Was hält?

Ich bin aktuell unglaublich verletzlich und für alles empfindsam. Vieles lässt mein Herz erzittern. Vieles regt es, berührt es, schmerzt es, öffnet es. Schickt Träne um Träne, mal als kurzen Schluckauf, mal als eine große Welle, mal irgendwas dazwischen. Mal zurückgedrängt, mal offen frei raus, mal in abgehackten Portionen. Gerade heute zähle ich schon sechs dieser Momente.

Es zieht mich stark zum Feuer. Feuer als Schutz, als Wärme, als Geborgenheit, als Halt. Kerzenzeit hat angefangen. Es zieht mich zum orangefarbenen Licht. Es zieht mich zu Gerüchen. Besonders Orange, obwohl ich den Duft gar nicht hier habe und auch noch nie benutzt habe. Gerüche als Trost, als Orientierung, als Ankerpunkt.

Mein Schutzbedürfnis ist sehr groß. In der sicheren Höhle sein. Zurückziehen. Einhüllen. Warm halten. Mir nah sein.

Morgengedanke im Bett – Ich bin ein verletzlicher Mensch. Eine Feststellung. Eine Erkenntnis. Obwohl es rückblickend so offenkundig ist, dringt es erst jetzt als Gefühl in mein Herz. Okay – ich bin ein verletzlicher Mensch. Das ist wichtig zu wissen und anzuerkennen. Das hat Bedeutung für mich, wie ich mich in das Leben gebe, dass es an vielen Stellen Behutsamkeit braucht. Und auch Schutz und Abgrenzung.

Verletzlichkeit, Berührbarkeit, Empfindsamkeit – vielleicht sind das meine wahren Qualitäten.

Es bewegen sich so große Dinge.

Es geht um Abschied, um Endlichkeit, um Wut. Es geht um Anspannung, um beklemmende Angstgefühle, um Unruhe und Rastlosigkeit, um das Gefühl, um mich schlagen zu wollen. Es geht um Aushalten, um Annehmen und um radikales Akzeptieren. Es geht um Unveränderlichkeit, um Krieg, um Licht und um Schatten, um Demut. Es geht um die Sehnsucht, zurück in die Einheit zu wollen. Es geht um das alleine Klarkommen, um die Erkenntnis, dass nichts von Dauer ist, alles vergeht und nichts bleibt. Es geht um das Loslassen, um Raum und um Leere, um Sein. Es geht um Angst und um Angst und um Angst.

„Mir kommt gerade der Gedanke, wenn ich so viel loslasse, was hält mich dann eigentlich?“ „Ja, was hält sie?“ Schweigen. Spüren. „Wenn alles losgelassen ist, was ist dann noch da, was bleibt übrig? Das Leben selbst. Der Augenblick. Der Geruch des Tees der vor mir steht. Ich glaube, dass ist es was mich hält. (Und meine wiederkehrende Entscheidung hier sein zu wollen)“ „Das ist wichtig. Wenn sie erfahren würden, dass sie nur noch 20 Minuten zu leben hätten, dann gäbe es nur noch das, nur noch diesen Moment.“

ein piep

sehr viel. viel. von allem. trauer. wut. schmerz. bedürftigkeit. sehnen. wollen. verlangen. fordern. zurückweisung. schmerz. verstehen. weinen. körper. sanftmut. liebe. fühlen. nähe. verlassen. verloren. alleine. weinen. schreien. stampfen. um mich schlagen. nicht akzeptieren. akzeptieren. ablehnen. annehmen. verlieren. finden. suchen. nichts finden. schlafen. weinen. treiben. wasser. zusammenrollen. verschwinden. schuld. liebe. loslassen. sinnlos. frei werden. freifühlen. frei von fühlen. herausfühlen. durchfühlen. gefühllos. usw.

In die eigene Kraft kommen!

Verdammte scheiße, was schwirrt mir der Kopf. 🙂

Ein Impuls folgt dem nächsten. Und ich folge einem Impuls nach dem anderen. Nicht lange nachdenken, einfach machen. Und so läuft es und läuft es. Dinge ergeben sich, tauchen völlig unerwartet auf. Dinge entwickeln sich.

