Arbeitstherapie

Halleluja!!!

Gefühlt bin ich heute dreimal vor einem Tiger weggerannt.

Mein Nervensystem, mein Gehirn hat wieder ordentlich Ausnahmemodus erprobt und mich mit allerlei kämpf-um-dein-Überleben-Hormonen überschüttet.

Man, bin ich durch.

Heute war der zweite Arbeitstag in der Gärtnerei.

Heute Nacht habe ich mich ewig hin und her gewälzt, endlose Traumszenarien von Beete gießen und Schwächeanfälle haben.

Dazwischen Halbwachzustände mit Panik und Verzweiflung. Gutes mir zu reden und beruhigen. Erkennen, dass schon nur die Absprache, ich käme zur Pause, wo sich wahrscheinlich dann 8 Personen in einem Raum befinden, zu viel ist. Dann das innere Gerangel, dass Absprachen vor Vorgesetzten eingehalten werden müssen. Dann erkennen, dass ich auf mich hören darf und mir erlauben, die Absprache zu verändern, wie ich sie brauche. Dass ich das auch nicht extra neu absprechen muss.

Ich bin da neu. Ich darf alles ausprobieren. Ich darf auch feststellen, dass etwas nicht funktioniert. Es ist eine Arbeitstherapie einer Klinik. Die kennen sich aus, haben viel Erfahrung mit Menschen die Schwierigkeiten haben. Niemand wird böse sein, es mir vorwerfen, etwas erwarten.

Als nächstes brachte mir das nächtliche Verzweifelt sein die Erkenntnis, dass auch der Arbeitsort schwierig werden wird. Ein kleines Rasenstück von drei Seiten eines Hauses umgeben, welche zwei psychiatrische Stationen beherbergt und vollverglast ist. Die vierte Seite wird von einem hohen Holzzaun begrenzt. Es ist wie ein Innenhof.

Das Rasenstück soll bepflanzt werden. Es ist gerade mal geschätzte 10 m x 7 m groß. Ich bin da also wie auf dem Präsentierteller, auch, weil die untere Etage links und rechts keine Räume hat, sondern ihre Flure, nur mit Glas vom Außenbereich getrennt.

Im Dunkel der Nacht kam ich zu dem abschließenden Gefühl, alles was ich morgen tun kann, ist, alle Absprachen und Vorstellungen über Bord zu werfen und einfach nur da zu sein. Und aus diesem Dasein heraus, von Moment zu Moment zu schauen was geht.

Dann kam auch der Schlaf, mit dem kleinen Eisbären auf der Brust. 4:45 Uhr. 6:15 Uhr war ich wieder wach.

Dann heute auf dem letzten Stück Weg zur Baracke, wo der Pausenraum ist, fing ich ordentlich an zu pumpen. Hallo Panikattacke. Okay, wo ist noch mal mein Körper, wo sind meine Füße, wo ist meine Atmung. 1. Einatmen. 1. Ausatmen. 2. Einatmen. 2. Ausatmen. Usw.. Mit vielem Verzählen, weil das Gehirn schon vorm Tiger wegrennt.

Aber es hilft echt und schwächt die Panikkurve immer wieder ab. Noch Rescuetropfen vor der Tür nehmen. Dann rein.

Lächeln. Hallo sagen. Platz fixieren. Hinsetzen. Beschäftigt sein. Wasserflasche auspacken. Kienapfel zum festhalten und immer wieder Atem suchen. 1. Einatmen. 1. Ausatmen. Hochanspannung. Keinen Anschauen. Schön weiter atmen. Die ersten gehen wieder und mein Stress nimmt etwas ab.

Die Anleiterin widmet sich mir. Wir suchen Gartengeräte zusammen. Meine Stresskurve steigt wieder und ich kann ihr erzählen, was ich erlebt habe und dass ich nicht weiß, was ich aushalte.

Und ja, wie toll, da sagt sie doch einfach – und wenn wir uns da nur erst einmal hinsetzen, dann ist das auch okay. Und ich muss echt nochmal nachfragen – wirklich??? Ja, wirklich. Es gibt keine Erwartungen.

Ich bin da sowas von richtig! Ein Rahmen wo ich auf mich hören darf.

Wir betreten den Hof durch eine verschließbare Tür im Zaun, nachdem ich mich versichert habe, dass die Tür immer auf ist, wenn ich da bin und ich nicht plötzlich eingesperrt bin. Ich werde gefragt wie es sich anfühlt. Wie toll!

Ich kann erst mal gar nichts. Fühle mich erstarrt, will mich erst einmal hinsetzen und könnte sofort losheulen. Mein Gehirn wringt noch die letzten möglichen Stress-Tiger-weglauf-Hormone aus.

Fieser Weise habe ich wirklich auch Lust auf Gartenarbeit. Die Lust sitzt in meinem Kopf, umgeben von einem erstarrten, bewegungsunfähigen Körper. Und es tut gut, dass mal mit jemandem so unmittelbar besprechen zu können. Wahrnehmungen aussprechen, Ängste, Abwägungen. Zwei Patienten stehen prompt in unmittelbarer Nähe hinter der Glaswand und schauen uns ungeniert an. Es fühlt sich bedrohlich an und dann wieder nicht. Kann ich so arbeiten? Passieren kann nichts.

Nach 10 Minuten entscheiden wir, dass mehr heute nicht sein muss und machen uns wieder los, ohne einen Finger gekrümmt zu haben.

Ich bin auch enttäuscht. Klar. Aber ich erkenne auch, dass sich hier zum ersten Mal alles so authentisch zeigen kann, wie es eben in mir erlebt wird. Und das ist super! Ich kann erfahren, dass es auch okay ist, so kleine Schritte zu machen, eben genau die Schritte die im Einklang mit meinem Erleben sind.

Wenn ich an meinen ersten Tag im Zuverdienst im Laden denke, wo niemand mit mir etwas besprochen hat, ich für mich auch nicht so sensibel war und es noch auf die alte Weise tat. Was heißt, ein Vorgespräch und dann eben gleich loslegen.

So krasse Anspannung wie an diesem ersten Tag hatte ich noch nie erlebt. Das war sowas wie Todesangst. Ich war klatschnass geschwitzt, alle Sinne bis aufs äußerste gespannt und trotzdem habe ich es durchgezogen. Als ich versuchte der damaligen ambulanten Betreuung davon zu erzählen, kam die relativierende Antwort, dass jeder Mensch in einer neuen Situation aufgeregt wäre, das ganz normal sei.

Von wegen ganz normal! Das erlebt definitiv nicht jeder Mensch so.

So bin ich auch heute wieder nach ca. 45 Minuten gegangen, weil es einfach reichte, was ich erlebt hatte und ich darf stolz darauf sein!

Fühlt sich teilweise noch paradox an, weil ich nicht wirklich etwas getan habe. Die Muster der Leistungsgesellschaft sitzen tief.

Unterstützung

Ich hatte eine Idee. Die ist geblieben und hat sich etwas mit Inhalt gefüllt.

