Von Angesicht zu Angesicht

Erst als ich am Abend in den Spiegel schaue (nachdem ich ins Kissen geschrien habe), den Selbstakzeptanzpunkt (Akupunkturpunkt) reibe und mir dreimal sage, dass ich voller Liebe für alles in mir bin, sehe ich den Schmerz in meinen Augen, die Ablehnung gegen diese Liebe in meinem Blick und kann den Hass in mir, gegen mich wahrnehmen, der vorher den ganzen Tag als undefinierbare Qual, Lähmung und Leiden in mir wogte, mit dem Bedürfnis nach Flucht vor mir selbst.

Erst dann können die Tränen fließen, der Schmerz gesehen werden – von Angesicht zu Angesicht, auch wenn ich meinen Blick immer wieder senken muss, weil es unerträglich wird.

Auch wenn ich voller Hass gegen mich bin, liebe ich mich von ganzen Herzen und es ist okay so.

Es tut gut nun zu wissen, gegen wen ich den ganzen Tag gekämpft habe.

Zur Überwindung des Selbsthasses

Noch etwas Spannendes, was ich gelesen habe. In der Buddhismus AKTUELL – Zeitschrift, Titel: Liebe, 1/2018.

Der Dalai Lama besuchte 1979 das Meditationszentrum „Spirit Rock“ in Kalifornien, zum Ende eines Retreats und wurde dort gefragt, wie man Selbsthass überwinden könne.

Er verstand die Frage nicht, weil er diesen „westlichen“ Geisteszustand nicht kannte!

Das war für mich unerwartet und enttäuschend. Gerade zu dieser großen Frage hätte ich mir buddhistische Führung gewünscht.

Ich denke mir nun, der Dalai Lama ist auch ’nur‘ ein Mensch, der menschliche Erfahrungen sammelt und dabei nicht jeden Bereich abdecken kann und damit auch nicht zu Allem und Jeden etwas sagen kann.

Dafür sagt James Baraz, der dieses Zentrum gegründet hat, etwas zur Überwindung des Selbsthasses, in diesem Beitrag.

„Beginne mit der Absicht, dass du Schritt für Schritt lernen möchtest, dir selbst gegenüber wohlwollend zu sein, vor allem in der Art, wie du mit dir selbst sprichst. Wenn du eine strenge Stimme in dir hörst, ändere sie bewusst in eine freundlichere. (…) Versuche, dich selbst durch die Augen der Menschen zu sehen, die dich kennen und lieben. Du könntest sie sogar direkt fragen, warum sie das tun. Selbst wenn du nicht mit einem Gefühl der Wertschätzung dir selbst gegenüber in Kontakt kommen kannst, bleib mit der heilsamen Absicht verbunden, dass du lernen möchtest, liebevoller zu werden. (…) Wenn dir jemand herzlich begegnet, VERPASS ES NICHT! Lass die Freundlichkeit zu, nimm sie an (…) Und bring viel Geduld mit! Eine oft lebenslange Gewohnheit der Selbstverurteilung zu verändern braucht viel Zeit und Praxis.“ (S. 23/24)

Mit dem Teufel in einem Raum

Das schrieb ich gerade jemandem.

„Liebe …,

ich schreib mal, weil ich so Angst bekommen habe.

Bin derzeit in einer Krise mit unterschiedlichst heftigen Gefühlen.
Die bekomme ich meistens erst klar und wahrgenommen, während ich die Klopfakupressur anwende.
Eben war es wieder der Hass. Erst auf irgendjemanden, dann merkte ich, dass er mich meint und dann war es eine Hasspräsenz im Körper ohne Ziel.
Ich spreche das beim Klopfen laut aus was ich fühle und nehme es an (im Idealfall).
Die Details sind vielleicht gar nichts so wichtig zu erzählen. Ich brauch das wohl eher für mich zur Beruhigung. 

Ich hab da schon ziemlich viel geweint und es kam Verzweiflung dazu, weil es ein Dilemma gab zwischen Hassen und Lieben. In der Art, wie soll ich dich hassen, wenn ich dich liebe.