Ich habe Ängste. Ich traue es mir zu. Ich fühle viel, viel mehr Vertrauen, was es leichter macht, einfach zu tun. Keine Ahnung was dabei herauskommt. Aber es folgt fast immer ein Lachen aus meinem Herzen, wenn ich einem Impuls gefolgt bin. Es fühlt sich fantastisch an! Meine Seele singt. Endlich wird ihr mal zugehört und sie darf sich entfalten. Und ich staune und staune und staune! Mensch Sophie!? Was machst du für Sachen? Warum traust du dich plötzlich so viel? Dein Herz scheint sich auf der Waageschale, über den Verstand erhoben zu haben. Es wiegt schwerer. Es teilt sich laut und deutlich mit. Es schreit regelrecht. Die Impulse sind keine kleinen Regungen mehr am Rande. Sie sind laut und deutlich. Sie sind ICH. Das bin ICH! Mein Verstand ist in die zweite Reihe gerückt und scheint akzeptiert zu haben, dass er in meinem ICH nur eine Nebenrolle spielt, nur die Zuarbeit macht. Und die Aufgabe nimmt er sehr ernst. Schwer für mich die Mitte zu finden. Pausen zu finden. Kopfentspannung herzustellen. Unruhige Nächte. Nicht einschlafen können. Pläne schmieden. Unentwegt. Gedankenideen können nicht warten, müssen sofort zu Papier gebracht werden. Drehen schleifen.

Ich bleibe trotzdem im Vertrauen. Ich bekomme das hin. Dabei hilft mir meine Bewusstheit. Ich bekomme sehr viel von mir mit und will gut mit mir umgehen.

Die ersten Urlaubswochen der Therapie warnen ja eher dramatisch. Ohne Struktur ist für mich schlecht. Ich verliere den Halt. Das hat mich in eine Bewegung gebracht, mich zu kümmern, mir zu helfen. Ein sehr hilfreiches Muster. Um so schlechter es mir geht, was heißt, um so weniger ich mich aushalten kann, um so mehr gehe ich in Aktion, um dagegen irgendetwas zu unternehmen, was mich wiederum von mir ablenkt.

Daraus ergab sich. Kontaktaufnahme zu einer Tagesstätte, um übergangsweise dort einmal die Woche zu sein. Kontaktaufnahme beim Sozialpsychiatrischen Dienst, mit der Frage nach kurzfristiger Beschäftigungsmöglichkeit. Das hatte ein Beratungsgespräch zur Folge, zu meiner Insgesamtsituation, woraus der Antrag auf Einzelfallhilfe entstand (erste Mal Herzlachen). Dann war ich mit Antragstellen, Abgeben und Begutachten lassen terminlich beschäftigt.

Ich reduzierte die Medikamente. Das veränderte meine Stimmung grundsätzlich und dann ging es erst richtig los.

Spontane Kontaktaufnahme zur Reha-Ergotherapeutin, weil ich eine heftige Meditationserfahrung hatte. Sie begleitete mich telefonisch durch einen Reinkarnationsprozess. Tage später träumte ich extrem intensiv von ihr und mir und einer Energiearbeit, von der ich aufwachte. Wieder Impuls gefolgt, sie anzurufen und es zu erzählen. Mein Verstand tippte sich derweil an die Stirn, dass ich doch verrückt sei. Wir folgten meinem Traum, von ihr etwas lernen zu wollen (sie ist Lehrerin für Metaphysik) und sind für nächste Woche persönlich verabredet (mein Herz lachte sehr, sehr doll).

Ich schaute meine selbstgemalten Bilder an und war begeistert. Der Impuls sie ausstellen zu wollen. Mich zu zeigen. Kontaktaufnahme zu der Einrichtung, in der ich meine ambulante Suchttherapie 2010 gemacht hatte. Man ist begeistert von der Idee, muss nächste Woche noch die Chefin fragen (mein Herz lacht und lacht und lacht).

