Betreutes Einzelwohnen

Ich weiß nicht so richtig, was ich hier schreiben will.

Eben im Bett, das Telefonat von gestern mit einer neuen Bezugsbetreuerin im Kopf. Unglücklich sein. Schon wissen, dass das nichts wird und diese Qual, ihr in der ersten Begegnung nächste Woche sagen zu müssen, dass das mit uns nicht passt.

Fragen im Kopf, warum passt es nicht. Eine Not, damit (wieder) nicht verstanden zu werden.

Dieses riesige Bedürfnisse verstanden werden zu wollen und in meiner Entscheidung bestärkt.

Gestern deshalb mit dem Krisendienst telefoniert. Kurze Rückenstärkung gefühlt und heute wieder alles unsicher und mein Verhalten in Frage gestellt.

Ich frage mich, ob dieses große Bedürfnis von jemanden verstanden zu werden, auftaucht, wenn ich mich selbst nicht mehr verstehe.

Das scheint zu passen. Ich nehme mir Stift und Notizbuch und versuche zu verstehen, was es genau war, dass das Gefühl macht, mit der neuen Person nicht zusammen arbeiten zu können.

Beim Schreiben wird es plötzlich konkret und klar. Sie hat mich im Gespräch nicht miteinbezogen, über das wo und wie des ersten Termins.

Ich sollte öfter mal wieder den Stift in die Hand nehmen, wenn Enge, Unklarheit und Chaos herrscht. Gerade in der Zeit ohne festen Ansprechpartner.

Eine weitere Person gibt es noch.

Gestern mit dem Krisendienst darüber nachgedacht, was ist, wenn auch die zweite Person nicht passt.

Mir hat es übrigens so geholfen, dass er sagte, wenn man weiß was man braucht, sollte man solange suchen, bis man es gefunden hat. Und nein zu sagen wäre mutig, viele trauten sich das gar nicht.

Jedenfalls, wenn die zweite Person auch nicht passt, kann ich mir vorstellen, dass mich meine Kraft verlässt, mich dem weiter auszusetzen und ich ohne BEW weiter mache, mit der Hoffnung, dass dann die Therapie endlich genehmigt ist.

Tiefer hinein

Seit Tagen purzeln mir sehr schwere Themen ins Bewusstsein und ich habe mir versucht zu erklären, dass das jetzt einfach das abgespaltene Zeugs aus der Funktionieren-Müssen-Phase der letzten Woche ist und damit irgendwann auch zum Ende kommt.

Hmmm… diese Erklärung passt gestern, heute nicht mehr. Und überhaupt, was bedeutet in der Seele, in der Psyche, im Sein schon ein Ende. Kommt mir nicht vor, als könne man das auseinander halten, wo was anfängt und was aufhört. Fängt was an, hat was anderes vielleicht noch gar nicht aufgehört und hört was auf, hat was anderes schon längst angefangen.

Trotzdem der Versuch die Kontrolle zu behalten, sich an der Horizontlinie mit den Augen festkrallen, weil Übersicht verlieren sich wirklich scheiße anfühlt. Weil starke körperliche, psychische Anspannung, Denk-Enge, körperliche Schmerzen, das Gefühl in sich eingesperrt, gefangen zu sein und der Verlust des Gefühl für die Zeit, die Veränderung ankündigt, sich in dem Raum der Ewigkeit einfach Gott verdammt unaushaltbar anfühlt (für mich).

Ich will ein Ende!

Aufgefordert werde ich zu der Einsicht von Machtlosigkeit und Hingabe an das (scheinbar) Unaushaltbare.

Heute dachte ich an Nachtmeerfahrt. So kam es mir vor.

Eine neue Dimension des Hasses und der Verachtung. Ist der tiefste Punkt erreicht?

Ich habe mich mit der Klopfakupressur darauf eingelassen. Ich habe mich sprechen hören, ich habe mich gefühlt, so dass ich danach tief erschrocken, regelrecht entsetzt und überfordert war. So kenne ich mich nicht.

Ich habe Gott sei Dank ein Telefonat führen können, in dem das alles sein konnte und in dem ich Halt fand.