Eine Idee, wie ich eine äußere Struktur halten kann, ohne dafür eine innere Struktur zu brauchen.

Ein Planboard.

Das baut auf der Erkenntnis auf, dass meine Basis (Nahrung, Schmerzlinderung, Ordnung) so wenig gesichert ist.

Da ist mir ein Planboard eingefallen. Ich habe mich schon so oft nach Struktur gesehnt, die einfach auch hält.

Ich habe damit schon ein wenig herumgebastelt, versucht Kategorien zu erstellen, evtl. ein Farbsystem, Einteilungen. Worüber ich stolpere, ist meine Starrheit mit Plänen. Es ist sehr fest in mir verankert, was man plant, muss man auch tun, was man sagt, muss man auch einhalten. Deshalb bin ich auf die Idee gekommen, dass es ein sehr flexibles Planboard sein muss, wo man jederzeit Anpassungen, Verschiebungen vornehmen kann, ohne immer neu zu schreiben. Ich dachte an kleine magnetische Felder, die man je nach Bedarf an die Stellen setzen kann, wo man sie haben möchte.

Und tadaaa, da stolpere ich gestern bei Amazon über eine Variante, die eigentlich für Kinder ist, aber genau das, was ich suche! 🙂

Das ist ein Experiment. Ich weiß nicht, ob das wirklich hilft. Obwohl ich jetzt schon einige Dinge davon spüren kann, alleine weil ich es auf Papier vorgetestet habe, wie es aussehen könnte. Da hat sich schon etwas eingeprägt, was ich teilweise morgens nutze.

Was ich mir erhoffe, ist, dass ich durch diese äußere Struktur die Angst in mir loslassen kann, mich in meiner inneren Strukturlosigkeit zu verlieren. Ich kann es evtl. an diese Tafel abgeben, weiß dann, dass nichts mehr verloren geht. Es steht da, ich muss nur darauf schauen.

Wie ein Ersatzboden, auf dem ich stehe. Und diese Tafel ist neutral, also sie übt keinen Druck oder Zwang aus, so wie meine eigenen Gedanken und sie kann jederzeit auf Sinnhaftigkeit geprüft und angepasst werden.

Wenn das so funktioniert, könnte das eine riesige Entlastung im Kopf werden, Gefühle von Kontrollverlust beruhigen und vielleicht etabliert sich dadurch sogar eine Struktur, die irgendwann verinnerlicht ist und sich in symptomstarken Zeiten alleine trägt.

Und falls das jemandem jetzt im Herzen anspricht, mich unterstützen zu wollen, dann freue ich mich sehr. 😀

Und wenn nicht, ist das auch okay. Ich komme schon irgendwie an diese Tafel, dass fühle ich. 🙂

Ordnung

Alles führt doch immer irgendwo hin.

Dank an alle Kommentatoren des letzten Beitrages, für Eure Gedanken und Erfahrungen!

Ich bin froh, dass ich alle Gefühlsfluten da sein lassen habe – Unfrieden und Wut ihren Raum gegeben habe. Kein gewohntes Verhalten von mir und eine emotionale Dynamik, dir mir bisher nicht vertraut ist. Es ist anstrengend so zu fühlen, jedoch hat es auch Kraft und Richtung in die Dinge gebracht, wie ich heute wahrnehmen kann.

Es ist mehr Klarheit entstanden. Auch emotionale Beruhigung. Sogar mehr Festigkeit im Selbstwert. Was heißt, dass ich mit Schlabberhose zum Bäcker gehen konnte, wo ich gestern noch vor Selbstabwertung, kaum das Fenster im Schlafanzug auf bekam.

Ich habe seit meinem letzten Beitrag und der Schilderung von Simmis Mama in den Kommentaren, geschätzte 13 Mal Selbstabwertungsmomente registriert und lächelnd verstärkt. Das hat jedes Mal geholfen die Absurdität zu spüren, darüber lächeln zu müssen und etwas anderes zu fühlen. Zum Beispiel stand ich mit meiner Schlabberhose vor dem Spiegel und dachte, so kann ich nicht zum Bäcker gehen. Meine Reaktion – ja, du bist so richtig scheiße, weil du diese Hose an hast. Da habe ich gespürt, wie unwahr das ist.

Manchmal habe ich dabei auch den Schmerz gefühlt, der, durch all die Gedanken gegen mich, da ist. Selbstverletzende Gedanken.

Ich habe mir in den letzten Tagen viele Gedanken zu meinem Unterstützungsbedarf gemacht. Was will ich, was brauche ich, wie kann ich das jemandem Außenstehenden erklären, was muss derjenige wissen?

Das war ein ziemliches Wirrwarr an Notizen, die meine Unklarheit deutlich machte.

Dank des Hinweises zur Pflegestufe 0, von ueberlebendlebendig, bin ich bei der Recherche auf hilfreiche Maßgaben gestoßen.

Ich muss gar nicht so viel erklären, wie sich wann was anfühlt, sondern für Behörden ist lediglich wichtig, was im Alltag nicht stattfindet. Das wieso und warum ist zweitrangig, prüft dann bestimmt irgendein medizinischer Dienst.

Heute habe ich endlich einen zufriedenstellenden Fahrplan entwickelt, für das Gespräch beim Sozialpsychiatrischen Dienst, was ich da sagen will.

Diese Dinge fallen aus, erst einmal außer Acht gelassen, wie häufig:

Haushalt, Mahlzeiten, Einkaufen, Zähneputzen, Duschen, Haare waschen, Kontakte zu Freunden/Familie/Selbsthilfegruppen, Tagesstruktur/Zuverdienst, draußen sein/Bewegung/Reize, Arztbesuche und neue/gute Erfahrungen.

Die Symptome habe ich versucht kurz und knackig zusammenzufassen, was echt nicht leicht ist:

Fehlende innere Struktur, schwer aushaltbare Emotionen (Verzweiflung, Haltlosigkeit, Angst, Wut), Körperschwäche/z.B. nicht laufen/stehen können, Müdigkeit, Denkenge – Entscheidungsschwierigkeiten – keine Informationen aufnehmen können (lesen, reden, zuhören), Handlungsschwierigkeiten und Überforderungsgefühle.

Diese Unterstützung wünsche ich mir:

Haushaltshilfe, Fahrdienst und eine Plantafel für zu Hause.

In der Kontakt- und Beratungsstelle werde ich Anfragen, ob sie Beratungsstellen kennen, die Fachkompetenz in der PTBS besitzen und Behördengänge begleiten. Danke Benita Wiese für die Anregung!

 

Weil ich da so einen Blick darauf habe, wie sonst nie und mir auch bisher nie so bewusst war, was alles so ausfällt, weil ich eher mit meinen Gefühlen beschäftigt war, ist mir heute aufgefallen, dass ich das morgendliche Zähneputzen ausfallen lassen habe, aber dafür Pflanzen umgetopft.