Seit über einer Woche Sehnsucht nach Gemeinschaft. Eine Gemeinschaft die von ihrer Schöpferkraft und der Kraft des Herzen weiß, sich gegenseitig trägt und unterstützt. Personen tauchen dazu auf. Ich folge dem Impuls, ohne zu wissen was dabei heraus kommen soll und lade diese Menschen ein zusammen zu kommen (wieder viel Freude in mir).

Ich melde mich bei zwei Kursen in der Volkshochschule zum Singen an. Wenn ich schon nicht schreien kann, dann singe ich eben. Ich freue mich wahnsinnig drauf.

Ich lese ein Buch von Sabrina Fox. Bin so begeistert davon und folge dem Impuls, ihr das einfach zu schreiben. Sie hat mir sogar geantwortet. Noch mehr Freude.

Ich habe mich in die Gärtnerei bewegt und bin dort wieder angebunden.

Ich war in der Lage nach neuen Therapeuten im Internet zu suchen.

Diese Malaysia-Reise zieht mich magisch an. Da weiß ich noch nicht, ob sie nicht zu groß für mich ist, für meine aktuelle Situation.

Und dann stehe ich heute im Bioladen und schaue mir die Aushänge von Kunden an. Mein Blick bleibt hängen bei „Elternassistenz“. Eine Mutter sucht für ihr 10-monate altes Baby und sich eine Assistenz. Reiße die Nummer ab, fahre nach Hause und rufe sie an. Ohne lange zu überlegen. Es scheint eigentlich nicht zu passen, da sie 6 h pro Tag beim Sozialamt beantragt hat. Also eine richtige Anstellung. Aber mein Herz freut sich wieder einmal und ich staune und staune, dass ich mir das zutraue. Ich habe gar keine Erfahrungen mit Säuglingen und Kleinkindern. Aber ich habe furchtbar Lust sie zu sammeln. Die Mutter ist Rollstuhlfahrerin und wir waren uns gleich sympathisch. Na das werde ich mit meiner Ärztin besprechen. 6 Stunden sind zu Beginn sicher zu viel, aber vielleicht lässt sich eine Zwischenlösung finden. Egal. Kopf abstellen und einfach schauen, was sich machen lässt.

WOW! Schaut euch das an! Üblicherweise denke ich lange über Dinge nach, bin zögerlich, unsicher, traue es mir nicht zu. Mache einen Schritt vor und dann wieder zurück. Und nun!

Das liegt auch an der Erdverbindung die ich täglich morgens in der Meditation herstelle. Das klappt so super. Ich fühle mich im Vertrauen mit dem Leben. Ich fühle die Sicherheit, dass es mich trägt, versorgt und liebt. Das Üben trägt Früchte.

DANKE!

Ich brenne!

Wenn der Verstand sich mit dem Herzen verbindet und gemeinsam eine Vision entsteht, dann ist das etwas sehr machtvolles.

Ich habe noch nie in meinem Leben etwas so machtvolles gespürt. Heute fühle ich es! Es ist so stark, dass es keinen Zweifel gibt, dass es geschehen wird. Ich fühle es mit einer Klarheit und Gewissheit. Es hat eine unglaubliche zentrierende Kraft.

Genau das will ich tun! Es beinhaltet alles wonach ich mich schon länger gesehnt habe. Verbindung zu mir und zu anderen. Verbindung zu meinem Herzen. Verbindung zum Universum. Verbindung zum Hier und Jetzt. Mit den Händen, mit den Sinnen. Ganzheitlich Wirken und Sein. Genau das habe ich gesucht und es anscheinend mit Reiki gefunden.

Ich gehe ins Bett und denke an Reiki. Ich wache auf und denke an Reiki. Ich male mir eine berufliche Zukunft aus. Ich plane, was ich dafür schon tun kann. Wo ich Informationen her bekomme.

Wenn das jetzt nur ein kurzes Brennen ist, wie ich es von mir kenne, und doch kein Dauerfeuer, dann weiß ich auch nicht mehr. Aber ich will jetzt nicht zweifeln. Nicht anzweifeln, was ich fühle. Ich fühle es in der Mitte meiner Brust, wo sonst so oft die schmerzhafte Sehnsucht saß, dass es genau das ist was ich tun will!

