schieflage

zeitlos. sehe nachrichten von mir, die gerade mal 3-7 tage alt sind und mir kommen diese sachen, die ich da schrieb, wie aus einer anderen zeit vor. erst so kurz her?

heute bin ich nicht ganz da. war morgens außer der reihe bei meiner psychiaterin. zähneknirschend, weil ich ihr momentan nicht vertraue, nicht weiß, ob ich dort sicher bin, ob sie mich noch verstehen kann, noch hinter mir steht und nicht ein nächstes wort, ein nächster satz mich weiter destabilisiert (so wie es mir gerade in fast jeder beziehung geht).

war trotzdem bei ihr, weil gestern wieder erstmalig gedanken kamen, dass es angenehmer wäre, nicht mehr da zu sein. und weil mir klar ist, dass ich diese verunsicherungen nur weiter verschleppe, wenn ich sie nicht anspreche. weglaufen ist sinnlos, aber schützt trotzdem eine weile.

es ist okay gelaufen. das heißt, ich habe sie weicher, zugewandter und rücksichtsvoll erlebt. mir sind keine weiteren einstellungen und meinungen von ihr um die ohren geflogen. sie hat zugehört und fragen gestellt. wir haben über die vorkommnisse gesprochen. ich konnte ihr alles erzählen, wie sich meine unsicherheiten und verlassenheitsgefühle zusammen setzen. wie ich was von ihr verstehe, wenn sie die dinge auf ihre art und weise sagt. was schwierig für mich ist. wie basal zerstörend sich das auf meinen selbstwert auswirken kann. sie glaubt, es diesmal verstanden zu haben. ich glaube das auch. das war gut.

und ich konnte endlich mal diesen ganzen berg verzweiflung, wegen all der instabilen beziehungen, wegen der daraus entstehenden unmöglichkeit, mich noch irgendwo entlasten zu können und sicher zu fühlen und wegen dem verlust der inneren beziehung zu fr. s., verbal abladen. ich konnte tränen zulassen. ich konnte vor mir selbst und ihr verbalisieren, dass ich es nicht alleine schaffe, wahrnehmungen und mein selbstgefühl stabil zu korrigieren.

es war diesmal ein hilfreiches gespräch. keine abwehrende reaktion von, sehen sie doch mal dies und jenes und ist es nicht doch auch so und so und alles ja nicht ganz so schlimm. nein, sie hat gehört, zugehört, zurückgespiegelt und in meinen worten und tränen und meinem sein erfasst und mich gefragt, ob es dann also so ist, dass ich regelmäßige unterstützung bräuchte. jaaaa! ich habe es mir nicht mehr getraut, dieses gefühl und diese einschätzung nach außen zu verbalisieren, aus angst, damit zurückgewiesen zu werden. jetzt musste es also anders herum laufen. jemand anderes sagt es, eine person mit ‚rang‘, dann erst darf es sein, ist es ‚richtig‘.

also ließ ich mir auch nochmal bestätigen, dass es eine sehr schwere phase ist, in der ich bin, in der ich auch anrecht auf regelmäßige unterstützung durch eine haushaltshilfe habe und das auch lebensmüde gedanken okay sind, da sein dürfen, ich sie nicht bekämpfen muss, ich nichts falsch gemacht habe und ich auch wöchentliche gespräche bei ihr haben kann und nicht absagen muss.

ich versuche anzuerkennen, dass ich diese bestätigungen von außen brauche und sie keine schwäche, im sinne von selbstabwertung, sind. ich versuche es… (und immer das selbstbild von eigenständigkeit und unabhängigkeit im hintergrund, das bröckelt und bröckelt…)

die schleusen waren so offen, dass ich mich in der praxis erst noch in ein leeres behandlungszimmer zurückziehen musste, um zu weinen und mir zeit zur beruhigung zu lassen, bevor ich mich in der lage sah, nach hause fahren zu können.

seit dem zeitlosigkeit, kontextlosigkeit.