Ich dachte mir, da könnte man auf die Frage kommen, warum topfst du Pflanzen um, anstatt dir die Zähne zu putzen. Ich könnte nur darauf antworten, weil das eine ging und das andere nicht. Ich habe das gemacht was möglich war und war heilfroh, dass überhaupt etwas möglich war.

Die Symptome haben sich seit Betreuungsende verstärkt. Irgendwie logisch, mit dem Wissen, dass der Abschied die traumatischen Gefühle der Trennungserfahrung aus der Kindheit, an die Oberfläche holt und das vergangene Sterben nah am Jetzt liegt. Hatte das aus den Augen verloren.

Ich (es) weine (weint) immer wieder um Frau S. (Frau Helferin). Vermissen taucht regelmäßig auf. Auch Wut. Sie sollte da sein. Habe heute Nacht das erste Mal mit ihrem kleinen Eisbären geschlafen. Mit einem Kuscheltier zu schlafen… hab ich das überhaupt einmal getan? Sie saßen in meiner Kindheit immer eher am Rand.

Ich habe gestern auch das erste Mal ihr Foto rausgeholt. War mir nicht klar, ob ich das aushalte. Ich halte es aus. Macht die Erfahrungen, die gemeinsame Zeit wieder greifbarer. Auch die Stärke die sie mir vermittelte, ihr Glauben an mich und Vertrauen in mich.

Das Foto habe ich heute auch mal angeschnauzt – warum sie nicht da ist. Bestimmt gut für die Verarbeitung. 🙂

Ich stemme ziemlich große Sachen. Das darf ich mir bewusst machen. Es ist völlig okay, da so viel zu Leiden.

Mir ist bewusst geworden, ich war noch nie alleine. Da war immer einer, durch den ich meinen Wert und meinen Rücken gestärkt habe. Vor der Zeit der professionellen Begleitung waren es Partnerschaften oder auch das Wohnen in einer WG.

Das ist völlig neu, was gerade ist! Neu und unerprobt. Es darf mir schlecht gehen, ich darf mich orientierungslos fühlen, ich darf verzweifelt und wütend sein. Das ist völlig normal mit meinem ausgeprägtem Sicherheits- und Kontrollbedürfnis und den Erfahrungen, die ich als Kind gesammelt habe.

Traurig

Das macht mich sehr traurig.

Morgen ist Ostern bei der Familie mütterlicherseits, mit Osterfeuer und ich möchte wirklich gerne hin, bei meiner Familie sein. So wie dieses Jahr, habe ich mich noch nie darauf gefreut.

So wie es gestern war, wie der Weg zu meinen Eltern mich erschöpft hat und die Zeit bei ihnen anstrengend war, obwohl wir nur etwas Small-Talk hielten und einen Film schauten. So wie ich gestern dann zu Hause an kam, völlig überfordert mit allem, war das eigentlich schon zu viel gewesen.

So wie ich heute unterwegs bin, großes Schlaf- und Ruhebedürfnis, große Anstrengung Essen zu machen und Momente von Schmerz im Herzen und Wut im Bauch.

So werde ich völlig überfordern, wenn ich morgen da hinfahre. Die Anfahrt dauert lange. Es wird mir in den öffentlichen Verkehrsmittel zu viel sein, ich werde überreizt, gereizt dort ankommen, müsste mich sofort zurückziehen. Es könnte sein, dass der Rückzug nichts bessert und ich insgesamt nicht groß Kontakt aushalte, Gespräche nicht führen kann, weil das alles überfordernd ist. Und dann wäre da noch der Weg zurück.

Ach man… 😦

Ich finde das gerade wieder mal gemein und traurig, dass die Symptome mich von bestimmten Dingen abtrennen und es dafür aus Kostengründen keine Lösung gibt.

So sollte es nicht sein. Wenn ich jemanden hätte, der mich hin fährt und zurück fährt, würde ich es auf mich nehmen. Dann gäbe es nur die Belastung vor Ort, die ich ausprobieren würde, weil ich ja keine weitere Belastung hätte.

Und da kreisen meine Gedanken wieder um das Persönliche Budget.

Ich bin betroffen von psychischen Einschränkungen und habe einen Schwerbehindertenausweis (oh, so ein gruseliges Wort). Damit dürfte ich die Voraussetzungen zur Inanspruchnahme erfüllen. Ich habe nur keine Ahnung, für welche Leistungen Gelder bewilligt werden.

Ich habe den Sozialpsychiatrischen Dienst angeschrieben, um mich dazu beraten zu lassen. Meine Ansprechpartnerin ist gerade im Urlaub und erst ab übernächster Woche wieder da.

Das zu machen, jemandem zu sagen, wo Einschränkungen sind und welche Unterstützung ich mir für mehr Lebensqualität wünsche, ist für mich sehr schwer. Es erfordert, dass ich dieses Gefühl aufrechterhalten kann, es mir wert zu sein und ein Recht auf Linderung zu haben. Es erfordert auch, vor jemand anderem, zu meinem Nicht-können ja zu sagen.

Meine Programme von Selbstabwertung liegen da total nah dran. Es ist wirklich, wirklich schwer es anders zu fühlen. Na mal sehen. Ich schreibe viel auf, was ich dann als Orientierung im Gespräch nutzen kann, wenn mir vor Selbstabwertung und Scham kein Wort mehr einfällt.

Was bildest du dir eigentlich ein!? Wie dreist ist das denn von dir, sowas zu fordern? Das ist anmaßend! Dazu hast du kein Recht!

So in etwa brauste es auch heftig in mir auf, als ich vor ein paar Wochen eine Spenden-Annonce geschaltet habe. Ich traue es mich jetzt noch immer nicht, mich damit richtig zu fühlen, obwohl ich weiß, dass daran auch nichts falsch ist. Es überhaupt hier zu schreiben, holt die Stimmen von oben nach vorne.

Mir ging es so schlecht und es half so sehr Fernreiki zu bekommen, dass ich aus Verzweiflung, dafür eigentlich kein Geld zu haben, diese Anzeige schaltete.

 

Mit Abstand betrachtet, bringen diese Einschränkungen und Krisen immer wieder eine Dynamik in Gang, die Neues ausprobieren lässt. Das ist das Gute daran.

Bewegung

20.03.2016

Mir ist doch ernsthaft mal danach irgendetwas klein zu schlagen.
Die Hochphase dauerte genau zwei Tage und seit dem geht es mir nicht mehr so prickelnd.

Was habe ich auch erwartet. Ich dachte eigentlich, ich hätte nichts erwartet.

Aber es kotzt mich ehrlich gerade ziemlich an, immer wieder so aus dem Leben gerissen zu werden. Da hab ich mal eben keine Geduld und keine Demut und keine Akzeptanz der Grenzen. Ich könnte echt heulen. Ich will nicht immer am Existenzrand sein, wo es nur noch darum geht, schaffe ich es mir was zu essen zu machen, schaffe ich es einkaufen zu gehen, schaffe ich es abzuwaschen oder aufzustehen oder irgendwo hin zu laufen. Schaffe ich es zu kommunizieren? Das ist doch kein Leben!
(…)
Kommen auch wieder andere Zeiten. Haha- lacht es da sarkastisch.

