Es ist gut jetzt darüber zu schreiben. Da bekomme ich nämlich ein unerwartetes Begeisterungsgefühl. 🙂
Ich war im Nachhinein echt schwer beeindruckt von meinem Auftreten in der Praxis. Konnte es kaum fassen, wie ich mich verhalten hatte. Total souverän. Ich habe mich eins-ah selbst vertreten und ernst genommen und das mit einem Thema, worüber es mir eigentlich den Magen umdreht, wenn ich gezwungen bin, mich damit vor fremden Menschen öffentlich zu machen. Traumafolgestörung.
Nur hatte ich ja keine andere Möglichkeit, wenn ich dort behandelt werden wollte, weil es mir nicht (mehr) möglich ist, wie der Durchschnittspatient aufzutreten – also in den Behandlungsraum zu kommen, mich auf den Stuhl zu legen, die Untersuchung stattfinden zu lassen und wieder zu gehen.
(Ich hätte wirklich gerne, dass es so wäre und ich nicht jedem der mir näher kommt, meine Geschichte erklären muss)
Zuerst war ich enttäuscht, als ich doch auch schon vor dem Losgehen so starke Angst und Unruhe hatte, dass ich mich für die Medikation entschied. Ich dachte, na toll, da schwärme ich so von Reiki und dann bringt es gar nichts.
Es folgt eben oft nicht unseren Vorstellungen, was wir uns denken, wie es helfen soll. 😉
Ich hatte es dann vergessen.
Vor Ort war ich in Begleitung der Wohnbetreuung, was ne riesen Entlastung für mich war, weil es die Glaubhaftigkeit unterstrich.
Üblicherweise habe ich in so öffentlichen Situationen viele Abwertungs- und Schamgefühle, wenn das Nicht-funktionieren sichtbar wird. Auch gegenüber dem Unterstützer-Menschen. Dann kann es sein, dass ich mir nicht mehr mit meinen Werkzeugen helfe, weil ich mich zu sehr schäme, das Nicht-funktionieren verbergen muss.
Ab dem Moment wo wir gemeinsam vor der Praxistür standen, waren diese Gefühle kaum noch da.
Vor der Tür kam die erste Panikwelle und ich traute mich den Handkantenpunkt zu klopfen und laut zu sprechen: „Auch wenn ich Angst habe, darf ich mich in Sicherheit fühlen.“ Das half erstaunlicherweise schon nach zwei Mal sprechen und ich konnte meine Beine wieder spüren.
Die Anmeldung am Tresen war etwas schwierig. Ich sagte der Dame, dass ich erst einmal nur ein Gespräch führen möchte und erst dann entscheiden kann, ob eine Untersuchung stattfindet. Sie fragte nach den Gründen. Ich wollte das nur einmal erzählen, dann im Behandlungsraum. Das reichte ihr irgendwie nicht. Es sei so ungewöhnlich, deshalb frage sie und ich schmiss ein paar Brocken von ‚großer Angst‘ hin. Das fühlte sich nicht so gut an.
Aber im Behandlungszimmer ging es dann los. Das was ich noch vor ein paar Tagen als unmöglich ansah, es vor Fremden auszusprechen, sprach ich dann aus.
„Ich habe eine Traumafolgestörung, durch schlechte Erfahrungen mit Menschen. Deshalb ist es für mich sehr schwer mich auf diesen Stuhl zu legen, mich anfassen zu lassen und evtl. Schmerzen zu haben oder unangenehme Empfindungen. Das wird sich wahrscheinlich nicht wie bei ‚üblicher‘ Zahnarztangst über die Zeit legen, sondern immer Thema sein. Es kann bis zu Panikattacken gehen. Ich wünsche mir ein Miteinander wo man im Austausch ist, während der Behandlung und alles so behutsam und stressarm wie möglich abläuft, damit die Belastung nicht so groß wird. Wenn ich merke, dass Panik entsteht hebe ich die Hand, damit dann der Stuhl sofort hochgefahren werden kann und alle von mir weggehen, die Behandlung pausiert oder beendet werden muss.“
So ungefähr meine Worte.
Ich hatte mich zuerst seitlich auf die Zahnarztliege gesetzt, das dann aber schon nicht mehr ausgehalten, so dass ich aufgestanden bin und meine ‚Rede‘ im Stehen hielt, mit dieser typischen Stress-Geste, eine Hand am Kopf oder in den Haaren (erinnert mich immer ans Haare raufen), mit der bangen Erwartung, ob das denn alles für die Ärztin auch okay ist.