Dann wurde es ruhiger und die Präsenz bekam ein Bild, als ich einen Weg suchte es weiter auszudrücken. Eine hagerer, elegante Person, vielleicht mit einem Schnurrbad und Zylinder. Selbstherrlich. Das Gesicht konnte ich nicht sehen.

Da bekam ich Angst, weil die Präsenz so fest dastand, als stände ich mit dem Teufel in einem Raum, als hätte ich ihn gerufen. Mein Reflex war zu sagen – bitte gehe. Ich hatte Angst, dass er nun für immer blieb und wusste nicht wohin mit ihm.

Mir fiel dann auch die Kriegerkarte (Maya) ein und der schwarze Jaguar an der Leine.
Wird der Hass in mir, auf mich in meinem Leben bleiben? Geht es nur darum in an der Leine halten zu können? Damit war ich die letzte Woche schwer beschäftigt, in der Verantwortung zu bleiben.

Kann das leichter werden?

Viele Grüße 

Sophie

Tiefer hinein

Seit Tagen purzeln mir sehr schwere Themen ins Bewusstsein und ich habe mir versucht zu erklären, dass das jetzt einfach das abgespaltene Zeugs aus der Funktionieren-Müssen-Phase der letzten Woche ist und damit irgendwann auch zum Ende kommt.

Hmmm… diese Erklärung passt gestern, heute nicht mehr. Und überhaupt, was bedeutet in der Seele, in der Psyche, im Sein schon ein Ende. Kommt mir nicht vor, als könne man das auseinander halten, wo was anfängt und was aufhört. Fängt was an, hat was anderes vielleicht noch gar nicht aufgehört und hört was auf, hat was anderes schon längst angefangen.

Trotzdem der Versuch die Kontrolle zu behalten, sich an der Horizontlinie mit den Augen festkrallen, weil Übersicht verlieren sich wirklich scheiße anfühlt. Weil starke körperliche, psychische Anspannung, Denk-Enge, körperliche Schmerzen, das Gefühl in sich eingesperrt, gefangen zu sein und der Verlust des Gefühl für die Zeit, die Veränderung ankündigt, sich in dem Raum der Ewigkeit einfach Gott verdammt unaushaltbar anfühlt (für mich).

Ich will ein Ende!

Aufgefordert werde ich zu der Einsicht von Machtlosigkeit und Hingabe an das (scheinbar) Unaushaltbare.

Heute dachte ich an Nachtmeerfahrt. So kam es mir vor.

Eine neue Dimension des Hasses und der Verachtung. Ist der tiefste Punkt erreicht?

Ich habe mich mit der Klopfakupressur darauf eingelassen. Ich habe mich sprechen hören, ich habe mich gefühlt, so dass ich danach tief erschrocken, regelrecht entsetzt und überfordert war. So kenne ich mich nicht.

Ich habe Gott sei Dank ein Telefonat führen können, in dem das alles sein konnte und in dem ich Halt fand.

So eiskalte, abgeschnittene, verhöhnende, gefühllose, verachtende, hassende Worte. So kalt, dass mir klar wurde, dass sind Worte die einen Menschen töten können. Jetzt wo ich das Schreibe, fällt mir die Doppeldeutigkeit auf. Töten im Inneren, ja. Das auch. Aber in diesem Moment fühlte ich die Kälte, die es möglich macht, auch im Außen Menschen zu töten.

Und dieses Gefühl ist in mir! Ein echter Schock!

Ich habe diese dunkle Gefühlsqualität in mir, die die Welt auch zu einem so schmerzhaften Ort macht, neben all dem Schönen, dass es auch gibt.

Mir kommt es vor, als würde ich die Polaritäten des Lebens in mir selbst erfahren, durchleben (vielleicht damit auch integrieren?).

Ich hoffe in brünstig, dass nie ein Mensch mit meiner dunklen Seite in Kontakt kommen muss. Sie ist grausam und tut sehr weh.