Und was daran auch scheiße ist, es treibt in die Isolation.

Das wäre heute der ideale Tag, um in den Wald schreien zu gehen.

(…)

Mir tut die Wut gerade gut, weil sie Energie rein bringt. Ich geh jetzt mit dieser Energie los und schau mal, ob ich sie noch ein wenig ausdrücken kann. Energie ist mal was anderes, als Lähmung.“

 

Und ich Blödian denke immer – hab ich etwas falsch gemacht? Liegt es an mir? Bin ich schuld, dass es wieder schlechter geworden ist? Liegt es am Essen? Hätte ich nicht in die Sauna gehen sollen? Habe ich an dem guten Tag zu viel gemacht?

Und prompt bin ich in dieser kräftezehrenden Schuldfalle drin und es gibt einfach keine Antwort darauf.

 

Was ist denn eigentlich mit Lebensqualität?

Wenn das so bleibt und ich nicht schuld daran bin, wenn ich in mir drinnen nichts ändern kann, kann (darf) ich dann nicht das Äußere an mich anpassen, um Linderung zu erfahren und Lebensqualität herzustellen?

Dann würde ich mir eine Haushaltshilfe besorgen, die diese Notphasen überbrückt. Dann würde ich mir jemanden engagieren, der mich in diesen Phasen in sein Auto setzt und mich an einen schönen Ort fahren kann, damit ich nicht in meiner Bewegungslosigkeit, isoliert und reizverarmt, nur noch mir selbst ausgeliefert bin. Dann hätte ich einen Geldtopf, um mit Sauna und Massagen die Körperschmerzen lindern zu können und mit Fernreiki emotionale Krisen unterstützen zu können. Dieser Geldtopf würde auch absichern, dass ich immer Rescue-Tropfen und Öle im Haus hätte und wenigstens einmal im Jahr Urlaub machen könnte.

Ich finde, ich habe ein Recht darauf, es mir leichter zu machen.

Ich muss mir nochmal mehr Informationen zum Persönlichen Budget holen!

 

21.03.2016

Wie kann ich mir vermitteln, dass ich in Sicherheit bin?

Meine Beschützer sind weg.

Fühle ich ausreichend, dass ich mich selbst beschützen und verteidigen kann?

Kann ich Gefühle von Vertrauen und Selbstwert alleine herstellen?

 

Mir wird klar, das, wenn die Basis nicht steht, alles noch unaushaltbarer wird. Die Basis ist fundamental wichtig! Und sie ist nicht ausreichend gesichert, jetzt, wo die ambulante Unterstützung beendet ist.

Die Basis ist:

Habe ich Essen im Haus? Kann ich mich versorgen?

Habe ich Schmerzen? Kann ich sie lindern?

Ist Ordnung um mich herum? Kann ich sie noch herstellen?

Wie kann ich das garantieren? Wo bekomme ich Unterstützung her?

 

22.03.2016

Es geht in Richtung erkennen.

Schuld und Angst sind die zentralen Gefühle.

Schuld daran, dass es so ist wie es ist, dass ich Verursacher bin und existenzielle Angst nicht mehr versorgt, beschützt und sicher zu sein.

Das Ergebnis: kein Vertrauen mehr in gar nichts und keinen Zugang mehr zur Lebensenergie.

Zwischen diesen Polen pendel ich. Angst vs Vertrauen. Schuld vs. Lebenskraft.

 

23.03.2016

Wenn ich damals gestorben bin, wer kam dann und hat stattdessen weitergelebt? Bin das ich, mit den Eigenschaften, die ich in dem Bild des Kontrolleurs festgehalten habe?

Ist deshalb die Verbindung zu mir, zu dem was in mir geschieht und was ich im Moment brauche, keine Selbstverständlichkeit, sondern muss immer bewusst hergestellt werden oder taucht plötzlich auf, ohne dass ich davon wusste?

Ist das dann nicht auch eine absurde, nicht erfüllbare Erwartung an mich selbst, diese Verbindung als Normalität erlangen zu wollen, als etwas was da ist und nicht, was ich erst tun muss?

 

Meditation:

Liebesbrief an mich selbst schreiben! Was an mir ist kostbar, wertvoll und besonders? ❤

Ich verstehe dich! Runter geputzt, klein gemacht, runter gemacht zu werden ist nicht schön.

Als wäre ich total blöde und niemand den man ernst nehmen muss. (Damals)

Ich werde ernst genommen, wenn ich mich selbst ernst nehme. (Heute)

 

24.03.2016

Ich versuche, um mich herum etwas aufzubauen, was mich halten kann. Eine Struktur, die da ist, wenn ich innerlich keine mehr habe.

Es ist ein ausprobieren.

Es ist okay, wenn ich herausfinde, dass es so nicht funktioniert.

Einfach machen.

Es ist okay, wenn es sich nicht so anfühlt, wie ich denke, dass es sich anfühlen sollte.

Fuß in der Tür

Schriftlicher Kontakt zu Frau Helferin.

28.01.2016 Ich weiß nicht. Fühl mich sprachlos. Ich fühl mich wie ein Gletscher von dem gerade ständig riesige Stücke, mit Getöse abbrechen, ins dunkle, unergründliche Wasser stürzen und große Flutwellen erzeugen, wo ich nicht weiß, ob die mich am Ufer erreichen und was da überhaupt geschieht.

29.01.2016 Ich habe heute Morgen einen inneren Türspalt gefunden, der etwas Zusätzliches möglich macht. Ein Blickwinkel, der nicht betroffen ist. Das lässt gerade immer wieder Druck abfließen. Was bin ich da froh drum. Innen ist es trotzdem noch im Ausnahmezustand.

 

Notiz auf Skill-Zettel:

Innere Kommunikation/Landschaft – Wie sieht es in der Fabrik aus? Wie geht es dem Kontrolleur/ Überwacher? Welche Kessel/Themen sind betroffen?

 

Heute Morgen der intuitive Einfall, eine innere Szenerie von Anfang Januar wieder aufzugreifen. Anteilarbeit.

Der Kontrolleur, der sonst ruhig, ernst, konzentriert und pflichtbewusst, mit einem Klemmbrett in der Hand, die Werte an verschiedenen Kesseln prüft und verantwortlich ist, dass alles läuft, steht erstarrt und paralysiert in der Anlage, mit aufgerissenen Augen und innerlich wohl voller Panik. Ich setzte ihn erst auf einen Stuhl, mit der Idee ihn zu entspannen. Dann nehme ich doch einen Relax-Sessel und drücke ihm irgendein heißes Getränk in die Hand und versuche ihn noch in eine Decke einzuwickeln. Er reagiert darauf überhaupt nicht. Lässt das alles mit sich machen, aber nimmt mich gar nicht war und starrt nur weiter entsetzt in die Ferne.

