Verletzlichkeit und Weiblichkeit

Das Leben verlangt mir zurzeit viel ab. Leicht ist es nicht, aber auch nicht mehr sooo schwer. Anders schwer, sagte ich neulich zu jemandem.

Oft ist keine Kapazität mehr, um noch Überblick zu finden. Das erzeugt hier Wortlosigkeit. Die Energie geht in die Erlebnisse des Tages und die Verarbeitung.

Eben blitzte ein roter Faden auf.

Ich hörte Musik. Sie berührte mich. Mir liefen Tränen. Ich spürte Weichheit und Verletzlichkeit. Das ist der rote Faden.

Erinnerte mich an den Text vom 8. April – Verletzlichkeit und Selbstannahme. Arbeitete danach wirklich mit dem Thema weiter und dann arbeitete das Thema, glaube ich mit mir weiter.

Ich habe das nur einmal ganz bewusst mit dem Akupressurklopfen angegangen. Ich erinnere mich noch, dass diese Verletzlichkeit so unglaublich groß war, ein Schmerz so riesig, dass ich das Gefühl hatte, daran zugrunde zu gehen. Deshalb schaute ich nicht mehr bewusst hin.

Mir scheint so, als habe das gereicht, um es mehr ins Bewusstsein zu rücken.

Ich merke gerade, dass ich es noch gar nicht in Worte fassen kann und die einzelnen Erlebnisse auch nicht greifen kann.

Nur taucht für mich auf, dass diese Verletzlichkeit noch viel mehr ist und ein überwiegend ungelebter Teil meiner Persönlichkeit und dass das im Alltag wirklich viele Schwierigkeiten erzeugt, weil sie oft herausbricht und ich dann überfordert bin.

Ich spüre in und hinter dieser Verletzlichkeit Sanftmut, Weichheit, Weiblichkeit, Sinnlichkeit, mein Frau-sein und lauter noch unergründete, leise Dinge. Da kommen mir gleich wieder die Tränen. Das ist was ganz Neues. So habe ich mich noch nie gefühlt und es ist schwer, mich dafür offen zu halten. Es macht mir Angst. Es fühlt sich so unbekannt an und bedrohlich. Bedrohlich, weil dort der ganze Schmerz der Vergangenheit liegt. Bedrohlich, weil ich mich dann ganz offen und ungeschützt fühle. Ich weiß noch gar nicht, wie ich mich mit meiner weiblichen Seite in der Welt schützen kann.

Ich föhnte neulich meine Haare so hin und her. Dadurch blieben sie auf der anderen Kopfhälfte liegen als sonst. Ganz überrascht schaute ich mich an, weil mir arg gefiel was ich da sah. Meine linke Gesichtshälfte war frei. Ich sah plötzlich die Frau in mir. Meine linke Gesichtshälfte scheint meine Weiblichkeit auszudrücken. Die Veränderung war so stark. Total faszinierend. Und ich konnte es aushalten und bin sogar so aus dem Haus gegangen. Eine Freundin konnte es auch gar nicht glauben, wie da etwas zum Vorschein kam, was mit den Haaren in die andere Richtung vorher nicht zu sehen war.

Also es nähern sich da weiter meine unterschiedlichen inneren Aspekte an. Auf der Spirale ein schon bekanntes Thema auf einer neuen Stufe.

Es zeigt sich die Wichtigkeit der Verbindung zwischen männlicher und weiblicher Seite ganz konkret bei den nächsten Schritten die anstehen. Vor ein paar Tagen ein (für mich) kleine Missachtung eines Gefühls, mit ungeahnten riesigen Konsequenzen am nächsten Tag. Kaum Spielraum mehr. Ich sag ja, ich habs mir ins Feld gezogen, nun will es auch gesehen werden. 😉

Es überlagern sich verschiedene Modelle, fällt mir auf. Die weibliche Seite könnte auch das innere Kind sein. Die Gefühle sortiere ich dort hinein. Auch die Intuition und Kreativität siedele ich dort an. Es ist so vielfältig. Eine umfang-/ facettenreiche Kraft.