Ich weiß nicht. Vielleicht ist das eines meiner zentralen Lebensthemen, diese Gegensätze in mir zu vereinbaren.

Ich bin froh, dass ich vor ein paar Tagen wieder in dem Buch „Licht-Heilung“, von B. Ann Brennan gelesen habe. Sie schreibt dort über den Selbsthass und geht davon aus, dass er sehr verbreitet ist, jedoch nicht immer bewusst.

Das hat mich beruhigt und darin bestärkt, mich damit wieder als ’normal‘ einzustufen, nur mit der Heraushebung, dass mein Leben mir diese Dinge sehr, sehr stark ins Bewusstsein drückt. Ich kann es nicht verdrängen!

Sie erklärt kurz und verständlich die Entstehung von Selbsthass auf der psychologischen Ebene und der spirituellen Ebene und schildert ihre feinstofflichen Erfahrungen, wie die Auraschichten sich heilsam verändern, wenn man diese Gefühle zulässt. (Kapitel 11)

Das hat mir Mut gemacht, mich weiter darauf einzulassen.

Da standen für mich noch mehr sehr hilfreicher Erläuterungen drin, die ich super ins Klopfen mitnehmen konnte. Ein sehr heilsames Buch. Ich würde am liebsten noch mehr Infos daraus teilen, aber es sprengt den Rahmen.

 

Die nackte Wahrheit…

… für heute und jetzt.

Schlechte Aufnahme. Laute Straße im Hintergrund. War auch so nicht geplant.

 

Über die Klopfakupressur habe ich es klar bekommen, dass meine Selbstverachtung wieder extrem präsent ist.

Diesmal haben die Selbstannahmesätze nichts gebracht.

Ich fing an mit: Auch wenn ich mich verachte, weil ich an so Kleinigkeiten scheitere, liebe und akzeptiere ich mich voll und ganz und ich bin okay so. (geht um momentane Alltagshürden)

Aber von wegen, okay. Nichts war mit okay-fühlen, also klopfte ich: Auch wenn ich nicht glaube, dass meine Verachtung okay ist, liebe und akzeptiere ich mich voll und ganz und ich bin okay so.

Auch das konnte ich nicht fühlen. So ging es weiter mit: Auch wenn ich nicht glaube, dass ich okay bin, liebe und akzeptiere ich mich voll und ganz und ich bin okay so.

So habe ich es dann einfach stehen gelassen. Die große emotionale Welle war durch und ich ließ es dabei, mich scheiße zu fühlen und versuchte mich konkreten Dingen zuzuwenden.

Alte Muster

Ich sehe mich in mir, wie ich mir selbst den Rücken zukehre, mich von mir abwende, mir jede Aufmerksamkeit entziehe. (Wie meine Mutter es vielleicht tat, wenn ich nicht so war wie sie wollte?)

So gibt es keinen Grund mehr wach zu werden, aufzustehen, mir Pflege und Nahrung zukommen zu lassen, mich zu versorgen, mich um mich zu kümmern. Wozu denn? Für wenn denn?

Lähmende Niedergeschlagenheit. Kleine Wutwellen und Trotzmomente, wenn ich mir diese Aufmerksamkeit doch schenken will. Reibung an dem Gefühl ‚ich habe es nicht verdient‚, ‚ich bin es nicht wert‚, ‚ich habe mich nicht verdient‚.

So beginnt der Morgen.

Wie tief so etwas sitzt. Wie besitzergreifend es wirken kann. Wie schnell es zu dem großen Thema ‚Lebensberechtigung versagen‘ führt.

Ausgelöst durch eine Situation mit der Wohnbetreuung.

In diesem Moment riss etwas in mir auf und wenn ich nicht so starke Kontrollmechanismen gehabt hätte, wäre ich zu einem weinenden, flehenden, bettelnden Häufchen Elend zusammengefallen, um Vergebung winselnd.

Vulnerable Gefährdungspunkte. Voll erwischt.

