Eigene Grenzen akzeptieren und innerhalb dieser wachsen und Sinn finden

Ich fühle mich richtig stolz auf mich. 🙂 Das ist es wert, es festzuhalten und damit noch ein wenig zu verstärken und auszukosten. 🙂

In meinem Alltag in dem es keine Berufstätigkeit gibt, taucht in mir immer wieder die Frage nach Sinn auf. Wie kann ich diesen Tag sinnvoll gestalten? Wie kann ich Tag für Tag für mich Sinn finden? Was ist mir wichtig und was ist mir etwas wert? Für was kann und möchte ich meine Zeit schenken?

Lange waren es nur Ideen. Meine Interessen. Keine Kraft und zu wenig Selbstwert um sie umzusetzen.

Nachbarschaftsvernetzung/ -arbeit stand mit auf dem Zettel. Etwas fürs Gemeinwesen und Zusammenleben tun.

Als ich mir das wünschte, tauchte dann irgendwann eine Nachbarschafts-App auf, in der sich Nachbarn online vernetzen konnten. Ich war total begeistert!

Ich dachte daran Nachbarschaftsflohmärkte zu organisieren, merkte aber schnell, dass ich dafür nicht genügend Kapazitäten und Verbindlichkeit mitbrachte und auch das in der Öffentlichkeit sichtbar werden nicht aushielt.

Aber in diesem Jahr sind mir schon zwei Aktionen über dieses Netzwerk über den Weg gelaufen, wo ich doch etwas mehr Verantwortung übernahm. Und DAS ist ein megaaa Fortschritt!!!

Und es war beides mal seeehr herausfordernd, weil immer wieder abwertende Gedanken meine Vorhaben kreuzten und die online-Interaktion mit Anderen meine Grenzen verschwimmen ließen, was ich leisten kann und was nicht.

Aber ich habe dadurch auch gelernt! Ich weiß nun, in welchem Rahmen ich etwas geben kann. Das ich lokal, also sehr wohnortnah aktiv sein kann, alleine für mich gut meine Ressourcen und Grenzen wahren kann und super von zu Hause aus planen kann.

Andersherum vermeide ich große Aktionen, Öffentlichkeitssichtbarkeit und Gruppenaktionen, sowie Terminvorgaben. Diese Dinge machen mir zu viel Stress, lösen zu viel Angst aus und ich springe ab.

Die erste Aktion die ich angeregt habe, ist, die Kleingartenanlagen mit ihren Überschüssen und die umliegende Nachbarschaft zu vernetzen, um Lebensmittel zu retten. Dafür habe erst das Interesse der Nachbarn online erfragt und dann drei Kleingartenanlagen angeschrieben. Mit einer Anlage bin ich im Kontakt, warte auf deren Stand der Dinge. Mehr ist da gerade nicht zu tun.

Die andere Aktion ist ein Online-Aufruf, dass jeder Nachbar eines Hauses vor seiner Tür die Natur gießt (die Trockenheit ist extrem hoch hier), damit Büsche und Bäume grün bleiben und nicht sterben. Dafür habe ich auch einen Aushang gefertigt. Auf Nachfrage wurde er mir zusätzlich in Türkisch und Arabisch übersetzt, damit mehr Nachbarn es lesen können.

Dann habe ich mich getraut diese Zettel gestern mitten am helllichten Tage!!! (siehe Öffentlichkeitsangst) an 11 Haustüren zu kleben und mich darin mit Vornamen zu outen, plus Hinweis, dass ich nun auch jeden Tag gieße (oooohhhh Verbindlichkeit – *grusel*).

Ständig die Stimme im Kopf, die mir sagt, ‚du bist doch bescheuert, das bringt doch gar nichts, die Leute werden dich auslachen, mach dich nicht zum Horst, ist doch albern diese Gießerei‘.