So eiskalte, abgeschnittene, verhöhnende, gefühllose, verachtende, hassende Worte. So kalt, dass mir klar wurde, dass sind Worte die einen Menschen töten können. Jetzt wo ich das Schreibe, fällt mir die Doppeldeutigkeit auf. Töten im Inneren, ja. Das auch. Aber in diesem Moment fühlte ich die Kälte, die es möglich macht, auch im Außen Menschen zu töten.

Und dieses Gefühl ist in mir! Ein echter Schock!

Ich habe diese dunkle Gefühlsqualität in mir, die die Welt auch zu einem so schmerzhaften Ort macht, neben all dem Schönen, dass es auch gibt.

Mir kommt es vor, als würde ich die Polaritäten des Lebens in mir selbst erfahren, durchleben (vielleicht damit auch integrieren?).

Ich hoffe in brünstig, dass nie ein Mensch mit meiner dunklen Seite in Kontakt kommen muss. Sie ist grausam und tut sehr weh.

Ich weiß nicht. Vielleicht ist das eines meiner zentralen Lebensthemen, diese Gegensätze in mir zu vereinbaren.

Ich bin froh, dass ich vor ein paar Tagen wieder in dem Buch „Licht-Heilung“, von B. Ann Brennan gelesen habe. Sie schreibt dort über den Selbsthass und geht davon aus, dass er sehr verbreitet ist, jedoch nicht immer bewusst.

Das hat mich beruhigt und darin bestärkt, mich damit wieder als ’normal‘ einzustufen, nur mit der Heraushebung, dass mein Leben mir diese Dinge sehr, sehr stark ins Bewusstsein drückt. Ich kann es nicht verdrängen!

Sie erklärt kurz und verständlich die Entstehung von Selbsthass auf der psychologischen Ebene und der spirituellen Ebene und schildert ihre feinstofflichen Erfahrungen, wie die Auraschichten sich heilsam verändern, wenn man diese Gefühle zulässt. (Kapitel 11)

Das hat mir Mut gemacht, mich weiter darauf einzulassen.

Da standen für mich noch mehr sehr hilfreicher Erläuterungen drin, die ich super ins Klopfen mitnehmen konnte. Ein sehr heilsames Buch. Ich würde am liebsten noch mehr Infos daraus teilen, aber es sprengt den Rahmen.

 

Abschiede

Erst mit dem Fühlen, was ich hier von Ihnen bekommen habe, kann ich fühlen, was ich damals verloren habe.

Das Gefühl Sie zu verlieren, ist das alte Verlorene, das was niemals war.

Abschied von Ihnen, bedeutet Abschied von der Vergangenheit. Verloren ist verloren.
Verloren ist die Vergangenheit. Für immer.

Verloren scheinen Sie. Doch gewonnen habe ich.

Heute. Heute bekam ich dieses Geschenk von Ihnen. Sein zu dürfen. Angenommen zu werden.

Es tut weh. Sehr.

Sich von Ihnen zu verabschieden. ;(

Sich vom Verlorenen zu verabschieden, (damit in Frieden kommen?). ;(

Können Sie mir etwas schreiben? Können Sie mir etwas da lassen, von Ihnen?
Können Sie schreiben, dass sie an mich glauben, dass sie mir all dies zutrauen? Sie sind der einzige Mensch dem ich das glauben kann.

Ich will den Mut nicht verlieren und nicht verlieren, was möglich war/ist.