Verletzlichkeit und Selbstannahme

Meine Worte aus einer tränenreichen Klopfsession.

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Auch wenn ich mich total verletzlich fühle und dagegen ankämpfe, liebe und akzeptiere ich mich voll und ganz und ich bin okay so.

Ich bin auch als verletzlicher Mensch okay.

Ich darf Verletzungen spüren und für mich sorgen.

Ich bin okay, auch wenn ich aus Verletzlichkeit vor anderen weine.

Ich bin okay, wenn mich andere verletzlich sehen.

Auch wenn ich mich total verletzlich fühle und das kaum aushalten kann, liebe und akzeptiere ich mich voll und ganz und ich bin okay so.

Auch wenn ich mich total verletzlich fühle und das nur schwer zulassen kann, weil es so weh tut, liebe und akzeptiere ich mich voll und ganz und ich bin okay so.

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Ich kann das so langsam wieder fühlen, das okay sein. Und auch die Verletzung, der seelische Schmerz.

Ist mir vorher ganz schön abhanden gekommen.

In der Öffentlichkeit ist das weiterhin schwer. 

Zumindest verstehe ich gerade, warum ich dann gegen andere Menschen kämpfe und wütend bin. Eigentlich kämpfe ich gegen das eigene Verletzungsgefühl, kann es nicht zeigen, nicht fühlen und will mich auch vor weiterer Verletzung schützen.

Das war mir zwei Wochen lang, seit der Auslösersituation in dieser Form nicht bewusst.

Mal sehen… vielleicht arbeite ich mit diesem Aspekt ein paar Tage weiter – damit, ein verletzlicher Mensch zu sein und mich dafür nicht schämen zu müssen.

Um mal irgendetwas zu greifen…

…Auszüge aus zwei Mails, die ich gestern und heute verschickt habe, weil mir ansonsten die Sprache und der Zusammenhang fehlt. Alles ein bissel viel zur Zeit. Ich war die letzte Woche ziemlich nah dran die Verantwortung für meine Selbstfürsorge abzugeben.

 

„Es ist gerade wieder so nötig, mich selbst zu halten, mit all dem Schweren.

Ich lieg hier im Bett und weine immer wieder. Nach zwei Tagen Bedarfsmedikation zum Schlafen und Abfangen der Krise, will ich heute mal auf die zusätzlichen Medikamente verzichten. Nun kann ich wie erwartet nicht schlafen, schwitze stark am ganzen Körper, besonders dem Becken und Beinen und hab Schwierigkeiten zu fühlen, was gefühlt werden will. Wie so oft große, unsagbar große Angst. Wie soll ich das halten?

Spüre schon mehr meinen Rücken und bekomme auch ein Gefühl, wenn ich imaginär eine Hand hinten aufs Becken lege, wie der Halt den ich bei uns gespürt habe. Aber ich kann mich darin nicht selbst fallen lassen. Es reicht nicht aus.

Wie gerne würde ich hier und jetzt Unterstützung dafür haben wollen.

Naja es wird vorübergehen.“

 

„Was habe ich heute gekämpft, mit meinen Gefühlen. Die Wut war so enorm und mir kaum möglich sie raus zulassen, bis ich dann nach verzweifelter Suche am Ende unter meiner Bettdecke gelandet bin, damit mich kein Nachbar hört und während des Klopfens verletzt, wütend unter vielen Tränen meinen Hass heraus gejammert habe und jemandem gedroht habe ihn umzubringen. Da musste ich mich nebenbei noch ständig beruhigen, dass man so fühlen darf und auch denken darf und das jetzt okay ist und berechtigt, bei so einem schlimmen Erlebnis. Auch wieder die Ambivalenz zwischen Liebe und Hass. Und viele andere Gefühle.