Geschickter weise habe ich dieser Stimme schon im Aushang selbst die Luft aus den Segeln genommen, indem ich sie dort aufgegriffen habe –

„Falls Ihr glaubt, das bringt doch gar nichts, nicht so schlimm, weil schaden tut es auf keinen Fall. Versprochen. :D“

Bin ich schlau. *stolz auf die Schulter klopf* 😀

Das sage ich mir jetzt selbst immer, wenn ich jeden Tag die Büsche hinterm Haus gieße (da sieht man mich am wenigsten 😉 ). Es schadet ja nicht.

Und ich erinnere mich an mein eigenes Gefühl der Verbundenheit mit der Natur und wie gerne ich ihr helfe. Diese Freude am Tun bleibt, egal was jemand anderes darüber denkt!

Merkt ihr was? Ich kann ein eigenes gutes Gefühl halten, obwohl andere es vielleicht doof finden und ich sogar selbst doofe Gedanken dazu habe! WOW!!! Das ist Megaentwicklung!

Und das superschöne ist auch noch, dass zwar 4 Zettel heute schon wieder abgenommen sind (Futter für negative Gedanken – siehst du… blabla), aber dafür 7 noch hängen und ich von demjenigen, der mir den Text ins Arabische übersetzt hat, eine super Bestärkung erhalten habe. Er sei stolz auf mich und bedanke sich, dass ich mich um die Natur kümmere und bitte weiter machen soll (Futter für positive Gedanken – jubel, freu, freu).

Als mich meine abwertenden Gedanken noch von jeder öffentlichen Tat abgehalten haben, gab es in meiner Vorstellung nur negative Szenarien. Mir kam nie der Gedanke, dass es andere Menschen auch gut finden könnten. (Deshalb habe ich z.B. auch 4 Jahre lang nicht meine Barfußschuhe tragen können – dieses Jahr konnte ich und habe echt viel Zuspruch erhalten – natürlich neben den kritischen Blicken)

Und nun erlebe ich wahrscheinlich etwas ganz natürliches im Tun. Es gibt immer Leute die finden scheiße was ich tu und Leute die finden das toll und bestimmt ganz viele dazwischen. Wesentlich ist meine eigene Haltung. Und wenn ich Dinge tue, die mit meinen Werten zusammenhängen, die mir also aus sich heraus schon ganz viel geben, dann ziehe ich daraus meine Motivation, meine guten Gefühle, meinen Mut es zu tun und erlebe dann eben auch Sinn.

Und sei es in diesen ganz kleinen Dingen vor meiner Haustür!

Ich habe jetzt keinen Krieg verhindert und wahrscheinlich machen auch zu wenig Nachbarn mit bei der Wasseraktion, so dass sie nachhaltig wirkt, aber das ist bedeutungslos, weil ich etwas getan habe, was mir wichtig war und dieses Gefühl bleibt und wirkt in mir, wenn ich es erlauben kann.

Nachtrag:

Und die Jubelgefühle gehen gerade weiter, weil es mir gelungen ist, diese Erfahrungen festzuhalten und mit der Welt zu teilen. Wieder etwas was sich für mich sinnvoll anfühlt. 🙂

20.08.2017

Text an Freunde.

„Hey ihr Lieben, ich lese euch, doch komme ich inhaltlich nicht ganz rein.

Hab sehr mit mir zu tun und dadurch wieder mal weniger Raum für Andere.

Bin zu Hause und wieder mal hat sich alles auf den Kopf gestellt und will losgelassen werden.

Werkstatt scheint zu große Belastung und Therapie scheint zu viel auszulösen und zu wenig Halt zu geben.

Es ist komplex und viel. Ich kann hier nur andeuten.

Die Angstempfindungen im freien Draußen und unter Menschen haben zugenommen und sich durch den stationären Aufenthalt nicht gebessert. Nur mein Selbstgefühl ist wieder greifbarer geworden, der Zerfall gestoppt.

Ich bin super eingeschränkt durch die Ängste und Erschöpfung und rutsche auch immer wieder in düstere Gedanken, mit Hang zur Abgabe der Verantwortung. Die Seite die das halten will, gibt es auch.

