Therapie, weil ich gesehen werden will?

Ich sehne mich auf der Beziehungsebene so sehr nach dem gesehen werden. Das ist wie ne Sucht.

Ein paar Wochen ohne Raum nur für mich und ich fühle mich einsam und noch irgendwas unangenehmes.

Rechtfertigen tu ich meinen Wunsch nach therapeutischen,  haltendem Rahmen mit, es ist noch nicht alles gesehen worden.

Wieder ausschlagen tu ich mir diesen Wunsch, diese Sehnsucht mit dem Argument, dass ich lernen will (muss) mich selbst zu halten, mich selbst zu sehen. Und das es nicht richtig ist, zu versuchen diese Sehnsucht im Außen zu stillen.

Und trotzdem fehlt mir was. Ja was eigentlich? Nähe? Liebe? Und ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll und ob es richtig ist, mich alleine darum zu kümmern.

Herr, bitte führe mich in dieser Frage. Ich bin bereit Unterstützung anzunehmen, wie sie gebraucht wird und zu welcher Zeit sie gebraucht wird, um in meinem Herzen Frieden zu finden. Danke!

Was alles so wahr

Ich komme so langsam wieder zu mir.

Angst nimmt ab und Lebensfreude nimmt zu.

Zu solchen Empfindungen gibt es wieder zaghaften Zugang, während des Yogas – ich kann mein Vertrauen in dieses Leben legen.

Das sagt einiges aus. Wie es aussah in mir. Ohne dieses Vertrauen.

Es war schrecklich. Ich bin froh, dass es vorüber geht.

Ich hab Dinge wahrgenommen, die haben mich immer wieder erneut in Schockzustände gebracht, mal abgesehen vom Ausgangsauslöser in der Holzwerkstatt.

Wenn eine Tür auf ist, scheint es ein leichtes zu sein, dass auch sämtliche anderen Türen aufgehen.

Mein armes Gehirn, mein armer Körper.

Ostermontag spürte ich, dass die Phase vorüber war, aber mein Gehirn, mein Körper konnte das noch nicht erfassen. Ich schlief in Anspannung ein und wachte in Anspannung auf. So ging das die ganze Zeit.

Ich hatte Gedanken mit der Absicht mich zu vernichten, die so wirklich waren, dass ich in dem Moment glaubte, schon alleine durch den Gedanken wirklich vernichtet zu werden. Sehr gruselig war das!

Ostersonntag war ich so voller Leere und dem Gefühl nicht zu existieren und keinen Sinn in dieser Welt zu haben, das ich glaubte, wirklich nicht mehr zu existieren und mir die Augen aus dem Kopf geweint habe. Ich hatte überhaupt keine Vorstellung mehr davon, mich irgendwie bewegen zu können, geschweige aufzustehen, zu essen, zu laufen, da zu sein.

Wie froh ich bin, jeweils immer jemanden kontaktiert haben zu können.

Sonntag war es die Krisenstation. Die konnten zwar mit dem Thema inhaltlich nichts anfangen (ich ja auch nicht), aber ich stellte dann zumindest fest, dass ich aufstehen konnte und immer noch existierte und handeln konnte und ich war für einen Moment nicht mehr alleine damit.

Nicht alleine damit zu sein, ist schon eine echt hilfreiche Sache. Ich bin so dankbar für diese Wohnbetreuung und die verschiedenen Möglichkeiten Menschen erreichen zu können, ob per Mail, per SMS, per Whats-App oder Telefon. Das habe ich in dieser Phase regelmäßig genutzt, immer wenn ich mich überfordert fühlte.

Wie oft war ich haarscharf dran gewesen Medikamente zu missbrauchen, um einfach Ruhe zu haben. Einmal hat mich dieses Verlangen bis in einen Morgentraum verfolgt. Einer dieser Träume, wo ich schon so wach bin, dass ich meine Umgebung immer wieder wahrnehme, aber auch noch träume. Das war so richtig fies, weil ich in dem Traum eben auch in meinem Bett lag und Ecstasy-Pillen in meiner Kommode hatte, die ich dann auch nahm und auch schon die Wirkung spürte, was so gemein war, weil ich echt dachte es ist real, dadurch dass ich immer wieder auch wach war, im Bett liegend und trotzdem die Wirkung wie echt in meinem Körper gespürt habe. Dann bin ich aufgestanden (diesmal in echt), um wieder an die Kommode zu gehen und nachzulegen und hab dann erst mitbekommen, dass alles ein Traum war und ich da gar nichts habe und auch nichts genommen habe. Das war mal so richtig scheiße (und auch gut). Suchttrigger hoch zehn.

Gestern war ich bei U.. Körperarbeit. Seit dem geht es mir um einiges besser. Ich glaube, ohne Berührungen wäre ich echt aufgeschmissen… und auch ohne meine Gymnastik und bissel Yoga. Und ohne Akupressur-Klopfen. Damit habe ich mich durch diese Phase geschleppt.

Ohne Medikamenten-Missbrauch oder sonstigen Rückfall!

Ohne stationären Aufenthalt!

Und nur ein Miniatur-Ritzer im Arm.

Ich habe mir währenddessen so oft gewünscht, es würde alles einfach aufhören, jemand solle machen, dass es aufhört.

Mit Abstand sehe ich mal wieder, es konnte nicht früher aufhören und alle Menschen die beteiligt waren konnten nichts anderes tun, als dabei zu sein. Niemand hätte daran, am Ablauf etwas ändern können.

Das waren einfach zu viele bedrohliche Gefühle und Gedanken für mein System. Es musste blockieren, dicht machen, sich damit schützen und dann Tag für Tag immer eine kleine Ecke dieses riesen Berges ab-fühlen und erleben. Das passierte dann meist beim Klopfen.

