucht, um mich mit dieser Erfahrung hier und heute wieder gut zu betten. Es war ein kleines Stück möglich, einen Ort zu imaginieren, an dem Liebe endlos vorhanden ist und die betroffene Erfahrung dort zur Ruhe kommen zu lassen. Ich bat ‚Gott‘ und Mutter-Erde um Hilfe und ich ließ mir Reiki schicken.

Und ich erkannte auch, ja, ein Teil ist gestorben, aber ein Teil hat auch überlebt! Ich bin heute noch da!

Das ist die zweite Runde mit diesem Thema. Zum ersten Mal bewusst geworden, ist mir diese Erfahrung 2016. Ich schrieb darüber.

So. Nun steht noch die Arbeit mit The Work aus. Ist es wirklich wahr, dass ich ohne seine Liebe nicht leben kann? Ich ahne bereits eine Antwort. 😉

Verliebtheit

Verliebtheit ist eine Illusion. Verliebt-füllen ist ein Zustand, wo man von seinen Vorstellungen betrogen wird. Es ist eine Versuchung, eine Verlockung die dich auffordert, ihr zu folgen. Die dich blind macht, weich. Die dich, dich selbst vergessen lässt. Dir eine Zukunft vorgaukelt, voller Verheißung. Die Erfüllung deiner Sehnsüchte. Das Ankommen ans Ziel. Alles, alles fixiert sich so darauf, endlich anzukommen. Und dann ist da die Realität. Ist da der Tritt in den Magen, der Schmerz im Herz. Die Täuschung. Die Ent-täuschung. Nichts ist so wie du es dir gedacht hast. Nichts von dem ist eingetreten, was dich so verlockt hat.

Verliebt-sein, wenn du dich dem hingibst, lässt dich vergessen, wer du wirklich bist. Ich verachte es! Obwohl ich es selbst empfinde.

Ich habe zwar gesagt, ich könne mich nicht mehr verlieben. Wahrscheinlich habe ich dabei nur an meine zurückliegenden Erfahrungen mit Männern gedacht. Und wahrscheinlich meine ich damit, dass ich nicht mehr an das „für immer und ewig“ glaube. Das ich nicht mehr dieser Illusion vertraue. Mich ihr nicht mehr hingeben kann.

Trotzdem bin ich noch in der Lage mich zu verlieben. In Frauen. Was ganz neu war im letzten Jahr. Zwei Frauen. Dabei habe ich nicht an Beziehung gedacht. Nicht an Sexualität. Sondern an Nähe. Gesehen werden. Echt sein können. Innigkeit. Vertrauen. Sicherheit. Bedingungslosigkeit. Keine Erwartungen. Keine Forderungen.

Doch hier durfte ich erfahren, dass MEIN Verliebt-sein mit Forderungen verknüpft war. Mit Erwartungen die nicht erfüllt wurden. Ich durfte hier auch erkennen, dass das was ich fühle, nicht automatisch das gleiche ist, was der andere fühlt. Das da nicht zwangsläufig eine Verschmelzung von beiden Seiten stattfindet. Und wenn ich absolute Verbindung und Nähe spürte, dass ich da ausschließlich mich selbst spürte und nicht das, was zwischen uns ist. Oh welch Wunder! 🙂 Das man manche Dinge erst so spät lernt.

Punktuell empfinde ich das auch gegenüber der Therapeutin, das Gefühl von Verliebt-sein. Das würde ich dann zusammenfassen als Gefühl hier etwas bekommen zu können, wonach ich mich sehne.

Das alles kommt gerade hoch, weil mich nach 5 Jahren der Abstinenz zum männlichem Geschlecht, einem regelrechtem Widerwillen, mich überhaupt irgendjemandem zuzuwenden, mich nun ein sanftes Gefühl von Interesse und Neugier zu einem Mann zieht. Welch Überraschung! Alles ist brandneu. Ich fühl mich, als würde ich das erste Mal in meinem Leben damit zu tun haben. Völlig ahnungslos, unsicher und unbeholfen. Es gehört mit zu den Dingen, die ich in meinem Leben noch nie ohne den Konsum von Drogen erlebt habe. Das macht alles so neu und anders. Und obwohl wir uns erst wenige Male gesehen haben, laufen bei mir schon ohne Ende Übertragungen und ich agiere mich ordentlich aus. Habe schon alle Gefühle durchlebt. Ihn herangezogen, ihn weggestoßen, ihn verachtet, ihn bewundert, ihm vertraut, ihm misstraut, mich ihm nah gefühlt, mich distanziert gefühlt, große Angst vor ihm gehabt, fast einen Panikanfall bekommen usw.. Und das alles, obwohl eigentlich noch gar nichts ist, außer eben Neugier und Interesse. Er wiederum hat mir eröffnet, sich in mich verliebt zu haben. Puh, eine echte Herausforderung mit all dem umzugehen, nach dem Chaos, immer wieder meine Mitte zu finden.

Es klingt merkwürdig, aber ich will mich um Gottes Willen nicht selbst verlieben. Ich verbinde das zu sehr mit mich selbst aufzugeben und meine Grenzen überschreiten zu lassen, weil ich sie nicht mehr spüre. Weil es wichtiger geworden ist, etwas zu bekommen, was ich so unbedingt brauche. Ich will das nicht mehr nach außen tragen. Ich will damit niemanden mehr belästigen. Ich will nicht mehr angepasst und Butter in der Hand des anderen sein. Ich will nicht mehr immer nur nachgeben. Ich will nicht mehr immer Kompromisse finden, die auf meine Kosten gehen. Ich will nicht mehr im Schatten eines Menschen stehen.

Ich lese hier total viel Ambivalenz.