Dann spreche ich in direkt an, frage sanft was los ist. Er spricht nicht mit Worten zu mir, aber vermittelt mir entsetzt, dass alles unerwartet aus dem Ruder geraten ist, er die Kontrolle verloren hat und einfach nicht mehr weiß, was er tun soll.

Ich versuche ihn mit Worten zu beruhigen, ganz allgemein, dass alles in Ordnung ist. Das hilft immer noch nicht, ihn aus seiner Schreckstarre zu holen.

Dann verstehe ich ganz langsam besser die Situation. Der Kontrolleur ist überhaupt nicht darauf eingestellt/ ausgebildet für solche Notfälle. Er hat davon überhaupt keine Ahnung. Auf seinen Kontrollzetteln steht davon nichts und die sind sein ein und alles, daran orientiert er sich und findet sich zurecht. Wenn etwas passiert, was da nicht drauf steht, ist er sofort völlig hilflos und bekommt tierisch Angst, weil er doch für alles verantwortlich ist.

Also erkläre ich ihm die Veränderung, so gut es mir selbst klar ist und erweitere damit seine Kontrollzettel, um solche Vorfälle. Ich erkläre ihm, dass es immer wieder vorkommen kann, dass der Druck an einigen Stellen stark steigt und es dazu kommen kann, dass Kessel explodieren. Dass das nun zum normalen Arbeitsalltag dazugehört und trotzdem alles okay ist, wenn das passiert. Und da verändert sich tatsächlich etwas sehr deutlich in mir, eine neue Entspannung tritt ein, die Enge weitet sich ein wenig.

Im Nachhinein erkenne ich, dass ich damit einigen Themen in mir ein Recht und einen Platz eingeräumt habe und der Schrecken dadurch ein wenig kleiner wird. Sie gehören dazu. Ich konnte in der Fabrik nun erkennen, dass die einzelnen Kessel Themen zuzuordnen sind und wir als letztes das Thema Trennung/Verlust/Bindung berührt haben.

Die Berührung im letzten Gespräch mit Frau Helferin hat den Überdruck (Widerstand) und dann die Explosion (Angst) verursacht.

Warum nun bei diesem Thema plötzlich ein Kontrollverlust passierte und nicht schon bei den anderen Themen (Trauma) von letzter Woche, kann ich nur erahnen.

Einerseits spüre ich, dass bei dem Trennungsthema ein viel größeres Warnschild im Innern hängt – auf keinen Fall berühren -, als beim Traumathema. Und dazu kommt es mir so vor, als ob das Trennungsangst-Thema irgendwie mit dem Kontrolleur verbunden ist, also sie im Zusammenhang existieren. Eine Theorie ist, dass er vielleicht aus diesem Thema heraus entstanden ist.

Jedenfalls ist es mir gelungen, den Druck aus dem Kessel, der nun frei in die Anlage strömt und auch dort den Gesamtdruck in die Höhe schießen lässt, etwas abzulassen. Vielleicht hab ich eine Außentür öffnen können, wo der heiße Dampf entweichen kann. Der Kessel ist noch offen und dampft weiter vor sich hin.

Solange ich den Kontrolleur im Auge behalten kann, erkennen kann, welche Gefühle/Gedanken von ihm kommen und sie damit von mir lösen kann, geht die Außentür immer wieder auf.

Inszenierung

Jetzt will ich schnell die Möglichkeit nutzen, das Aktuellste online zu stellen, wo ich momentan die Fähigkeit zurückerlangt habe am PC sitzen zu können, lesen zu können und etwas komplexer denken zu können.

Mir fiel vorhin der Ausspruch ‚Gottes Wege sind unergründlich‘ ein, als ich über den Verlauf der Ereignisse nachdachte. Stimmt gar nicht, dachte ich dann, da es doch irgendwie einen Sinn ergibt. Nur es läuft eben auf einer ganz eigenen Spur, die ich nicht kenne, der ich nur folgen kann.

Ich bin wieder dort gelandet, wo ich mich im Dezember befand und was als Grundlage diente, mich für eine stationäre Therapie zu entscheiden. Wiedererleben von Traumatisierung.

Es scheint, als wäre mein Verhalten, Hilfe zu suchen, ein Teil des Verarbeitungsprozesses oder zumindest ein Verhalten, welches sich aus der erfahrenen Not von damals speist. Dieses Muster kann ich immer wieder finden. Ich suche nach Rettung. Jemand soll diese Situation, dieses Fühlen beenden, mich daraus holen, mich retten. Dieses nach Rettung suchen, basiert auf dem Gefühl von existenzieller Not.

Es passt wie die Faust aufs Auge, dass es um diese eine Situation meiner Kindheit geht. Das habe ich so bisher nicht bewusst gehabt.

Durch die neue Entscheidung gegen eine stationäre Therapie, reinszenierte sich erneut diese Not. Die scheinbare Rettung wurde ja verwehrt. Und ich habe immer erst null verstanden, woher dieses unsägliche Leid plötzlich kam. Völlige Hoffnungslosigkeit. Das Gefühl in ein Loch zu fallen, fortgerissen zu werden von unendlicher Verzweiflung. Kein Halt mehr. Bodenlos. Selbstverachtung und autoagressive Impulse.

Dann hab ich überhaupt erst einmal begriffen, mit wie viel Bedeutung diese Entscheidung für Klinik aufgeladen war. Dass es für einen Teil in mir ALLES bedeutet hat und nun NICHTS mehr da ist!

Darauf folgten die Tage Niedergeschlagenheit und Kraftlosigkeit. Ich hatte da großes Verständnis für.

So ergab es auch einen Sinn, warum ich über das ‚Nein‘ am Anfang so entsetzt war.

Und heute hat es sich weiter aufgerollt, ist das alte Erlebte aufgetaucht, als mir das mit dem Rettungsversuch bewusst wurde.

Ich bin reingerutscht – Ohnmacht, Schock, erstarrt sein konnte ich fühlen. Unendliche Not, inneres Fallen und eine Art Warten/Sehnen. Warten/Sehnen das jemand kommt? Das Gefühl in meinem Kinderzimmer zu sein, nach dem Ereignis. Das sind neue Erinnerungsstücke. Ob ich auf meine Mutter gewartet habe oder auf irgendjemand oder irgendwas? Keine Ahnung. Und ich frage mich, wie ich danach war. War ich verändert? Ist es jemandem aufgefallen? Haben wir einfach so weiter gemacht wie bisher? Ich kann mich nicht an ein einziges Wort, eine einzige Reaktion danach erinnern. Vielleicht war da auch nichts, kam da nichts.

Das waren die letzten Tage krasse Gefühlstiefen. Ich war glaube ich, mit fast nichts anderem beschäftigt, als diese inneren Prozesse zu begleiten, zu halten, Raum zu schaffen, dazwischen auszuruhen, zu schlafen und einigermaßen zu essen (und für Taschentüchernachschub zu sorgen). Und ich hab deutlich spüren können, wie viel Energie innere Prozesse ziehen und das es zur Selbstfürsorge gehört, mir keine Sachen, Erledigungen aufzudrücken, es mir so ‚leicht‘ und ‚angenehm‘ wie möglich zu machen.

