Alles neu…

…“macht der Mai.“ Fällt mir zu dieser Überschrift ein. 🙂

Es ist ja gar nicht mehr Mai und eigentlich ist auch nicht alles neu.

Doch stetig und sehr laaangsam verändert sich etwas in meinem Leben. Wie ich fühle, wie ich denke, wie ich handle.

Darüber wollte ich gar nicht schreiben. Ich bin es nicht mehr gewöhnt zu schreiben. Hier.

Ich denke gerade darüber nach, wie ich den Tag morgen gestalten kann. Denn neu ist, dass ich seit meinem Krisenaufenthalt in der Klinik, wieder an meiner Tagesstrukturierung bastle.

Mit dem Fokus einen Tag aktiv sein, Dinge erledigen, Haushalt machen, Termine wahrnehmen und einen Tag ’nichts‘ machen. Jedenfalls nichts von den Dingen die ich an aktiven Tagen mache.

Das ist ganz schön schwer für mich. Ganz besonders an Tagen wo ich nicht rausgehen mag. Das war gestern so. An den Tagen wo ich nachmittags rausgegangen bin, mich in einen Park gesetzt habe, ging es ganz gut. Die Sonne ist mega hilfreich gewesen.

Auf Station habe ich diesen Rhythmus 3 Wochen lang geübt. Als entspannende Beschäftigungen hatte ich das Lesen, Malen-nach-Zahlen und irgendwo draußen im Grünen sitzen, gefunden.

Da war es aber auch leichter, da der Tag noch zwei Gruppentherapien als Struktur hatte und das unter Menschen sein, auch eine Art ‚Beschäftigung‘ ist. Für mich.

Hier zu Hause bin ich für mich und es gibt keine äußere Struktur, außer die, die ich mir schaffe.

Zurück zu morgen. Ich kann mir im Moment schwer vorstellen, dass ich morgen diese Ruhe aushalte und mich auf ruhige Beschäftigungen einlassen kann. Doch das ist genau der Grund, warum ich es trotzdem üben sollte. Also auch mit Unruhe, an eine ruhige Beschäftigung setzen.

Weil mich diese Unruhe (neben anderem) in eine Krise getrieben hat. Und das ich jetzt unruhig bin, versuche ich zu erkennen, hat mit dem aktiven Tag zu tun. Ich habe Schwierigkeiten von Aktivität in Entspannung zu finden. Aktivität beschleunigt meine Gedanken und es macht irgendwie auch Spaß, Dinge erledigen zu können.

Doch es sind seit einiger Zeit sehr viele Dinge geworden, die zu erledigen sind. Viel mehr, als in den letzten vielen Jahren. Das hat mich in eine Beschleunigung gebracht, die ich nicht mehr begrenzen konnte. Und dann zu einer Überforderung, mit Schreien im Kopf und so.

Deshalb braucht es jetzt einen neuen Rhythmus. Der will gelernt werden. Das hat mein Kopf, glaube ich noch nicht verstanden. Dass ich das erst lernen muss. Darf.

Das der bloße Gedanke und Entschluss, morgen mache ich einen entspannten Tag, ohne Erledigungen und to-do´s, nicht automatisch zu einem entspannten Tag und einer gelassenen ruhigen Haltung führt.

Gut, dass ich das gerade realisiere und mal aufschreibe! Ich habe das echt gedacht! Krass.

Wie schwer es ist, mich zu entspannen. Ich brauche aktive Erinnerung, Begrenzung und Umlenkung den ganzen Tag lang.

Die ganzen letzten Jahre war das nicht so. Da hat sich die (Zwangs-)Ruhe von alleine ergeben, durch starke Erschöpfungssymptome. Ich hatte dadurch nicht viel zu tun.

Die letzten Monate bin ich wacher, klarer und lebendiger geworden. Ich habe mehr Energie und Kraft. Kann früher aufstehen. Verbringe weniger Zeit liegend auf der Couch.