Rauhnächte 2013

Die Rauhnächte. 12 Nächte, ab dem 21.12.2013, der Wintersonnenwende, die den Übergang ins neue Jahr kennzeichnen. Das erste Mal in meinem Leben, das ich diese Zeit in meinen Fokus nehme und bewusst erlebe und gestalte. Herausgetreten aus meinen bisherigen Vorstellungen von Weihnachten und Silvester.

Mir fällt auf, dass meine Beine, das Gefühl in meinen Beinen Thema war. Einmal in einem intensiven Wachtraum, in dem mir ein Wesen bei sehr starken Schmerzen in der linken Hüfte und Krämpfen in den Beinen half. Es sagte zu mir, ich müsse die Messer herunter schleifen, die Messer der Vergangenheit die mich so schmerzen. In den Tagen danach ist mir immer wieder zu Hause aufgefallen, dass meine Beine sehr heiß waren, unabhängig vom restlichen Körper. Auch meine Füße blieben dabei kalt. Beim Yoga, beim „Schlafenden Tiger“ trug sich mein rechtes Bein, durch die Energie des Tan-Dschon von selbst. Was, glaube ich, bisher erst einmal vorkam und da hatte der Lehrer auch die Haltung unterstützt. Und wenn ich so darüber nachdenke, dann ist das tatsächlich so, dass insgesamt in dieser Zeit die Empfindungen stärker waren, ich meine Beine einfach präsenter gefühlt habe, auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Und weiter fällt mir auf, dass, ja, tatsächlich auch Visualisierungen viel mehr Bestand hatten, also viel deutlicher zu spüren und zu halten waren. Die Verbindung zum Boden, die Vorstellung mit dem Boden verbunden zu sein oder in den Boden zu atmen, war im Vergleich zu den Wochen, Monaten davor echt auffällig „leicht“. Also nicht stundenlang, aber auch nicht mehr diese flackernden, unbeständigen Bilder, wo ich im Sekundentakt rausgeworfen werde. Sondern schon auch mal eine Minute und wirklich fühlbar! Da scheint sich etwas verändert zu haben.

Mir fällt dazu noch eine Traumsequenz von neulich ein. Ein Erdbeben erschüttert die Räume eines riesigen Bergwerkes. Die Steinbrücke bricht, auf der ich stehe und ich falle und falle und falle. Es geht so tief hinab, in zerklüfteten, aufgerissenen, scharfkantigen Felsspalten, dass man von oben kein Ende sehen kann, nur schwarz und von unten, wo ich dann stehe, mich niemand mehr hoch holen kann.

Wenn man das alles im Sinne der Rauhnächte betrachtet, als Ausblick für das Jahr 2014, dann würde das für mich so viel bedeutet wie, eine Zunahme der Festigkeit, der inneren Festigkeit, der Standhaftigkeit, des Vertrauens in mich selbst und in das Leben.

Ich stelle diese Zusammenhänge her. Mir ist klar, dass das konstruiert ist.

Im Rückblick kann ich weiterhin erkennen, dass die Rauhnächte gekennzeichnet waren von Angstverringerung. Ich hatte Angst verloren vor der Zeit mit mir. Ich habe sogar Freude empfunden, zu wissen, da liegen viele Tage vor mir an denen nichts zu tun ist. An denen nichts geplant ist. Die für mich da sind. Die ich so nutzen kann, wie es sich dann an dem jeweiligen Tag ergibt. Keine Verpflichtungen. Das war tatsächlich, wirklich vor dem 21.12. noch ganz anders. Da habe ich auch an diese Feiertagezeit gedacht, Silvester, mit ganz anderen Empfindungen. Mit Unwohlsein. Was mache ich da? Wie werde ich meine Zeit verbringen? Werde ich alleine sein? Wirklich mit dem 21.12., ohne dass ich das geplant hatte, stellte sich ein Aufräumen ein. Ich beschloss alles was an Erledigungen herum lag, was mich jeden Tag beschäftigt hatte, was mit meinen schwankenden Energiehaushalt liegen geblieben war, beiseite zu räumen. 12 Nächte lang war das jetzt nicht wichtig. Ich räumte meine Tischflächen leer und schaffte Platz, Platz für mich. Ich war selbst überrascht, wie gut sich das anfühlte, dass es nichts mehr zu tun gab. Es war überhaupt kein Problem Zeit zu haben. Nichts beängstigendes mehr. Dann ist noch mein PC kaputt gegangen (ist es immer noch). Das war schon eine Herausforderung, aber passte gut in diese Zeit :).