Ich konnte meine innere Arbeit als immense Leistung anerkennen.

Ich bin bestimmt noch nicht durch mit dem Thema. Da folgen garantiert noch ein paar Runden, die darauf aufbauen, sich daraus ergeben.

Ich spüre die riesige aktuelle Thematik, die Vorstellung von Rettung loszulassen, auch zukünftig.

Es gibt keine Rettung. Niemand da draußen kann mich retten, keine Klinik, keine Therapie, keine Personen, kein System kann mich retten. Niemand kann es wieder gut machen.

Ich spüre das wie ein Schnitt im Herzen, der meinen Bauch zusammenkrampft.

Die ganze Gefühlsdimension dieses einen Momentes von damals anzunehmen, in seiner Tiefe zu durchdringen. Diese Notlage mit seiner Unveränderlichkeit.

Da bin ich noch nicht durch. Fühlt sich jedenfalls so an.

Und anscheinend hat sich meine Seele diesen ganz eigenen Weg, außerhalb von Traumatherapie usw. gewählt, um das aufzuarbeiten.

Die einzige die da noch kein Vertrauen für gefunden hatte war ich. *schmunzel*

Ich glaube, ich bin langsam soweit mit dem Vertrauen, wenn ich mir die letzten Tage anschaue. Ich musste niemanden anrufen, ich fühlte mich immer nur kurzzeitig überfordert und wusste die meiste Zeit, wie ich mir helfen kann, wie ich Druck abbaue, wie ich bewusst bleibe.

Nachtrag: Was mir noch zu Hilfe suchen einfällt. Ich bin für die Zukunft nicht gegen Hilfe und Unterstützung. Jedoch ist es wichtig für mich, diese Art der Hilfesuche zu erkennen, die sich aus einem Not-/Ohnmachtsgefühl speist. Das ist das Alte. Wenn ich daraus im Außen Hilfe suche, bleibe ich in der Rolle der Hilflosen, genau wie damals. Ich bin jedoch nicht hilflos. In mir selbst ist die Führung vorhanden, die mich zu dem führen wird, was ich brauche oder auch nicht brauche. Zu lernen gibt es nur, wie ich in Kontakt damit komme und dem auch zu vertrauen.

Anders als gedacht

Ich habe mich dagegen entschieden.

Das ist das Ergebnis von zwei sehr aufwühlenden Tagen, nach dem Vorgespräch in der Klinik.

Das Ergebnis hat mich selbst völlig unerwartet heimgesucht und ich wollte es erst gar nicht glauben, naja, weil… all die Vorbereitungen, all die Ausrichtung darauf, all die informierten Mitmenschen und Einrichtungen und vor allem, hatte ich nicht einen einzigen Gedanken daran, dass es bei einem Vorgespräch und einer Besichtigung darum gehen könnte, dass man erst einmal einen Eindruck erhält und sich dann entscheidet. Ich hatte mich eigentlich die ganze Zeit schon entschieden, dass dort zu machen.

Vor Ort lief alles auch ganz gut. Das Gespräch fand ich sehr professionell. Ich fühlte mich gesehen, verstanden, ernst genommen und konnte mich so auch gut zeigen. Ich konnte mir die Station anschauen und hatte insgesamt keine Gefühle dagegen.

Die kamen dann erst in den zwei Tagen danach. Mal abgesehen davon, dass Altes getriggert worden ist und ich viel Verzweiflung und Angst gefühlt habe, viele Tränen vergossen wurden, lag ich aber am zweiten Tag morgens im Bett, durchlief mit meiner Aufmerksamkeit meinen Körper, um am Ende im Herzen zu landen und ohne Nachzudenken dort die Frage zu stellen, ob diese Entscheidung die richtige ist. Da taucht dieses Nein in meinem Kopf auf. Und als ich dieses Nein zu meinem Nein werden lasse, verursacht es ein unglaublich kraftvolles, starkes, sicheres Selbstgefühl.

Ich konnte es gar nicht glauben. War echt fassungslos und dann begann auch schon der Kampf meines Kopfes dagegen, weil naja, wie schon oben geschrieben und überhaupt, ich kann doch nicht plötzlich Nein sagen, wo ich doch die ganze Zeit Ja gesagt habe und wenn das nicht, was denn dann?… und so weiter.

Man kann sagen, dass ich nicht selbst zu dieser Entscheidung gekommen bin, durch nachdenken oder so, sondern das diese Entscheidung einfach in mir da war und ich mir den Tag lang erarbeiten durfte, was die Gründe dafür waren, damit auch mein Verstand es akzeptieren konnte. Das war sehr anstrengend, aber hat sich gelohnt.

Und obwohl es wirklich sehr dramatisch war, von heftigem Verzweiflungsweinen und nicht enden wollenden Gedankenstürmen, die immer wieder von vorne anfingen, das Gefühl in Frage zu stellen und mich völlig zu lähmen, ist es mir gelungen, immer wieder dazu Abstand zu finden, mich zu beruhigen, abzulenken, erst die wichtigen Dinge des Tages zu machen, um mich dann über Körper- und Yogaübungen noch mehr ins Jetzt-Bewusstsein zu holen und dabei kam dann auch diese Klarheit, die ich so liebe. Wo keine Fragen mehr sind, weil alle Antworten da sind, nur eben nicht im Kopf und am Ende ist da dieser Frieden, dieses Eins-sein mit den Dingen.

Aus dem Eins-sein heraus, ist der Grund für diesen Sinneswandel

  1. es ist nicht die richtige Zeit dafür (weil seit Neujahr eine Veränderung stattgefunden hat und es darum geht, das Neue zu pflegen und wachsen zu lassen)
  2. es ist nicht der richtige Ort dafür (weil ich mich damit völlig überfordere, wenn ich weit weg von meinem vertrautem Umfeld bin und mir damit alles nehme, was mich stützt/hält)

Es fällt mir nicht leicht, diese Klarheit zu behalten. Aber schon viel leichter, als in der Vergangenheit. Ich kann es nicht unbedingt gut erklären, so dass Freunde meine Entscheidung anzweifeln, glauben, ich würde aus Angst absagen.

Hier wirkt es jetzt sehr klar, wie so oft, wenn ich für mich schreibe.

Ich erinnere mich jetzt erst, dass ich mich nicht rechtfertigen brauche, solange ich mir sicher bin. Übungsfeld, Übungsfeld, Übungsfeld.

Jetzt ist also diese Ausrichtung verschwunden und durch nichts Neues ersetzt. Ich habe keinen Impuls mich hier in der Stadt nach einer stationären oder auch ambulanten Therapie umzusehen. Der Impuls ist – gar nichts machen, alles so lassen wie es ist.

Es wurde sich Sorgen gemacht. Aber was willst du denn dann machen? Es war doch so schlimm im Dezember.