Die neue Entwicklung hat mich sozusagen in ein neues Ungleichgewicht gebracht, wo es wieder neues zu Lernen gilt.

Irgendwie auch spannend.

Okay. Was ist jetzt das Ergebnis meines Nachdenkens?

Es ist okay, dass ich mir heute, mit der (noch) Beschleunigung im Kopf, den Tag morgen in Ruhe, schwer vorstellen kann. Ich erinnere mich jedoch an die Erfahrungen der letzten zwei Wochen, dass eine Beruhigung morgen trotzdem möglich sein kann. Vielleicht muss ich mich zu ruhigen Aktivitäten durchringen, was evtl. besser gelingt, da ich es hier aufgeschrieben und geteilt habe.

Evtl. werde ich mit einer Lustlosigkeit und Langeweile zu tun haben, immer die selben ruhigen Dinge zu tun. Dann darf ich in mich lauschen, ob mir noch andere ruhige Aktivitäten einfallen. Falls mir nichts einfällt, darf ich auch erst einmal etwas lustlos beginnen und abwarten, ob sich daraus ein neues Gefühl entwickelt.

Es ist okay, wenn mir das nicht leicht fällt. Es ist okay, wenn mir das Stress erzeugt, obwohl ich Stress vermeiden möchte. Ich lerne und übe noch.

Herbst

Ich sehe gelbe Blätter lose durch die Luft fliegen.

Ich denke an den Herbst und die Zeit, die vergeht und mache mir Sorgen, dass wenn ich einfach nur da bin und nichts tue, irgendetwas verpasse.

Mir fällt nicht ein, was das sein könnte.

Eine Phase des Nicht-Wissens

Es ist alles nur der nächste Schritt. Der nächste Schritt, der zu weiteren Schritten führt. Kein Ankommen. Nichts wo ich bleibe.

Kann das okay sein, für mich?

Ungewohnt. Nachdem ich so lange davon ausging, dass es darum geht, irgendwo anzukommen.

Jetzt weint es. „Ich wollte doch einfach nur irgendwo ankommen.“ Ich fühle mich sehr traurig darum, das jetzt loszulassen. Zuzulassen, dass es immer ein Weitergehen ist.

„Dann möchte ich wenigstens bei dir sein.“ Kuschelt sich etwas an meine Brust, an mein Herz, zwischen meine Hände.

Der Verstand, aufgebracht. „Es macht mich ganz irre, dass ich nicht sehen kann, wohin es führt.“

Werde ich bei Foodsharing aktiv sein?

Was kommt bei dem Termin in der Hozwerkstatt heraus? Werde ich dort mal 1 h reinschnuppern? Was kommt danach? Werde ich Kontakt zur anderen Werkstatt aufnehmen?

Werde ich die Selbsthilfegruppen weiter besuchen?

Eine Phase des Nicht-Wissens, denke ich.

Ich weiß allerdings, dass ich weiter im Garten werkeln werde. Ich weiß, dass ich weiter kochen, duschen, putzen und Sport treiben werde. Trampolin springen, meditieren, spazieren und in der Gegend herum fahren werde. Zur Bibliothek gehen, an der Online-SHG teilnehmen, mit Freunden sprechen werde.

Ich werde lesen und vielleicht auch mal wieder malen und singen und tanzen und wahrscheinlich auch lachen.

Ankommen in der Welt

Ahhh, ist das alles aufregend, es alleine und selbstständig zu machen. Ohne doppelten Boden und Sicherheitsnetz. Ohne Rahmen und Halt. Wie frei sein und schweben in unendlichen Möglichkeiten und dabei den Grund nicht verlieren.

Fokus auf Grund und Boden. Bodenhaftung einbauen. Ausrichten auf Bodenhaftung und stehen

Stehen bleiben auf festem Grund, der mich trägt, der uns alle trägt. Auch in der grenzenlosen Freiheit und all den Möglichkeiten des Seins.