Wenn das alles gleichzeitig gekommen wäre, wäre ich glaube ich verrückt geworden. Kein Wunder, dass meine Entspannungs-Werkzeuge nicht mehr funktioniert haben. Entspannung hieß ja fühlen und fühlen war gefährlich.

Nun steht erst einmal weiter Entspannung auf dem Programm und die schönen Seiten des Lebens stärken.

Mir fällt das unglaublich schwer, die Holzwerkstatt noch für ein paar Wochen zurückzustellen. Ich war da so geil drauf, endlich an einer Werkbank zu arbeiten und Werkzeuge zu haben. Ich sehe aber auch ein, dass Stabilisierung wichtiger ist und es sinnfrei ist, brüchig da hin zu gehen und viel schneller wieder ganz aufzubrechen.

Das Ganze ruht schon seit drei Wochen, nachdem ich beim vierten Besuch emotional entgleist bin, vor dem Termin und danach dann wieder.

Ich arbeite dort noch nicht. Die Wege dorthin dienen der Angstexposition. Ich bin einmal die Woche hin. Ich bin jedes Mal ein Stück weiter gekommen, trotz starker Ängste und Ansätzen von Panikattacken. Der Mensch der mich begleitete, half mir damit vor Ort umzugehen. Ich ging immer so weit, bis meine Wahrnehmung anfing sich aufgrund von Panik zu verändern. Dann regulierten wir das gemeinsam, auf die Art wie wir das abgesprochen hatte. Wahrnehmen, zulassen, atmen, Körperkontakt, stampfen, mit der Umgebung im Kontakt bleiben und so weiter. Die Welle nahm dann immer irgendwann ab, ich nahm wieder klarer war.

Diese Reaktion kam bei jedem Besuch etwas später. Erst vor der Eingangstür – danach sind wir noch in den Vorraum. Dann im Flur, nach dem Vorraum. Beim dritten Mal beim einmal in die Werkstatt treten und wieder zurück in den Flur. Dann konnte ich mich sogar nochmal ein paar Minuten im Werkraum aufhalten. Und beim vierten Mal gab es ein kurzes Gespräch mit dem Anleiter. Das war der Trigger. Ein männlicher Anleiter.

Also Umgebung geht mittlerweile klar. Männliche Arbeitskollegen scheinen auch klar zu gehen, weil ich Abstand halten kann. Männlicher Anleiter, auf den ich angewiesen bin, um alles erklärt zu bekommen, geht noch gar nicht klar.

Ergebnis offen.

Ich habe mir gedacht, wenn das mit den Menschen genauso ist, wie mit der Umgebung, dann war klar, dass mich das überfordert. Ins Haus bin ich ja auch ganz langsam, Schritt für Schritt. Also müsste ich mich auch an eine männliche Anleitung ganz langsam herantasten und nicht gleich Vollkontakt. So in der Art – erst aus der Entfernung sehen, im Umgang mit anderen erleben, an die Anwesenheit gewöhnen und dann erst in Kontakt treten.

Nur, wie soll das gehen? Ich kann mich in der Zeit schlecht selber anleiten.

Mal sehen, was daraus wird.

Echt ätzend

Ich bin jetzt gerade mal echt wütend!!!

Warum muss das denn so schwer sein? Warum komme ich nicht länger auf einen grünen Zweig?

Da sind diese Momente wie heute Morgen und auch in den letzten 2 Tagen, immer wieder, da bekomme ich wieder Luft, die Schwere weicht, Zuversicht und Lebenslust tauchen auf. Ich atme auf und denke, nun wird es leichter und jeden Tag ein Stück mehr Freiheit und Beweglichkeit.

Und dann rasselt es noch am gleichen Tag wieder nach unten und ich kämpfe dagegen an, Tabletten zu missbrauchen.

Ich glaube diese Bedarfsmedikation hat meine Suchtstrukturen wachgerüttelt. Ich bin sowas von schnell bei diesen Gedanken mich betäuben zu wollen, weil ich das Schwere nicht mehr aushalte. Dabei hab ich oft genug schon viel schwerere Zeiten ausgehalten.

Mir fällt es echt richtig schwer meine Stimmung in eine positive Richtung zu lenken, obwohl ich alle Werkzeuge dafür habe. Steht alles schön auf einem Blatt Papier.

Nur ist das wie in zäher Teermasse stehen, ich komme gedanklich nicht dahin, das konsequent anzuwenden. Da ist auch ein Widerstand und eine Wut, jemanden um Hilfe zu bitten.

So ist es ein Herumgestochere mal hier und mal da, immer wenns zu kippen droht.

Dann zieh ich mir z.B. wie vorhin ne Tarotkarte, weine über die Botschaft und schaffe es durch diese Ansage mich umzuziehen und einen Ausflug zu Burger King zu machen, um unter Leute und in Ablenkung zu kommen. Das überbrückt dann so 2 h, bis ich auf dem Rückweg im Wald an einem Baum sitze, weil ich mich so erschöpft fühle, um weiterzugehen und dort auch Linderung meines inneren Schmerzes suche und dort nur wieder in sehr konkreten Betäubungsphantasien lande. Dann deshalb wütend werde und energisch beschließe, dass ich es doch wohl mal schaffen werde mich abzulenken und plane den Balkon sauber zu machen. Zu Hause merke ich, dass ich viel zu erschöpft bin und mir auch der Fokus flöten geht, um das umzusetzen. Und wieder die Gedanken und die Not, das Leiden werden größer. Ich setze mich stattdessen in die Meditation, ungefähr 5 Minuten, um dann aufzuspringen, mich am Arm zu ritzen und mit dem Entschluss die Medikation in der verabredeten Menge des Bedarfs zu nehmen.

Es ist trotzdem Suchtverhalten finde ich. Und vielleicht bringt es auch gar nichts und vielleicht senkt das nur die Hemmschwelle zum Mißbrauchskonsum.

Ach fuck!!! Es kotzt mich echt an.