Und wenn ich weiter über Angst verlieren nachdenke, merke ich, ich bin momentan sowieso viel mit dem Jetzt verbunden und habe wenig Gedanken daran, was da kommen mag, auch was da beruflich kommen mag. Ich denke, dadurch das ich da wenig darüber nachdenke, habe ich auch wenig Ängste und ein Gefühl von – es ist okay, dass es sich entwickeln kann wie es will und was es will.

Manchmal kommen mir Gedanken, dass es sich sogar beruflich in Richtung Selbstständigkeit entwickelt. Obwohl das absolut nichts mit der Realität zu tun hat, im Sinne von momentaner Stabilität und überhaupt wissen, mit was denn überhaupt selbstständig machen. Welche Fähigkeiten habe ich denn oder welche Fähigkeiten müsste ich mir aneignen? Da bin ich noch immer völlig ahnungslos.

Weitere Themen der Rauhnächte waren Familienschmerz, Müdigkeit, durchgängig guter Nachtschlaf, Krankheit, Stille, Verbundenheit mit mir.

Öffnung in alle Richtungen

Ich liege heute Morgen im Bett, resümiere den gestrigen Tag und bin schwer beeindruckt, was sich da alles in mir bewegt hat. Innere Arbeit kann so aufregend, spannend, vielfältig, bewegend, erweiternd, anstrengend und nährend sein (und bestimmt noch mehr). Würde mich jemand fragen was ich den gestern so gemacht habe, ist das völlig unspektakulär. Ich war bis zum späten Vormittag zu Hause und habe nichts getan außer kochen, essen, am PC sitzen, auf der Couch liegen, um dann abends zum Yoga zu gehen und danach zum Geburtstag meiner Oma.

Was sich in meinem Inneren am Vormittag bewegt hat steht schon hier.

Ich war zwei Wochen nicht beim Yoga. Diesmal war alles sehr ungewöhnlich, im Vergleich zum letzten Mal und überhaupt davor.

Mein Körper fühlte sich schwimmend an, nicht stabil, mir war die meiste Zeit übel und schwindelig. Daneben gab es eine neue Art der Ruhe, aus der heraus ich alles dies betrachtete. Ich machte mir keine Sorgen darüber wie es sich anfühlte und fühlte gleichzeitig sehr präsent.

Ich erkannte meistens sehr schnell, wenn ich etwas wollte, was aber im Moment nicht ging und begegnete mir dort mit einer ungewohnten Weichheit, was ein Loslassen möglich machte. Auch neu dabei war, dass dann kaum Angst entstand, dass der Lehrer eingreifen würde, wenn ich nicht tue was er sagt.

Die nächste Überraschung war dann, als meine Beine doch tatsächlich für kurze Zeit in der Übung des schlafenden Tigers alleine getragen wurden. Das erste Mal in einem Jahr und zehn Monaten. Ich habe mich völlig frei in diese Position begeben. Kein Wollen, kein Suchen, kein Ziel, keine Angst zu scheitern, es nicht zu schaffen. Und ich fühlte ein Vertrauen in meinem Bauch, welches vorher so noch nie da war. Der Moment war kurz, doch er war da und unglaublich schön. Das sind diese Momente immer, schön… wie eine Erleuchtung, wenn  man etwas findet (oder gefunden wird), wonach man aufgegeben hat zu suchen.