Da bin ich kein Traumtänzer mehr. Seit meiner letzten Krise im Herbst 2015 nicht mehr. Mir ist klar, bloß weil ich mich jetzt oft friedlich fühle und Schwankungen besser als je zuvor abfangen kann, heißt das nicht, dass ich psychisch stabil bin. Ich weiß, dass ich mich gerade nur sehr vor Auslösern schütze und diese trotzdem auftauchen können und dann genau die Traumasymptome wieder akut werden können.

Ja, das weiß ich und trotzdem fühle ich im Moment dazu keinen Handlungsdrang.

Ich fühle Vertrauen und habe das Universum gebeten, mir deutlich zu zeigen, wenn es wieder etwas zu tun geben sollte. Solange will ich ausruhen.

Und echt… puhhhh… ich merke wie nötig ich das habe. Und ich fange an es genießen zu können, viel Zeit für mich zu haben. Das ist etwas Besonderes. Keine Schuld. Kein Druck. Kein Antreiben.

Ich bin mit ganz basalen Dingen beschäftigt und spüre wie sehr ich das auch brauche und wie gut das tut. Mehrmals täglich meinen Rücken mit Wärmflaschen behandeln, gegen die Verspannungsschmerzen. Hab ich vorher nie gemacht. Ganz neu, ca. alle drei Tage ganz einfache Kräftigungsübungen für den Rücken. Da bin ich ganz stolz drauf, dass ich das alleine tatsächlich durchhalte. Es war einfach die Zeit. Mein Körper wollte das und hat da jedes Mal Lust drauf. Es tut mir noch viel stärker gut, als das wöchentliche Yoga zu dem ich nicht mehr gehe. Zeit haben, um fast täglich zu kochen. Und überhaupt Zeit, um bei allen Alltagstätigkeiten überhaupt keinen Stress zu empfinden, dass man sie noch irgendwie schaffen müsste, weil es sonst mit etwas anderem knapp wird. Dieser ganze Stress hat sich deutlich verringert.

Klar, mein Kopf sendet stetig noch alte Gedanken. Schon morgens – ich muss aufstehen, darf nicht so lange liegen. Quatsch! Warum nicht? Wenn es sich gut anfühlt. Dann irgendwann kommt immer der Punkt von ganz alleine, da will ich dann aufstehen. Ist so viel schöner!

Ich bin gespannt, wie es sich weiter entwickelt. Vielleicht ist ja schon morgen ein neuer Impuls da. 🙂

beeindruckend

Irgendwie ist alles gerade so richtig gut. Ich habe viele Tage hintereinander meine Freudespeicher aufgefüllt und tu das noch immer.

Es ist toll! Ich weiß auch nicht. So viel ist passiert die letzten Wochen. So viele Erkenntnisse und Prozesse die weiter fortgeschritten sind. Und ich schau einfach nur zu und komme immer wieder ins Staunen.

Ahhhh, so fühlt sich das also an! So fühlt es sich an, wenn man sich frei fühlt. So fühlt es sich an, wenn man Wert fühlt. So fühlt es sich an, wenn man sich verbunden fühlt. So fühlt es sich an, wenn Verbindungen einen ’satt‘ machen. So ‚wenig‘ braucht es also, um glücklich zu sein – die Verbindung zu mir und zu anderen.

Und das passiert alles so, findet seinen Weg zu mir. Erstaunlich!

Wertigkeiten haben sich verschoben. Arbeit steht plötzlich ganz am Ende der Liste. Wer hätte das gedacht!

Die Rauhnächte haben mir die Klarheit beschert, dass ich mich 2015 mächtig abgerackert habe (was nicht falsch war, ebenso war wie es war), wie erschöpfend das war und das in mir ein sehr, sehr starker Wunsch nach Ruhe und Stressfreiheit sitzt.

Und zu Recht! Ist mir doch noch mal deutlicher geworden, auf welche Art und Weise ich in der Welt bin. Mit einer fast dauerhaften Grundanspannung und einem ultrasensiblem Nervengerüst. Sogar während der Rauhnächte, wo nicht allzu viel los war, hatte ich meine Totalausfallzeiten – stundenweise, halbtags und auch ein ganzer Tag. Das hat mir verdeutlicht, wie viel schon simpler Alltag, ohne zusätzliche Stressoren, wie Arbeit oder neue zwischenmenschliche Situationen mit mir machen.

Da war es plötzlich ganz logisch, wenn ich grundsätzlich mehr angespannt bin, dann darf ich auch grundsätzlich mehr Entspannung in meinen Alltag einbauen. Sogar zwangsweise, um wieder in ein Gleichgewicht zu finden. Die Anspannung macht sich auch in chronischen Körperleiden bemerkbar. Und auch hier – klar, wenn mein Körper stärker belastet ist, dann darf ich mich um so mehr um ihn kümmern, um die Belastung abzufangen. Ich brauche also grundsätzlich in meinem Leben mehr Ruhe, mehr Pausen, mehr alleine-sein, mehr Körperarbeit, mehr Entspannung. Und noch mal logisch, dass das alles vor der Arbeit kommt, weil ich ja sonst nur auf halbe Kraft bin. Das spannende daran ist, dass ich dafür in mir ein okay finde, weg von Schuldgefühlen. Es darf mir gut gehen. Ich kann mir mit allem Zeit lassen, weil mir das einfach gut tut und Lebensqualität erhöht.

Und so hat sich ganz stimmig daraus meine Haltung für das Jahr 2016 entwickelt – den Ball flach halten, es darf einfacher werden, es darf entspannt sein, nein sagen zu neuen zusätzlichen Herausforderungen (die kommen schon von ganz alleine) – ich muss mich nicht in jede sich aufzeigende Lernaufgabe stürzen, die Weiterentwicklung des Themas Arbeit ist erst einmal unwichtig, Stabilität halten und zurückfinden.

Das Ganze fühlt sich wichtig an, bis zur stationären Aufnahme. Bis dahin darf es so ruhig wie möglich bleiben. Was danach kommt, steht in den Sternen. Da sind die Würfel bestimmt noch mal neu zu würfeln.

Eine ganz neue Haltung für mich. Es fühlt sich gut an. Mal schauen, ob mir das gelingt. Ich weiß auch, dass ich einen sehr getriebenen, vorwärtsdrängenden Teil in mir habe. Der hat sich sicherlich nicht in Luft aufgelöst. 😉

Am 18.01. habe ich ein Vorgespräch in der Klinik. Zuerst war mir gar nicht klar, wie ich das bewältigen soll. An einem Tag da hin fahren, dann dieses Gespräch und wieder nach Hause fahren. Nach einigen Überlegungen und Berechnungen und Angstmanagement hat sich alles gefunden. Eine Freundin fährt mich mit einem gemieteten Auto dort hin und zurück.