Trotzdem… Wut tut gut!

Und jetzt werde ich einen Film schauen, denke ich.

Körperarbeit – Liebe und Schmerz

Ich möchte Auszüge eines E-Mail-Austausches aus den letzten Tagen teilen. Der hat sich aus einem Moment ergeben, wo ich von meinen Gefühlen und Empfindungen überfordert war und deshalb Kontakt gesucht habe.

Das war dann so ein instabiler Moment, wie im Beitrag „Wiedererleben und Stabilisierung“ erwähnt, wo meine eigenen Werkzeuge ’scheinbar‘ nicht mehr ausreichten, um mich zu fangen/halten.

Den Menschen den ich kontaktierte, kenne ich seit 2009 im Rahmen von Körperarbeit, in sehr unregelmäßigen Abständen (alle zwei Wochen, bis teilweise bis zu einem Jahr Pause), mit einer enormen Entwicklung. Wir hatten 4 Tage vorher einen Termin gehabt, in dem das Gefühl gehalten-zu-sein Raum finden konnte.

Ich:

Liebe …,
ich fühle mich nicht gut die Tage. Nach unserer Arbeit, an dem Tag hab ich mich noch sehr warm, angenehm eingehüllt gefühlt. Das muss mein Suchtgedächnis voll aktiviert haben, weil ich zu Hause nichts anderes wollte, als nie wieder aus diesem Zustand aufzuwachen und Beruhigungsmittel genommen habe, um mich sofort ins Bett legen zu können.
Klar, war ich dann am nächsten Tag ziemlich matschig und habe bis 14 Uhr im Bett verbracht.
Gestern Morgen habe ich dann gefühlt, nicht mehr in der Welt sein zu wollen, hier kein zu Hause zu fühlen. Sehr verzweifelt. Hat mich sehr betroffen, trotzdem Abstand, weil ich diese Gefühle schon kenne.
Und heute Morgen wird es schwieriger. Deshalb schreibe ich dir auch.
Ich fühle mich sehr fremd in dieser Welt die Tage. Alles Bekannte, Vertraute scheint weg zu sein oder ich nicht mehr hineinzukommen. Ich habe Angst. Gestern war eine Freundin da. Ich fühlte mich auch dort fremd in der Nähe. Außerhalb davon. Ich weiß gerade nicht wer ich bin. Ich fühle mich nicht, meine Haltungen, Werte, Aufgaben.
Ich habe Angst in nichts mehr hineinzufinden, alleine, orientierungslos und fremd zu bleiben. Ich habe Angst mich immer falsch zu fühlen, an Orten, unter Menschen, in diesem Leben. Ich fühle Angst, verloren zu gehen, keinen Halt mehr zu finden.
Ich kann heute schwerer mich erinnern und glauben, dass das eine Phase ist, die vorbei gehen wird. Ich habe das starke Gefühl, dass es danach nicht ins Bekannte zurück geht. Ich habe das Gefühl, alle Kontakte die ich habe zu verlieren.
Meine inneren Helfer haben mich schon darauf gebracht, heute Dinge zu tun, die mir sehr vertraut sind. Z.b. in den Wald hier gehen. Ich hoffe inbrünstig, dass der sich nicht auch fremd anfühlt.
Ich, ne Stunde später :):
Ich noch mal. 🙂
Was für ein hin und her. Eine Stunde später, nachdem ich mich aus meiner Starre geklopft habe und duschen war, ist es jetzt ganz anders.
Ich fühle wieder etwas von Vertrauen und einer Sicherheit, dass alles gut ist. 🙂
Also es wird wohl weitergehen und gut gehen.
Sie:

Es scheint, dass vertraute Dinge tun, Vertrauen in das Selbst wieder herstellen können.

Möglicherweise wurde während unserer Arbeit eine neue Saite angeschlagen, die aber noch mit „alten“ Gefühlen verknüpft ist.
Ich will es so erklären: sich warm und angenehm eingehüllt zu fühlen ist an sich ein schöner, menschlicher Zustand den wir eigentlich erstreben und uns ersehnen.
Dies kann aber auch mit Schutzlosigkeit und Schwäche (wenn ich mich entspanne und warm fühle, fahren meine Schutzschilde herunter und ich bin angreifbar),
Suchtgedanken (da will ich nie mehr weg, weil ich Angst habe nie mehr in diesen schönen Zustand zu kommen)
Langeweile (ich bin so auf Adrenalin, dass ich alles unter diesem Hormonlevel als öde empfinde) uvm. verbunden werden.

Ein Lehrer von mir sprach einmal im Unterricht über Glaubenssätze. Ein oft gelebter Glaubenssatz ist zum Beispiel: „Liebe muss weh tun. Wenn es kein Drama gibt, dann kann es keine echte Liebe sein“. Das hat mich sehr nachdenklich gemacht. Liebe und Schmerz sind oft so untrennbar miteinander verknüpft, dass man Liebe ohne Schmerz als öde und langweilig oder gar nicht empfindet. Wie gelingt es und das Gefühl der Liebe davon zu trennen und es als das wahrzunehmen, was es eigentlich ist? Eine universelle Kraft, die alles zusammenhält. Unter anderem.

Du kannst den Weg des Vertrauens gehen, auch wenn er sich manchmal noch schwankend und unsicher anfühlt!
Und ich vertraue deinem inneren Helfer / Heiler! Absolut!

