Ich will diese Art Verbindung nicht

Ich ertrage Sie nicht in mir drin.

Diese Verbindung löst Schmerzen aus.

Diese Verbindung fühlt sich falsch und unecht an.

Im Solarplexus.

Diese Verbindung macht Tränen und Leid.

Ich frage, welches Wesen diesen Tränen heute helfen kann. Sehe eine vertikale Schnur, mit unterschiedlich großen Kreisen aufgefädelt. Fühle Verbindung. Vertikale Verbindung. Vielleicht als Gegenstück zur horizontalen Verbindung, vom Solarplexus zur Therapeutin?

Ich will diese Verbindung nicht, die Horizontale. Ich will sie kappen. Ich muss sie kappen, um da sein zu können. Als ‚Ich‘, als eigenständiges, unabhängiges, freies Wesen.

Ich ertrage es nicht mehr so mit Ihnen da zu sein, unfrei. In dem Sie mich ständig mit Ihren Worten, mit Ihrer Anteilnahme und Aufmerksamkeit berühren. Wo diese Berührungen weh tun oder unglaublich gut tun, so dass ich mehr davon will. Oder beides gleichzeitig.

Ich will nicht wie eine Ähre im Wind von Ihren Reaktionen abhängen, dieser Macht unterliegen, die mich zerstören oder auf Händen tragen kann.

Ich will Sie nicht als Substanz in mir drin, um die ich kreise, nach der ich greife, Tag für Tag versuche mich an ihr festzuhalten.

Ich will nicht, dass Sie diese Bedeutung haben.

Ich will frei davon sein! Ich will frei von Ihnen sein und herausfinden, dass ich das überlebe.

Ich will Ihnen nicht alles erzählen wollen. Mich nicht umstülpen wollen und bis in den letzten Winkel ausschütten.

Ich will nicht die ganze Woche auf diesen Termin mit Ihnen warten, als wäre es das einzig Bedeutsame, das einzige was mich retten und weiter tragen kann.

Ich möchte Geheimnisse haben können, die ich nur in mir selbst erzähle und wahrnehme. Unausgesprochen. Still betrachten.

Ich will mich auf diesem verdammten Stuhl Ihnen gegenüber spüren können, meine beiden Füße auf dem Boden, unabhängig von Ihnen!

Ich möchte frei sein von Ihnen.

kurz

Ich vermisse meine Leichtigkeit.

Wenn ich zurück schaue, kommt es mir vor, als hätte ich sie mir nur ein-gebildet, aus-gedacht. Als wäre sie nur möglich gewesen, in dem ich andere Teile der Realität ausgeblendet habe.

Das möchte ich natürlich auch nicht mehr.

Ich hoffe, es gibt noch eine andere Art von Leichtigkeit.

Ich stelle sie mir als etwas vor, was unabhängig von den Dingen, Realitäten ist.

Jaaa… das wäre schöööön. Das könnte ich gut gebrauchen.

Beschäftigung

Tatsächlich. Es ist geschafft. Liegt schwarz auf weiß vor mir. „Beschäftigungsvereinbarung“. Ich habe gefunden, wonach ich seit 1,5 Jahren gesucht habe und ich habe es an einer Stelle gefunden, wo ich gar nicht damit gerechnet habe.

Alles ging dann auch sehr schnell und völlig unkompliziert. So schnell, dass ich jetzt erst, nachdem schon dritten Arbeitstag realisiere, dass ich wo angekommen bin und nicht mehr suchen brauche. Das ich etwas tue, wo ich mich sinnvoll fühle, Verantwortung übernehmen kann, unabhängig und selbstständig arbeiten kann, inhaltlich nichts Neues lernen brauche und somit gleich Erfolgserlebnisse habe und zusätzlich in ein soziales Gefüge eingebunden bin.

Es passt wirklich alles. Dass es ein Zuverdienstprojekt für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen ist und somit der Arbeitsrahmen an die Befindlichkeiten angepasst werden kann, ohne anzuecken. Dass ich mich von den anderen Beschäftigten vor Ort nicht zu sehr abhebe (psychische Einschränkung ist nicht gleich psychische Einschränkung) und bisher alle nett und sympathisch finde. Das die Beschäftigung nicht angeleitet und betreut ist (außer man hat natürlich Fragen) und damit arbeitsweltnah gestaltet.
So habe ich gleich das Gefühl, dass man erst mal davon ausgeht, dass ich das kann. Es wurden keine großartigen Fragen gestellt zur Vorgeschichte und Einschränkungen. Ich war eine halbe Stunde zum Gespräch, um herauszufinden, in welchem Bereich ich es mir vorstellen könnte und konnte dann sofort loslegen. Kein Amt musste involviert werden, keine Kostenübernahme geklärt. Es gilt auch nicht als Arbeit, sondern als tagesstrukturierende Maßnahme, mit einem Euro Motivationspauschale die Stunde und muss damit auch nirgendwo angegeben werden.