Die Unterstützung wird gerade hochgefahren und wieder steht Klinik im Raum.

Ich fühle mich am Ende eines Weges und suche das Vertrauen, das es in meinem Sinne weiter gehen wird, auch wenn ich da nichts sehe.

Ich denke öfter an euch. Fühl mich sehr unbeholfen mit meinem Zustand. Weiß nicht was an Kontakt überhaupt geht. Habs auf Station auch immer nur kurz ausgehalten, im Gespräch zu sein. 
Trotzdem fehlt mir eure Nähe immer mal wieder. ❤“

Der Sinn im Augenblick

Gesprochene Sätze während der Klopfakupressur

Diese Sinnlosigkeit macht total Sinn. Wenn ich mich meist über meine Gedanken, über meine Ideen orientiert habe und da nichts mehr ist, dann macht das orientierungslos. Ohne Orientierung, scheinbar kein Sinn.

Zwangsläufig bin ich damit auf das Jetzt zurückgeworfen und das Üben, das Jetzt auch wahrzunehmen. 

Wenn sich diese Wahrnehmung festig, könnte es doch sein, dass es keine großen Ideen mehr braucht, in denen ich mich aufhalte, sondern dass das Wahrnehmen des Jetzt ausreicht zum aufhalten und orientieren. 

Mir kommt das unglaublich vor, dass das ausreichen könnte. 

Ist das nicht zu wenig? Braucht es nicht Ziele? Braucht es nicht Dinge in der Ferne, auf die ich mich zubewege? Wie ergibt sich sonst Bewegung? Und woher kommt die Motivation dazu?

Und doch erlebe ich Bewegung, jeden Tag. 

Ich bewege mich aus dem Impuls des jeweiligen Augenblick.

Und wieder der Gedanke – ist das nicht zu wenig? Kann das genug sein? Kann ich so leben? Darf ich so leben? Braucht es nicht Visionen und Bilder? Braucht es nicht eine größere Richtung? 

Ist mein Leben genug, wenn es nichts mehr zu erreichen gibt? Ist es genug mit dem was da ist?

Damit habe ich echte Schwierigkeiten. Und nicht das erste Mal.

Ist das vielleicht auch einfach nur alles Teil dieser depressiven Phase die kein anderes Fühlen und Denken zulässt? Oder ist das ein tieferer Blick, ein tieferes Erkennen?

Ich fühle eine Lebensmüdigkeit, ein Wunsch alles hinzuschmeißen und darauf herumzutrampeln. Im nächsten Moment stelle ich fest, dass mir da gar nichts mehr einfällt, was ich hinschmeißen will und ich lache auf. Ein Paradoxon. 

Ich fühle mich schon auf dem Grund, wo es nichts mehr zu schmeißen gibt.

Ich stelle fest, dass gar nichts Schlimmes passiert hier unten. Alles läuft weiter. Das Leben geht nicht kaputt und ich habe überhaupt kein Interesse daran, selbst daran etwas zu ändern.

Da ist auch kein Abgrund. Alles ist weiter da.

Und ich kann immer noch fühlen, was mir gut tut und was ich brauche. 

Ich spüre weiter, das ich bei mir bleiben möchte in diesem Leben, auch auf diesem tiefen Grund.

Krankheits-Sinn

Ich danke meiner ‚Krankheit‘, womit ich vor allem die Erschöpfung meine.

Sie gibt mir die Möglichkeit, mich voll und ganz meinem Seelenwunsch hinzugeben.

Sie gibt mir die Möglichkeit, den Raum und die Zeit zu haben, tägliche Disziplin, Hingabe und Demut zu üben, Zerstreuungen zu minimieren und Einfachheit in mein Leben zu bringen.