In der Abschlussmeditation fühlte ich mich mir selbst gegenüber ganz unbekannt. Ein sehr merkwürdiges Gefühl. Wer bin ich eigentlich? Wie als wenn ich aus dem was ich war herauswachse, die Fäden der Vergangenheit, die mich lenken, einen nach dem anderen kappe und sich damit auch mein Selbstgefühl verändert. Die Vergangenheit verliert ihren Einfluss, zieht sich langsam aus dem was man ist zurück, trennt sich von mir. Es bleibt ein Gefühl mir selber fremd zu sein oder besser, mir selber neu zu sein. Mich selbst noch nicht zu kennen. Sehr merkwürdig. Mit dem Öffnen der Augen hat sich das etwas gelegt.

So, und dann der Geburtstag. Wow, so hab ich mich noch nicht erlebt. Ich fühl mich den meisten Familienmitgliedern fremd und fern, auch meinen Großeltern. Mit meinem Opa habe ich noch nie ein offenes Gespräch auf Augenhöhe geführt. Wir steckten wohl beide immer in unseren Rollen fest. Diesmal war alles anders. Er bat mich, mich zu ihm zu setzen, neben ihn auf die Couch. Ich saß ganz nah. Wir berührten uns auf ganzer Linie. Er nahm meine Hand und hielt sie fest, auch mal mit beiden Händen. Oder er legte seinen Arm um meine Schultern und strich mir mit der Hand über meinen Hinterkopf. Sein Gesicht war so dicht an meinem, dass ich eigentlich immer nur in ein Auge sehen konnte. Sein Atem berührte mein Gesicht, schwer und süß vom Alkohol. Das ist etwas, was ich sonst nicht ertragen hätte und hart, verschlossen und zurückgezogen reagiert hätte, mit absolutem Fluchtimpuls. Doch diesmal tat sich alles in mir auf. Mein Herz war offen. Ich spürte Nähe, ehrlich Worte und konnte all das zulassen und zurückgeben. Ich konnte ohne Hemmungen in seine Augen schauen, ebenso seine Hände halten, meine Hände auf sein Bein legen. Es floss Zuneigung hin und her. Ich war so berührt. Alte Geschichten tauchten auf (ich war überrascht, was immer noch in seinem Kopf dazu geblieben ist). Das erkennen in uns, dass wir noch nie so gesprochen haben. Zuhören. Recht geben. Schuld nehmen. Ich fing vor Emotionalität an zu zittern.

Er bat mich Kontakt zu meiner Oma aufzunehmen. Sie mache sich Sorgen. Sie höre so wenig von mir und traue sich nicht mich anzurufen. Könne das aber selbst nicht zeigen. Sie würden vielleicht nicht mehr lange leben. Auch hier musste ich nicht in die Abwehr gehen. Ich konnte zulassen, dass andere sich um mich sorgte, ohne mich verantwortlich oder verpflichtet zu fühlen. Auch für meine Oma tat sich mein Herz auf.  Ich konnte sie wahrnehmen in ihrer Sorge und hatte das Bedürfnis sie in den Arm zu nehmen. Ich bat sie später zu mir, so dass uns niemand sah. Und da sie von dem Gespräch und meinen Empfindungen mit meinem Opa nichts mitbekommen hatte und mir so auch Worte fehlten, fragte ich sie einfach, ob ich sie mal in den Arm nehmen dürfe. Sie war völlig irritiert und konnte nicht auf mich zukommen, so neu war die Situation (auch für mich). Ich nahm sie trotzdem sanft in den Arm und sagte, dass ich gerade keine Worte hätte, aber Opa mit mir gesprochen hat und ich die nächste  Tage mal zum Kaffe vorbei kommen will, um mich in Ruhe ohne Familientrubel auszutauschen. Sie blieb sehr sachlich und gefasst.

Ich bin gespannt auf dieses Treffen und habe auch ein bisschen Angst, weil ich die Wahrheit sprechen will. Die Wahrheit ist, dass ich mich in der Vergangenheit dieser Familie nie nah gefühlt habe und aktuell sich darin etwas verändert. Die Wahrheit ist, dass es nicht meine Aufgabe ist, ihr ihre Sorgen zu nehmen. Und das sie jederzeit den Kontakt suchen kann, wenn sie wissen möchte, wie es mir geht (hat sie bisher nie getan). Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn meine Oma in der Lage wäre, auch über ihre Empfindungen unsere Beziehung betreffend sprechen könnte. Ich glaub nicht so richtig daran, aber mal sehen.