Ich:

mit diesem satz kann ich sehr gut etwas anfangen:

“Möglicherweise wurde während unserer Arbeit eine neue Saite angeschlagen, die aber noch mit „alten“ Gefühlen verknüpft ist.”

das habe ich später auch gedacht, ob das einfach wieder die gefühlslage von damals war. das ist mir schon öfters aufgefallen, dass neue gefühle, besonders wenn sie sehr neu sind, nochmal ganz stark die alten gefühle hervor holen. ging mir ja bei der wut auch so. danach hatte ich diese heftige angst in mir drin. und neulich, als ich verstärkt für hilfe und unterstützung gesorgt habe, ging es mir besonders elend, weil ich unterstützung doch nicht verdient habe. usw. usf.

und da ich ja immer was neues mache, neues erlebe, mich für neue räume öffne, fühle ich mich also auch sehr oft scheiße. da muss ich gerade drüber lachen, weil es so plausibel ist.

an dem abend erreichte es noch seinen zenit. der selbstverletzungsimpuls war enorm, wie schon lange nicht mehr. und es ist interessant, was du über die liebe und den schmerz schreibst, weil ich da so lag und sehr weinte und mich so unglaublich nach gehalten-sein, berührt werden, in den arm genommen werden sehnte, so dass es schmerzte + eben das verbot (selbstverletzung), solche bedürfnisse nicht haben zu dürfen und gleichzeitig habe ich aber gefühlt, dass ich dieses gefühl, berührt und gehalten zu sein in mir selbst wahrnehmen konnte. das war schon recht paradox, als ich erkannte, es ist ja da. ich brauche mich ‘nur’ für die wahrnehmung zu öffnen, sie zuzulassen. der schmerz war eigentlich nicht nötig, aber trotz der erkenntnis da.

vielleicht muss mein geist-körper-seele-system erst einmal die neuen gefühle, die da erfahren wurden realisieren und einbauen.

 

Einsamkeit

04.05.2016

„(…) So wie jetzt war es noch nie und das besondere daran und für mich spektakuläre – ich mache es alleine. Das finde ich einfach wow! 🙂
Ich fühle mich stärker, fester, aufgerichteter, mutiger. Jede gute Erfahrung baut das aus.
Ich fühle mich aber auch ebenso wiederkehrend einsam und haltlos. Teilweise so sehr, wie ich es nicht gedacht hätte, dass das noch in mir angelegt ist. Es ist ein stetiges Hintergrundrauschen und breitet sich mal mehr, mal weniger aus, wenn ich zur Ruhe komme, mit einer Note von Traurigkeit. Und ich frage mich, muss ich das wirklich weiterhin, jahrelang, lebenslang aushalten? Ist das einfach so? Darauf gibt es keine Antwort. Um dieses Gefühl in mir liebevoll da sein zu lassen, fühlen sich meine Arme oft nicht groß genug an.
Hand in Hand geht damit ein Verlangen nach Konsum. In der letzten Woche so stark, wie ich auch das schon lange nicht mehr auf dem Schirm hatte. Die Haltlosigkeit will sich etwas zum festhalten suchen und glaubt, eine Zigarette wäre die Lösung. Glücklicherweise wählt sich das Verlangen lediglich das Nikotin. Liegt wohl an der Verfügbarkeit. (…)“

 

07.05.2016

„Heute morgen konnte ich endlich mal richtig weinen und die Einsamkeit zulassen. Plötzlich habe ich sie auch verstanden.

Die Menschen, bei denen ich bisher tieferen Halt gefunden hatte, auch mit meiner Bedürftigkeit, gibt es so nicht mehr. Die Menschen schon, jedoch nicht mehr die Bindungen zu ihnen. Da ist gerade nichts mehr!

Und alles was ist, dazu habe ich nicht diese Bindung.

Kein Wunder, dass ich mich einsam fühle und mein Konsumverlangen penetranter wird. (…)“

 

Nullpunkt

Heute Morgen gibt es keinen Grund aufzustehen. Ich brauche über eine Stunde, um irgendetwas zu finden, für das ich Dankbarkeit fühlen kann.

Ich versuche die Menschen die mich umgeben zu fühlen, mich an ihrer Verbindung zu halten und diesen Wert zu schätzen.

Keine Verbindung da. Nichts was ich greifen kann. Ich fühle keine Verbindung mehr zu meinen Freunden und keine Verbindung zu den Menschen die mich unterstützen.

Ich fühle keine Nähe. Ich fühle die Unterstützung nicht mehr. Ich fühle kein Leben.

Ich weine. Mein Herz rührt sich dabei und geht dann ein kleines Stück auf. Ein Strahl Leben auf den ich aufsteige und aufstehen kann.

Ich fühle mich von der Idee angezogen rückfällig zu werden, mir Graß zu besorgen.
Was wäre der Preis? Was gebe ich damit auf?
Ich fühle kein Leben mehr, welches ich verlieren könnte, welches nicht schon verloren ist.

Hab ich mich gestern erst von meinem alten Leben verabschiedet, an all die schönen Momente gedacht und Dankbarkeit empfunden, dass ich sie erleben durfte. Mir kam es vor, als würde ich am Ende stehen, am Ende meines Lebens.

Irgendwas fühlt sich an dieser Rückfallphantasie doch bedrohlich an.
Energien mobilisieren sich. Mit wem könnte ich sprechen? Und noch mal ganz genau nachdenken – gibt es wirklich nichts was ich verlieren würde? Doch, meine Gefühle. Meine Gefühle sind mir gerade scheißegal. Dann fühle ich halt mal ne Weile nichts. Ist ja nicht für alle Ewigkeit.
Dieser Grund wirkt ein kleines bisschen. Ich schreibe einer Freundin. Die Beschaffungspläne sind schon sehr weit fortgeschritten.

Das fühlt sich nach Verantwortung abgeben wollen an.

Ich will wirklich, wirklich, wirklich gerne die Verantwortung für mich an den Nagel hängen. Keine Lust mehr. Sollen die anderen doch sehen, was sie damit machen.

Die Anderen sind wohl Frau Helferin.

