Viel Gutes im Schweren

Ich lächle öfter in letzter Zeit.

Trotz sehr schwieriger Momente von Überforderungen, von schwierigen Gedanken, von Trauer, Einsamkeit und Leid.

Trotzdem erlebe ich eine tiefere Veränderung in Richtung – alles ist gut.

Fragil. Ich weiß. Schon öfter gefühlt und nicht geblieben. Ich weiß. Ich weiß es diesmal und halte mich davon ab, alle eingeleiteten Hilfemaßnahme wieder abzusagen. Ich kann mich nicht ganz davon abhalten zu denken, ich bräuchte das vielleicht gar nicht mehr.

Zuversicht. Wie schön! Die kommt doch immer wieder. Hartnäckig, die kleine Pflanze. Will wachsen, will vertrauen. Und wenn da schon dutzende Mal drüber gelatscht wurde. Egal. Ich stehe hier. Ich schlage Wurzeln. Ich richte mich immer wieder auf. Ich suche das Sonnenlicht und lächle, wenn die warmen Strahlen meine geknitterten Blätter liebkosen.

Ein Geschenk sich immer wieder über Kleinigkeiten freuen zu können. Ein überlebenswichtiges Geschenk. Ich bin froh, dass ich es habe, diese Gabe.

Komm doch Leben, sag ich schon wieder mutig – komm doch, ich bin bereit – und boxe es freundschaftlich an die Schulter. Leben – du alter Schlawiner, was ist deine nächste Überraschung? Ein Kuss? Ein Sieg? Frieden? Liebe? Oder willst du mich erneut erproben? Ich bin bereit.

Ich habe fast jeden Tag kleine gute Erfahrungen. Das ist wirklich toll! Sei es, dass ich den Abwasch schaffe oder eine Übung oder eine andere Sache die auf meinem Plan steht. Ich freue mich jedes Mal darüber. Es gibt mir ein Gefühl von Eigenmacht und Selbstwirksamkeit.

Es ist weniger wert wie viel ich schaffe, sondern das ich was schaffe. Ich habe die Dinge auf kleine Portionen herunter gebrochen und auf die Woche, auf bestimmte Tage verteilt. Ich übe mich in Rhythmen. Das hatte ich jahrelang nicht mehr. Es ist echt geil zu sehen, wie viel Entlastung das bringt.

Ich empfinde es als weniger bedrohlich, wenn ich Dinge nicht schaffe, was natürlich weiterhin vorkommt. Ich übe mich darin den Fokus auf das ‚einfach weiter machen‘ zu legen, als auf das, wie viel ich nicht geschafft habe. Wie bei Medikamenten, wenn man sie vergessen hat – man lässt die Dosis einfach aus und macht mit der nächsten geplanten Dosis weiter.

So sind Dinge auf einmal Erfolge, die früher keine waren.

Ich beobachte, dass meine Selbstachtung und mein Selbstvertrauen steigen.

Ich spüre mehr Festigkeit. Ich halte mehr aus. Ich bleibe bewusster, wacher, auch bei großen Belastungen und Emotionen.

Ich erlebe, dass ich durch Angst und Überforderung durch komme, mich wieder beruhige, Lösungen finde.

Das ist so, alles sehr neu für mich. Neu, weil ich das ganz alleine mache, ohne Begleitung.

An bestimmten Stellen habe ich mir auch punktuell Unterstützung geholt. Ein Gespräch mit Freunden, Fragen an den ehemaligen Pflegedienst und auch eine leichte Erhöhung der Medikation.

Ich bin froh, mal die andere Seite von Ohnmacht zu erleben – Eigenmacht. Etwas anderes, als immer nur Fähnchen im Wind zu sein, abhängig von irgendwas.

Klar, der Wind weht weiter und nicht gerade eine Prise. Aber ich stehe hier verdammt und werde nicht weichen.

Ich spüre, dass das was ich erlebe etwas mit meinem Energiefluss in der Wirbelsäule macht. Die Unterbrechung im Nacken, zwischen Kopf und Rest des Körpers hebt sich manchmal auf, worüber ich mich auch wieder tierisch freuen kann. 🙂

Fuß in der Tür

Schriftlicher Kontakt zu Frau Helferin.

28.01.2016 Ich weiß nicht. Fühl mich sprachlos. Ich fühl mich wie ein Gletscher von dem gerade ständig riesige Stücke, mit Getöse abbrechen, ins dunkle, unergründliche Wasser stürzen und große Flutwellen erzeugen, wo ich nicht weiß, ob die mich am Ufer erreichen und was da überhaupt geschieht.