Was ist meine Lebensaufgabe?

Dieses Thema landet gerade wieder auf ganz unterschiedlichen Wegen auf meinem Tisch und veranlasst mich zum tieferen Ergründen. Meine Lebensaufgabe steht für mich in enger Verbindung mit der Findung meines beruflichen Weges.

Erst tauchte das Thema in meinen Gefühlen auf. Etwas will sich weiter bewegen, den aktuellen Zustand wieder verändern (Friedhofsgärtnerei), weitergehen, sich neuen Herausforderungen stellen.

Dann wurde es in der letzten Therapiestunde angesprochen – mein Suchen.

Gestern sah ich mir das Engelorakel für diese Woche an (http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=ylFYcdczCT4) und stolperte auch dort über das Thema der beruflichen Veränderung.

Heute griff ich mir spontan ein schon gelesenes Buch aus meinem Regal und sah auch hier die Frage nach der Lebensaufgabe.

„Was ist meine Lebensaufgabe?

Zu leben.

„Das ist alles?“

Das ist alles.

… Ich habe die Frage nach dem Sinn meines Lebens selbst hundertmal gestellt: an Channels, an Astrologen, an Schamanen, an Hellsichtige, an Freundinnen und Freunde. Ich habe in meinen Gebeten und Meditationen Gott gefragt und jeden Engel, der in meine Nähe kam. Ich weinte diesen Satz in den Sternenhimmel und ließ ihn tränenreich auf die heilige Erde sinken. Ich hoffte auf eine Richtung, eine Weisung, die sich einfach in einem Satz zusammenfügen lässt:

          „Deine Aufgabe ist es, mit Tieren zu kommunizieren.“

          „Deine Aufgabe ist es, kranken Kindern zu helfen.“

         

Doch es kam und kam einfach keine Antwort.“

(Erleuchtung, Sex und Coca-Cola; S. 223-225; Sabrina Fox)

Ja, genau so ist es. Lustig. Genau so fühlt es sich. Warum bekomme ich verdammt noch mal keine Antwort? Bevor ich dieses Buch in den Händen hatte, lauschte ich selbst mit dieser Frage nach meiner Lebensaufgabe in mein Innerstes. Als Antwort kam: mich Verbinden, mit allem in mir und allem was mich umgibt. Mir fiel eine Notiz ein, die ich 2011 während meines stationären Klinikaufenthaltes machte. Auch dort quälte mich schon die Frage nach dem Wohin, nach meiner Aufgabe. Auf dem Zettel steht: „Lebensaufgabe – Selbstverwirklichung, ohne mich in anderen zu verlieren und ohne andere zu verlieren.“ Ähnliches Thema, nur weiterhin unklar, wo mich das beruflich hinführt.

So viele Impulse gab es bisher.

* Einigen bin ich gefolgt und sie endeten im Nichts oder im Unmöglichen.

Dabei wollte ich an vergangenen positiven Gefühlen und Erfahrungen anknüpfen, die ich in der Erlebnispädagogik und in Outdoorurlauben hatte. Ich informierte mich zu Umschulungsmöglichkeiten und Ausbildungen als Wildnisführer oder Natur- und Umweltpädagogen. Kurz tauchte auch die Idee des Suchttherapeuten auf, da ich selbst betroffen bin und viele Erfahrungen mitbringe.

* Einigen bin ich gefolgt und sie zeigten mir, was es nicht ist.

Ich schnupperte kurz ehrenamtlich beim Naturschutzbund hinein.

* Einige entpuppten sich bei genauerer Betrachtung als etwas anderes, als ich dachte.

Z.B. meine Vision von einem eigenen Garten und dem Arbeiten im ökologischen Anbau. Ich stellte mir einfach vor, wie es wäre, wenn ich jetzt in diesem Moment einen Garten hätte. Was ich fühlte war maßlose Überforderung. Ich habe einen Balkon und beschloss, mich erst mal dort auszuprobieren. Später erkannte ich diese Vision als Metapher dafür, dass ich mich in meinem Inneren nach Freiheit und Selbstbestimmung sehne.