Und es hört nicht auf. Ich zieh mich gerade etwas zurück. Andere Menschen vor meinem Zorn schützen. Ich fühl mich ständig verletzt durch andere und alleine gelassen, obwohl dem ja nicht so ist. Ach man… das geht seit zwei Wochen so. Ich hoffe, das es sich bald stabilisieren kann.“

 

Ich mag mich so dramatisch nicht. Aber was bringt es. So bin ich auch.

Nähe, Schmerz und Distanz

Das Blog ist…

Arrrrg… ich will nicht immer ‚aktuell‘, ‚momentan‘, ‚zur Zeit‘, ‚gerade‘ schreiben, um kenntlich zu machen, dass das was ich schreibe lediglich für diesen Augenblick so ist und sich jederzeit wieder verändern kann und verändern tut. So! Hab ich das mal gesagt und versuche es loszulassen.

Das Schreiben hier verbindet mich. Ich fühle mich verbunden, wenn ich schreibe. Mit mir, mit anderen. Der Wunsch, verbunden zu sein ist riesig groß. Ich dürste jeden Tag danach.

Nicht einfach, wenn innere Verletzlichkeiten, offene Wunden reale Nähe nur begrenzt möglich machen.

Da ist es für mich auch schwer die Selbsthilfegruppen zu besuchen. Da geht fast nur noch die eine, weil sie so einen abgesteckten Rahmen und ganz klare inhaltliche Ablaufstrukturen hat. Das hält meine Emotionen etwas auf Distanz.

Auf Arbeit (Zuverdienst) geht es, weil ich jederzeit aus dem Kontakt gehen kann und mich meinen Aufgaben widme. Entstehen Gespräche, muss ich einem Blickkontakt ausweichen. Blickkontakt tut mir emotional dann weh, als würde derjenige direkt in mein offenes, wundes, verletztes Herz schauen. Nähe und Verbundenheit entstehen da nur sehr bedingt. Gehe ich also teil-hungrig nach Hause.

Nähe tut mir weh. Das heißt, der Kontakt mit Freunden tut mir automatisch auch weh. Nicht die Freunde selbst, aber sie bringen mich zu meinen Gefühlen. Ich war bisher noch nicht so weit, diesen Schmerz vor Freunden einfach zuzulassen, mich damit zu zeigen und ich weiß auch nicht, ob meine Freunde schon soweit sind, es wertschätzend (aus)halten zu können.

Also schreibe ich hier viel, um mich auf geschützte, etwas entferntere Art verbunden zu fühlen.

 

(…) Da ist ein gebrochenes Herz in mir. Wir haben nicht darüber gesprochen wie ich mit diesen Gefühlen umgehen kann. Ich nehme an wie mit allen – zulassen. (…)

Frau Helferin: „(…) Und die Trauer, das gebrochene Herz, zulassen ja, aber auch wieder loslassen. Vielleicht können Sie mit sich die Vereinbarung schließen, dass die Traurigkeit einen Platz in Ihrem Tag oder in Ihrer Woche bekommt. Einen zeitlichen Rahmen, in dem Sie sich bewusst Zeit dafür nehmen, indem Sie z.B. darüber schreiben, oder es malen, oder traurige Musik hören und es zulassen, dass Tränen kommen. Aber es dann wieder auch bewusst beenden, indem Sie sich aktiv mit etwas anderem beschäftigen. Raus gehen, Kontakt aufnehmen mit jemandem, eine andere Musik hören, die etwas anderes auslöst. (…)“

Ich weiß nicht, ob ich das so bewusst machen will, da eine Trennung. Ob das überhaupt geht. Ich kann schöne Dinge erleben und trotzdem dabei im Hintergrund die Verwundung spüren. Es ist okay so. Es ist nicht schlimm. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich es wegmachen muss, um es in einen späteren Zeitpunkt zu stecken. Das meint sie wahrscheinlich auch nicht. Eher, wenn ich jetzt Tag und Nacht tief drin stecken würde und mich gar nicht mehr daraus befreien kann. Nehme ich an.