Ich habe gestern ein Desperados getrunken. Der Drang war stark, doch gab es auch Alternativen im Kopf. Es hätte nicht sein gemusst. Doch ich war… hmmm… vielleicht bockig? Vielleicht dahinter verzweifelt? Vielleicht mit zu schwachen Abwehrkräften in dieser schwierigen Zeit? Verantwortung abgeben? Provokation nach außen? Ich schäme mich für diesen Rückfall, der auch zwei Ritzer am Arm zur Folge hatte. Ich bin solchen Provokationsimpulsen bisher nie nachgegangen.

Meine Kraftreserven sind grundsätzlich niedrig. Sie tragen nicht mehr viel, haben nicht viel zu entgegnen.

Die Alkoholrückfälle häufen sich, ebenso die Autoaggression. Auch wenn die Häufung noch kein schädigendes Verhalten ist. Was heißt, ich besaufe mich nicht und verursache keine schweren Verletzungen.
Wenn ich das richtig sehe, habe ich in den letzten zwei Monaten 4 mal 1-2 Bier getrunken, mich 3 mal geritzt und einmal gegen eine Wand geschlagen. Die Boxer auf die Oberschenkel habe ich nicht dokumentiert.
Das ist eine deutliche Steigerung.
Das Jahr davor, war ich bei einmal alle zwei Monate ein Bier und vielleicht alle vier Monate eine Selbstverletzung. Und davor war ich mal bei Null-Konsum.

Ich frage mich, wie habe ich diese Orientierungslosigkeit, Unklarheit früher ausgehalten? Das sind doch keine neuen Gefühle.

Fortsetzung folgt… vielleicht… vielleicht hab ich auch keine Lust mehr – auf alles. Blabla…
Ich geh jetzt in den Wald.

Krisenzeit

Das war die heftigste Krise die ich seit letztem Jahr September erlebt habe. (Diese endete damals auf der Kriseninterventionsstation.)

Mit großen Augen und anerkennendem Blick sagt sie: „Und sie haben das durchgestanden!“ Ja, ich habe das zu Hause durchgestanden. Ich hatte mich zwar um eine Krisenaufnahme für das Wochenende, in einer Akuttagesklinik gekümmert, diese dann doch abgesagt. Ich habe es mir zugetraut, weil andere Dinge griffen.

Niemand konnte das ganze Ausmaß sehen, niemanden konnte ich sagen, was in mir passierte, dass sich alles in mir verändert hatte. Niemand bekam die Dimension dieser Krise mit. Ich hatte keine ausreichenden Worte und habe es selbst nicht verstanden – mittendrin. Wenn ich nicht mehr konnte, sah das keiner und wenn mich jemand sah, setzte der Automatismus ein, noch zu können. Und was soll ich sagen – es ist okay… irgendwie. Es war nicht nötig, dass ich mein Erleben erklären konnte (auch wenn ich es gerne getan hätte). Ich habe es anscheinend nicht gebraucht.

Ich habe MICH gebraucht. Und ich war überwiegend für mich da. Bin Wege gegangen, die ich noch nie gegangen bin. Habe Hilfe bekommen, auch ohne dass die Dimension erkannt wurde, wohl einfach, weil man mir auch glaubte, wenn ich um Hilfe bitte, dann brauche ich sie auch.

Ein sehr heilsames Erlebnis, wenn die Tagesklinik sagt (war da bisher zweimal, 2011 und 2014): „Kommen sie einfach. Sie brauchen keine Einweisung vom Arzt. Wir kennen sie ja und kümmern uns dann um alles.“ Ich habe geweint vor Dankbarkeit, nach diesem Anruf. Ich musste nichts erklären. Es hat einfach gereicht nach einer Krisenaufnahme zu fragen.

Erst danach konnte ich so halbwegs verstehen und erklären und sie sagte: „Ich habe es ihnen zugetraut.“ Wow…! Das hatte ich mir von meiner damaligen Therapeutin gewünscht und sie sogar darauf angesprochen, ob sie mir nichts zutraue. Und nun sagt man mir das von ganz alleine. Ein tolles Gefühl! Noch nie in meinem Leben, habe ich so etwas gesagt bekommen und auch annehmen können.

Da ist viel Kraft in mir. Ich durfte sie erleben und ich spüre sie immer noch. Ich fühle mich nicht stark. So meine ich das nicht. Sondern, dass da ein Kern in mir ist, der Kraft zur Verfügung stellen kann (immer gibt), wenn ich sie brauche.

Krisen erschaffen immer ganz besondere Erfahrungen. Ich tue Dinge, die ich ohne nicht tun würde. Dadurch erlebe ich Sachen, die ich ohne nicht erleben würde.

Die Lawine, die alles mit sich riss und sich stetig vergrößerte, läuft momentan langsam aus (und nichts ist mehr wie vorher). Ich weiß nicht, wo ich jetzt stehe. Da ist so viel passiert. Für mein Bewusstsein zu viel in zu kurzer Zeit, als dass ich greifen könnte, was es mit mir gemacht hat und was im Einzelnen der Inhalt war.

Das Überthema heißt wohl ‚zeigen und gesehen werden‘ und Bindung (immer noch). Da hängt so unglaublich viel dran! Das hat (und tut es weiterhin) so extrem viel ausgelöst.

Auch bin ich auf ein familiäres Thema, mütterlicherseits gestoßen. Ich trage Erlebnisse meiner Familie mit, die ich nie erlebt habe. Ich reagiere mit ihrer nackten Angst und Panik. Ich habe den Schmerz meiner (schon seit Jahren verstorbenen) Oma geweint.