Liebes Unfähigkeitsgefühl…

… heute hast du wieder mal Hallo gesagt, hast dich ganz klein gefühlt und Tränen vergossen. Hast dich im Bett zusammengerollt und geglaubt, all das da draußen nicht zu schaffen. Hast geglaubt, deine Wünsche nie und nimmer Wirklichkeit werden lassen zu können, weil du unfähig bist, weil du es nicht kannst. Hast so viel Angst vor der Zukunft gehabt. Alles war dir zu viel. Du fühltest dich überfordert von der Welt.
Ich bat dich liebevoll, dich umzuschauen, dir die zurückliegenden Tage anzuschauen und den heutigen Tag. Ich fragte dich, ob du da irgendetwas sähest, was du nicht geschafft hattest, was dich überfordert hatte. Du schütteltest zaghaft den Kopf. Da war nichts zu sehen. Da war alles gut gegangen.
Ich sagte dir, dass ich an dich glaubte, an deine Fähigkeiten, an deine Kraft. Du konntest meinen Glauben spüren, auch wenn es dir lieber gewesen wäre, es gäbe da draußen einen Menschen, der dir das in diesem Moment sagen würde und dem du glauben könntest. Jemand da draußen, der deine Schritte begleitet, der deinen Weg sieht, der dich motiviert und stärkt. Seufz… ich konnte dich so gut verstehen.

Ich möchte dir Mut machen und dir zeigen, dass es auch ohne geht. Ich möchte dir zeigen, es für dich erfahrbar machen, dass wir das alles in uns tragen – den Glauben, die Kraft, den Mut, das Vertrauen.

Lass uns Schritt für Schritt gehen. Immer nur einen nach den anderen. Nicht so weit in die Zukunft blicken, dort lauern nur Vorstellungen die uns Angst machen. Das hilft uns nicht weiter. Unser Herz weißt uns gerade einen Weg, lass ihn uns gehen, auch wenn wir nicht wissen wohin er führt. Dieser Weg ist ein Geschenk. Lass uns froh und dankbar sein, dass es ihn gibt.
Und komme ruhig immer mal wieder vorbei. Du bist willkommen. Ich empfange dich mit offenen Armen und helfe dir, wieder Mut zu finden.

Im Wald

Allein im Wald und alle machen ‚ah‘ und ‚oh‘ und ‚uh‘ und ‚bist du mutig‘ und so weiter. Sie staunen, sind ungläubig, sind überrascht, sind beeindruckt.

Was ist mit mir? Bei all diesen ‚Ahs‘ und ‚Ohs‘ komme ich mir irgendwie übersehen vor. Komme ich gar nicht dazu zu erzählen, zu erfühlen wie es denn für mich war. Bin ich mutig? Fühlt sich nicht so an. Mutig wäre ich, wenn ich mich hätte überwinden müssen. Ein Wagnis eingehen. Doch so hat es sich nicht angefühlt. Und das ist für MICH das Erstaunliche! Ich musste nicht mutig sein, weil es sich sehr selbstverständlich angefühlt hatte. Sowieso fügte sich an diesem Tag alles ineinander, als hätte es nie anders sein sollen als genau so.

Ich, alleine. Mit meinem Fahrrad, Schlafsack, Isomatte und Kocher. Der Plan, eine Nacht im Wald verbringen. Ohne Zelt.

Noch vor ein paar Monaten und das ganze Leben davor undenkbar. Unmachbar. Zuviel Angst. Alleine irgendwo sein? Unmöglich.

Es passte alles. Ich wusste in welcher Gegend es sein sollte. Kannte diese schon. Kannte den Wald und seinen Lockruf in ihm zu bleiben. Unkompliziertes Hinkommen. Im Notfall unkompliziertes wieder nach Hause kommen. Ausweichmöglichkeiten in der Nähe.

Der Tag begann mit Vorfreude. Einfach nur Vorfreude. Null Ängste. Wiiiiie lange ist es her, dass ich so fühlte. Damals, vor Urlauben. Bestimmt 4 Jahre her.

Dann vor Ort Freiheitsgefühle. Unabhängigkeitsgefühle. Gefühle die mir bis dahin so völlig unbekannt waren. Ich mit meinem Fahrrad, konnte tun und lassen was ich wollte. Keine festgelegte Zeit. Kein festgelegter Ort. Beweglich. Lauter Möglichkeiten. Ungebunden. Und immer noch keine Ängste. Wow!