Alte Muster… Ich bin ein schlechter, falscher Mensch. Ich hätte nicht so fühlen, denken, handeln dürfen. Bitte, bitte sage mir, wie ich es wieder gut machen kann, damit du mich nicht verlässt.

Aber da war ja erst einmal die Kontrolle. Ich saß schon eh nicht mehr am Tisch in meiner Küche, weil es schwierig geworden war. Ich stand an die Küchenzeile gelehnt. Überrascht von dem inneren Ausbruch, wurde sofort versucht, dass Weinen und Wimmern zurückzudrängen, zurück in diesen Riss. Ausdruck kontrollieren. Meine Stimme zittert trotzdem und meine Gesichtsmuskeln zucken. Der Blick krampfhaft von ihr weggedreht, zum Fenster hin (am liebsten ganz hinaus). Der Oberkörper mit den Armen fest umschlungen. Alles angespannt.

Ein Wortwechsel findet weiter statt. Ich kann nicht sagen, was genau passiert ist, aber das was passiert ist und sie nimmt es auch wahr. Vielleicht 5 Minuten und ich fühle nichts mehr von der inneren Überwältigung, setze mich wieder hin, bin verwirrt, aber trotzdem klar, lächle und mache Witze.

Sie kann es alles noch nicht einschätzen. Bietet an, dass Thema zu wechseln, doch ich bin noch drin und offen, weiter zu klären, Wahrnehmung zu klären.

Es folgten zwei Tage erschöpfender Getriebenheit. Ausruhen ging nicht. Maximal 10 Minuten angespannt auf der Couch und mich trieb es wieder hoch, hinein in Ablenkung. Ich spürte Angst, Angst zu fühlen, was da in mir aufgerissen war und hinter meiner Wand wartet.

Am dritten Tag ging dann gar nichts mehr (wie zu erwarten und Gott sei Dank). Da ich eh morgens nicht aufstehen konnte, fand ich den Mut meine diffuse Gefühlslage und gelähmte Verfassung zu beklopfen. Meine selbst erzeugte Wand brach ratzfatz auf und alles Zurückgedrängte flutete ins Licht, in mein Bewusstsein.

Notizen davon:

Sie wird mich hassen, weil ich etwas wollte, weil ich DAS wollte, was mir nicht zusteht. (verzweifelt)

– Verlust der Beziehung, Angst

– Glaubenssatz: ich darf keine Erwartungen, Bedürfnisse haben

– ich fühle mich schuldig dafür, dass ich Sehnsüchte habe

– ich fühle mich schrecklich, schwer, voller Schuld

Bitte verlasse mich nicht, ich liebe dich. Bitte, bitte geh nicht weg. Was soll ich tun? Es tut mir leid. Sag mir was ich tun soll. (absolute Unterwerfung, Selbstaufgabe der eigenen Bedürfnisse)

Ich bin schuldig. Ich mache alles falsch. Mich sollte es am besten gar nicht geben.

 

Es zeigte sich so offensichtlich, dass es hier gar nicht direkt um die aktuelle Situation ging (ich liebe die Betreuerin nicht), sondern um irgendetwas aus der Vergangenheit.

Der vierte und fünfte Tag zeigen, dass das Bewusstgewordene nun auch am Alltag bewusst ist. Es ist die ganze Zeit da. Es ist mein Geburtstag.

Freunde kommen. Ich kann mich nicht entspannen. Jedes Wort, jedes Tun fühlt sich falsch an. Ich fühle mich falsch an. Meine Freunde gehen. Ich bin unendlich traurig und weine mich mit meinen Wertlosigkeitsgefühlen in den Schlaf.

So geht es am nächsten Tag weiter.

Die Haushaltshilfe kommt. Ich weine. Und trotzdem tut es unglaublich gut, dass jemand da ist, auf einer eher unpersönlichen Ebene. Es tut gut aktiviert zu werden, durch Reden, Bewegen, gemeinsames Handeln. Sie fühlt auch wohltuend mit, was mir gut tut. Nur ihren Hilfevorschlägen schenke ich lieber keine Beachtung – mir THC in Tropfenform verschreiben zu lassen, wenn doch mein Kiffen damals auch geholfen hat, wenig zu fühlen. (Oh mein Gott!!! Was für ein Ratschlag! *Haare rauf* :D) Ich konnte drüber lachen.