Am Ende brauchte ich für drei Tage völligen Rückzug. Ich ließ die meiste Zeit Handy, Telefon und PC aus. Wusste ich, ich musste mich vor weiteren Reizen, Informationen, Reaktionen schützen, um mein völlig überreiztes Nervensystem zur Ruhe zu bringen und meinem durchgebrannten Verstand die Nahrung zu entziehen. Absolute Ruhe – das brauchte ich. Der erste Tag davon war sehr schwer. Meine Gedanken drängten immer wieder zur Tat, wollten Klärung, suchten Kontakt, waren voller Panik und auch Schmerz. Es erforderte Disziplin, nicht ins Handeln zu gehen. Ich schrieb sie alle auf, um mich dann wieder dem Jetzt zuzuwenden. Das half. (Und heute sind 70% des Geschriebenen unwichtig geworden)

Gestern und heute sehe ich nichts mehr um mich herum. Da ist so viel leerer Raum. Aus allen Zusammenhängen gelöst. Nichts scheint mehr wichtig, von Bedeutung oder trägt. Ich sehe keinen Weg. Ich habe kein Ziel vor Augen. In den letzten Jahren hätte mich das (zum wiederholten Male) in eine tiefe Sinnkrise gestürzt, auf die ich aufgesprungen wäre. Jetzt übe ich mich, die logischerweise folgenden Depressionswellen durch mich durchlaufen zu lassen. Jetzt hält nur noch das Leben, das Da-sein selbst. Schön fühlt sich das nicht an. Da ist Angst und Ungewissheit. Keine Richtung, in die ich blicken kann. Es bedeutet viel Bewusstseinsarbeit und aushalten.

Es ist zu erwarten, dass sich wieder etwas Greifbares formieren wird (und ich danach auch suchen werde), um beim nächsten Mal erneut zu zerfallen.

Ich bin müde, erschöpft und sehr schwach.
Ich fühle wieder (wackeligen) Boden.
Ich habe die schwach pulsierende Erinnerung von Kraft.

Wie die Dinge manchmal laufen oder ein klassischer Fall von Sucht

Wenn man es besser weiß und sich trotzdem nicht anders verhalten kann. Eines greift ins andere. Ein Dominoeffekt.

Ein kurzer Moment reicht aus. Ein kleiner Spalt in der Tür und was sich erst wie ein frischer Luftzug anfühlt, wird zu einem kräftigen Durchzug, bei dem man all seine Kraft braucht, um die Tür wieder zu zubekommen.

Ein schmerzvoller Abend und gleichzeitig Werbung für psychedelische Pilze im E-Mailpostfach. Der erste Klick auf die Seite und schon schnappt die Suchtfalle zu. Der Blick verengt sich. Es wird nicht mehr nachgedacht, nicht links und rechts geschaut, nur noch gehandelt. Weitere Klicks folgen, Produkte in den Warenkorb gepackt. Weitere Handlungen folgen, Bedingungen werden in Kauf genommen, die man sonst nie eingehen würde. Auch ein klassisches Merkmal von Suchtstrukturen. Es wird mehr bestellt als nötig, um den Mindestbestellwert zu erreichen. Unklare Legalität wird in Kauf genommen und ein Entdeckt werden durch den Zoll. Einem Online-Banking-Verfahren für Auslandsüberweisungen wird zugestimmt, obwohl man gar nicht versteht, für was genau man da eigentlich zustimmt. Hauptsache der Deal läuft.

Einen Tag später habe ich tatsächlich erst einmal völlig vergessen, was ich da am Vorabend getan habe. Dann fällt es mir wieder ein und ich erkenne selbst, wie süchtig ich mich verhalten habe, wie untypisch risikobereit. Ich spreche mit einer Freundin darüber, kann herzlich über meine Beklopptheit lachen und find gleichzeitig so einen Pilzkonsum ja auch gar nicht so schlimm. Ambivalenz. Ein weiterer Klassiker von Suchtstrukturen.

Tagelang geht es hin und her. Mal ganz realistisch die Fakten betrachtend – ich bin psychisch nicht stabil, nehme Psychopharmaka, neige zu Dissoziationen – wonach von einem Konsum absolut abzuraten ist und ich das auch okay finde und dann wieder Tunnelblickartig verharmlosend sich auf den Konsum zu freuen.

Ich hab dann irgendwie gehofft, dass der Zoll das Zeug einfach abfängt und es gar nicht bei mir ankommt. Oder ein weiterer Plan war, dass ich das Zeug einfach in den Keller packe und vergesse, bis ein passender Moment dafür kommt. Suchtstruktur hallo! Man glaubt, man könne den Konsum kontrollieren. Kann man aber nicht, sonst wäre man nicht süchtig. Und ganz bestimmt hätte ich nicht vergessen können, dass da zwei Päckchen Pilze in meinem Keller liegen und ich einfach nur die Treppe nach unten gehen brauche, um sie zu holen.

Nach dem letzten Gespräch mit Frau Helferin, in dem ich ihr davon berichte und sie mir ein Versprechen abringt, nicht während ihres Urlaubes zu konsumieren, ist auch schon am nächsten Tag die Post angekommen.

Nur schon beim Blick in den Briefkasten, auf den Umschlag, wird mir bewusst wie stark die Sogwirkung ist und ich schließe ihn sofort wieder. Mein erster Gedanke ist, um Gottes willen, ich darf den Brief gar nicht mit hoch nehmen, aufmachen und am besten muss der gleich weg zu irgendjemand anderes in den Keller. Mich schützen, aber es trotzdem verfügbar halten.

Ich versuche jemanden telefonisch zu erreichen, bei dem ich es lagern kann. Erreiche aber niemanden, so dass ich abends nach Hause komme und ganz selbstverständlich den Briefkasten öffne und den Umschlag mit hoch nehme. Man ist ja auch neugierig, wie es so aussieht und schon ist es auch alles gar nicht mehr so schlimm und man merkt gar nicht, wie sehr die Aufmerksamkeit um die Droge kreist, was ein weiteres Merkmal für Sucht ist.

Ich stelle also fest, dass die Pilze frisch sind und nicht lange gelagert werden können, ohne zu schimmeln. Ich fange an im Internet zu lesen, über Lagerung, Trocknung, Verhaltensregeln bei Konsum usw. usf.. Die Ambivalenz ist stetig vorhanden. Aktuell zu konsumieren wäre dumm und gleichzeitig nach einer günstigen Gelegenheit Ausschau halten. Das Versprechen an Frau Helferin hat überhaupt keine Bedeutung. Und den Gedanken zuzulassen, dass ich es einfach ganz lassen sollte, alles wegschmeißen, ist überhaupt nicht möglich.