Hauswirtschaft. Das ist es nun. Ich war wirklich selbst überrascht, dass ich dabei ein gutes Gefühl bekam. Vorher hatte ich nie die Idee oder den Gedanken, dass das etwas für mich wäre. Das ich damit zurecht kommen würde, solche Tätigkeiten auszuüben. Es fühlt sich tatsächlich richtig gut an. Ordnung und Sauberkeit halten kann ich tatsächlich ziemlich gut. Und das jetzt auch noch für ein Soziales Projekt mit Verkaufseinrichtung zu tun, gibt mir ein sinnvolles Gefühl. Ich tue etwas Gutes. Ich mache, dass es sauber aussieht, die Kunden und Mitarbeiter sich wohl fühlen. Ich fühle mich jetzt schon mit dieser Einrichtung verbunden.

Ich hatte Vorstellungen, dass ich mich minderwertig fühlen würde, in einem Zuverdienstprojekt zu arbeiten und damit einsortiert als psychisch krank. Das ist nun überhaupt nicht der Fall. Ich fühle mich unter Gleichgesinnten. Ich fühle mich geschützt und gleichzeitig frei, mich zu entwickeln. Und da man auch nichts von meinen Defiziten wissen wollte, sondern lediglich sagte, machen sie es so wie es sich für sie gut anfühlt, fühle ich mich auch nicht krank und gleichzeitig in meiner Selbstfürsorge bestärkt.

Es ist wieder einmal Fügung. Genau an dem Tag wo ich mein Vorstellungsgespräch hatte, hat der einzige andere Mitarbeiter der für die Hauswirtschaft zuständig ist, sich für 3 Wochen krank gemeldet und es ist unklar, ob er wieder kommt.

Ich bin an zwei Tagen die Woche für jeweils 2 Stunden eingeplant. Knall hart bekomme ich meine Grenzen gespiegelt. Ich darf ganz deutlich spüren, warum ich nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt gehöre, damit überfordert wäre. Die ersten beiden Tage habe ich nach einer Stunde aufgehört. Die neue Umgebung, fremde Menschen, Menschen die mich beim arbeiten sehen, Verantwortungsgefühle die Überhand nehmen, starke Ängste vor Abwertung, Ablehnung, etwas falsch zu machen, zu stören, innerer Zeit- und Leistungsdruck, Schwierigkeiten Tätigkeitsprioritäten zu setzen, haben mich dermaßen überflutet.
Viele, viele Lernfelder. Bestimmt auch viele Übungsfelder zur Selbstannahme.

Im Wald

Allein im Wald und alle machen ‚ah‘ und ‚oh‘ und ‚uh‘ und ‚bist du mutig‘ und so weiter. Sie staunen, sind ungläubig, sind überrascht, sind beeindruckt.

Was ist mit mir? Bei all diesen ‚Ahs‘ und ‚Ohs‘ komme ich mir irgendwie übersehen vor. Komme ich gar nicht dazu zu erzählen, zu erfühlen wie es denn für mich war. Bin ich mutig? Fühlt sich nicht so an. Mutig wäre ich, wenn ich mich hätte überwinden müssen. Ein Wagnis eingehen. Doch so hat es sich nicht angefühlt. Und das ist für MICH das Erstaunliche! Ich musste nicht mutig sein, weil es sich sehr selbstverständlich angefühlt hatte. Sowieso fügte sich an diesem Tag alles ineinander, als hätte es nie anders sein sollen als genau so.

Ich, alleine. Mit meinem Fahrrad, Schlafsack, Isomatte und Kocher. Der Plan, eine Nacht im Wald verbringen. Ohne Zelt.

Noch vor ein paar Monaten und das ganze Leben davor undenkbar. Unmachbar. Zuviel Angst. Alleine irgendwo sein? Unmöglich.

Es passte alles. Ich wusste in welcher Gegend es sein sollte. Kannte diese schon. Kannte den Wald und seinen Lockruf in ihm zu bleiben. Unkompliziertes Hinkommen. Im Notfall unkompliziertes wieder nach Hause kommen. Ausweichmöglichkeiten in der Nähe.

Der Tag begann mit Vorfreude. Einfach nur Vorfreude. Null Ängste. Wiiiiie lange ist es her, dass ich so fühlte. Damals, vor Urlauben. Bestimmt 4 Jahre her.

Dann vor Ort Freiheitsgefühle. Unabhängigkeitsgefühle. Gefühle die mir bis dahin so völlig unbekannt waren. Ich mit meinem Fahrrad, konnte tun und lassen was ich wollte. Keine festgelegte Zeit. Kein festgelegter Ort. Beweglich. Lauter Möglichkeiten. Ungebunden. Und immer noch keine Ängste. Wow!

Bei der Suche nach einem geeigneten Platz kam doch Anspannung hinzu. Große Anspannung. Der Wald sehr mit Wegen durchzogen. Die Möglichkeit von Menschen gesehen oder gehört zu werden ist sehr groß. Obwohl zur Nacht hin, immer unwahrscheinlicher. Hier komme ich um mein Muster nicht herum. Angst vor Menschen. Angst gesehen zu werden. Nicht der Wald ängstigt mich. Er ist Schutz. Er ist freundlich. Nicht die Tiere ängstigen mich. Sie sind in ihrem Verhalten nachvollziehbar und kalkulierbar. Es sind die Menschen die mich ängstigen.