Mir kommt es gerade vor, als hätte ich mich für ein Klosterleben entschieden, nur ohne in ein Kloster zu gehen. 😀

Befreiung und Sinn

Es geht heute ganz einfach. (Liegt es am bevorstehenden Neumond heute Nacht?)

Vom PC werden ganze Ordner gelöscht. Klick, klick, klick. Kein Nachschauen, kein Nachlesen und in Erinnerungen haften. Alte Männergeschichten. Ewig lange E-Mailaustausch-Texte. Keine Ahnung warum ich mir sowas aufgehoben habe. Weg damit. Brauch ich nicht mehr.

Ich fühle mich seit Wochen in der Vorbereitung auf einen Neuanfang oder vielleicht ist es auch ein Übergang. Ich will aufräumen, alles sortieren und prüfen, was ich für mein neues Leben (was immer das auch heißen mag) brauche und was ich zurück lassen kann.

Ich fühle mich so, seit dem mir bewusst geworden ist, gefühlsmäßig bewusst geworden ist, dass meine Seelenaufgabe ist, mich hier und jetzt in der Verkörperung zu üben, darin zu üben, in jedem Moment da zu sein (wenn ich mal ausdrücken könnte, was genau ich damit meine o.O). Und ich fühle mich so, seit dem ich bei der Vorstellung, ich würde wohin ziehen, wo meine Bedürfnisse mehr erfüllt werden, einen halbtägigen Freudeausbruch erlebt habe.

Beides absolute Aha-Effekte und tiefgreifende, beruhigende Erlebnisse.

Ich weiß jetzt, warum ich aussortiere, sortiere, reinige. Alles hat einen neuen Sinnzusammenhang bekommen. (zumindest in der Zeit, wo ich nicht an mir zweifle und denke, dass ich mir nur wieder etwas Nettes in meiner Vorstellung zusammengebastelt habe – ich hab ja nichts zu verlieren und gute Gefühle sind immer willkommen 🙂 )

schieflage

zeitlos. sehe nachrichten von mir, die gerade mal 3-7 tage alt sind und mir kommen diese sachen, die ich da schrieb, wie aus einer anderen zeit vor. erst so kurz her?

heute bin ich nicht ganz da. war morgens außer der reihe bei meiner psychiaterin. zähneknirschend, weil ich ihr momentan nicht vertraue, nicht weiß, ob ich dort sicher bin, ob sie mich noch verstehen kann, noch hinter mir steht und nicht ein nächstes wort, ein nächster satz mich weiter destabilisiert (so wie es mir gerade in fast jeder beziehung geht).

war trotzdem bei ihr, weil gestern wieder erstmalig gedanken kamen, dass es angenehmer wäre, nicht mehr da zu sein. und weil mir klar ist, dass ich diese verunsicherungen nur weiter verschleppe, wenn ich sie nicht anspreche. weglaufen ist sinnlos, aber schützt trotzdem eine weile.

es ist okay gelaufen. das heißt, ich habe sie weicher, zugewandter und rücksichtsvoll erlebt. mir sind keine weiteren einstellungen und meinungen von ihr um die ohren geflogen. sie hat zugehört und fragen gestellt. wir haben über die vorkommnisse gesprochen. ich konnte ihr alles erzählen, wie sich meine unsicherheiten und verlassenheitsgefühle zusammen setzen. wie ich was von ihr verstehe, wenn sie die dinge auf ihre art und weise sagt. was schwierig für mich ist. wie basal zerstörend sich das auf meinen selbstwert auswirken kann. sie glaubt, es diesmal verstanden zu haben. ich glaube das auch. das war gut.

und ich konnte endlich mal diesen ganzen berg verzweiflung, wegen all der instabilen beziehungen, wegen der daraus entstehenden unmöglichkeit, mich noch irgendwo entlasten zu können und sicher zu fühlen und wegen dem verlust der inneren beziehung zu fr. s., verbal abladen. ich konnte tränen zulassen. ich konnte vor mir selbst und ihr verbalisieren, dass ich es nicht alleine schaffe, wahrnehmungen und mein selbstgefühl stabil zu korrigieren.