Trotzdem ist es noch eine große Sache und wird auch sehr stressig. Ich war seit vielen Jahren nicht mehr so lange mit jemandem im Kontakt. Es wird mich erschöpfen und ich weiß nicht, ob ich gut bei mir sein kann, wenn jemand neben mir ist, auch wenn derjenige mit Autofahren beschäftigt ist. Sind immerhin jeweils um die 4 h für jede Strecke hin und zurück.

Das Gespräch vor Ort wird mich auch in eine bestimmte Gefühlslage bringen. Ein Machtgefälle. Autoritäten.

Ich kann mich trotzdem gerade immer wieder gut beruhigen und für diese Erfahrungen offen sein und auch die Möglichkeit fühlen, dass alles schon irgendwie gut werden wird. Anstrengend, aber gut.

Die Zeit ist reif

Meine Güte, fühle ich mich wohl gerade. So kann es auch gehen. Schön! Wusste gar nicht mehr wie es sich anfühlt, wenn alles zur Ruhe kommt, ich zur Ruhe komme.

Da waren die Pellkartoffeln mit Leinöl eben noch ein Wohlfühl-Topping. Hab ich auch schon ewig nicht mehr gegessen.

Heute ist mein freier Tag. Davon versuche ich zwei Stück die Woche einzuplanen. Erfahrungen haben mir gezeigt, dass ich das brauche, zum runterkommen, sortieren, nachfühlen, aufarbeiten, still werden, Gestautes abfühlen, starre Strukturen wieder weich machen. Diese Tage können alles beinhalten, es passiert dann das was passieren will/muss/kann/soll. Das kann super anstrengend sein, wenn die Ruhe es möglich macht, das Neues ins Bewusstsein kommt, was die vorangegangenen Tage berührt wurde. Das kann aber auch total schön sein, wenn die Ruhe es möglich macht, dass Jetzt und mein Selbst mehr zu spüren, der Moment Genuss erzeugt und ein planloses Treiben durch den Tag erlaubt, an den Dingen entlang wo Lust und Wollen entsteht.

Heute ist es schön! Heute fühle ich viel Zufriedenheit und etwas wie im Einklang sein.

Ich habe heute Vormittag auch einen kurzen, jedoch heftigen Stressmoment ziemlich schnell wieder in die Beruhigung bekommen, was mich auch freut.

Die Klinik hatte sich nämlich schon bei mir telefonisch gemeldet. Sie hätten ein leeres Bett und da ich angegeben hätte, auch kurzfristig anreisen zu können (war mir nicht bewusst), könnte ich Montag nächste Woche kommen.

Mal so auf die Schnelle, in einem Überrumpelungsmoment eine Entscheidung zu treffen, ist nicht meine Sache. Ich hatte mich auf 3-6 Monate Wartezeit eingestellt. Der Anruf kam total überraschend für mich. Ich sagte ihr, dass ich mit der Entscheidung überfordert sei. Es entstand etwas Luft zum Denken/Fühlen, als sie nach dem regulären Aufnahmetermin schaute. Es wäre zwar echt geil, gar keine Wartezeit zu haben, eine richtige Glückssache. Aber mir wurde auch klar, dass ich den Aufenthalt innerlich und äußerlich vorbereiten muss, um da gut orientiert und präpariert hin zu fahren und Frau Helferin ist gerade im Urlaub. Also habe ich abgelehnt. Da bin ich ja fast stolz drauf. Wieder eine klare Ansage gemacht, als holterdiepolter in eine neue Situation gestolpert.

Sie hat mich trotzdem als kurzfristigen Nachrücker vermerkt und ich hab mir überlegt, dass das ab dem 04.01. für mich gut möglich wäre. Regulär müsste ich 2 Monate warten. Find ich auch nicht so lang.

Seit dem Entschluss für die Klinik, fühle ich, wie sich innerlich alles ganz von selbst darauf zentriert, als wäre es das natürlichste, selbstverständlichste was jetzt als Nächstes kommt. Als hätten mich alle Krisen und Begegnungen mit dem Trauma in den letzten anderthalb Jahren auf diesen Moment vorbereitet. Genau so fühle ich mich – ziemlich gut vorbereitet. Ich habe eine ungefähre Ahnung davon, was auf mich zukommt und wie es sich anfühlen wird. Das macht es sehr unwahrscheinlich, dass mich die Ereignisse, wie damals wieder völlig überrennen.

Vor anderthalb Jahren hatte ich die Reha, wo mich Traumasymptome erstmalig in Masse unerwartet überrumpelt hatten und ich gar nicht wusste, was da eigentlich mit mir geschah. Da bekam ich auch die Diagnose komplexe posttraumatische Belastungsstörung. Dort empfahl man mir zum ersten Mal eine stationäre Traumatherapie. Das habe ich aus verschiedensten Gründen nicht in die Tat umgesetzt. Aus der Perspektive von heute, glaube ich auch zu sehen, dass es einfach noch nicht der geeignete Moment war. Ich habe gerade in den letzten Monaten, seit August so viel durchlebt und für Erfahrungen ein Bewusstsein gefunden, dass ich überhaupt mit diesem Wissen erst den Anmeldebogen für die Klinik richtig gut ausfüllen konnte.

Ich hatte damals nach der Reha schon Klinikrecherche betrieben und die Ergebnisse in einer Mappe dann beiseite gelegt und vergessen. Umso erfreuter und überraschter war ich, als ich diese Mappe jetzt wieder heraus kramte und feststellte, dass ich gar nichts mehr machen musste, außer den Bogen auszufüllen und ein Blatt Papier von meiner Psychiaterin ausfüllen zu lassen. Ich hatte mich damals schon auf zwei Kliniken festgelegt, mit beiden telefoniert und alle Anmeldemodalitäten in Erfahrung gebracht. Cool! Richtig cool!

Und nun geht das alles so ratzi fatzi und fließend. Die Zeit ist einfach reif.

Und da passt auch noch so schön dazu, dass ich die Entscheidung am 01.12. traf. Am 01.12. standen Mars und Lilith in exakter Konjunktion (falls man das so ausdrückt) und ich las dazu, dass es eine gute Zeit sei, eine radikale Entscheidung zu treffen und die Initiative zu ergreifen.

Das war es wirklich für mich, eine radikale Entscheidung. Ich hatte da vorher nicht großartig drüber nachgedacht. Das ergab sich tatsächlich erst an diesem Tag.

Also bin ich auch noch zusätzlich im Einklang mit den Planeten und Sternen. Wie toll! 😀

Ich freue mich auch auf die Weihnachtszeit. Ich freue mich auf viele Tage der Ruhe und des mit mir seins. Ich freue mich auf ein schönes gemeinsames Essen mit Freunden am Weihnachtstag. Ich freue mich, diesmal die Entscheidung getroffen zu haben, nicht an den Feiertagen meine Großfamilie zu besuchen. Ich freue mich auf die Rauhnächte, diese spezielle Zeitqualität. Das fühlt sich alles dieses Jahr so an, als würde ich ganz in meinem Sinne diese Zeit verbringen und keinen aufgesetzten Konventionen mehr folgen. Nochmal schön!