Bei der Suche nach einem geeigneten Platz kam doch Anspannung hinzu. Große Anspannung. Der Wald sehr mit Wegen durchzogen. Die Möglichkeit von Menschen gesehen oder gehört zu werden ist sehr groß. Obwohl zur Nacht hin, immer unwahrscheinlicher. Hier komme ich um mein Muster nicht herum. Angst vor Menschen. Angst gesehen zu werden. Nicht der Wald ängstigt mich. Er ist Schutz. Er ist freundlich. Nicht die Tiere ängstigen mich. Sie sind in ihrem Verhalten nachvollziehbar und kalkulierbar. Es sind die Menschen die mich ängstigen.

Der Platz den ich finde ist zumindest etwas außer Sicht. Trotzdem fällt mir auf, wie ich alles ganz leise mache und durch die Gegend schleiche, damit ich nicht gehört werde. In einem großen, ansonsten sehr stillen Wald eine schwierige Aufgabe. Bei jedem Geräusch inne halte, um zu lokalisieren, ob jemand kommt. Ein Hund bellt vom Weg. Hat er mich gehört? Wird er gleich angerannt kommen und mich wütend anbellen und bedrohen? Woher kommen solche Gedanken?

Ich bin bemüht mit dieser mich umklammernden Anspannung zu sein. Sie nicht zu bekämpfen, aber auch nicht anzuschauen, weil ich nichts Größeres auslösen will. Obwohl ich am Rande spüre, wie schön dieser Ort ist und wie aufregend es ist, hier in ihm sein zu dürfen, komme ich in keinen Genuss, in kein Loslassen. Ich bin insgesamt auch zu müde, um mich mit dem einen oder anderen noch länger zu beschäftigen und schlafe relativ schnell ein. Sofort gefolgt von einem Angsttraum, dass plötzlich ein greller Scheinwerfer auf mich gerichtet, den Platz wo ich schlafe erleuchtet. Kann trotzdem gut weiterschlafen. Es ist wahnsinnig still, so dass ich fast durchschlafe.

Und jetzt kommt das schönste an der ganzen Sache. Aufwachen wegen einem Geräusch. Ein Schnattern. Ein Eichhörnchen, welches den einen Baum hoch klettert, dann wieder herunterklettert, um zum nächsten Baum zu gelangen und das gleiche fortzusetzen. Von Baum zu Baum, an meinem Schlafplatz vorbei, über meinem Kopf hinweg. Über mir die Wipfel der Fichten, die sich sanft im Wind wiegen. Links von mir, glitzern milde, weiße Sonnenstrahlen durch die Bäume von der aufgehenden Sonne. Ich fühle mich als Teil der Natur die mich umgibt.

Die Anspannung ist nur noch minimal, vielleicht weil ich weiß, dass ich bald den Platz verlassen werde. Mein Gefühlserleben bleibt insgesamt bedeckt, trotz Meditation. Es wird seine Gründe haben, warum ich auch hier nicht ganz da sein kann. Es reicht mir aus, was ich erlebe.

Ich bin in meinem Element. Draußen sein. Riechen. Hören. Sehen. Dreckige Klamotten. Die Funktionalität ist wichtiger als die Optik. Unwichtig wie die Haare liegen. Frühstück im Jägerstand, sicherheitshalber wegen der Brandgefahr. Waschen am See. Zusammenpacken. Alles was man braucht passt in die Satteltaschen und den Rucksack. Leben kann so unkompliziert sein. So könnte ich tagelang einfach weitermachen. Herumfahren. Den nächsten Platz suchen. Essen. Schauen. Schlafen.
Doch fürs erste will ich einsehen das es reicht. Mein Körper tut weh, von der ungewohnten Anstrengung und der Wetterbericht hat Regen angesagt.

Tatsächlich habe ich zwei Tage Erholung gebraucht, von diesen zwei Tagen Fahrradfahren, durch teilweise unwegsames Gelände, auch mit absteigen und schieben.

So, und jetzt noch mal für mich. Ich war tatsächlich eine Nacht alleine im Wald! Toll! Was für ein Entwicklungsschritt!

Tief berührt

Unglaublich! Was für eine Dokumentation. Das ich das jetzt gerade an dieser Stelle meines Lebens sehe.