Dieser Termin hatte echt den Tag gerettet. Ich konnte noch raus gehen und mir etwas Schönes gönnen, anstatt gelähmt weiter im Bett zu liegen.

Ich beobachte in diesem Verlauf eine Wiederholung (wie so oft) und erkenne auch hier Entwicklungen.

Ich bin in einer depressiven Phase und weiß schon nach nur ca. 6 Tagen, wie sie gekommen ist und was sich da inhaltlich abspielt. Abwertende Gedanken und Gefühle sind wie ein Grundton in meinem Sein, im Tagesverlauf mal stärker, mal schwächer vorne und doch gibt es auch noch andere Töne.

Wie der Moment, als ich im Blumenladen stehe und mich die Verkäuferin fragt, ob die Blumen für einen Geburtstag sind und ich mit dem Zeigefinger auf meine Brust tippe und freudig, stolz sage: „Ich habe Geburtstag. Die sind für mich.“ 🙂 Da freue ich mich noch jetzt drüber, über diesen kleinen Moment, der so viel ausdrückt, welchen Wert ich mir auch geben kann.

Mein Tagesrhythmus ist durch die morgendliche Antriebslosigkeit im Arsch. Dadurch schaffe ich kaum bis keine Übungen mehr. Es ist okay. Ich schaffe es mir den Druck zu nehmen und mich daran zu erinnern, dass es vorbei gehen wird und ich zurückkehren kann.

Späterer Gedanke: Ich glaube, dass die Wut die sich auf mich richtet oder so unklar herum streift, eigentlich die Wut ist, die zu meiner Mutter gehört. Nur darf das wohl noch nicht sein.

Schattenanteile II

Es scheint Paradox. Einerseits hole ich mir Unterstützung im Außen, was ein Bild der Selbstfürsorge entstehen lässt. Andererseits hole ich mir keine Unterstützung und lasse mich mit mir alleine. Beides gibt es und für beides liegt die gleiche Ausgangssituation vor – innere Not die einen Konflikt auslöst, und zwar, dass Diese nicht nach außen gezeigt werden will.

In diesem inneren Konflikt verbirgt sich meine Selbstablehnung, mein Selbsthass.
(Es ist schwer für mich darüber zu schreiben. Es zu sortieren. Hinein zu spüren. Das merke ich an der Länge der Nachdenkzeiten und dass ich dabei meine Fingernägel malträtiere.)

Welche Erfahrungen habe ich mit Schmerzen, mit emotionalen oder körperlichen Verletzungen in meiner Kindheit gemacht? Wie wurde auf Not reagiert? Das ist die Geburtsstunde meines heutigen Umgangs damit.
Zu oft erlebte ich ärgerliche Reaktionen, Wut, Vorwürfe, fehlende Anteilnahme, Ungeduld, fehlender Trost, Genervtheit. Ich lernte, meine Not will niemand haben, sie ist hinderlich und ich bin an der Entstehung selbst schuld.

An welcher Stelle entsteht nun die eigene Ablehnung? Das komplizierte, hier den Ursprung zu fühlen, ist, dass die Selbstablehnung eine Folgereaktion auf ein vorangegangenes Gefühl ist.
Emotionaler Schmerz.
Und zwar nicht der Schmerz, der die Not erst hervorgerufen hat, sondern der Schmerz, der entsteht, wenn die Not abgewiesen wird. Um dieses überdimensionale, schreckliche, grauenvolle Gefühl nicht fühlen zu müssen, wird es innerlich abgelehnt und dadaaa, der Deserteur ist geboren. Ein Schutzversuch.