Der Platz den ich finde ist zumindest etwas außer Sicht. Trotzdem fällt mir auf, wie ich alles ganz leise mache und durch die Gegend schleiche, damit ich nicht gehört werde. In einem großen, ansonsten sehr stillen Wald eine schwierige Aufgabe. Bei jedem Geräusch inne halte, um zu lokalisieren, ob jemand kommt. Ein Hund bellt vom Weg. Hat er mich gehört? Wird er gleich angerannt kommen und mich wütend anbellen und bedrohen? Woher kommen solche Gedanken?

Ich bin bemüht mit dieser mich umklammernden Anspannung zu sein. Sie nicht zu bekämpfen, aber auch nicht anzuschauen, weil ich nichts Größeres auslösen will. Obwohl ich am Rande spüre, wie schön dieser Ort ist und wie aufregend es ist, hier in ihm sein zu dürfen, komme ich in keinen Genuss, in kein Loslassen. Ich bin insgesamt auch zu müde, um mich mit dem einen oder anderen noch länger zu beschäftigen und schlafe relativ schnell ein. Sofort gefolgt von einem Angsttraum, dass plötzlich ein greller Scheinwerfer auf mich gerichtet, den Platz wo ich schlafe erleuchtet. Kann trotzdem gut weiterschlafen. Es ist wahnsinnig still, so dass ich fast durchschlafe.

Und jetzt kommt das schönste an der ganzen Sache. Aufwachen wegen einem Geräusch. Ein Schnattern. Ein Eichhörnchen, welches den einen Baum hoch klettert, dann wieder herunterklettert, um zum nächsten Baum zu gelangen und das gleiche fortzusetzen. Von Baum zu Baum, an meinem Schlafplatz vorbei, über meinem Kopf hinweg. Über mir die Wipfel der Fichten, die sich sanft im Wind wiegen. Links von mir, glitzern milde, weiße Sonnenstrahlen durch die Bäume von der aufgehenden Sonne. Ich fühle mich als Teil der Natur die mich umgibt.

Die Anspannung ist nur noch minimal, vielleicht weil ich weiß, dass ich bald den Platz verlassen werde. Mein Gefühlserleben bleibt insgesamt bedeckt, trotz Meditation. Es wird seine Gründe haben, warum ich auch hier nicht ganz da sein kann. Es reicht mir aus, was ich erlebe.

Ich bin in meinem Element. Draußen sein. Riechen. Hören. Sehen. Dreckige Klamotten. Die Funktionalität ist wichtiger als die Optik. Unwichtig wie die Haare liegen. Frühstück im Jägerstand, sicherheitshalber wegen der Brandgefahr. Waschen am See. Zusammenpacken. Alles was man braucht passt in die Satteltaschen und den Rucksack. Leben kann so unkompliziert sein. So könnte ich tagelang einfach weitermachen. Herumfahren. Den nächsten Platz suchen. Essen. Schauen. Schlafen.
Doch fürs erste will ich einsehen das es reicht. Mein Körper tut weh, von der ungewohnten Anstrengung und der Wetterbericht hat Regen angesagt.

Tatsächlich habe ich zwei Tage Erholung gebraucht, von diesen zwei Tagen Fahrradfahren, durch teilweise unwegsames Gelände, auch mit absteigen und schieben.

So, und jetzt noch mal für mich. Ich war tatsächlich eine Nacht alleine im Wald! Toll! Was für ein Entwicklungsschritt!

Zu Hause

Es ist nicht mehr da.

Sonst breitete es sich ganz natürlich und seicht zwischen uns aus. Zwischen mir und diesem Raum, in dem wir uns befanden. Eure Anwesenheit reichte aus, um es zu erschaffen. Zwischen euch war zu Hause. War zum ersten Mal zu Hause, beginnend vor zwei Jahren.

Das trifft mich. Mir wäre nie eingefallen, dass auch das ein Ende haben kann. Ich hatte mich immer darauf verlassen, auf dieses Gefühl.

Wir entwickeln uns. Wege suchen sich ihre eigene Richtung, unabhängig von den Weggefährten und sogar unabhängig von dem Wanderer selbst. Du willst noch bleiben? Ich eigentlich auch. Aber es treibt mich weiter. Ich muss weiter! Das gefällt mir nicht.

Ich habe Angst alleine weiter zu gehen!

Es passiert trotzdem. Das Gewonnene wieder loslassen und so gut es eben geht, fühlen was es da zu fühlen gibt. Trotz. Wut. Widerwillen. Unabhängigkeit/ Freiheit die tiefe Angst macht.

Jemand sagte noch so ungefähr, dass es toll wäre, wenn wir uns in 40 Jahren immer noch so hätten wie jetzt. Ich antwortete ganz spontan, dass es auch nicht ungewöhnliche wäre, wenn es dann nicht mehr so wäre. Ich habe es wohl da schon gewusst, ohne das es mir bewusst war. Ich bin raus. Rausgefallen. Weitergegangen. Kann euch noch als Einzelne wahrnehmen, aber nicht mehr in dieser gemeinsamen Verbindung.