Ich spüre eine Bereitschaft, mich einzulassen, auf diese Gefühle, auf ihre Existenz, auf ihre Entwicklung, einfach darauf, dass sie ein Teil von mir sind. Ich möchte mit ihnen verbunden sein, sie begleiten, ihnen helfen einen Platz in mir zu finden. Wow! Bin selbst beeindruckt von mir, dass ich dazu ein ‚Ja‘ finde. Dass ich den Schmerz willkommen heiße.

Heute Morgen im Bett habe ich diesen horizontalen Riss im Herzen gespürt, regelrecht physisch, ganz konkret auszumachen und ohne emotionale Entladung. Eher wie ein Zusammenziehen, wie wenn man sich kurz verbrannt hat und das Gesicht zu einem Zischen verzieht und die Hand auf die Stelle legt. So ungefähr.

Ich dachte an die letzte Stunde Körperarbeit vor 3 Tagen. Da wurde mir eine Hand auf den Rücken gelegt, in Höhe des Herzens und ich spürte wie nach vorne, also unten, weil ich lag, mein Herzfeld sich öffnete, jedoch geteilt. Also ein Strahl rechts und ein Strahl links. Da ist mir das mit dem Riss gar nicht eingefallen. Heute Morgen erst.

Das fand ich allerdings wirklich spannend, dass also eine alte emotionale Verletzung tatsächlich eine konkrete physische, feinstoffliche, dauerhafte Veränderung erzeugt.

Ich fragte da hinein, was helfen kann und sah, wie von innen, also innerhalb des Herzens (was in dem Bild übrigens immer so eine klassische Herzform hat ❤ ) etwas mit fester Substanz gegen drückte. Der Riss blieb, aber war verschlossen.

Dazu gedacht habe ich mir, dass vielleicht von Innen etwas Neues wächst – mir erschien das Neue in goldener Farbe – und das Alte ausfüllt und am Ende darüber hinauswächst. Es absorbiert.

Was hält?

Ich bin aktuell unglaublich verletzlich und für alles empfindsam. Vieles lässt mein Herz erzittern. Vieles regt es, berührt es, schmerzt es, öffnet es. Schickt Träne um Träne, mal als kurzen Schluckauf, mal als eine große Welle, mal irgendwas dazwischen. Mal zurückgedrängt, mal offen frei raus, mal in abgehackten Portionen. Gerade heute zähle ich schon sechs dieser Momente.

Es zieht mich stark zum Feuer. Feuer als Schutz, als Wärme, als Geborgenheit, als Halt. Kerzenzeit hat angefangen. Es zieht mich zum orangefarbenen Licht. Es zieht mich zu Gerüchen. Besonders Orange, obwohl ich den Duft gar nicht hier habe und auch noch nie benutzt habe. Gerüche als Trost, als Orientierung, als Ankerpunkt.

Mein Schutzbedürfnis ist sehr groß. In der sicheren Höhle sein. Zurückziehen. Einhüllen. Warm halten. Mir nah sein.

Morgengedanke im Bett – Ich bin ein verletzlicher Mensch. Eine Feststellung. Eine Erkenntnis. Obwohl es rückblickend so offenkundig ist, dringt es erst jetzt als Gefühl in mein Herz. Okay – ich bin ein verletzlicher Mensch. Das ist wichtig zu wissen und anzuerkennen. Das hat Bedeutung für mich, wie ich mich in das Leben gebe, dass es an vielen Stellen Behutsamkeit braucht. Und auch Schutz und Abgrenzung.

Verletzlichkeit, Berührbarkeit, Empfindsamkeit – vielleicht sind das meine wahren Qualitäten.

Es bewegen sich so große Dinge.