Ich weine – aus Angst, aus Freude, aus Schmerz, aus Liebe, aus einem Gefühl von mich wiedererkennen, von Wahrheit, von Erfüllung, von innerem Reichtum. Das vorweggenommene intensive Gefühl wie es wäre seine Seele ganz und vollkommen zu leben. Das vollkommene Glück.

Ich habe diesen Film nur bis Gate 2 geschaut, weil ich mich genau an dieser Stelle befinde. Ich finde mich in allem wieder was dort berichtet wird. Was für ein Gefühl! Und was für eine Herausforderung! Ich wünsche mir eine extra große Portion Mut vom Universum. 🙂

„Der Sturm der Emotionen“ (von David)

Ich möchte folgenden Artikel mit euch teilen, da er mir meine aktuelle Situation, mein Erleben so sichtbar und spürbar macht. Als ich ihn las, wurde alles glasklar und ich landete direkt in meinem Schmerz, in dem Tornado in meinem Herzen. Er macht mir Mut, diesen Weg weiter zu gehen und auch meine Umwege zu erkennen und anzunehmen.

http://www.den-weg-gehen.de/der-unterschied-von-gefuehlen-und-emotionen

Mut und die Odyssee Richtung Wut

Das Ganze ist schon eine Woche her. Ich bemühe mich die Ereignisse trotzdem festzuhalten, um mich selbst erneut damit zu konfrontieren. Ich habe die Angewohnheit meine Tiefen und Schwächen vor mir selbst und anderen zu verstecken und lieber mit dem Positiven zu hausieren. Es ist sehr schwer jetzt Folgendes zu schreiben.

Meine Symptome verstärkten sich enorm. Alles war zu viel. Auf Arbeit und im Alltag fühlte ich mich überfordert und hatte Schwierigkeiten gesprochenen Worten zu folgen und sie mir zu merken. Das Licht war zu hell, die Stadt zu laut, die Menschen zu viel, ich zu müde. Ich war extrem angespannt und gereizt. Alles wirkte feindlich auf mich, gegen mich gerichtet. Ich akzeptierte diesen Zustand erstmalig als Stoppschild meiner Seele, jetzt endlich mit dem Funktionieren aufzuhören und zu mir zurück zu kommen, still zu werden.

In der Therapiesitzung finde ich riesige Wut in mir zu einer aktuellen Begebenheit. Ich bin nicht in der Lage sie auszudrücken, rede darum herum. Als ich versuche sie zu fühlen und ihr Worte zu geben, steigt riesige Panik auf. Mein Magen zieht sich zusammen, ich fange am ganzen Körper zu zittern und zu schwitzen an. Und auch diese Angst kann ich nicht ausdrücken. Jedes Gefühl versteckt sich vor anderen. Raus aus der Therapie, im Treppenhaus fange ich sofort an zu weinen. Ich würde es so gerne laufen lassen, doch bin, wie so oft gehemmt, da mich jemand dabei sehen könnte. Es ist unerträglich alles in mir zu halten und keinen Ausgang zu finden. Ich fahre zu meiner Psychiaterin für eine Krankschreibung. Den Warteraum auszuhalten ist extrem schwer. Ich kann niemanden in meiner Nähe ertragen und lehne auch ab, mit der Ärztin im Behandlungsraum zu sprechen. Das ist mir alles zu viel, ich fühle mich wortlos. Ich will einfach nur ins Bett, mich verkriechen und schlafen. Der Schlaf bringt etwas Abstand. Der riesige Druck in mir ist etwas milder. Erstaunlicherweise kann ich an dem gleichen Abend in der Selbsthilfegruppe noch mehr dieser Anspannung loslassen, in dem ich einfach nur da bin.