Deshalb steigerte sich mein Selbsthass, als ich versuchte jemanden anzurufen. Die Gefahr, keine Hilfe zu erhalten und der darin liegende Schmerz wurden damit (scheinbar) abgewendet.
Das ist das Dilemma, das ist der Konflikt, dem ich immer wieder ausgesetzt bin. Das ist der Grund, warum ich schwierige Zeiten so lange wie möglich alleine bewältige, mich eher zurückziehe und in diesen Zeiten Menschen als bedrohlich erlebe.

Ich erinnere mich an etwas, was meine Mutter mir von damals berichtete. Sie habe ärgerlich reagiert, wenn die Schule sie anrief, weil jemand von uns (mein Bruder oder ich) krank war und abgeholt werden musste, weil sie dafür ihre Arbeit liegen lassen musste. Arbeit war wichtiger, als ihre Kinder. Autsch!

Nur wenn die Not länger währt und akut ist, entsteht eine andere Bewegung. Ich beschrieb das einmal mit dem Begriff „Kümmer-Autopilot“. Dieses Wort beschreibt genau was passiert. Auch hier vermeide ich die Gefahr des Schmerzes bei Zurückweisung, in dem ich mich von meiner Not innerlich abspalte. Ich kann dann noch sagen, dass ich Hilfe brauche, aber nicht mehr warum und wobei und trete dabei meist gesammelt und gefasst auf. Die ursprüngliche Wunde ist nicht zu greifen und so für andere ebenfalls nicht sichtbar. Ich bin mit Handeln beschäftigt und weg vom Fühlen.

Insgesamt eine ganz schön fiese Situation.

So wird auch etwas nachvollziehbarer, warum ich manchmal mit Verachtung auf Menschen reagiere, die sich nicht selbst um sich kümmern, die ‚schwach‘ sind und die Verantwortung abgeben. Der Deserteur reagiert: Wie können sie sich einem anderen so ausliefern, mit der Gefahr der Zurückweisung?

Zusammengefasst: Selbstablehnung = Angst vor emotionalem Schmerz

Schattenanteile

Passenden zur Sonnenfinsternis vom Donnerstag, erlebe ich bewusst das Sichtbarwerden einer Schattenthematik. Die Selbstablehnung. Ein innerer Deserteur, denn ich nur gelegentlich wahrnehmen kann, wenn er mit aller Gewalt nach vorne tritt und mich mit Schlägen und Schnitten vernichten will. Ein ungeliebter Gast, der so schnell und unerwartet wie er auftritt, auch wieder verschwindet und von mir auch ganz weit weg gehalten wird. Immer bin ich überrumpelt, überfordert, ohnmächtig, hilflos und kapiere null, was da von statten geht. Immer will ich davor weglaufen, will es nicht sehen, fühle mich schlecht und schuldig, dass es überhaupt so etwas in mir gibt. Ich sollte doch gut zu mir sein. Ich übe doch die Selbstliebe. Da passt so etwas gar nicht ins Bild. Da gehört so etwas weggesperrt.

Das klappt wohl ganz gut, dass wegsperren. Ich bin immer wieder überzeugt, davon befreit zu sein. Trotzdem bekomme ich Rückmeldungen aus meinem Umfeld, die auf diesen Deserteur hinweisen. Und ich schüttele den Kopf. Das kann nicht sein. Das würde ich doch merken. Nein, nein, da ist gerade nichts. Wirklich nichts. Ich bin in Frieden mit allem was ist.
Da nehme ich mich ganz schön selbst auf die Schippe, ohne es zu merken. Deshalb heißt es ja auch Schattenanteile. Sie wirken, ohne gesehen zu werden.