Es geht um Abschied, um Endlichkeit, um Wut. Es geht um Anspannung, um beklemmende Angstgefühle, um Unruhe und Rastlosigkeit, um das Gefühl, um mich schlagen zu wollen. Es geht um Aushalten, um Annehmen und um radikales Akzeptieren. Es geht um Unveränderlichkeit, um Krieg, um Licht und um Schatten, um Demut. Es geht um die Sehnsucht, zurück in die Einheit zu wollen. Es geht um das alleine Klarkommen, um die Erkenntnis, dass nichts von Dauer ist, alles vergeht und nichts bleibt. Es geht um das Loslassen, um Raum und um Leere, um Sein. Es geht um Angst und um Angst und um Angst.

„Mir kommt gerade der Gedanke, wenn ich so viel loslasse, was hält mich dann eigentlich?“ „Ja, was hält sie?“ Schweigen. Spüren. „Wenn alles losgelassen ist, was ist dann noch da, was bleibt übrig? Das Leben selbst. Der Augenblick. Der Geruch des Tees der vor mir steht. Ich glaube, dass ist es was mich hält. (Und meine wiederkehrende Entscheidung hier sein zu wollen)“ „Das ist wichtig. Wenn sie erfahren würden, dass sie nur noch 20 Minuten zu leben hätten, dann gäbe es nur noch das, nur noch diesen Moment.“

Wie ich es erlebe

Ich habe es heute erst mitbekommen, als ich zum Frühstück Radio hörte. Nur, dass in Paris eine Anschlagsreihe passiert ist.

Als ich später in einem Café sitze, schnappe ich mir die „Berliner Morgenpost“, mit der Achtsamkeit, das bei dieser Zeitung die ‚Verpackung‘ vom ‚Inhalt‘ zu trennen ist.

Mit aller Deutlichkeit stelle ich fest, wie die ‚Verpackung‘ dieser Zeitung zur Meinungsmache missbraucht wird, wie die Art der Berichterstattung mir Gefühle unterjubeln will.

Ich lese Details über den Vorgang der Ereignisse. Ich lese Zitate von führenden Politikern.

Etwas schmerzt so sehr, das mir die Tränen kommen, als ich folgendes Zitat von Frau Merkel lese: „Wir weinen mit ihnen. Wir werden gemeinsam mit ihnen den Kampf gegen die führen, die ihnen so Unfassbares angetan haben.“

Ich konnte mit dem Verstand erst gar nicht greifen, was mein Herz da fühlte. Es fällt mir schwer, das in Worte auszudrücken.

Frau Merkels Betroffenheit schmerzte mich so ungemein, weil ich sie ihr nicht glauben konnte. Ich konnte sie ihr nicht glauben, weil sie für die Einen in der Welt galt und für Andere nicht. Damit wurde diese Betroffenheit unwahr und für mein Gefühl zu einem Instrument, um die Massen zu lenken. Das machte mich in dem Moment so dermaßen traurig. Mehr Worte finde ich nicht.

Ich musste dann in Bad flüchten, weil ich die Tränen und Schluchzer nicht mehr zurückhalten konnte.

Als Barak Obama zitiert wird, wurde mir übel. Da stimmte von vorne bis hinten etwas für mich nicht.

Warum fühlen sich die Reaktionen der politischen Ebene alle so künstlich, unecht, nach Schauspiel und Bühne an? Warum kommt mir der Mensch darunter wie eine Marionette vor?

Dass ich so stark emotional reagiere, kam so noch nicht vor. Mir ist der Ursprung meiner Gefühle auch nicht in ihrer Gesamtheit klar. Vielleicht fühle ich auch das Leid und den Schock der Betroffenen vor Ort.