29.01.2016 Ich habe heute Morgen einen inneren Türspalt gefunden, der etwas Zusätzliches möglich macht. Ein Blickwinkel, der nicht betroffen ist. Das lässt gerade immer wieder Druck abfließen. Was bin ich da froh drum. Innen ist es trotzdem noch im Ausnahmezustand.

 

Notiz auf Skill-Zettel:

Innere Kommunikation/Landschaft – Wie sieht es in der Fabrik aus? Wie geht es dem Kontrolleur/ Überwacher? Welche Kessel/Themen sind betroffen?

 

Heute Morgen der intuitive Einfall, eine innere Szenerie von Anfang Januar wieder aufzugreifen. Anteilarbeit.

Der Kontrolleur, der sonst ruhig, ernst, konzentriert und pflichtbewusst, mit einem Klemmbrett in der Hand, die Werte an verschiedenen Kesseln prüft und verantwortlich ist, dass alles läuft, steht erstarrt und paralysiert in der Anlage, mit aufgerissenen Augen und innerlich wohl voller Panik. Ich setzte ihn erst auf einen Stuhl, mit der Idee ihn zu entspannen. Dann nehme ich doch einen Relax-Sessel und drücke ihm irgendein heißes Getränk in die Hand und versuche ihn noch in eine Decke einzuwickeln. Er reagiert darauf überhaupt nicht. Lässt das alles mit sich machen, aber nimmt mich gar nicht war und starrt nur weiter entsetzt in die Ferne.

Dann spreche ich in direkt an, frage sanft was los ist. Er spricht nicht mit Worten zu mir, aber vermittelt mir entsetzt, dass alles unerwartet aus dem Ruder geraten ist, er die Kontrolle verloren hat und einfach nicht mehr weiß, was er tun soll.

Ich versuche ihn mit Worten zu beruhigen, ganz allgemein, dass alles in Ordnung ist. Das hilft immer noch nicht, ihn aus seiner Schreckstarre zu holen.

Dann verstehe ich ganz langsam besser die Situation. Der Kontrolleur ist überhaupt nicht darauf eingestellt/ ausgebildet für solche Notfälle. Er hat davon überhaupt keine Ahnung. Auf seinen Kontrollzetteln steht davon nichts und die sind sein ein und alles, daran orientiert er sich und findet sich zurecht. Wenn etwas passiert, was da nicht drauf steht, ist er sofort völlig hilflos und bekommt tierisch Angst, weil er doch für alles verantwortlich ist.

Also erkläre ich ihm die Veränderung, so gut es mir selbst klar ist und erweitere damit seine Kontrollzettel, um solche Vorfälle. Ich erkläre ihm, dass es immer wieder vorkommen kann, dass der Druck an einigen Stellen stark steigt und es dazu kommen kann, dass Kessel explodieren. Dass das nun zum normalen Arbeitsalltag dazugehört und trotzdem alles okay ist, wenn das passiert. Und da verändert sich tatsächlich etwas sehr deutlich in mir, eine neue Entspannung tritt ein, die Enge weitet sich ein wenig.

Im Nachhinein erkenne ich, dass ich damit einigen Themen in mir ein Recht und einen Platz eingeräumt habe und der Schrecken dadurch ein wenig kleiner wird. Sie gehören dazu. Ich konnte in der Fabrik nun erkennen, dass die einzelnen Kessel Themen zuzuordnen sind und wir als letztes das Thema Trennung/Verlust/Bindung berührt haben.

Die Berührung im letzten Gespräch mit Frau Helferin hat den Überdruck (Widerstand) und dann die Explosion (Angst) verursacht.

Warum nun bei diesem Thema plötzlich ein Kontrollverlust passierte und nicht schon bei den anderen Themen (Trauma) von letzter Woche, kann ich nur erahnen.

Einerseits spüre ich, dass bei dem Trennungsthema ein viel größeres Warnschild im Innern hängt – auf keinen Fall berühren -, als beim Traumathema. Und dazu kommt es mir so vor, als ob das Trennungsangst-Thema irgendwie mit dem Kontrolleur verbunden ist, also sie im Zusammenhang existieren. Eine Theorie ist, dass er vielleicht aus diesem Thema heraus entstanden ist.

Jedenfalls ist es mir gelungen, den Druck aus dem Kessel, der nun frei in die Anlage strömt und auch dort den Gesamtdruck in die Höhe schießen lässt, etwas abzulassen. Vielleicht hab ich eine Außentür öffnen können, wo der heiße Dampf entweichen kann. Der Kessel ist noch offen und dampft weiter vor sich hin.

Solange ich den Kontrolleur im Auge behalten kann, erkennen kann, welche Gefühle/Gedanken von ihm kommen und sie damit von mir lösen kann, geht die Außentür immer wieder auf.