Der Tag vor der Sonnenfinsternis dann wieder. Ich erzähle von Ablehnungsgefühlen. Mir wird das Spiegelgesetz vor Augen gehalten. Ablehnung fühlst du, weil du dich selbst ablehnst. Ich bäume mich auf. Das stimmt doch gar nicht! Ich lehne mich doch nicht selbst ab! Ich zweifle an meinem eigenen Aufbäumen. Und siehe da, am gleichen Tag, am Abend überfällt er mich mit voller Wucht. Der Deserteur. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Ich könnte mich in Stücke schneiden, zerfleischen will ich mich. Vernichten will ich mich. Verachten tu ich mich und entlade diese Verachtung mit harten Faustschlägen auf meinen Oberschenkel. Im nächsten Moment wimmere ich, dass es mir leid tut, streiche über mein Bein. Entschuldige mich. Bin hilflos. Weiß nicht, wie ich mit diesen Gefühlen umgehen soll. Verstehe sie nicht. Sie tun mir weh. Ich tue mir weh. Wünsche mir Hilfe. Nehme das Telefon. Will jemanden um Hilfe bitten. Beim Wählen und den ersten Klingeltönen, steigt mein Selbsthass über dieses Handeln ins unermessliche, so dass ich schnell wieder auflege. Einbahnstraße.

Fortsetzung geplant…

Mama III

Ich habe meine Mutter verloren. Das ist es, was ich fühle.

        Ich habe meine Mutter verloren! Sie ist weg! Sie ist nicht mehr da! Weinen.

Und tatsächlich gibt es eine Episode in meinem Leben, wo das real passiert ist. Ich war ca. 8 Monate alt, als meine Eltern plus Bruder in den Urlaub gefahren sind und mich derweil bei Freunden untergebracht haben. Ich weiß nicht wie lange dieser Urlaub gedauert hat, ob eine oder zwei Wochen. Aber anscheinend lange genug, um mich in diesen emotionalen Abgrund zu stürzen.

        Meine Mama ist weg! Entsetzen. Es nicht fassen können. Es nicht begreifen können.

Es fühlt sich auch heute wie ein Abgrund an. Etwas ist verloren. Alles ist verloren. Haltlos und verloren. Leere. Auch der leere Raum in meiner Brust ist wieder da.

        Angst! Ich habe Angst, dass es wieder passiert! Sie wird mich verlassen! Sie hat mich schon verlassen! Es gibt kein Weg zurück mehr! Alles ist verloren. Schmerz. Aufgeben. Auflösen.

Daneben bin ICH noch da. Manchmal zu viel. Manchmal so viel, dass ich nichts von dem mehr fühlen kann. Dass ich eine Mauer baue, um diesen Schmerz, um diese Angst, weil sie mir zu groß scheinen. Dort beginnt der Selbsthass, die Selbstzerstörung. Das wird mir klar. Das erlebe ich deutlich. Solange ich mir nah bleibe, also ich (im Jetzt) UND ich (im damals), bleibt es mir gegenüber freundlich gesonnen. Dominiert eines von beiden, gehe ich verloren. Meine Selbsterkenntnis hat hier zugenommen. Ich will mir verzeihen, dass auch ich die Waageschale nicht immer in der Mitte halten kann. Aber sehe, dass es immer öfter gelingt.
Einer Eingebung folgend suchte ich mir in den letzten Tagen Unterstützung durch Fernreiki. Es ist ein Geschenk! Es ist für diese Situation so dermaßen passend. Ich kann zu Hause bleiben, in meiner Wohnung, wo ich mich sicher fühle. Ich kann es so gestalten, wie ich es brauche, mit Musik, Decke, einkuscheln. Ich kann allen Gefühlen, so wie es geht freiem Raum lassen, ohne mit einer anwesenden Person beschäftigt sein zu müssen. Ich kann danach liegen bleiben, so lange wie ich es brauche. Es ist perfekt!
Gerade heute hat es meine beiden Ich’s wieder zusammengeführt. Ich war gestern sehr hart geworden, mir gegenüber. Fühlen konnte nicht mehr zugelassen werden. Ich habe mir Sorgen gemacht, dass ich mich gegen mich selbst richte. Es gab Anteile, die das unbedingt wollten, die mir unbedingt schaden wollten und das mit einem genussvollen Gefühl. Wie Rache nehmen. Süße Rache. Ich bin so erleichtert, dass die Behandlung jetzt im Moment die Richtung geändert hat.

Jetzt spüre ich vor allem Trauer und tiefe Erschöpfung.