Ich entscheide mich für das Trocknen. Viel innere Aufmerksamkeit ist in das Thema geflossen. Jeden Tag bin ich damit beschäftigt. Es wird an den Bedingungen für die Trocknung gebastelt. Es ist spannend. 4 Tage sind vergangen.

Der 5te Tag. Ich bin in der Kontakt- und Beratungsstelle zu Kaffee und Kuchen. Im Geist wäge ich einen heutigen Konsum ab. Meine Stimmung ist gut. Das reicht mir aus. Das es dann spät wird und ich am nächsten Tag wieder früh aufstehen muss und arbeiten gehe, ist unrelevant. Ich rechne herum und bin unentschlossen. Esse ich jetzt hier den Kuchen mit, muss ich länger bis zur Einnahme warten, damit der Magen leer ist. Vernunftgedanken gibt es auch noch, die immer mal wieder einschieben, ach lass es sein, muss ja heute auch nicht sein.

Hat trotzdem nichts gebracht. Abends nehme ich eine Minimaldosis, die ich mir als Testung verkaufe.

Der Preis für ein paar Stunden seichtest Verliebtheits- und Innigkeitsgefühl mit der Welt ist hoch. Unangenehme Hungerzeit. Unangenehme Kopfempfindungen, auch noch den ganzen nächsten Tag, wegen der Wechselwirkung mit den Medikamenten. Ewig lange nicht einschlafen können. Kreislaufschwäche. Am nächsten Tag in ziemlich mieser Stimmung und schlechter körperlicher/geistiger Verfassung, erst nicht aus dem Bett kommen. Die Arbeit nur zur Hälfte schaffen. Ein schlechtes Gewissen, bis Reuegefühle. Unterschwellige Aggression. Anspannung auf Grund des Verheimlichens.

Doch all das reicht immer noch nicht aus, meinen Umgang damit zu verändern.

Ich mache mich im Vertretungsgespräch auf. Komme dort zumindest schon zu dem Entschluss, zu versuchen, dass noch verschlossene Päckchen loszuwerden, jemandem zu schenken oder so und den Rest vom offenen Päckchen zu trocknen. Auf einen weiteren Konsum hab ich in dem Moment überhaupt keine Lust.

Am Ende des Gespräches habe ich ein ganz mieses Gefühl zu gehen. Ich bin so wenig im Kontakt gewesen, dass es mir so vorkommt, als hätte dieser Termin gar nicht stattgefunden. Mein Vertretungsgegenüber war meist in einer zuhörenden Position, so dass ich ihn kaum spüren konnte. Ich teile ihm das mit, dass mir ein zugehen auf mich, aktiv teilnehmen, helfen würde, mehr den Kontakt zu spüren. Dann kam es zu einer schmerzhaften Situation, weil seine Antwort darauf, von kindlichen Anteilen anders bewertet wurde, als wie es gemeint war. Er war sehr ehrlich und sagte mir, warum er sich heute so zurück gehalten hat. Einmal, weil er mich nicht überlasten wollte, so im ersten Kontakt, in einer Vertretungssituation und zum zweiten, weil er an den Konsum von Gestern dachte und das Gefühl hatte, dass das dann nicht so viel bringt. Autsch! Das tat weh. Bei mir kam an, alles was ich erzählt habe, womit ich mich offenbarte, hat nichts gebracht, hat keine Bedeutung, hätte man auch sein lassen können. Ich war nicht von Bedeutung, in dem Zustand wie ich da war!

Ich konnte das noch zurückmelden und habe auch die eigentliche Aussage verstanden. Trotzdem lief das Gefühlte in mir weiter, so dass ich auf dem Weg nach Hause im Bus saß und mich plötzlich in alles einnehmenden Wertlosigkeitsgefühlen wiederfand, die mit der eh insgesamt schlechten Verfassung zusammenflossen. Ein Konsum öffnet die Tür zum nächsten Konsum. Ich wollte mich wegschießen. Überlegte, dass ich einfach alle Termine am nächsten Tag und auch am übernächsten Tag cancel und mich in den Rausch zurückziehe. Alles wurde mir scheißegal.

Gott sei Dank wurde mir diese Zuspitzung dort im Bus bewusst und zum ersten Mal wurde mir klar, ich komme da nur wieder raus, wenn ich das Zeug sofort vernichte. Die Vorstellung tat weh! Meine Güte, wie tief war ich schon in der Abhängigkeit verstrickt.

Alleine brachte ich es nicht übers Herz, alles ins Klo zu werfen. Ich rief noch mal Herrn Helfer an, mit reichlich inneren Widerständen und bat ihn mich telefonisch zu begleiten.

Schluss! Aus! Vorbei! Weg war es. Ich legte auf und brach auf der Toilette sitzend in Tränen aus. Es fühlte sich schrecklich an, als hätte man mir etwas Lebenswichtiges weggenommen.

So funktioniert Sucht.

Boarhhh, ich bin froh, dass dieses Kapitel ein Ende hat.

Innere Schichten

Diese internalisierte scharfe, herablassende, kalte Stimme, die so stark ist, dass sie mir die Gefühle ausredet, sie verleugnet, sie für mich kaum, bis gar nicht greifbar macht.

Nun hab dich nicht so. Sei nicht so erbärmlich. Das ist Nichts was du hast, im Vergleich zu manch Anderen. Das ist auch ohne Vergleich Nichts. Was heulst du herum. Mach nicht so ein Drama.