Heimat finden in der Weite und in dem Nebel der Unwissenheit. Vertrauen finden im Nicht-Sehen können, was wann kommt. Zutrauen finden im Nicht-Wissen und der Weisheit, dass alles hält und trägt. Auch im Schweben, auch im Schwimmen, auch in der Weite.

Das Liebe die Dinge zusammen hält. Im Guten, in der Weisheit ausgerichtet. Dem Selbst, dem inneren Klang vertrauen. Dem eigenen Ausdruck vertrauen. Der eigenen Richtschnur vertrauen.

Losgehen, auf eigenen Füßen. Dem Weg folgen, der sich zeigt. Von Augenblich zu Augenblick. Von Moment zu Moment hier sein. In der Liebe, im Wahrnehmen, im Annehmen was ist, was kommt und was geht.

Zutrauen finden in die Ereignisse, in Gute wie Schwierige. Liebe finden in den Weg, mit Stolpern und Fallen. Mit blutigen Knien und Wunden. Blumen am Wegesrand und Menschen, die Hände reichen.

Zutrauen finden in die Liebe und ins Hier sein, mit allem drum und dran. Dem Schweren und dem Leichten, dem Finden und dem Verlieren, dem Festhalten und dem Loslassen.

Klammern Raum lassen. Zittern und Vibrieren erkennen, bei der Idee loszulassen. In den Raum, in die Welt, in die Weite, in die Freiheit, die trägt.

Noch ein Widerspruch – Freiheit die trägt. Es ist okay so. Es ist ein Weg, der nirgendwo anfängt und nirgendwo aufhört. Ein Schritt nach dem anderen. Und ans Atmen denken. Und die Liebe, die alles trägt.

Freiheit die trägt = Freiheit und Liebe?

Ich weiß es nicht.

Ankommen in der Welt. Den Geräuschen lauschen. Das Gewicht des Körpers spüren. Die Wärme unter der Decken.

Und atmen.

Üben, den Schmerz zu lieben

Dabei half mir heute eine Sufi-Belehrung, gefunden in dem Buch von Tara Brach, „Mit dem Herzen eines Buddha“, Seite 259.

Überwinde alle Bitterkeit, die dich befallen haben mag,

Weil du der Größe des Schmerzes, der dir überantwortet wurde,

Nicht gewachsen warst.

Wie Die Mutter der Welt,

Die den Schmerz der Welt in ihrem Herzen trägt.

Jeder und jede von uns ist Teil ihres Herzens

Und deshalb ausgestattet

Mit einem gewissen Maß an kosmischen Schmerz.

Ich stellte mich mir dabei als Kind vor, wie ich mich von einem Foto kannte. Ich fühlte dabei die Bitterkeit in meinem Kinderherz und die Wahrheit in der Aussage, dass der Schmerz damals viel zu groß war für ein Kinderherz.

Bei der Mutter der Welt, sah ich ein freundliches, liebevolles Gesicht, welches die gesamte Erde in ihren Armen hielt und voller Liebe den Schmerz darin hielt. Inklusive meines Schmerzes, der darin ein Teil war.

Da liefen die heilsamen Tränen, weil es etwas Größeres gab, worin mein Schmerz gehalten werden konnte.

Motivation

Der beste Motor für meine Motivation, die Dinge anzugehen, die ich mir vorgenommen habe, ist, die Auswirkungen bewältigen zu können.

Termin bei einer Beratungsstelle, um eine Selbsthilfegruppe zu finden.

Vorher Angst, beim Ankommen Angst, währenddessen Angst, danach Dissoziation.

Viele Werkzeuge angewendet. Vorher. Dort. Danach. Mit Erfolg.

Jetzt wieder zu Hause. Erschöpft. Vollständig. Ohne Angst und mit einem verdammt guten Gefühl, diese Sache geschafft zu haben.