es war diesmal ein hilfreiches gespräch. keine abwehrende reaktion von, sehen sie doch mal dies und jenes und ist es nicht doch auch so und so und alles ja nicht ganz so schlimm. nein, sie hat gehört, zugehört, zurückgespiegelt und in meinen worten und tränen und meinem sein erfasst und mich gefragt, ob es dann also so ist, dass ich regelmäßige unterstützung bräuchte. jaaaa! ich habe es mir nicht mehr getraut, dieses gefühl und diese einschätzung nach außen zu verbalisieren, aus angst, damit zurückgewiesen zu werden. jetzt musste es also anders herum laufen. jemand anderes sagt es, eine person mit ‚rang‘, dann erst darf es sein, ist es ‚richtig‘.

also ließ ich mir auch nochmal bestätigen, dass es eine sehr schwere phase ist, in der ich bin, in der ich auch anrecht auf regelmäßige unterstützung durch eine haushaltshilfe habe und das auch lebensmüde gedanken okay sind, da sein dürfen, ich sie nicht bekämpfen muss, ich nichts falsch gemacht habe und ich auch wöchentliche gespräche bei ihr haben kann und nicht absagen muss.

ich versuche anzuerkennen, dass ich diese bestätigungen von außen brauche und sie keine schwäche, im sinne von selbstabwertung, sind. ich versuche es… (und immer das selbstbild von eigenständigkeit und unabhängigkeit im hintergrund, das bröckelt und bröckelt…)

die schleusen waren so offen, dass ich mich in der praxis erst noch in ein leeres behandlungszimmer zurückziehen musste, um zu weinen und mir zeit zur beruhigung zu lassen, bevor ich mich in der lage sah, nach hause fahren zu können.

seit dem zeitlosigkeit, kontextlosigkeit.

ich habe mir erlaubt, ab heute wieder das paroxetin zu nehmen, nachdem ich eine klärungsphase, mit hilfe von kartenlegungen hatte. die botschaft war einerseits – du darfst dich ausruhen, du hast genug gearbeitet und andererseits – erwarte nicht zu viel. dazu kam ein sehr angenehmes gefühl, unabhängig von den karten, als ich innerlich nachfragte. ich bin nun also im reinen damit.

ich habe den mut gefunden, nochmal bei zwei verhaltenstherapeutinnen wegen eines therapieplatzes anzufragen. ergebnis noch offen.

freitag gutachtergespräch wegen des betreuten einzelwohnens.

grundstimmung ist stark wechselhaft von hoffnungslosigkeit bis seichte zuversicht, von misstrauen bis schwaches vertrauen, von innerer härte, abwertung bis nuancen von mitgefühl und anerkennung. gefühle von starker belastung sind sehr omnipräsent.

die suche nach dem tieferen sinn dessen, was mir hier wiederfährt, gestaltete sich erst sehr schwierig. was lernt man, wenn man aushält? das leben ist hart? das soll die lektion sein? stärke durch härte? durchhaltevermögen durch härte? nein. das überzeugte mich nicht.

um so mehr ich mich in richtung anerkennung für mich selbst bewegte und wahrnehmen, fühlen konnte, was ich trage, nicht was ich ertrage, sondern was ich trage und halte und leiste, umso klarer fühlte ich einen sinn.

anerkennung für mich selbst lernen! selbstannahme! und dann öffnete sich der blick auch auf glauben, demut und hingabe. das ist es was ich lernen kann.

(auch wenn es da grummelt im hintergrund – na toll, es soll lieber aufhören und wieder gut werden)

ich nutze jede erdenkliche hilfe und erhalte auch viel unerwartete hilfe. kleine ungeplante situationen. das kann ich nun wieder sehen. bin ich froh drum. musste mich darum aber aktiv bemühen. der blickwinkel kam nicht von alleine und bleibt auch nicht von alleine. ich darf hier auch noch mal meine tägliche leistung und arbeit würdigen, meine schieflage auszugleichen.

