Heute fange ich an zu begreifen was geschehen war, was mich so aus meiner Mitte gehebelt hatte und mich auf die dunkle Seite führte, wo Liebe und Vertrauen keine Bedeutung mehr hatten.
Ich hatte vor anderthalb Wochen einen Termin beim Sozialpsychiatrischen Dienst, zum Antrag der Verlängerung des Betreuten Wohnen.
Im Vorfeld bekam ich vor diesem Termin sehr viel Angst, weil ich nicht wusste was mich dort erwartete. Um diese Gefühlslage unter Kontrolle zu bringen, schrieb ich eine Mail an den SpD.
Darauf erfolgte keine Reaktion.
Ich machte mich trotzdem auf dem Weg zu diesem Termin. Angst und Ohnmacht zerrten auf dem Weg sehr an mir und ich hatte ordentlich zu tun, die Nerven zu behalten.
Vor dem Gebäude entlud sich meine Angst bei der dort wartenden Begleitperson. Ich fühlte mich hilflos, ohnmächtig und ausgeliefert. Auch kam Hass auf, wie Menschen so etwas machen konnten, mich so in der Luft hängen lassen. Ich ging davon aus, dass man mich nicht ernst genommen hatte.
Beim Gesprächsstart klärte sich dann auf, dass die betreffende Person im Urlaub war und dann krank und erst heute, an ihrem ersten Tag zurück meine E-Mail gelesen hatte. Mitarbeiter kamen nicht an die Postfächer ihrer Kollegen. Es konnte also niemand etwas dafür, wie es gelaufen war.
In mir explodierte Wut und Tränen, über diese Ungerechtigkeit und ich musste abrupt das Zimmer verlassen, um Zuflucht in der Toilette zu suchen, um hemmungslos heulen zu können.
Dann ging es ums innerlich sammeln, beruhigen und zurückkehren und es folgte ein sehr ehrliches, offenes und authentisches Gespräch, in dem ich mir eine 1er-Note verdient hatte, darin für mich einzutreten, bei mir zu bleiben und Grenzen und Wünsche zu äußern.
Nur konnte ich davon überhaupt nichts spüren, sondern bin stattdessen in die Dunkelheit gerutscht.
Ich konnte die Woche über viele Gründe finden und doch traf es nicht den Kern und die Schwere blieb auf mir liegen. Die Freude war verschwunden. Die Dankbarkeit ließ sich nicht mehr wachrütteln.
Dann hatte ich gestern bei U. einen Termin zur Körperarbeit. Das zentrale Thema – Halt finden.
Ich ging vollgesogen mit Energie und dem Gefühl genährt zu sein nach Hause.
Heute Morgen fühlte ich mich trostlos und unendlich alleine, aber auch ganz viel Bewusstsein für die Situation.
Ich wandte mich an Gott. Ich betete liegend im Bett, suchte das Gespräch, suchte Kontakt, suchte Halt und fand ihn. Fand ihn in den Worten, zwischen den Worten, in dem Raum zwischen den Worten, in der stillen Resonanz auf meine Gedanken, meine Bitten.
Immer weiterredend gedanklich im Kopf. Nicht aufhörend. Und der Wunsch reifte, heute den ganzen Tag im Zwiegespräch mit Gott zu bleiben. Seine Arme zu spüren, seinen liebevollen Blick, seine Sicherheit und sein Vertrauen. Zuflucht finden.
Ich nahm meine Weisheitskarten und fragte sie – in welchen Karten bist DU, damit ich mich heute an dich erinnere? Ich schaute sie mir alle an und einige fielen mir ganz eindeutig in den Blick. Ich las die Texte, saugte die Worte auf, schwang mit ihnen. Einige Karten waren schwach, andere stark. Die drei stärksten nahm ich raus, las sie mehrfach und legte sie mir sichtbar in die Wohnung.
- Du bist zu Hause
- Stille und Einkehr suchen
- Du findest den richtigen Weg
Der Vormittag verging mit Frühstücken, Nachschlafen, auf der Couch liegen, in Verbindung mit den Karten und im Zwiegespräch mit Gott.
Über dieses Zwiegespräch, das mehr Inhalte hatte als ich wiedergebe, fand ich Zugang zu dem Leben an sich, dass mit all seinen Dingen, Menschen, Taten dem göttlichen Funken entsprang.
Ich hörte Gott in den Vögeln vor dem Fenster, in den Selbstgesprächen meines Nachbarn. Sah ihn in der Biene auf den Balkonblumen. Fühlte ihn in den Zuständen der Lager in den USA. Da war überall Liebe. Mein Verstand versuchte zu begreifen, was das bedeutete, dass Gott überall ist, in den schmerzlichen Dingen ebenso, wie in den harmonischen.
Er führte mich zurück zu diesem Gespräch und plötzlich verstand ich, erkannte ich den Auslöser und die folgende Verkettung.
In dem Moment, wo ich erfuhr, dass niemand den Brief gelesen hatte, der mir so wichtig war und für mich ein neuer Schritt, eine Lösung herbeizuführen, brach mein Glaube in das Leben und das es gut zu mir ist. Es war für mich unvorstellbar, warum das so passierte, wo ich vorher Gedanken und Gebete in eine Lösung schickte und mit einem wohlwollenden Ausgang rechnete (der meist kommt).
Warum ließ mich das Leben so viel Angst fühlen, so viel Hass und Wut entfachen, mich so verletzlich anderen vorführen und niemand war dafür verantwortlich. Es war als hätte es mich ins offene Messer laufen lassen. Es war unbegreiflich!
Ich verlor den Glauben und die Liebe. Es ergab keinen Sinn. Es wurde dunkel.
Heute frage ich, wo war da der göttliche Funke? Was habe ich gelernt? Wo liegt der Sinn?
Ich bekomme eine Antwort.
Das Leben nimmt mir die Kontrolle und schenkt mir stattdessen Vertrauen.
Meine E-Mail war ein Versuch die Kontrolle zu behalten. Die Kontrolle über meine Gefühle und die Kontrolle über das Gespräch.
Hätte ich die Kontrolle behalten, hätte ich Angst und Ohnmacht nicht so gefühlt und entladen können, hätte ich keine wertschätzende Reaktion darauf erhalten, hätte sich der Andere kein Bild über meine Gefühlslage machen können, hätte ich nicht erlebt, dass ich mit all der Verletzlichkeit bei mir bleiben kann und ein tolles Gespräch führe. Ich hätte nichts gelernt.
Diese Situation wollte mir Vertrauen lehren!
Das Leben hat mich nicht in Dunkelheit geschickt. Das war ich selber! Es hat meine Gebete und Bitten gehört und mich auf den Weg des Wachsens geschickt.