Heute war auch so ein Tag, an dem mein Bewusstsein nicht in den Wachzustand wechseln wollte. Nach viel Schlaf, ging ich deshalb in den Wald. Bodenkontakt suchen. Stellte sich nicht her. Ich war mittendrin so entkräftet, dass ich mich nur noch raus schleppte, auf eine Bank in einer Bushaltestelle. Dort suchte ich aktiver den Kontakt zur Sitzunterlage und kam sofort in ein Weingefühl. Keine Ahnung, ob das schon die Emotionen zu den Ereignissen waren.

Ich weiß, dass ich im direkten Kontakt mit Menschen, deren Emotionen in mir selbst wie meine eigenen fühle und oft genug auch nicht mitbekomme, dass es gar nicht meine eigenen sind, weil es so eins zu eins ist, mit allem drum und dran, auch an Körperempfindungen.

Vielleicht empfinde ich dadurch auch Massenstimmungen. Ich bin mir fast sicher, dass das so ist. Auf jeden Fall, wenn ich in dieser Masse stehe. Ob auch bei Massenemotionen auf weitere Entfernung und großer Fläche verstreut? Keine Ahnung.

Als ich jedoch mit der Verletzlichkeit in mir, in dieser Bushaltestelle in Kontakt kam, war meine erste Assoziation die Vorfälle in Paris. Da wusste ich noch gar nichts Konkretes. Das war vor dem Café.

Der erste Impuls zeigt aus Erfahrung oft die Spur. Wissen tu ich es trotzdem nicht.

Mama II

Seit gestern Abend fühle ich mich sehr klein. Klein, ängstlich und verletzbar.
Diese schweren Gefühle stoßen immer wieder in kurzen Wellen durch die angespannte Gedankenmauer. Viel Denken, panisch Denken, denken, ich müsste jetzt ganz dringend irgendetwas für mich tun, irgendeine Aktion starten, zeigen mir auf, dass ich starke Gefühle nicht loslassen kann, nicht fühlen kann. Was ich dann wahrnehme ist Unruhe, Anspannung, Selbstverletzungsgedanken, Verzweiflung, verkrampfter Körper, vor allem harter Unterbauch.

Ich mache Yoga. Das hilft dabei es durchzulassen, die Verkrampfung schubweise zu lösen, bevor sie sich wieder zusammenzieht. Ich muss immer wieder unterbrechen, weil ich so weinen muss. Ich fühle mich verloren. So unglaublich verloren. Wieder Zeit für Daumenlutschen, Kopf festhalten und zusammengerollt in einer Decke liegen, mit einem Kissen vor dem Bauch. Das Gefühl sitzt im Unterbauch. Im Sakral- und im Wurzelchakra.

Ich komme nicht mehr darum herum. Die Beziehung zu meiner Mutter will geklärt werden. Ich bin heute zum Essen eingeladen und wir hatten offen gelassen, ob ich meiner Mutter auch eine Reiki-Behandlung gebe.
Ich will weglaufen. Doch es geht nicht mehr. Ausweichen geht nicht mehr. Zu drängend ist es in mir, auszusprechen, wie ich mich in dieser Beziehung fühle. Diese Vorstellung löst wiederum extreme Angst auf. Alles wankt. Alles fühlt sich nach Zerbrechen an. Alles fühlt sich so an, als würde es zerstört werden und am Ende nichts mehr übrig bleiben. Und trotzdem drängt es mich, den Schritt zu gehen.

Ich rufe sie an, um das Mittag zuzusagen. Sie sagt auch noch, ich solle wirklich nur kommen, wenn ich auch will. Ja, ich will, sage ich. Sie weiß noch nicht, dass ich wegen des Gespräches will und nicht wegen des Essens. Aber stehe an einer Stelle für mich ein und sagte, dass das mit der Behandlung heute nicht passt.

Ich sitze im Bus. Immer wieder steigen Tränen auf. Ich bin gedanklich in dem Gespräch. Es fühlt sich alles unendlich traurig und schmerzhaft an. Ich habe Angst.