Leichtigkeit

Ey, ich will es nicht beschreien, doch wo ich gestern hier ganz ungeplant von fehlender Leichtigkeit geschrieben habe, sind ein paar Auffälligkeiten passiert.

Zum einen überfiel mich gestern Abend im Bett ganz plötzlich die Erkenntnis, dass das Leben mich nie verlassen/im Stich gelassen hat, trotz schwerer Krise und andauernden Einschränkungen.
Es war immer da und hat mir Unterstützung zukommen lassen, auf die eine oder andere Art. Ich war nie alleine und verloren.
Plötzlich kann ich das sehen. Plötzlich ist dieses Gefühl, verraten worden zu sein relativiert.

Ich kann sehen, dass das Leben und meine Krisen/Einschränkungen nichts miteinander zu tun haben. Da denkt sich niemand etwas aus. Da ist niemand der mich verlassen hat, der mich ins Unglück laufen ließ. Da ist niemand, der mich vor Unglück bewahren konnte. Da ist auch niemand, der mir besonders viel Glück beschert, wenn ich nur dies und das tu.

(Ich hatte so den Mut verloren, dass mein Tun noch irgendeinen Sinn hat, wenn dann doch ‚Schlechtes‘ passiert. Ich war in die Falle getappt, zu glauben, dass Leben kontrollieren zu können.)

Leben passiert einfach.

Das gibt mir ein Gefühl von Bereitschaft es passieren zu lassen, was immer dies bedeutet (es bleibt eher ein üben, als ein können).
Krisen, keine Krisen. Schmerzen, keine Schmerzen. Leben. Sterben. Fülle. Leere. Orientierung. Orientierungslosigkeit.
+ das Gefühl, dass Leben ist trotzdem bei mir und begleitet mich durch diese Hügel und Täler.

(Wenn ich schreibe, dass Leben passiert und das Leben begleitet mich, dann meine ich glaube ich zwei unterschiedliche Dinge damit. Oder vielleicht auch nicht. Da bin ich unklar.)

Da ist etwas Großes weinend von mir abgefallen. Eine Verkrampfung hat sich ein wenig gelöst. Erleichterung!
Kommt da die Leichtigkeit und auch verloren gegangener Mut?

Dann war ich heute arbeiten, was bei mir, seit Tagesklinikentlassung nur sehr holperig läuft. Und ich habe mich vor Ort zum ersten Mal wieder etwas entspannen können. Nenne ich es ruhig Leichtigkeit, die sich ganz zaghaft an den Rand meines Fühlens stellte.
So als wäre alles doch irgendwie in Ordnung, obwohl alles anders ist. Obwohl ich im Zwischenmenschlichem tief verunsichert auftrete und deshalb auf Arbeit ständig angespannt bin, weil ich nicht weiß, wie ich bei Ansprache reagieren soll.

Und nun sitze ich hier zu Hause und spüre immer noch diesen Hauch von Leichtigkeit.

Danke Leben!

Alles auf Anfang und doch ein Stück weiter

Keine Richtung. Keine Perspektive. Keine Vorstellung, dass irgendwo ein Platz für mich ist, wo ich sein kann, mit dem was ich bin und mich trotzdem entfalten kann.

Nach der Tagesklinik ist vor der Tagesklinik. Seit gestern bin ich zu Hause.

Es fühlt sich alles nicht mehr passend an. Der Arbeitsplatz, die Kontakt- und Beratungsstelle. Es beengt mich, ich fühle mich in der Vorstellung dort eingesperrt.

Das Leben im Allgemeinen fühlt sich beengend an.

Ich werde wütend. Immer wieder. Bei kleinen und großen Dingen. Verweigerungshaltungen entstehen. Das ist nicht die Lösung. Der Wut auf der Spur.

Ein Bild in mir, mich mit aller Kraft aus Ketten zu sprengen.