Ich konnte spüren, wie ernst ich meine Worte nahm, wie ernst ich mich selbst nahm und wie das Ganze dann auch von der Zahnärztin ernstgenommen wurde.
Dann ging es, dass ich mich hinsetzen konnte. Stille entstand. Sie füllte sie nicht, ließ mir Zeit/Raum, was ich echt gut fand. Ich fragte sie, ob das alles für sie in Ordnung sei. Sei es.
Und dann habe ich sie und die Assistentin doch echt gefragt, ob es okay sei, wenn sie uns (die Begleitung, die am Rand auf einem Stuhl saß und mich) nochmal alleine lassen könnten, damit ich mich etwas beruhigen kann. Das wäre mir normalerweise total dreist vorgekommen, jemandem in seiner eigenen Praxis zu bitten, den Raum zu verlassen. Das kam so intuitiv und fühlte sich völlig stimmig an. Sie haben etwas irritiert reagiert, aber auch sehr aufgeschlossen und ließen uns alleine.
Ich konnte nämlich nach meiner ‚Rede‘ gar nichts mehr spüren, ob jetzt eine Behandlung geht oder nicht und brauchte einen geschützteren Raum, um mir wieder näher zu kommen.
Als sie dann raus waren, brachen der ganze Stress und die Angst dieser Situation, mich so offenbart zu haben, mich so verletzlich und mit meinen wunden Punkten gezeigt zu haben, aus mir heraus. Ich konnte es zulassen, dass sich diese heftige muskuläre Anspannung in Bewegungen entlud. Häufiger halte ich die nämlich instinktiv fest, um sie zu verbergen.
Bin also etwas rumgehüpft, herumgelaufen und habe die Arme geschüttelt und fassungslose Laute von mir gegeben, so wie ‚ahhhh‘ und ‚oh Gott, was habe ich getan‘. 🙂 Jetzt kann ich drüber lachen.
Und dann habe ich von ganz alleine ein lautes Selbstgespräch angefangen, neben der Einnahme der Rescue-Tropfen, das Einatmen des Zypressen-Öls und des Klopfens der Schlüsselbeinpunkte.
Dieses Gespräch mit mir Selbst, kann ich nicht wiedergeben, aber es war ein Gespräch mit dem betroffenen Anteil, der voller Panik war. Es war ihn finden, es war Annahme, es war Beruhigung, es war Korrektur der Wirklichkeit und das vor der Begleiter-Person, die alles mit zustimmenden ‚ja’s‘ und ‚richtig‘ und ‚genau‘ unterstützte.
Das brachte mich dahin, dass ich spürte, dass die Vorstellung einer Untersuchung einen lauten Überforderungsschrei auslöste. Das hatte ich vorher nicht wahrnehmen können.
Ich entschied mich deshalb gegen die Untersuchung.
Es war nicht ganz so leicht, dass als etwas Gutes einzuordnen, etwas was Selbstfürsorge ist, anstatt Scheitern. Doch die Entscheidung fühlte sich gut und richtig an.
Wir sagten Bescheid und die Ärztin kam wieder herein.
Was ich toll fand, dass sie von sich aus vorschlug, die Termine immer vor der Mittagspause oder zum Ende zu legen, um der besonderen Situation (ihre Worte) entgegen zu kommen. Dann wäre kein Zeitdruck und Platz für Pausen.
Sie fragte auch, ob der Raum okay sei, sie hätte noch einen Anderen.
Das ist der Grund, warum ich mich dort richtig fühle. Sie fühlt sich mit verantwortlich, die Situation gut zu gestalten. Da war ich richtig beeindruckt von und zutiefst dankbar. Ich legte sogar die Hände vor der Brust zusammen und bedankte mich sehr ehrlich. Eine Geste, die ich ebenso in der Öffentlichkeit üblicherweise unterdrücke.
Jetzt habe ich hier so wahnsinnig viel geschrieben. 🙂
Warum ging’s?
Der Reiki-Effekt. Das fiel mir dann wieder vor der Tür ein. Da kam das große Aha-Erlebnis. DAS was hier eben passiert ist, ist der Reiki-Effekt gewesen. 🙂
Nicht keine Angst mehr zu haben, sondern auch in einer extremen Situation gut für sich sorgen zu können. Dabei hat es mich unterstützt. Danke! ❤