Blass, mit verweinten Augen und ungewaschenen Haaren stehe ich vor der Tür, die mein Vater öffnet. Ich kann nicht mehr so tun, als ob nichts wär (das kann ich wohl sonst sehr gut). Es ist mir ins Gesicht geschrieben. Das fängt mir einen Kommentar ein, dass ich wohl immer dünner werde.
Ich lege mich ab und gehe ins Zimmer wo meine Mutter am PC sitzt. Wir begrüßen uns. Ich würde am liebsten sofort losheulen. Sie sagt, dass es gleich Essen gibt und ich sage daraufhin mit zittriger Stimme, dass ich heute eigentlich nur da bin, um ihr etwas zu erzählen.

Nun ist es raus. Es gibt kein Weg zurück mehr. Ich spüre die Anspannung in der Luft. Sie sagt okay. Ich warte im Wohnzimmer. Bin unruhig. Laufe hin und her. Wechsle zwischen mit den Tränen kämpfen oder gar nichts fühlen. Sie kommt. Auch sie ist angespannt. „Mir ist schon ganz schlecht.“, sagt sie und hat Sorge, dass sie irgendwas falsch gemacht hat.

Ich kann erst mal gar nicht sitzen, laufe unruhig hin und her und starte damit, dass ich jetzt nichts erwarte, außer dass sie mir zuhört. Ich will einfach nur sprechen. Und dass sie so lange wartet, bis ich fertig bin.
Dann kann ich mich hinsetzen. Und schon mit den ersten Worten kann ich nichts mehr zurückhalten und ich weine meine Erkenntnisse und Gefühle heraus.

So in der Art, dass ich in unserer Beziehung so verständnisvoll bin, ihr alles recht machen möchte, möchte das sie sich wohlfühlt, damit sie mich lieb hat. Und wenn ich nicht so bin, ich denke, dass sie mich dann nicht mehr lieb hat. Das ich, seit dem ich Jugendliche war, dass bewusste Gefühl habe mich um sie kümmern zu müssen.

Sie steht auf, setzt sich neben mich und nimmt mich von der Seite in die Arme. Ich Kann es zulassen, weine noch mehr und sage: „Kann es sein, dass das das erste Mal ist, das du mich in die Arme nimmst?“ Sie: „Ich war immer so unsicher. Ich habe auch Zeit gebracht, um das zu lernen.“ Dann brauche ich wieder Abstand und bitte sie aufzuhören. Sie setzt sich zurück.

Ich rede weinend weiter, dass ich das alles bei unserem letzten Treffen zum ersten Mal gemerkt habe. Dass ich gemerkt habe, dass wir eigentlich nicht gut zueinander passen. Dass mir ihr Verhalten sehr weh tun. Dass ich mich nicht gesehen fühle. Aber wegen meiner Angst, nicht mehr geliebt zu werden, mich nicht abgrenzen konnte. Das es mir deshalb so schlecht ging. Und das ich so oft gemeinsamen Aktivitäten nur zustimme, weil ich von ihr geliebt werden will. Aber eigentlich passt es gar nicht. Es passt auch nicht, mal gemeinsam in den Urlaub zu fahren (wie sie mal vorschlug).

Sie: „Das erste was mir dazu einfällt ist, schade, dass du so fühlst. Das brauchst du gar nicht.“

Ich: „Sag das nicht. Ich weiß, dass ich es nicht brauche, aber ich fühle so. Sprich lieber von dir.“

Sie: „Bei mir ist das ganz anders.“

Sie kommt wieder zu mir und nimmt mich in den Arm. Ich kann es diesmal nicht mehr ganz annehmen, aber lasse es zu. Sie versichert mir, dass sie mich auch lieb hat, wenn ich mal klare Worte spreche. Dass sie das sogar will, dass ich sage, was ich denke. Ich bitte sie schneller, von mir abzulassen. Sie bleibt neben mir sitzen.