Etwas Neues gibt es nicht.

Wertlosigkeitsgefühle und das „wertvoll“ daneben stellen.

Der Verzweiflung zuschauen, die aus der Orientierungslosigkeit entsteht.
Den Ängsten zuschauen, Massen an Ängsten, die Neues (noch) nicht möglich machen.
(Das Schauen gelingt besser, als vor der TK)

Wohin Bewegen?
Bewegungslosigkeit. Ganz real. Wozu noch Handeln?

Mit Selbstfürsorge balancieren, zwischen Gleichgültigkeit.

Starrende Ängste die glauben, dass alles untergeht, wenn wir uns nicht sauber machen, nicht bewegen, nicht strukturieren, nicht das neue Ticket holen, weil der 1. ist, nicht einkaufen gehen, weil am Wochenende Besuch kommt, nicht die Duschwand nach Benutzung abwischen, nicht die Wohnung putzen.

Das „nicht“ aushalten. Ja was ist dann? Was passiert dann, wenn alles NICHTS wird?
Noch mehr Ängste, noch mehr Gedanken. Und wenn… und wenn… und wenn.

Und ich lebe weiter…

Dramagedanken. Das Leben wird eng in ihnen.
Stimmt schon, meine Gedanken nehmen das Leben sehr ernst (wie jemand mir sagte). Das macht es nicht leicht.

Es ist wirklich nicht leicht, doch ich kann es aushalten. Gestern. Heute.

Dazwischen Momente wo alles okay ist, wo Gelassenheit auftaucht, beim einfachen Sein.

Beschäftigung

Tatsächlich. Es ist geschafft. Liegt schwarz auf weiß vor mir. „Beschäftigungsvereinbarung“. Ich habe gefunden, wonach ich seit 1,5 Jahren gesucht habe und ich habe es an einer Stelle gefunden, wo ich gar nicht damit gerechnet habe.

Alles ging dann auch sehr schnell und völlig unkompliziert. So schnell, dass ich jetzt erst, nachdem schon dritten Arbeitstag realisiere, dass ich wo angekommen bin und nicht mehr suchen brauche. Das ich etwas tue, wo ich mich sinnvoll fühle, Verantwortung übernehmen kann, unabhängig und selbstständig arbeiten kann, inhaltlich nichts Neues lernen brauche und somit gleich Erfolgserlebnisse habe und zusätzlich in ein soziales Gefüge eingebunden bin.

Es passt wirklich alles. Dass es ein Zuverdienstprojekt für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen ist und somit der Arbeitsrahmen an die Befindlichkeiten angepasst werden kann, ohne anzuecken. Dass ich mich von den anderen Beschäftigten vor Ort nicht zu sehr abhebe (psychische Einschränkung ist nicht gleich psychische Einschränkung) und bisher alle nett und sympathisch finde. Das die Beschäftigung nicht angeleitet und betreut ist (außer man hat natürlich Fragen) und damit arbeitsweltnah gestaltet.
So habe ich gleich das Gefühl, dass man erst mal davon ausgeht, dass ich das kann. Es wurden keine großartigen Fragen gestellt zur Vorgeschichte und Einschränkungen. Ich war eine halbe Stunde zum Gespräch, um herauszufinden, in welchem Bereich ich es mir vorstellen könnte und konnte dann sofort loslegen. Kein Amt musste involviert werden, keine Kostenübernahme geklärt. Es gilt auch nicht als Arbeit, sondern als tagesstrukturierende Maßnahme, mit einem Euro Motivationspauschale die Stunde und muss damit auch nirgendwo angegeben werden.