Am nächsten Tag fahre ich zu einem Massagetermin. Als hätte ich letzte Woche bei der Reservierung geahnt, dass ich genauso etwas heute brauche. Ich fühle mich sehr eingeschlossen in mir, kann meine Umwelt kaum wahrnehmen. Bekomme Wege die ich zurücklege nur am Rande mit. Die Massage tut gut. Wieder muss ich kurz weinen, als die Masseurin am Ende den Raum verlässt und wieder höre ich damit auf, als sie zurückkommt. Ich spüre die ganze Zeit diese Wut irgendwo versteckt in meinem Inneren und die Schwere in meinen Gliedern und Augen. Ich bin überfordert und hilflos damit umzugehen. Wieder muss ich schlafen. Danach setze ich mich doch hin und versuche mich aktiv damit auseinanderzusetzen. Ich versuche mein inneres Kind nach seiner Wut zu fragen und es zum Schreiben und Fühlen zu motivieren. Aber es geht nicht. Alles bleibt stecken, die Anspannung in mir und meinem Körper ist unerträglich. Dann entdecke ich die Möglichkeit als dritte Person für mein inneres Kind und seine Wut zu schreiben. Es ist gut, es bringt mich kurz dem wirklichen Gefühl näher. Die Wut schreibt selbst ein paar kurze, aggressive Worte und geht dann über in ungehaltenes, heftiges Gekritzel. Ich stoppe mich, will den Stift und den Block nicht kaputt machen. Wenn ich doch nur diesen Schrei in mir loslassen könnte. Ich würde alles dafür geben, jetzt an einem Ort zu sein, an dem ich schreien kann, ohne dass mich jemand hört. Es ist unerträglich. Der Affekt geht über in strampeln und auf meine Oberschenkel boxen. Der Schmerz lenkt ab und stoppt das Ganze. (heftig wie aufwühlend und schwer das Schreiben jetzt gerade ist). Abends nehme ich an einer geführten Onlinemeditation durch Robert Betz teil, welche überraschenderweise das innere Kind zum Thema hat. Ich lasse mich ein. Das erste Bild welches dazu heraufgeholt werden soll ist eine Situation aus der Kindheit, welche in Fülle war, in reiner, freier Kindlichkeit.  Es flackert kurz das Bild von einem Kind in einem Baum auf. Ich finde dazu keinen persönlichen Bezug und muss trotzdem sofort anfangen zu weinen. Herr Betz führt weiter in diese Situation. Man soll diese schönen Empfindungen des Spielens und einfach Kind sein beobachten und dann selbst fühlen. Ich muss einfach immer weiter weinen und weinen und weinen. Ich fühle mich so unendlich alleine. Es tut weh. Sehe keine Bilder dazu, nur dieses Gefühl. Die restliche Meditation kann ich nicht mehr aufnehmen.

Am nächsten Morgen spüre ich sofort beim aufwachen, dass alle möglichen Emotionen in mir sehr nah an der Oberfläche sind und ich keinen Lebenssinn mehr in mir finde. Alles hat seine Bedeutung verloren, ist zu Ende und vorbei. Ich setze mich auf, mein Oberkörper fängt wahnsinnig zu glühen an, mein Herz rast und ich atme heftig. Alles wirbelt in mir herum. Die Selbstfürsorge funktioniert Gott sei Dank trotzdem noch und ich klammere mich an die Aktion mir ein schönes Frühstück zu machen. Währenddessen ändern sich ständig meine Zustände, von kurzen Weinattacken, Anflüge von Selbstliebe, tiefer Traurigkeit und Hilflosigkeit, Aggression, Übermut. Dazu immer wieder Schwindel und Herzrasen. Nichts lässt sich wirklich ausdrücken und befreien. Wieder kommt ein Wutaffekt und ich schneide mir in die Hand. Es ist so unbedeutend bei dem ganzen Chaos in mir. Nach dem Frühstück sitze ich am PC und bekomme eine Mail von der Person, um die sich die Wut dreht und der Damm bricht. Alles befreit sich, ich lasse meinen Körper auf den Boden fallen und kämpfen, orientierungslos herumlaufen, auf die Couch schlagen, laut schluchzen und weine alles, alles heraus. Ein Satz in meinem Kopf wiederholt sich immer und immer wieder: „Ich bin so wütend“. Dann schlägt es um in tiefe, tiefe Verlust- und Verlassenheitsgefühle. Auch das kann fließen und reißt mich fort. Nach einer geschätzten Dreiviertelstunde beruhigt es sich ganz langsam in mir und ich fahre los zur Therapie. Ich fühle mich befreiter, wacher, wieder am Leben beteiligt, aber weiterhin auch aggressiv. Mein inneres Kind will aufmüpfen, ungehorsam sein, provozieren. Davon gab es kaum etwas in der Kindheit. Es tut gut das zu fühlen und macht doch auch gleichzeitig wieder große Angst. Und das Rad fängt erneut an sich zu drehen.