ich habe mir erlaubt, ab heute wieder das paroxetin zu nehmen, nachdem ich eine klärungsphase, mit hilfe von kartenlegungen hatte. die botschaft war einerseits – du darfst dich ausruhen, du hast genug gearbeitet und andererseits – erwarte nicht zu viel. dazu kam ein sehr angenehmes gefühl, unabhängig von den karten, als ich innerlich nachfragte. ich bin nun also im reinen damit.

ich habe den mut gefunden, nochmal bei zwei verhaltenstherapeutinnen wegen eines therapieplatzes anzufragen. ergebnis noch offen.

freitag gutachtergespräch wegen des betreuten einzelwohnens.

grundstimmung ist stark wechselhaft von hoffnungslosigkeit bis seichte zuversicht, von misstrauen bis schwaches vertrauen, von innerer härte, abwertung bis nuancen von mitgefühl und anerkennung. gefühle von starker belastung sind sehr omnipräsent.

die suche nach dem tieferen sinn dessen, was mir hier wiederfährt, gestaltete sich erst sehr schwierig. was lernt man, wenn man aushält? das leben ist hart? das soll die lektion sein? stärke durch härte? durchhaltevermögen durch härte? nein. das überzeugte mich nicht.

um so mehr ich mich in richtung anerkennung für mich selbst bewegte und wahrnehmen, fühlen konnte, was ich trage, nicht was ich ertrage, sondern was ich trage und halte und leiste, umso klarer fühlte ich einen sinn.

anerkennung für mich selbst lernen! selbstannahme! und dann öffnete sich der blick auch auf glauben, demut und hingabe. das ist es was ich lernen kann.

(auch wenn es da grummelt im hintergrund – na toll, es soll lieber aufhören und wieder gut werden)

ich nutze jede erdenkliche hilfe und erhalte auch viel unerwartete hilfe. kleine ungeplante situationen. das kann ich nun wieder sehen. bin ich froh drum. musste mich darum aber aktiv bemühen. der blickwinkel kam nicht von alleine und bleibt auch nicht von alleine. ich darf hier auch noch mal meine tägliche leistung und arbeit würdigen, meine schieflage auszugleichen.

Änderungen

Mir schwirrt seit ein paar Tagen das Schreibbedürfnis durch den Kopf und dann verliere ich den Faden. Ich glaube das liegt an dem Medikament. Darüber wollte ich auch schreiben. Und über eine Begegnung heute. Und noch irgendwas, was mir gerade nur am Hirnrand herum flackert.

Eins nach dem anderen.

Also…. Ich bin seit zwei Wochen bei 12,5 mg Quetiapin (Seroquel). Die Verdoppelung von vorher 6,25 mg war nicht sehr angenehm. Aber ich war zu ungeduldig mit der Teilerei. Ein Drittel von 25 mg lässt sich einfach scheiße teilen.

Ich wollte die Wirkung und Nebenwirkungen festhalten. Warum eigentlich? Vielleicht für mein Kontrollbedürfnis und zum leichteren Aushalten. Bin ganz schon ins Leiden gefallen für ein paar Tage und wieder diese stetige Ambivalenz, vielleicht doch wieder weniger nehmen. Gut das es mir wieder aufgefallen ist und ich die Gründe für die Einnahme sehen konnte und das Hilfreiche und den Zeitaspekt (Nebenwirkungen lassen auch nach – evtl.).

Die Nebenwirkungen sind bisher Kopfschmerzen, Müdigkeit, leicht verstopfte Nase, unangenehm veränderter Körpergeruch, Mundtrockenheit, veränderter Stuhlgang, leicht unruhige Beine und morgens verdammt schwer aus dem Bett kommen.