Hauswirtschaft. Das ist es nun. Ich war wirklich selbst überrascht, dass ich dabei ein gutes Gefühl bekam. Vorher hatte ich nie die Idee oder den Gedanken, dass das etwas für mich wäre. Das ich damit zurecht kommen würde, solche Tätigkeiten auszuüben. Es fühlt sich tatsächlich richtig gut an. Ordnung und Sauberkeit halten kann ich tatsächlich ziemlich gut. Und das jetzt auch noch für ein Soziales Projekt mit Verkaufseinrichtung zu tun, gibt mir ein sinnvolles Gefühl. Ich tue etwas Gutes. Ich mache, dass es sauber aussieht, die Kunden und Mitarbeiter sich wohl fühlen. Ich fühle mich jetzt schon mit dieser Einrichtung verbunden.

Ich hatte Vorstellungen, dass ich mich minderwertig fühlen würde, in einem Zuverdienstprojekt zu arbeiten und damit einsortiert als psychisch krank. Das ist nun überhaupt nicht der Fall. Ich fühle mich unter Gleichgesinnten. Ich fühle mich geschützt und gleichzeitig frei, mich zu entwickeln. Und da man auch nichts von meinen Defiziten wissen wollte, sondern lediglich sagte, machen sie es so wie es sich für sie gut anfühlt, fühle ich mich auch nicht krank und gleichzeitig in meiner Selbstfürsorge bestärkt.

Es ist wieder einmal Fügung. Genau an dem Tag wo ich mein Vorstellungsgespräch hatte, hat der einzige andere Mitarbeiter der für die Hauswirtschaft zuständig ist, sich für 3 Wochen krank gemeldet und es ist unklar, ob er wieder kommt.

Ich bin an zwei Tagen die Woche für jeweils 2 Stunden eingeplant. Knall hart bekomme ich meine Grenzen gespiegelt. Ich darf ganz deutlich spüren, warum ich nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt gehöre, damit überfordert wäre. Die ersten beiden Tage habe ich nach einer Stunde aufgehört. Die neue Umgebung, fremde Menschen, Menschen die mich beim arbeiten sehen, Verantwortungsgefühle die Überhand nehmen, starke Ängste vor Abwertung, Ablehnung, etwas falsch zu machen, zu stören, innerer Zeit- und Leistungsdruck, Schwierigkeiten Tätigkeitsprioritäten zu setzen, haben mich dermaßen überflutet.
Viele, viele Lernfelder. Bestimmt auch viele Übungsfelder zur Selbstannahme.

Diese Tage…

Manchmal gibt es diese Tage, an denen alles anders ist.

Diese Tage, an denen man ohne Rucksack das Haus verlässt. An denen man nicht wie gewohnt, nach der Therapiestunde einkaufen geht.

Diese Tage, an denen man nicht wie üblich in die Bahn, Richtung zu Hause umsteigt. An denen man völlig ungeplant den Bahnhof verlässt und zu Fuß weiter läuft.

Diese Tage, an denen man ohne zu überlegen in eine Kirche geht, an der man vorbei kommt. In dieser Kirche einen Aushang liest, dass ehrenamtliche Helfer gesucht werden, um die Öffnungszeiten der Kirche verlängern zu können und man sich überraschenderweise sehr angesprochen fühlt.

Diese Tage, an denen keine Zweifel und Bedenken kommen und man sich zu einem Kennenlern-Gespräch in dieser Kirche verabredet.

Diese Tage, die weitere Tage möglich machen, an denen das Kennenlern-Gespräch stattfindet. Man erfährt, dass der Aushang erst 30 Minuten bevor ich kam, aufgehängt wurde. Die Mitarbeiterin den gleichen Beruf hat wie ich und ebenso in einem runden Jahrzehnt geboren ist und nur einen Tag vor meinem Geburtstag.

Diese Tage, die hier ein ganz liebliches Gefühl entstehen lassen, in dieser Kirche, an diesem Ort. Ein Gefühl von Möglichkeiten. Ein Gefühl von Sein-können. Ein Bedürfnis nach Dienen und Sinn. Ein Gefühl von Stille, Demut und Ehrfurcht.

Das alles ist so neu und doch vertraut.

Diese Tage die nach Schicksal schmecken…