Diese Stimme, die so stark ist, dass sie mir glaubhaft vermittelt, auch andere Menschen würden so über mich denken, so dass ich mich nicht mehr traue, mich jemandem mit meinen Gefühlen mitzuteilen.

Man wird dich auslachen, wegen deiner Probleme die keine sind, wenn du da jetzt anrufst. Man wird sich über dich lustig machen.

Diese Stimme, die meine Einsamkeit verstärkt, weil sie mich nach außen nicht mehr mitteilen lässt.

Aber es zählt doch, wie es sich für mich damals angefühlt hat! Ob es sich für mich schlimm angefühlt hat. Das ist der Maßstab dafür, ob da etwas ist was Bedeutung hat oder nicht.
Ich glaube, das hat es, sich schlimm angefühlt. Dieses ständige Bedrohungsgefühl. Diese ständige Angst. Diese Enge zu Hause. Nicht falsch verhalten. Vorsichtig sein. Immer in Deckung bleiben, um nichts abzubekommen.

Du bist Nichts mit deiner Einsamkeit. Du bist NICHTS. Wertlos. Selbst daran schuld. Hast nichts anderes verdient. Es dir selbst eingebrockt. (Verlangen nach Bestrafung, körperliche Zerstörung)

Ich bin schuld. Ich bin zu keiner Verbindung fähig. Ich verlasse, ohne vorher jemals da gewesen zu sein. Bin nicht in der Lage etwas Haltendes daraus zu machen. Es liegt an mir, dass ich einsam bin. Ich bin nichts wert. 😥 (Verlangen nach Betäubung, Verschwinden)

Du konntest nichts dafür. Es war nicht deine Schuld. Es lag nicht an dir, dass da damals so viel Abschottung war, die du noch heute weiterlebst. Du warst nicht die Ursache! Du bist wertvoll. Herz-Menschen haben dich heute wirklich gern.

Ich liebe dich, Sophie.

Du bist genau so richtig wie du bist! Du kannst mir glauben.

Geschenke

Mir geht es momentan so unglaublich gut!

Ich kann mich nicht erinnern, wann das das letzte Mal so war oder ob es überhaupt schon mal so war, wie es jetzt ist.

Ich fühle mich weit. Ich fühle mich voller Liebe, Hingabe, Fürsorge und Kraft. Ich habe viel zu geben.

Ich fühle mich verbunden mit mir und dem Leben. Ich fühle mich mir nah. Emotionale Schwankungen erfasse ich schnell und durchlebe sie innerhalb kürzester Zeit. Ich gebe mir die Zeit dafür. Ich schenke mir Aufmerksamkeit, wenn ich merke irgendetwas stimmt nicht.

Mich hat das Leben unerwarteter Weise mit einem Geldsegen beschenkt. Dadurch kann ich meinen Impulsen besser folgen.

Ich habe auf meinen Körper gehört und mir eine energetische Massage gegönnt. Die letzte war ca. ein dreiviertel Jahr her. Ich war so beeindruckt über den Unterschied. Wie nah ich mir teilweise sein konnte. Wie liebevoll zugewandt meinem Körper gegenüber. Das rückte die Sehnsucht ins Bewusstsein. Ich spürte dadurch, wie sich mein Körper nach mir sehnte und wie sehr ich mich nach ihm sehnte.

Beim Yoga habe ich mich auch wieder angemeldet. Das letzte Mal ist ebenso lange her. Gestern war ich das erste Mal wieder dort und ich war genauso berührt. Glasklar konnte ich meine fortgeschrittene Entwicklung wahrnehmen. Viel mehr Achtsamkeit und bei mir sein. Viel mehr liebevolle Gedanken und Selbstfürsorge.

Mein Antrieb ist super, seit dem das Lyrica-Experiment beendet ist. Das hat mich meiner Sucht noch mal sehr nah gebracht, so nah wie seit 2011 nicht mehr. Ich missbrauchte Medikamente, schaltete mich für zwei Tage völlig aus. Eine lehrreiche Erfahrung, besonders die, dass ich es schaffen kann unvorstellbar großes Verlangen auszuhalten und mir wieder ins Bewusstsein zu rücken – ich bin süchtig, auch wenn ich es nicht immer merke.
Jeden Tag habe ich Lust das Haus zu verlassen und kann mehrere Dinge tun. Mein Körper lechzt nach Bewegung. Ich fühle viel Freude.

Am Arbeitsplatz läuft es gut. Es ist herausfordernd, ich spüre sehr deutlich die Bereiche, an denen ich dran bleiben muss und jedes Mal läuft etwas gut.

Die Abschiedsthematik in der Therapie treibt Früchte. Ich konnte das frühkindliche Verlassen-werden-Ereignis neu durchleben und integrieren. Was für eine Befreiung! Am Ende habe ich gelacht und geweint und gewütet gleichzeitig. Ich bin immer noch kein ‚Herz und eine Seele‘ mit meiner Therapeutin und spüre weiterhin sehr deutlich, dass es gut ist, dass sich unsere Wege trennen. Noch 10 Termine.

Die Unterstützung hier zu Hause brauche ich gerade gar nicht.

Nächstes Wochenende bekomme ich die Einweihung zum 2. Reiki-Grad, worauf ich mich schon wahnsinnig freue. Die Woche drauf habe ich einen Handlese-Termin, der mich auch ganz neugierig macht.

Die DBT-Gruppe ist insoweit ein Geschenk, dass ich spüre, was ich alles in den letzten Jahren erreicht habe. Ich lerne dort nicht mehr so viel Neues, aber kann mich jedes Mal gut verorten, in dem wie ich es schon mache und das stärkt mich ungemein. Ich bekomme auch das Gefühl endlich damit gesehen zu werden.

Ich fühle mich von allen Seiten getragen und unterstützt. Ich fühle mich vom Leben getragen und unterstützt. Ich vertraue dem Leben und dem Wandel.

In tiefer Dankbarkeit für diese Phase, verneige ich mich.