Und dann gibt es noch Veränderungen, wo ich annehme, dass das die Wirkung sein soll. Ich bekomme weniger von meinem Innenerleben mit. Und wenn ich es mitbekomme, ein Gefühl habe, dann gleite ich davon sehr schnell wieder weg. Wenn da von außen kein Reiz kommt und ich auch keine Handlung angehe, läuft das in einen verträumten Zustand. Ich würde das auch unkonzentriert nennen. Achtsamkeit ist damit auch nicht mehr so einfach. Meine Gedanken laufen wie gehabt so vor sich hin, doch sie sind wie in einem Nebelfilm, dass ich oft gar nicht so leicht fassen kann, was ich gerade denke, gedacht habe. Könnte man auch Vergesslichkeit nennen. Meditation ist zur echten Herausforderung geworden. Ich töne nun öfters das Om, weil der Reiz mich präsenter hält.

Emotional fühle ich mich sehr entlastet. Es ist ruhiger geworden. Teilweise sogar richtig entspannt. In einer Situation wo Ängste normalerweise aufgetreten wären, habe ich nur Anspannung gespürt, die ich ja dann wieder vergessen habe. 😉

So gleite ich gerade durch die Tage. Was mich daran hippelig macht ist, dass meine Gefühle an die ich mich so gewöhnt habe (da meine ich auch die leisen Empfindungen mit), die meinen Alltag bestimmt haben und meine Richtschnur waren, nun verändert sind oder nicht mehr spürbar. Das macht was mit dem Selbstgefühl. Irgendwie unklar, wer ich nun bin, wie ich bin, was sich für neue Orientierungspunkte in mir ergeben. Ob ich Überforderung noch mitbekomme, ob ich Grenzen noch mitbekomme. Keine Ahnung. Ich will mich erst einmal einlassen, das Andersfühlen zulassen.

Naja, und dann habe ich mich mit Unterstützung dazu entschließen können eine stationäre Traumatherapie auszuprobieren. Ich meine, die Vergangenheit liegt so nah an der Oberfläche, wurde in den letzten Wochen/Monaten immer deutlicher, die fordert mich förmlich auf, sie endlich zu verarbeiten.

Die Anmeldeunterlagen sind vor 5 Tagen raus. Das fühlt sich verdammt richtig an. Trotzdem lässt es mich auch daran denken, dass ich in meinem Leben noch nie länger als 3,5 Wochen von zu Hause weg war und das eine fremde Umgebung (neben anderen Dingen) mich stark destabilisieren kann. Aber… ich nehme ja jetzt Medikamente. 🙂

In den Dingen die ich so in letzter Zeit angegangen bin, Konfrontation mit Ängsten, gibt es nun nach der letzten Destabilisierung eine Planänderung, auch weil das echt blödsinnig ist, so etwas in der Betreuungsablösephase zu machen. Oh ha, welch Erkenntnisreichtum!

In den letzten 3-4 Terminen geht es vor allem um Anschlussvernetzung. Also zur Klinikplanung und wo kann ich mit wem Kontakt aufnehmen, wenn ich Unterstützung brauche. Dort schon mal Kontakte herstellen, informieren usw.. Das läuft alles schon und fühlt sich auch gut an. Obwohl ich es mir so überhaupt nicht vorgestellt habe. Naja… der Verstand und das Leben… und dieser breite Graben dazwischen.

So. Mehr mag nicht geschrieben werden.

So Überlegungen, wie sie kommen und gehen…

Mir kommt die Frage, wie oft ich eigentlich in Dissoziationen bin, ohne es zu merken, so im normalen Alltag, wo ich meine Dinge erledige, zu Hause und Unterwegs, weil das Bekannte, gewohnte Äußere das fehlende Innere ersetzt. So das die Struktur, die greifbare, eben vor allem bekannte Welt um mich herum, mein Selbstgefühl ersetzt. Diese Wohnung ist meine, also bin ich. Diese Straße laufe ich jeden Tag. Ich erkenne sie, also bin ich. Ich fahre mein Fahrrad, also bin ich. Schwer zu erklären. Mein Selbst erkennt sich, über die Umgebung um es herum.

Könnte, neben vielen anderen Deutungsversuchen, auch ein Grund sein, warum ich mich immer plötzlich ganz schrecklich, undefinierbar schlecht fühle und in der Wahrnehmung heftigst eingeschränkt, wenn ich an unbekannte/unvertraute Orte komme.