Ich, wieder weinend und mit einem Schuldgefühl: „Ich habe dir was vorgemacht. Ich habe uns was vor gemacht. Ich habe das auch geglaubt, dass wir gut zueinander passen, eine Freundschaft haben. Aber nun weiß ich gar nicht mehr was bleibt. Ich erzähle dir das glaube ich auch, damit du verstehst, warum ich vielleicht in nächster Zeit etwas Abstand suche und auch erst mal Behandlungen nicht in Frage kommen.“

Sie reagiert darauf verständnisvoll. Sie: „Und mein Verhalten nervt dich.“ (Bezug auf unser letztes Treffen)

Ich: „Nein! Es tut weh. Ich fühle mich nicht gesehen. Ich fühle es so, als würde ich nicht existieren. Es ist mehr als genervt sein. Ich sage nein, und du hörst einfach nicht auf. Ich fühle mich immer wie ein kleines Kind, was nicht in der Lage ist für sich selbst zu sorgen und ich schaffe es nicht, mich dann abzugrenzen.“

Sie: „Für mich war das nicht so (das ich für sie nicht existiere). Ich weiß, ich kann nicht loslassen. Das ist das, was mir auch auf Arbeit schon gesagt wurde und ich auch von Papa höre. Das habe ich Papa gar nicht erzählt. Ich habe immer noch ins Zimmer geschaut, um dir gute Nacht zu sagen (als ich mit 24 Jahren ausgezogen war).

Sie fängt an zu überlegen warum ich so fühle. Findet keinen Grund. Hat aber so eine Ahnung, dass das was sie gegeben hat damals nicht gereicht hat. Ich gehe nicht darauf ein. Es ist auch nicht wichtig, in dem Moment.

Ich bin alles losgeworden und werde ruhiger. Es bleibt bei mir, danach zu handeln, was ich fühle. Das kann mir keiner abnehmen. Das okay dafür, von meiner Mutter reicht nicht. Die Angst kommt aus mir. Ihr muss ich mich stellen. Mich verloren und ungeliebt zu fühlen kommt aus mir. Dem muss ich mich stellen.

Ich stehe alleine auf dem Balkon. Gleich die erste Übung. Ich fühle, dass ich lieber gehen möchte, nicht zum Essen bleiben will. Es ist so verdammt leicht, diese Gefühle zu übergehen. Argumente folgen, warum ich bleiben sollte. Ich teile meinen Eltern mit, dass ich gehe, dass es sich besser anfühlt. Es wird von beiden spürbar akzeptiert und angenommen(das erste Mal ohne Gegenworte? Ich weiß es nicht).

Wann habe ich mich das letzte Mal so vor meiner Mutter gezeigt? Vielleicht mit 15 Jahren, als meine Eltern für eine Weile getrennt lebten. Meine Mutter suchte ein Gespräch und fragte mich, wie für mich die Trennung ist, wie ich mich fühlte. Ich weinte sehr. Damals konnte sie mich noch nicht in den Arm nehmen. Ich blieb alleine mit meinen Gefühlen.

Erkenntnis des Tages

Wenn ich in mir die tiefe und dauerhafte Gewissheit spüre, dass ich wie ich bin richtig bin, dann bin ich unabhängig von dem Denken und Tun anderer, unabhängig davon das ihr Denken und Tun mich verletzen könnte. Umgekehrt heißt das, dass ich an meiner eigenen, durch Menschen ausgelösten Verletzlichkeit erkennen kann, an welcher Stelle ich mich mit meinem Prozess der Selbstannahme befinde. Was wiederum bedeutet, wenn ich mich durch jemanden verletzt fühle, dann erschaffe ich dieses Gefühl ausschließlich in mir selbst und es wird genau die Stelle in mir sichtbar, in welcher ich mich selbst nicht annehme. Dann liegt wohl noch ein langer Weg vor mir…

Was einem nicht alles so unter der Dusche einfällt :).