Mein Herz ruft

Oh mein Gott ich bin so aufgeregt. Mein ganzer Körper arbeitet wieder mal meine Empfindungen ab. Was ist es? Ich spüre hauptsächlich Angst und Freude.

Ich habe eben meinen Bruder und seine Freundin angerufen und mich nach Möglichkeiten erkundigt meinen Neffen zu sehen. Ja, ich bin nämlich eigentlich auch Tante. Habe das aber bisher nicht gespürt und mich jeglicher Familienverpflichtung entzogen. Zumindest hat es sich für mich immer wie eine Verpflichtung angefühlt Tante zu sein. Da muss man dann auch auf den Kleinen aufpassen und solche Sachen. Das wollte ich nie. Einmal kam es doch dazu. Ich hatte eine Heidenangst etwas falsch zu machen und lies mir alles Mögliche ganz genau aufschreiben. Ich war völlig verunsichert und hatte nur gehofft, dass er die meiste Zeit schläft und nichts Außerplanmäßiges passiert, auf das ich reagieren muss. Mir fehlte völlig der Bezug. Das geht mir mit Kindern generell so. Aus einer gewissen Distanz schaue ich ihnen gerne zu, bewundere sie oder bin sogar neidisch auf ihre kindliche Freiheit. Im Kontakt fühle ich mich völlig handlungsunfähig, steif, unsicher, ängstlich und hilflos. Ich komme mir vor wie ein Wesen von einem anderen Planeten, was so überhaupt keine Ahnung hat wie es jetzt mit diesem Menschen umgehen soll.

Und nun, wie auch in anderen Bereichen meines Lebens scheint sich etwas in mir zu bewegen, zu verändern, was mich auch hier Neues fühlen lässt. Wenn ich mich recht entsinne, fiel es mir zum ersten Mal um Weihnachten auf. Ich war nicht in Berlin, nicht bei meiner Familie und sah erst im Nachhinein Videos von der Bescherung bei meinem Bruder. Mir lief das Herz über meinen Neffen zu sehen wie er freudig seine Geschenke auspackte und mit welcher Inbrünstigkeit er bei jedem Geschenk in Jubelschreie ausbrach. Es war herrlich und hat mich tief bewegt. Auf einmal spürte ich, dass das meine Familie war und es eine Verbindung gab. Zu Ostern sah ich ihn wieder. Und ich habe noch nie so viel Liebe zu einem Menschen empfunden, wie zu diesem kleinen Mann. Es war toll! Ich hätte ihn so gerne die ganze Zeit an mich gedrückt und ihm gesagt, dass ich ihn liebe. Er kennt mich kaum. Woher auch, wir sehen uns sehr selten. Meine Versuche der Annäherung waren begleitet von meinen alten Ängsten und meiner Verunsicherung. Genauso hat er sich auch mir gegenüber verhalten – schüchtern, vorsichtig und eher auf Abstand. Es war nicht leicht für mich das zu erleben, zu sehen, welche Distanz zwischen uns liegt. Ich fürchte mich zutiefst vor seiner Abweisung. Was ist, wenn er mich nicht mag? Was ist, wenn wir keinen Zugang zueinander finden? Wenn ich mich falsch verhalte oder falsche Dinge sage? Ich fühl mich selbst wie ein Kind, während ich dem hier nachspüre. Trotz dieser für mich riesigen Hürden hat mein Herz nicht aufgehört zu rufen und deshalb heute dieses Telefonat. Jetzt weiß ich wann er vom Kindergarten abgeholt wird und Abendessen ist und bin auch von Seiten meines Bruders und seiner Familie jederzeit herzlich eingeladen. Ein schönes Gefühl!