* Einigen Impulsen bin ich gefolgt und sie passten für eine gewisse Zeit und irgendwann dann nicht mehr.

So geht es mir gerade mit der ehrenamtlichen Arbeit in einer Friedhofsgärtnerei.

* Einige sind so unkonkret, dass ich ihnen nicht folgen kann.

Da fühlte ich erst: nicht mehr in der Sozialen Arbeit. Ich habe keine Lust mehr mich um andere zu kümmern, für andere die Verantwortung zu übernehmen. Überhaupt am liebsten kein Menschenkontakt. Seit einer Woche dreht es sich und ich spüre einen Zug zurück zum Zwischenmenschlichen und das Gefühl, etwas arbeiten zu wollen, wo ich mich mit meinem Herzen verbinden kann, mit meinen Sinnen und mit meinem Körper.

Reaktion auf meine letzte große Entscheidung: „Wenn sie jetzt kündigen und nach Werkstattmöglichkeiten schauen, mache ich mir Sorgen, wie das in ihrem Lebenslauf aussieht und ob es nicht ihren späteren Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt erschweren wird.“ Ja, möglich. Doch wo führen mich solche Gedanken, Ängste, Befürchtungen hin? Führen sie nicht weg vom aktuellen Moment und der Frage, was jetzt am dringendsten, am passendsten ist? Halten sie mich nicht in einer Angst gefangen, eine Angst die die Zukunft betrifft und die niemand vorhersehen kann? Ich habe die Stelle trotz dieses Einwands aufgegeben und sehr deutlich in den folgenden Wochen und Monaten gefühlt, dass das die richtige Entscheidung war. Auch wenn ich nicht leistungseingeschränkt gewesen wäre, war ich grundsätzlich im Herzen dort unglücklich. Es war nicht meins. Es hat nicht gepasst. Und nichts ist schlimmer als unglücklich zu sein. In dieser Situation waren mir alle kommenden längerfristigen Konsequenzen egal. Und im Herzen habe ich nicht an negative Konsequenzen geglaubt und fühle auch heute noch so etwas wie: Es wird schon alles gut gehen.

Es bleibt also unkonkret und das will ich mir erlauben. Ich will mir erlauben Erfahrungen zu sammeln, mich nicht festlegen zu müssen, auszuprobieren. Wie sonst soll es auch gehen? Ich will dem Fluss des Lebens vertrauen. Er wird mich schon führen. Tief eintrainiert ist eine andere Stimme. Eine Stimme die fordert sich mal langsam zu entscheiden, anzufangen wieder einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, Geld zu verdienen, nicht faul auf der Haut herum zu liegen und wünsch-dir-was zu praktizieren. Das sind die Stimmen in mir, das sind die Stimmen der Gesellschaft, das ist die Stimme des Systems. Und doch umgeben mich verschiedene Informationen und Rückmeldungen von außen und auch von innen, die mich in dem was ich tue bestätigen.

 „Die Krankheit ist ein Ausdruck Ihrer unerfüllten Sehnsucht. Benutzen Sie deswegen Ihre Krankheit zuallererst, um sich die Freiheit zu geben, das zu tun, was Sie schon immer tun wollten, derjenige zu sein, der Sie immer sein wollten, und sich in Ihrer tiefsten, weitesten und höchsten Wirklichkeit zum Ausdruck zu bringen.“ (Licht-Heilung; S. 40; Barbara Ann Brennan)

„Ich finde, du hast dir nun eine wunderbare Oase der Freiheit und Entwicklung geschaffen, in der Zeit für die ganzen Erfahrungen ist, die du jetzt machst.“ (E-Mail einer Freundin)

„Wer nicht in diese Welt zu passen scheint, ist nahe daran, sich selbst zu finden.“ Hermann Hesse

Puh, das war jetzt anstrengend und ich kann überhaupt nicht mehr erfassen, was ich hier gerade alles zusammengefügt habe. Nich schlümm… wird schon Sinn machen… 🙂